Übergeordneter Kontext
Durch die Fortführung der heute bestehenden Bebauung nach Westen und die zukünftige Bebauung südlich der Bahnstadt rückt die Muslimische Akademie vom Siedlungsrand in die Mitte des Quartiers. Die Promenade ist dabei das wichtigste verbindende Element, da sie nach Osten bereits eine attraktive und weitestgehend autofreie Anbindung des neu entstehenden Stadtteils Bahnstadt mit der Altstadt Heidelbergs bildet. Um dieser übergeordneten Bedeutung gerecht zu werden, springt die Promenade mit dem geplanten neuen Steg über den Langer Anger und bindet die westlich gelegenen Bereiche stärker in den städtischen Kontext ein. Sie führt nun bis zu einer neuen Stadtbühne mit vielfältigen Angeboten für Sport, Freizeit, Gastronomie und Aufenthalt. Durch ihre Verlängerung ergibt sich eine deutliche Aufwertung der westlich des Langer Anger liegenden Quartiere und ein möglicher Impuls für die weitere Entwicklung dieser Stadtteile.
Städtebauliche Situation
Im Baufeld ED5.2 wird der vorliegende Bebauungsplan und seine Prinzipien fortgeführt und lediglich Anpassungen vorgenommen, um die veränderte Höhensituation zwischen Promenade und Langer Anger fließend integrieren zu können. Die Interne Wegverbindung zwischen den Baufeldern findet an der Treppenanlage östlich der Muslimischen Akademie ihren Abschluss.
Die Baufelder ED6, ED6.2, ED7 und ED3.1 werden der veränderten Nutzungsstruktur entsprechend in mehrere Einzelblöcke aufgelöst, so dass neue Weg- und Sichtverbindungen entstehen. Punktuell werden Hochpunkte ausformuliert, welche sich über das neue Quartier verteilen und Orientierung schaffen.
Freianlagen und Dachgarten
Der Überbrückung der Höhenunterschiede zwischen der Promenade und dem Langen Anger kommt eine starke Bedeutung zu. Östlich der Akademie entsteht über eine kombinierte Rampen- und Treppenanlage eine barrierefreie Verbindung. Westlich gelangt man über eine Treppe hinunter zum Stadtboden. Hier endet auch die lange Rampe, die am westlichen Ende der muslimischen Akademie auf mehrere weiterführende Wegeverbindungen trifft. Die ebenerdigen Freianlagen sind überwiegend befestigt und an geeigneter Stelle mit Bäumen überstellt. Sie dienen neben der Erschließung des Gebäudes als Terrassenbereiche für Gastronomie und Tagungsräume. Ein kleiner dem großen Saal zugeordneter „Hortus conclusus“ bildet im Westen einen besonderen Akzent. Die Dachfläche der Kinderbetreuung ist teilweise überdacht, teilweise frei bewittert. Der fugenlose Kunststoffbelag verbindet diese Bereiche und wird in den Sicherheitsbereichen der Spielgeräte zum Fallschutzbelag. Erhöht liegende Pflanzbereiche bilden ein robustes Grüngerüst und rahmen die Spielfläche ein.
Programm und Organisation des Gebäudes
Das Programm der Muslimischen Akademie ist von einer großen Nutzungsvielfalt geprägt. Gleichzeitig gibt es innerhalb dieses Nutzungsmixes große Unterschiede bezüglich öffentlichen, halböffentlichen und privaten Bereichen. Um diesen unterschiedlichen Wünschen gerecht zu werden schlagen wir vor, die Akademie wie ein großes Regal zu verstehen, in welches auf sehr flexible Weise die Unterschiedlichen Nutzungen sorgfältig platziert werden. Dabei nimmt der öffentliche Charakter der Nutzungen von unten nach oben kontinuierlich ab. Die öffentlich zugänglichen Etagen werden dabei mit einem innenliegenden Luftraum vertikal verbunden und visuell zu einer Einheit zusammengeschlossen.
Auf dem Niveau Langer Anger befinden sich mit dem Foyer und dem großen Saal die zentralen Veranstaltungsräume des Gebäudes. Im Normalbetrieb kann der Saal über eine mobile Trennwand in seiner gesamten Breite mit dem Foyer zusammengeschaltet werden. Beim Freitagsgebet bleibt die mobile Trennwand geschlossen und der Saal wird über seinen nördlichen Zugang im Bereich des Haupttreppenhauses erschlossen, womit gewährleistet wird, dass der Zugang nicht aus der Gebetsrichtung erfolgt.
Beginnend auf dem Niveau des Langen Angers entsteht in der weiteren Folge ein spannungsreiches Raumkontinuum, welches über breite Freitreppen und dem Außenraum folgende Sitzstufen das Foyer, die Bibliothek, informelle Aufenthaltsbereiche und gastronomische Nutzungen bis zu den Seminarbereichen im ersten Obergeschoss als ein fließender Raum verbindet. Von dort aus führt eine Wendeltreppe weiter in die Ebenen der Verwaltung und Beratungsstellen.
Die vierte Etage des Gebäudes ist nicht mehr an den zentralen Luftraum angeschlossen und bietet Bereiche für Gebetsraum und Kinderbetreuung. Die Zimmer in den darüber liegenden beiden Etagen sind klein aber sinnvoll und kompakt ausgestattet und stellen den privaten Rückzugsbereich des Hauses dar.
Konstruktion, Fassade und Materialität
Selbst ein Haus mit so vielfältigen Nutzungen auf solch einem Grundstück braucht Struktur und Regelmäßigkeit, braucht aber wegen der Unterbringung ganz unterschiedlicher Räume auch Leistungsfähigkeit und Flexibilität. Und trotzdem muss die Konstruktion wirtschaftlich sein, muss bei begrenzter Geschosshöhe Raum für Installation und Schallabsorption bieten. Basis dafür ist ein Skelett aus Stützen und vorgespannten Cobiax-Hohlkörperdecken, das über den ebenfalls in Stahlbeton konzipierten Erschließungskern in Verbindung mit wenigen Betonstreben ausgesteift wird. Der Einbau von Hohlkörpern und Monolitzen ermöglicht selbst bei besonderen Grundrissen mit weiter gespannten Decken und nur punktueller Lagerung schlanke Platten und somit in gleich mehrfacher Hinsicht eine größtmögliche Betoneinsparung. Das Ergebnis sind große Räume ohne Unterzüge, maximale Freiheit im Ausbau und langfristige Flexibilität in der Raumgestaltung: nichts ist mehr tragend, Wände können mit Rücksicht auf die Anforderungen aus Schall- und Brandschutz sowie auf Installierbarkeit als maximal wirtschaftliche Trockenbauwände errichtet werden. Fassaden sind ohne Einschränkungen aus dem Tragwerk gestaltbar. Balkone, Loggien und Grünflächen im Bereich der Fassade können thermisch abgekoppelt vorgesellt und über den Skelettbau stabilisiert werden. Im Ergebnis eine überaus wirtschaftliche Gesamtkonstruktion, die allein durch ihre Flexibilität für jegliche Nachnutzungen wandelbar bleibt und somit einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit von Gebäuden leistet.
Die Pflanzbereiche auf den Terrassen und den vorgelagerten umlaufenden Geschossbändern haben neben ihrer lebendigen Außenwirkung positive Auswirkungen auf den Energiehaushalt, die bauphysikalische Eigenschaften der Gebäudehülle, Erhöhung der Luftfeuchtigkeit sowie der Reduktion der Oberflächentemperatur und Hitzeabstrahlung.
Der gesamte Innenausbau wird in Holz umgesetzt. Leichte Trennwände, Raumteiler und notwendige Akustikdecken werden mit Echtholz- Paneelen zu wichtigen Gestaltungselementen mit hoher innenräumlicher Qualität. Geschlossene Räume und Wände werden mit abstrahierten Ornamenten aus dem muslimischen Kulturkreis versehen, welche durch die Fassade auch in der Außenwirkung in Erscheinung treten und einen subtilen Hinweis auf den zentralen Kulturkreis der Einrichtung geben.
Brandschutz
Um den Anforderungen an ein Hochhaus gerecht zu werden, verfügt die Muslimische Akademie als zentrales Element über eine selbsttätige Feuerlösch- und Brandmeldeanlage. Dies erlaubt eine Reduzierung der Anforderungen an die raumabschließenden Bauteile innerhalb der Geschosse. Das Gebäude verfügt über zwei bauliche Rettungswege, welche in Form zweier unabhängiger, ineinander verschränkter Treppen umgesetzt ist. Die Wände dieser notwendigen Treppenräume sowie der Fahrschacht des zur Verwendung kommenden Feuerwehrfahrstuhles sind in der Bauart von Brandwänden hergestellt. Der vor dem Fahrschacht des Feuerwehraufzuges angeordnete Vorraum und die Druckbelüftungsanlage bieten insgesamt ausreichend Schutz vor dem Eindringen von Feuer und Rauch. Zur Verhinderung des Feuerüberschlags von Geschoss zu Geschoss werden die feuerbeständig ausgeführten auskragenden Fassadenelemente herangezogen. Darüber hinaus beaufschlagt die Feuerlöschanlage auch die Fassade von innen. Der Interne Luftraum ist vom Raumvolumen dem Foyer und Erdgeschoss zugeschlagen. In den Geschossen der Wohnnutzung haben alle Trennwände der Apartments und des notwendigen Flures Anforderungen an den Brandschutz.