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Nicht offenes, hochbauliches, kooperatives Workshopverfahren | 10/2019

Neubau eines Bürogebäudes in Hamburg-Finkenwerder

1. Preis

Atelier Kempe Thill

Architektur

Erläuterungstext

MAGNATOWER: LANDMARK AN DER ELBE
Die Elbe ist der wichtigste städtische Raum Hamburgs. Die Architektur entlang ihrer Ufer prägt das Bild der Hansestadt entscheidend. Die Gebäude am nördlichen Elbufer werden aufgenommen in die oft sehr reizvolle Topographie begrünter Hügel. Im Westteil der Stadt – gegenüber dem Magnatower - entstand so eine beinahe arkadische Landschaft mit weißen klassizistischen Villen eingebettet in große Gärten und Parks. Das Südufer hingegen ist anders. Die flache Auenlandschaft wurde in den letzten zwei Jahrhunderten zu einer gigantischen Hafenlandschaft transformiert. Die meist industrielle Architektur aus Ziegel und Stahl manifestiert sich hier eher zeichenhaft skulptural auf der ansonsten kahlen Ebene, und wird hierdurch selbst zum landschaftlichen Ereignis. Der Dialog beider Ufer prägt die Stadt, das Klassische und das Industrielle stoßen hier sehr dicht aufeinander. Sie machen deutlich, dass sie einander bedingen und offenbaren die wahre Natur Hamburgs. Das Projekt ’Magnatower’ nimmt genau diese Grundbedingung als Ausgangspunkt. Das neue Haus wirkt skulptural und landschaftlich, und versucht bewusst auf die sehr unterschiedlichen Blickbeziehungen aus der Umgebung einzuspielen. Von Jenischpark wirkt das Haus wie ein klassischer schlanker Obelisk, über den sich KF Schinkel gefreut haben könnte. Vom Gorch-Fock-Park aus erscheint das Haus wie eine skulpturale Wand, vom Fähranleger Teufelsbrück aus wie eine zeichenhafte Landmarke des Steendiekkanal und des Businesspark Finkenwerder. Die Architektur des Magnatowers ist also eher abwechslungsreich und vielfältig. Hierdurch erscheint sie auch wie geschaffen für die Wahrnehmung aus dem dynamischen Verkehrsraum des Flusses und der Elbchaussee.

FLUSSLANDSCHAFT: GRÜNER HAFENKOPF FINKENWERDER
Der Magnatower befindet sich an einer städtebaulich sowohl komplexen als auch delikaten Stelle. Einerseits formt er Teil des Businesspark Finkenwerder, der durch seine gegebene Monofunktionalität einen Stadtraum mit eher begrenzter Öffentlichkeit produziert. Das Projekt versucht daher vor allem auf die landschaftlichen Qualitäten des Gebietes einzusetzen, und einen Dialog zwischen den Bürointerieurs und der grünen Umgebung zu fördern. Andererseits macht das Grundstück Teil der sensiblen grünen Uferzone Finkenwerders aus. Durch die intensive Begrünung des Warftgeschosses der Garage mit einer Heide- und Graslandschaft wird der Grünraum an dieser Stelle erheblich vergrößert und ein kleiner halböffentlicher Park an der Ostseite des Magnatowers realisiert. Dieser Park stärkt den öffentlichen Charakter der Promenade am Steendiekkanal und formt ein wichtiges Verbindungsstück zum Rüschpark und der Elbpromenande. Auch ist der kleine neue Park ein interessantes Pendant zum gegenüber liegenden Gorch- Fock-Park.

BRANDING:„TOR“ ZUM BUSINESSPARK FINKENWERDER
Der Businesspark Finkenwerder bezieht seine Identität vor allem aus der ökonomisch wichtigen Synergie mit dem Flughafen Finkenwerder und dem Airbusgelände. Das Projekt des Magnatowers bietet die einmalige Chance, um auch den räumlichen Charakter des Gebietes und seine Sichtbarkeit innerhalb der Stadtlandschaft von Hamburg zu verbessern. Auch kann das Projekt die sehr schöne, öffentliche Elbpromenade zusammen mit dem The Rilano Hotel stärken und einen wichtigen Beitrag zum weiteren branding des Businessparkes liefern. Innerhalb des Gebietes gibt es kaum noch historische Bauten, welche die industrielle Geschichte des Geländes dokumentieren. Das monumentale Hafenhaus am Kopf des Steendiekkanal ist einer der wenigen verbliebenen Zeitzeugen. Es wird vorgeschlagen diesen Bau als identitätsstiftenden Bezugspunkt zu erhalten und für eine halb-öffentliche Nutzung einzusetzen. Zusammen mit Fähranleger Rüschpark formt das Hafenhaus mit dem Magnatower das „Tor“ zum Businesspark. Die Fassaden des Industriebaus werden liebevoll restauriert. Im Inneren wird das Gebäude auf der ersten Etage zum großzügigen Eventraum umgestaltet. Neben Konferenzen können hier auch Ausstellungen oder Partys stattfinden. Vom Saal aus hat man ein phantastisches Panorama auf die Elbe und die grüne Hügellandschaft von Othmarschen. Mittels einer kleinen Passage wird das Hafenhaus Teil des Magnakomplexes und in die gemeinschaftlichen Aktivitäten des Bürohauses eingebunden. Gleichzeitig kann das Haus auch öffentlich genutzt werden. Auch sind Synergien mit dem The Rilano Hotel denkbar.

DIE TYPOLOGIE: SUCHE NACH DEM EFFIZIENTEN BÜROHAUS
Der Entwurfsprozess des neuen Hauses war eine komplexe Suche nach der optimalen Typologie innerhalb relativ strikter räumlicher und finanzieller Rahmenbedingungen. Hierbei war es das Ziel, eine sehr ökonomische Typologie mit räumlicher Grandeur und notwendiger städtebaulicher Filigranität zu kombinieren. Das Resultat ist ein sehr kompaktes Haus mit ca. 22.000m2 BGF, das mit nur mit einem Erschließungskern auskommt. Hierdurch hat das Gebäude ein sehr günstiges Brutto-Netto-Verhältnis und bietet es eine gute Basis für effektives Gebäudemanagement. Der Komplex wird auch über nur eine Erschließungshalle erschlossen. Hierdurch kann die Zugangskontrolle mit einem Concierge einfach organsiert werden. Unter dem Haus befindet sich eine zweigeschossige Garage. Auch diese wird direkt über den zentralen Kern bedient.

NEUTRALE BÜROS: FLEXIBILITÄT UND PANORAMA
Die Typologie des Hauses ist so entworfen, dass die gewünschten Funktionseinheiten mit einer Tiefe von 13,5m und 16,0m angeboten werden können. Der gesamten Planung liegt ein Büroraster von 1,35m zu Grunde. Insgesamt werden pro Etage ca. 1.700m2 Oberfläche angeboten. Hierdurch können die Etagen sowohl für kleinere als auch mittelständige Unternehmen gut genutzt werden. Die Büros bieten viel Flexibilität, da das Tragwerk sich vor allem in der Fassadenebene befindet. Landschaftsbüros, Kombibüros oder Zellenbüros lassen sich innerhalb der Struktur gut realisieren. Die gewählte Grundrissfigur eröffnet neben der gewünschten städtebaulichen Differenzierung eine Vielzahl von Panoramen auf Hamburg, den Fluss und die Hafenlandschaft. Ca. 90% von allen Büros haben Sicht auf das Wasser, was sich sicherlich sehr positiv Effekt auf die Arbeitsatmosphäre innerhalb des Hauses und seine Vermietung auswirkt.

SPEZIFISCHER SOCKEL: ÖFFENTLICHE RAUMACHSE
Innerhalb des Magnatowers werden mehr als 1000 Menschen arbeiten. Um ein Maximum an sozialer Interaktion zu stimulieren, werden alle öffentlichen Aktivitäten entlang einer zentralen Raumachse im Erdgeschoss gebündelt. Diese Verbindungsachse durchschneidet das Haus von Süd nach Nord. Man betritt das Grundstück an der Westseite über eine elegante Treppe und erreicht eine freistehende Pergola mit einem luftigen Glasdach. Über diese erreicht man die Eingangshalle, die von zwei Büroflügeln leicht umschlossen wird. Die Halle ist großzügig gestaltet und 7,0m hoch. An der rechten Seite befindet sich der Empfangstresen des Concierges, während sich links unter einem Atrium der Wartebereich für die Lifte befindet. Über die Eingangshalle erreicht man das Restaurant. Dieses ist an drei Seiten vollverglast und bietet ein schönes Panorama auf den umgebenden Landschaftsgarten und seine Terrasse, die Elbe, den Steendiekkanal und den Gorch-Fock-Park. Das Restaurant ist mit einer gläsernen Passage mit dem Hafenhaus verbunden. Hier befindet sich der eindrucksvolle, ca.10,5m hohe Konferenzsaal mit Panoramablick auf den Fluss.

DIE FASSADE: GLÄSERNES UND STEINERNES KLEID
Die Fassade ist aufgrund ihrer langen Lebensdauer und den komplexen Anforderungen der Bauphysik extrem wichtig für das neue Haus. Vorgeschlagen wird ein Fassadensystem auf einem Raster von 2,7m. Dieses Raster besteht aus profilierten, tragenden und polierten Betonelementen, die jeweils zwei Etagen optisch zusammenfassen. Innerhalb des Rasters befindet sich eine nicht isolierende Prallscheibe von 2m x 6m mit seitlichen Lüftungsöffnungen. Pro Etage wird das Raster mit je zwei isolierenden Öffnungsflügeln in bronzeeloxierten Aluminiumprofilen eingefüllt. Zwischen den Flügeln lässt sich eine Bürotrennwand anschließen. Im Zwischenraum der Fassade befindet sich der bewegliche Sonnenschutz. Dieses Fassadensystem ist ideal sowohl hinsichtlich der Lärmbelastung des Flughafens, als auch der hohen Windbelastung entlang der Elbe. Sommerlicher und winterlicher Wärmeschutz können gut geregelt werden, auch lassen sich alle Büros manuell und individuell lüften. Das resultierende Haus wird geprägt durch ein filigranes Kleid aus Beton und große, kraftvolle Glasscheiben. Die rötliche Farbe des angeschliffenen Betons leitet sich von dem historischen Hafenhaus ab, und bindet es so konsequent in die neue Raumkomposition ein. Der räumliche Effekt der doppelt hohen Scheiben ist bemerkenswert. Der neue Bau wirkt hierdurch kleiner, da alle seine Elemente sich mit dem Auge einfach zählen lassen. Gleichzeitig wirkt das Haus aber auch monumentaler, da eine endlose visuelle Stapelung von Etagen vermieden wird und die Detaillierung graziler wirkt. Auf der obersten Etage des Hauptgebäudes erhält das Haus eine Krone hinter der die notwendigen Technikräume und die aufwendige Antennenanlage verborgen werden. Dieser Kranz verstärkt Richtung Elbe und Jenischpark den vertikalen Charakter des Hauses und gibt ihm einen würdigen Gebäudeabschluss. Das Resultat ist eine vertikal gegliederte, gut proportionierte Fassade, die eine spezifisch hamburgische Form von Eleganz thematisiert.

STATIK UND HAUSTECHNIK: LOW-TECH
Bei der technischen Konzeption des Hauses wird vor allem auf low-tech gesetzt, um die Baukosten niedrig zu halten. Die Tragstruktur ist betont einfach. Vorgefertigte Betonsandwichelemente werden einfach gestapelt. Auf Übergangskonstruktionen in der Garage wird weitgehend verzichtet. Bei der Klimatisierung wird auf eher bewährte Techniken gesetzt. Der Fensteranteil beträgt ca. 40% der Fassade und verhindert somit zu viel Wärmeverlust im Winter. Außenliegender, mobiler und individuell zu bedienender Sonnenschutz in Kombination mit individueller, natürlicher Lüftung bietet eine gute Basis für viel Arbeitskomfort. Zusätzlich wird das Haus durch CO2-Steuerung pro Raumachse mechanisch be- und entlüftet. Der notwendige Kühlbedarf und die Art der Heizung werden auf die Wünsche der Bauherren noch abgestimmt. Ziel ist hierbei, den zusätzlichen Energieverbrauch so niedrig wie möglich zu halten. Auf dem Dach wird eine Solaranlage zu installiert. Die Brandabschnitte und die Fassade sind so konzipiert, das eine Sprinkleranlange nicht notwendig ist. Innerhalb der Planung wurden im Bereich des Kernes einfach zugängliche Schächte für Technik vorgehalten. Auch wird auf dem Dach nahezu die gesamte Haustechnik realisiert. Die Form des Innenausbaues ist noch zusammen mit den Auftraggebern zu definieren. Vorzugsweise wird auf abgehängte Rasterdecken zu Gunsten höherer Raumhöhen und eines besseren Innenklimas verzichtet.