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Privates Planerauswahlverfahren | 11/2023

Neubau Filderklinik Plus in Filderstadt

2. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

Telluride Architektur

Architektur

Architektur Consult ZT GmbH

Architektur

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

bwp Burggraf + Weber Beratende Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

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IFB Sorge

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nees Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Der Ort ist die Idee

Menschlich, maßstäblich, mit der Natur verbunden
Die Filderklinik als ein Gemeinschaftskrankenhaus eingebettet in einen neuen Gesundheitscampus: ein Ort an dem Heilung geschehen kann. Um dies zu erreichen, greift der Entwurf die besonderen landschaftlichen Qualitäten der Umgebung auf: das angrenzende Naturschutzgebiet, Streuobstwiesen, Hügellandschaften genauso wie die umliegenden dörflichen Strukturen. Durch die differenzierte Ausbildung der unterschiedlichen Baumassen wird eine Proportion zur Umgebung erreicht, die eine regionale Einbindung des Gesamtensembles in den landschaftlichen Kontext erlaubt. Die in ihren Gebäudehöhen eher flache, sich terrassierende Strukturen ermöglichen einen menschlichen Maßstab zu schaffen, Schwellenängste zu überwinden und das Klinikum als Teil des hier entstehenden Campus zu entwickeln. Mittelpunkt des Ensembles ist die grüne Mitte: alle Baukörper bekommen hier ihre Adresse. Patient:innen, Besucher:innen und Mitarbeiter:innen werden gleichermaßen durch eine freundliche, behütete Atmosphäre empfangen.

Campus Entrée
Die neue Campusmitte als Entrée öffnet sich gut sichtbar über die Hauptzufahrt auf dem Gelände. Die Erschließung des Campus erfolgt von zwei Seiten: im Osten befindet sich die Liegendkrankenvorfahrt. Im Süden wird über die Hauptzufahrt das Parkdeck (für Besucher) sowie die Tiefgarage der Akutklinik (für Mitarbeiter) erreicht. Die Campusmitte kann durch diese geschickte Anordnung der Zufahrten weitestgehend autofrei gehalten werden. Ein Angebot an Kurzzeit-Stellplätzen wird in die Randbereiche der grünen Mitte integriert, so dass die Erreichbarkeit und das Prinzip für kurze Erschließungswege für mobilitätseingeschränkte Personen und Notfall- Situationen gewährleistet ist.

Die neue Akutklinik Filderstadt: menschlich, gastfreundlich und gesundheitsfördernd
Wichtiger Bestandteil des Entwurfs sind die sich terrassierenden Ebenen: die Bereiche der Zugänge des Klinikums sind so gewählt, dass diese in den flachen Gebäudeteilen liegen und somit den Besucher und Patienten einladen, die neue Akutklinik zu betreten. Die Architektursprache des Neubaus vermittelt Ruhe und Geborgenheit. Der sich in Richtung Campusmitte orientierende Boulevard, die Hauptmagistrale, welche später den 1.BA mit dem 2.BA verbindet, inszeniert die grüne Mitte und schafft somit den Dialog zwischen Innen und Außen: Das Klinikum öffnet sich zum Außenraum, wird erlebbar und Teil des öffentlichen Raums.

Die Filderklinik: Ein ganzheitlicher Gesundheitscampus im Grünen

Im Zentrum der Klinik ist eine große Platzfläche, die die Besuchenden begrüßt und allen Gebäuden eine gemeinsame Adresse und Plattform zur Kommunikation bietet. Die zahlreichen grünen Nutzungsinseln und zwei kleine Plätze mit Vorfahrt für die Patient:innen gliedern die Fläche in individuelle Nutzungs- und Aneignungsbereiche und geben der Klinik direkt zu Anfang einen gemütlichen, menschlichen Maßstab. Die große Grüninsel in der Mitte bietet die Möglichkeit zur Regenwasserretention vor Ort in Kombination mit einem angenehmen kühlen Treffpunkt im Sommer, der die Kinder zum Spielen einlädt. Eine große Tafel sowie diverse individuelle Aufenthaltsbereiche ermöglichen Besucher:innen, Beschäftigten und Patient:innen in Gesellschaft zu genießen und Feste zu feiern. Der ganzheitliche Heilungsansatz des Klinikkonzeptes zeigt sich auch in der Gestaltung. Im Zentrum steht die Interaktion zwischen Mensch und Natur, um den Heilungsprozess zu fördern, aber auch allen Besuchenden eine ruhige und doch zuversichtliche Atmosphäre zu bieten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf den ersten Blick erscheint das pavillonartig zum Campus angelegte Gebäudeensemble tatsächlich ideal eingebettet in die hochattraktive Landschaft oberhalb Filderstadts. Augenscheinlich versuchen die Verfasser den Charakter des topografisch anspruchsvollen Grundstücks ihrem städtebaulichen und konzeptionellen Entwurfsansatz zugrunde zu legen. Die Proportionen und Höhenstaffelung der Bauteile nach Vollendung der Gesamtanlage wird in ihrer Räumlichkeit als sehr angenehm und vor allem zeitgemäß empfunden. Attraktiv ist auch die angebotene Nutzung der erreichbaren Dachflächen der niedrigen Bauteile, die sich mit der Umgebung verweben. Eine gemeinsame „Mitte“ im Zentrum der Anlage bietet der lokalen Öffentlichkeit mit integrierter Durchwegung eine großzügige Durchlässigkeit. Das Angebot der unmittelbaren Interaktion von Mensch und Natur im besten Fall an jeder Stelle der Anlage, bestimmt die zukünftige Atmosphäre der Architektur vom Außen- bis zum Innenraum.

Das Erschließungskonzept sieht die funktionale Trennung der Verkehrsströme bereits im Außenraum vor, das sich dann im Inneren der Gebäude konsequent fortsetzt. Die angelegte RTW-Vorfahrt über eine Grundstücksfläche außerhalb des Planungsgebiets wird allerdings als kritisch angesehen, wenngleich die gewählte Geographie im Zusammenhang mit der internen Grundrissorganisation erstmal als richtig erscheint.

Ob das separat angedachte Logistikgebäude in seiner Nutzungsintensität organisatorisch nicht zu peripher situiert ist, wird diskutiert. Die Tiefgarage hingegen, tatsächlich unmittelbar unter dem Krankenhausorganismus angeordnet und vermeintlich dafür zuständig, den Fahrverkehr möglichst auf dem Gelände zu minimieren, könnte man sich, zugunsten organisatorisch effektiverer Funktionen, alternativ verortet vorstellen. Als nicht stimmig werden allerdings die Zwischenstände auf dem Weg zum finalen Ausbaustand angesehen. Diese Vorbehalte beziehen sich,z. B. sowohl auf Gebäudeabstände zu Bestandsbauteilen in heute noch nicht final vorhersehbaren Zeiträumen, organisatorischen Zusammenhängen mit Zwischennutzungen und deren Erschließungsmöglichkeiten zwischen Neu- und Bestandsbauten, der Haustechnischen Anlagennutzung im Interimsphasenbetrieb bis zur, als zu aufwändig erscheinenden, Anlage eines Versorgungstunnels im Endausbauzustand.

Die einzelnen Funktionsstellen und Pflegeeinheiten sind routiniert und überwiegend ausschreibungs-konform auf den Ebenen organisiert. Als nicht überzeugend, wohl der Gebäudetypologie geschuldet, werden die langen Wege von einer Funktionsstelle zur nächsten angesehen. Beispielhaft ist nicht nachzuvollziehen, warum der Wöchnerin ein relativ langer und umständlicher Weg in die Neonatologie/Säuglingspflege über Geschosse zugemutet wird. Das entspricht bei weitem gerade nicht des in diesem Haus gepflegten Qualitätsansatzes, insbesondere für diese erfolgreiche und für den Betrieb hochattraktive Abteilung. Raumtiefen im Sockelbereich lassen nur Großraumstrukturen für Bürobereiche zu, vorgeschlagen werden sogenannte „Bürowelten“. Ob diese für die spezielle Nutzung durch medizinisches Personal tauglich sind, wird diskutiert. Die längliche Raumgeometrie der U/B-Räume wird als ungünstig empfunden. Das linear angelegte, in eine Primär- und Sekundär hierarchisierte Struktur angelegte Wegesystem entlang einer Magistrale, erscheint auf den ersten Blick optimal.

Bei detaillierterer Betrachtung werden allerdings nicht nur die entstehenden „Längen“ als unattraktiv empfunden - vermisst wird vor allem räumliche Aufenthaltsqualität – sondern die damit verbundene Vertikalerschließung erscheint, der Grundrisskonzeption geschuldet, als nicht wirklich wegeverkürzend; die Anzahl der Aufzüge erscheinen deshalb überdimensioniert.

Das Projekt wird insgesamt als wirtschaftlich beurteilt. Aspekte der Nachhaltigkeit sind detailliert ausgearbeitet und berücksichtig. Der vorliegende Entwurf wird in jedem Fall als ein wertvoller Beitrag in der Diskussion um eine zukunftsfähige Antwort auf dem Weg zur Erfüllung der Zielvorstellungen des Auslobers angesehen. Ob allerdings der besondere anthroposophische Behandlungs- und Pflegeansatz verknüpft mit modernster Klinikbehandlung mit dieser Form der architektonischen Anmutung gelingt, überzeugt das Preisgericht nicht.

Freianlagen

Die neue Eingangsebene der Akutklinik wird in ihrer Höhenlage relativ hoch situiert und das Gebäude – im Vergleich zu anderen Konzepten – etwas weniger stark in das Gelände eingegraben. Trotzdem verbleibt entlang der westlichen und südlichen Fassade ein steiler Einschnitt, der zu den angrenzenden Wegeflächen extrem wirkt. Für die im EG angeordneten Nutzungen ergeben sich hiermit Nachteile hinsichtlich Belichtung und Qualität der Ausblicke.

Die gewählte Höhenlage wäre nochmals zu überprüfen: Vor allem im Hinblick auf den Bezug des Akutbaus zu vorerst verbleibenden Gebäudeteilen und ihren Außenbereichen wäre der topografische Übergang zu klären.

Die Vorfahrt ZNA wird über fremden Grund geführt und ist so nicht umsetzbar.

Das Sockelgeschoss mit Tiefgaragenzufahrt wirkt in der Ansicht sehr massiv und dominiert die wichtige Erschließungslinie zum Haupteingang – hier wäre eine weitergehende Auseinandersetzung mit Dimension und Gestalt wünschenswert.

Das Freiraumkonzept des Campus mit organischen Formen steht in angenehmem Kontrast zu den klaren orthogonalen Baukörpern. Zwischen ihnen spannt sich ein großzügiger zentraler Freibereich auf, der neben seiner Funktion als Ort des Ankommens auch kleine Angebote für Spiel und Aufenthalt bereithält.

Spezifische Freiraumthemen werden den Gebäudenutzungen zugeordnet, Vorschläge für Einfriedungen, Wegeführung, Dachgärten und anderes mehr sind gut nachvollziehbar. Die Themen-Pavillons im östlichen Gartenteil werden grundsätzlich begrüßt, sind aber im Naturdenkmal „Haberschlaihalde“ nicht realisierbar.