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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2019

Neubau eines Hochhauses, Krismer-Areal in Baden (CH)

Gewinner

Architekturbüro Angela Deuber

Architektur

Tobler Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Ferrari Gartmann AG

Bauingenieurwesen

Kalt + Halbeisen Ingenieurbüro AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

"BUDS"

Das Projekt hat einen kompakten ungerichteten Fussabdruck, der sich in der Landschaft und im grösseren städtebaulichen Kontext in alle Himmelsrichtungen gleich verhält. Das Volumen vermittelt geschickt zwischen allen anderen Hochhäusern der Stadt, ohne Hierarchien zu bilden, und steht auch gleichwertig am Leerraum des angrenzenden Parks sowie an der dominanten Strassenachse der Bruggerstrasse. Im näheren Stadtgefüge reagiert das Quadrat subtil mit Knicken in der Fassade, welche räumliche Nischen im Stadtraum bilden. So reagiert es spezifisch auf die verschiedenen Situationen und lässt verschiedene öffentliche Plätze vor dem Gebäude entstehen.
Das Gebäude ist von der Bruggerstrasse mit grösstmöglicher Entfernung zurückversetzt, in der Nische des Fassadenknicks entsteht hiervor der grösste Platz. Hier befindet sich auch der Haupteingang mit einem artikulierten Portikus an der Fassade. Durch Bepflanzung wird der Platz von der Strasse abgeschirmt, sodass er zum Verweilen einlädt. Die Ausfahrtsrampe im Norden wird als störend beurteilt. Eine zweite der Strassenkreuzung zugewandte Nische bildet den Eingang zu verschiedenen öffentlichen Restaurants in einer offenen „Food hall“ und bindet den Turm an das Merker Areal an. Die beiden Knicknischen bilden durch ihre Geometrie eine markante Ecke, die in Richtung Altstadt zeigt, in der gegenüberliegenden Gebäudeseite befindet sich eine weiche Nische, die in Intimität mit dem Park einen Vorplatz zu den Esslokalen im Nordwesten bildet. Kurzzeitparkplätze für Velos befinden sich an der Seitenstrasse, Zufahrten und Anlieferung befinden sich ebenfalls an den weniger prominenten und im Innenraum nicht mit öffentlichen Funktionen belegten Stellen der Fassade. Das öffentliche Erdgeschoss ist insgesamt auf eine einfache und unkomplizierte Weise funktional gelöst und reagiert sensibel auf die verschiedenen atmosphärischen Gegebenheiten der Stadt. Das im Projekt beschriebene urbane Leben im Erdgeschoss wirkt überzeugend.
Die Gesamterscheinung des Gebäudes, das als Solitär direkt auf einem Platz aus gestocktem Beton steht, ist architektonisch sorgfältig ausformuliert. Die geknickten Fassaden lassen die einzelnen Fassadensegmente schlanker erscheinen, was die Vertikalität betont und die Figur in Proportion und Ausdruck elegant in den Himmel streben lässt. Die weitere Facettierung der Fassade ermöglicht dem Gebäude eine gute Eingliederung in einen kleinmassstäblicheren städtebaulichen Kontext.
Die Struktur, die vom Statiker zwar noch als unterdimensioniert beurteilt wird, besteht aus einem inneren Kern, an den alle Steigzonen angegliedert sind und einer an der Fassade liegenden Stützenstruktur. Diese besteht aus einer inneren, die Deckenplatten tragenden Schicht und einer äusseren Stützenreihe aus vorfabrizierten „Pendelstützen“, die nur die umlaufenden Deckenvorsprünge tragen und deshalb auch filigraner ausgebildet werden können. Durch die verschiedenen Fassadenebenen wird eine räumliche Tiefe mit gekonnt ausgebildeter Schattenwirkung erzielt. Der Chiaroscuro Effekt von Vorder- zu Hintergrund entfaltet seine Wirkung sowohl als Fassade zum Stadtraum hin, bedeutet aber auch für den Innenraum optisch eine räumliche Vertiefung des Wohnraumes.
Als figurative Körper entwickeln die Pendelstützen eine Beziehung zum Menschen, im Stadtkontext verleiht die Figur der Blüte dem Gebäude etwas Delikates, fast Fragiles und trägt als strukturell dimensioniertes Element gleichzeitig den Massstab der Hochhausstruktur in den Innenraum. Die Dimensionen Mensch und Stadt treffen hier gekonnt aufeinander.
Das abstrahierte Motiv ist ornamental als Blütenknospen in verschiedenen Stadien ausformuliert, und variiert in 11 verschiedenen Ausführungen von vorfabrizierten Pendelstützen. Die Ornamentik ist konstruktiv an Kapitell und Basis angelehnt, und verbindet die Decken - Plattengliederung der einzelnen Stockwerke zu einer rankenartigen Gesamtstruktur. Aus dem Thema wird mit einem lobenswerten Raffinement in der Höhenentwicklung eine Gesamtgliederung ausgearbeitet. Sie kann in der Tradition der Renaissance gelesen werden, die Elemente einer Fassade geschossübergreifend zu einer Gesamtkomposition zusammenzufügen - Ein Ausdruck der Gegenwart trifft auf die Tradition der Baukunst!
Die einfache Struktur bietet eine hohe Flexibilität in der Nutzung: bei den Wohngeschossen werden Grundrisse für bis zu 7 Wohnungen pro Geschoss aufgezeigt. Diese Nutzungsfreiheit wird als grosser Vorteil angesehen, sowohl auf die Weiterentwicklung des Projektes hin, als auch in Bezug auf die Anpassungsfähigkeit an eine unvorhersehbare Zukunft. Die meisten Wohnungen sind in zwei verschiedene Himmelsrichtungen orientiert. Die Bäder und Küchen sind an die inneren Kerne angegliedert, während die Wohnräume sich entlang der Fassaden abwickeln. Durch die davorliegenden Deckenplatten wird der Raum in die Umwelt horizontal erweitert und die vollverglaste Hülle vor Überhitzung geschützt und beschattet. Gleichzeitig gewährleisten die umlaufenden Balkone den Brandschutz und dienen dem Unterhalt.
Das hohe Mass an Flexibilität ist vielversprechend, doch ergeben sich in den Grundrissen verschiedene Situationen, die auf Alltagstauglichkeit überprüft werden müssen!
Das Andenken alternativer Energiekonzepte wird sehr positiv gewertet und soll vertieft werden.