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Studienauftrag | 12/2021

„Bauprojekt Markus“ - Neues Zentrum im Berner Nordquartier (CH)

Kirchenraum mit Blick zum Chor

Kirchenraum mit Blick zum Chor

Gewinner / mit der Weiterbearbeitung beauftragt

Preisgeld: 15.000 CHF

Althaus Architekten +

Architektur

ORT AG für Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Epro Engineering

Bauingenieurwesen

Christian Kathriner

Kunst

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf der Grundlage einer ausgesprochen sorgfältigen Analyse, die sich nicht nur auf die städtebaulichen und architektonischen Themen beschränkt, sondern sich auch vertieft mit der Frage auseinandersetzt, in welcher Form das zukünftige Ensemble als Quartierzentrum funktionieren kann und soll, entwickeln die Projektverfasser ein überzeugendes und sehr stimmiges Gesamtkonzept. Zentrale Erkenntnis dieser Analyse ist, dass die Kirche nicht statisch sein darf, sondern dass sie sich bewegen soll. Daraus leiten die Verfasser ihre Vision ab: Das Projekt als Prozess. Voraussetzung für diese offene Entwicklung ist die nutzungsneutrale Gestaltung.
Eine solche wird im Kirchenschiff am radikalsten umgesetzt. Sämtliche Kirchenbänke werden entfernt und ein neuer horizontaler Boden eingezogen, um die maximale Nutzungsflexibilität zu erreichen - eine "Carte Blanche" für die Kirchgemeinde. Ist in der Gesamtbetrachtung die erste Massnahme vertretbar, bestehen bezüglich des neuen Bodens doch einige Vorbehalte im Hinblick auf die architektonische Wirkung und technische Umsetzbarkeit.
Ihrem Konzept folgend, dass die Leere hier ein Zeichen für Öffnung ist, wird auf Einbauten im Kirchenschiff verzichtet. Die Halle bleibt in ihrer einzigartigen Grösse und eindrücklichen Gestalt erhalten und weiterhin ungeschmälert erlebbar. Dies gilt auch für die sakrale Raumstimmung, auf deren Erhalt das Projektteam grossen Wert legt. Es ist und soll ein Kirchenraum bleiben, trotz der angestrebten polyvalenten Nutzung.
Vorhandenes wird nicht negiert, sondern integriert und weiterentwickelt. So dient das Chorgemälde als Inspiration für künstlerische Interventionen bei der Gestaltung des neuen Bodens oder der Farbigkeit des Seitenschiffs. Dieses wiederum bleibt Teil des Kirchenraums und wird mittels multifunktionaler Möbel in zwei sehr stimmungsvolle Kleinräume unterteilt. Als Reminiszenz auf den ursprünglichen Entwurf von Müller-Wipf und Daxelhofer soll der noch vorhandene Pflanztrog beim Chor reaktiviert und ein Lebensbaum gepflanzt werden, auch um die räumliche Dominanz des Chorbildes etwas abzumildern.
Der Eingangsbereich unter der Empore wird ergänzt durch einen multifunktionalen Korpus, der auch einen niederschwelligen Gastrobetrieb im Kirchenraum ermöglicht.
Das Kirchgemeindehaus, das zum offenen Quartierhaus umgestaltet wird, bildet das Herz der Anlage. Das neue Bistro im Bereich der heutigen Sigristenwohnung verankert das Quartierhaus nicht nur gegen den Vorplatz hin, sondern auch gegen Süden und Westen und untermauert so dessen Zentrumsfunktion fürs Quartier. Das Projektteam nutzt die bestehenden Qualitäten der Anlage mit ihren unterschiedlichen Sicht- und Raumbezügen und integriert diese geschickt in ihr Konzept.
Die vorgesehene Eingriffstiefe im Erdgeschoss ist zwar gross, begründet und rechtfertigt sich aber durch die angestrebte öffentliche Nutzung als neues Quartierzentrum.
Die Aufwertung der Eingangshalle durch Rückbau der späteren Einbauten und Freilegung der grosszügigen Treppenanlage unterstützt diese Haltung. Ein neuer Laubengang im Obergeschoss, welcher der Entfluchtung des grossen Saals dient, lehnt sich in seiner Gestalt an die bauzeitliche Architektursprache an und integriert sich wie selbstverständlich in die bestehende Typologie. Einzig der Liftstandort und die zu kleine Küche im Bistro vermögen nicht ganz zu überzeugen.
Das Pfarrhaus dient künftig der Verwaltung der Kirchgemeinde, was nur geringe strukturelle Anpassungen im Bestandesbau erfordert. Augenfällig ist jedoch der neue ostseitige Anbau für Jugendraum und Bandkeller. Diese Nutzung in der Schnittstelle zwischen Kirche, Schulanlage Markus und der verkehrsbefreiten Tellstrasse wird als passend beurteilt, hingegen wirkt die architektonische Ausgestaltung des Anbaus noch etwas unentschieden. Eine verbesserte räumliche Anbindung der Anlage an die Tellstrasse wird durch den Rückbau der ehemaligen Sakristei erreicht. Das Dach wird belassen und dient als "Werkhof". Die Rückseite der Kirche wird durch diese Massnahmen massgeblich aufgewertet und generiert auch für die Schulanlage Markus einen Mehrwert.
Die Eingriffe in die Parkanlage beschränken sich auf das "Notwendigste". Dort, wo sie stattfinden, sind sie präzis und stärken die historische Anlage. Insbesondere beim Eingangsbereich wird das Vorland mit der ergänzenden Wegführung optisch vergrössert und die Wege verknüpfen sich geschickt mit denjenigen an der Tell- und Winkelriedstrasse. Für die Sichtbeziehungen sind leichte Auslichtungen von Gehölzen beim Pfarrgarten und zur Tellstrasse hin durchaus wünschenswert. Sofern eine entsprechende Nutzung im südlichen Bereich der Kirche gewünscht wird, ist eine Schotterrasenfläche denkbar. Wichtig ist jedoch, dass sich dieser Bereich nach der Nutzung wieder als grüne Parkfläche bzw. zu einem grünen Parkraum regeneriert.
Das Sanierungskonzept Gebäudetechnik ist schlüssig, jedoch bestehen insbesondere bezüglich Lüftungskonzept noch gewisse Herausforderungen im Abgleich mit den denkmalpflegerischen Schutzzielen. Das Grobkonzept SNBS hingegen hat das Potenzial, ein Leuchtturmprojekt bezüglich Nachhaltigkeit zu werden.
Im Quervergleich ist das Projekt das kostenintensivste, bewegt sich aber noch innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens und bietet im Gegenzug auch am meisten Hauptnutzfläche an.
Wie kein anderer Projektvorschlag vermag der Beitrag des Projektteams von Althaus Architekten + die architektonischen, denkmalpflegerischen und nutzerspezifischen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen, so dass die Gesamtwertigkeit der Bauten erhalten und die Anlage gestärkt in einen neuen Nutzungszyklus überführt werden kann.
Seitenkappelle

Seitenkappelle

Kerzennische

Kerzennische

Der Löwe grüsst ins Quartier

Der Löwe grüsst ins Quartier

Kirche Grundriss

Kirche Grundriss

Situationsplan

Situationsplan

Situationsplan Quartiersfest Nacht

Situationsplan Quartiersfest Nacht