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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Neugestaltung und Sanierung des Obstmarktes in Herisau (CH)

3. Rang

Preisgeld: 5.000 EUR

KELLER HUBACHER ARCHITEKTEN

Architektur

Lukas Imhof Architekten

Architektur

Kollektiv Nordost

Landschaftsarchitektur

Schneiter Verkehrsplanung AG

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit suggestiven, grossflächigen Bildern und einer klaren und eleganten Architektursprache wird beim Projekt «Clara» die Stimmung eines städtischen Platzraumes des ausgehenden 19. Jahrhunderts evoziert.

Das Projekt reagiert laut eigenen Angaben auf die vielfältigen Benutzeransprüche mit einer grosszügigen, unverstellten Platzfläche. Diese Absicht wird mit verschiedenen Massnahmen erreicht: So wird der Kreisel in Richtung Norden und somit aus der Platzmitte heraus geschoben. Mit der Erweiterung der Terrasse des Regierungsgebäudes gegen Osten werden gleich mehrere Probleme gelöst: die Zufahrt und die Treppenanlage zur Tiefgarage werden geschickt in den Sockel integriert und die Anlieferung zum Regierungsgebäudes erfolgt ebenerdig und witterungsgeschützt. Weniger zu überzeugen vermag die Ausgestaltung des Sockels mit seiner aufgelösten Ecke und die Nutzung dieser neu gewonnenen Terrasse als Abstellfläche für Zweiräder.

Auf das Gefälle des Obstmarktes wird mit einer leichten Terrassierung reagiert. Höhenunterschiede gliedern die gesamte Platzfläche und weisen den unterschiedlichen Funktionen eigene Bereiche zu. Ein sorgfältig plazierter Pavillon vervollständigt die Komposition. Leider steht diese Zonierung im Widerspruch zum eigenen Anspruch an Flexibilität und Multifunktionalität, indem die einzelnen Bereiche eben nicht synergetisch genutzt werden können, sondern ausschliesslich einer einzigen Nutzung dienen. Dies hat zur Folge, dass gerade für den Verkehr vergleichsweise viel Fläche benötigt wird, Fläche welche wiederum für andere Nutzungen fehlt. Die Einschränkung auf eine einzige Zufahrt zum Bereich vor dem Regierungsgebäudes verunmöglicht ein effizientes Aufstellen des Marktes, da sich die einzelnen Marktfahrer gegenseitig blockieren. Die Terrassierung des Obstmarktes schränkt zudem die Hindernisfreiheit ein und verschlechtert die Querverbindungen für Fussgänger und für den Veloverkehr.

Der Pavillon auf dem Obstmarkt wird als belebendes Element begrüsst. Die zusätzlichen Nutzungen versprechen eine erhöhte Fussgängerfrequenz. Jedoch wird bezweifelt, dass eine so kleine Restauration wirtschaftlich betrieben werden könnte. Die Anlehnung an die historische Architektur mit ihren Turmspitzen, Dachreitern und Gauben lässt sich nachvollziehen, die gewählten Architektursprache scheint doch etwas forciert und im Widerspruch zur Ausstattung mit LED-Screens.

Die neue Treppe vom Obstmarkt zum Kirchplatz wird kontrovers diskutiert. Der Kirchplatz ist heute ein Ort der Ruhe. Mit einem zusätzlichen Zugang ist auch vermehrt mit Störungen zu rechnen. Nicht nur wird die Fläche des Kirchplatzes empfindlich verkleinert, die Aussicht zum Obstmarkt wird auch ausgerechnet an der attraktivsten Stelle eingeschränkt. Die Treppenanlage hinter einer Stützmauer wirft Fragen auf betreffend Einsichtigkeit und dem subjektiven Sicherheitsempfinden. Auch baulich stellt die neue Treppe einen tiefen Eingriff in die historische Bausubstanz dar. Der Kirchplatz liegt auf dem Gebiet des ehemaligen Friedhofs. Es ist mit Funden und Ausgrabungen zu rechnen. Für die Treppenanlage müssen nicht nur einige stattliche Bäume gefällt werden, auch die Stützmauer würde im Bereich der Treppe zurückgebaut und müsste neu erstellt werden. Diesem grossem Aufwand steht ein vergleichsweise geringer Mehrwert gegenüber.

Die verkehrlichen Fragestellungen werden im vorliegenden Projekt nur am Rande behandelt. Mit der Terrassierung wird vergleichsweise viel reine Verkehrsfläche generiert. Der Kreisel weist nicht die erforderlichen 26 Meter im Durchmesser auf. Vor allem aber sind die Bushaltestellen nicht im Projekt integriert und weder funktional noch gestalterisch überzeugend gelöst. Mit der Anordnung der Bushaltestelle ausserhalb des Platzbereichs wird zudem die Gelegenheit verpasst, den Obstmarkt als attraktiven Ankunftsort für die Passagiere zu begreifen und zusätzliche Fussgänger über den Obstmarkt zu leiten.

Die zu erwartenden Baukosten liegen für das Projekt «Clara» genau im Mittel aller eingereichter Projekte.
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