Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021
Neugestaltung Promenadenring in St. Pölten (AT)
©DND Landschaftsplanung
AtmosphĂ€rische Skizze Linzer Tor. Nach der Neugestaltung werden sich die begrĂŒnten Aufenthalts- und BewegungsflĂ€chen verdoppelt haben. Der Ring soll ein multikodierter Freiraum und kooperativer Identifikationsort sein und als zusammenhĂ€ngende Struktur lesbar sein.
1. Rang / Zur Realisierung empfohlen
Preisgeld: 19.325 EUR
Verkehrsplanung
ErlÀuterungstext
Der GrĂŒne LOOP transformiert den Promenadenring in eine nachhaltige Nachbarschaft der Zukunft und verbindet es auf mehreren Ebenen mit dem Rest der Stadt. PrioritĂ€t war es, den Ring im StadtgefĂŒge zu stĂ€rken und gleichzeitig die IdentitĂ€t des Ortes zu bewahren. Der GrĂŒne LOOP ist der âVorgartenâ an dem gesportelt, erholt und gelebt wird. MobilitĂ€t, Freiraum und Natur werden einem zukunftsfĂ€higen Narrativ folgend verbunden. Der Ring soll ein multikodierter Freiraum, ein kooperativer Identifikationsort sein und als zusammenhĂ€ngende Struktur lesbar sein.
Gestaltungsprinzipien fĂŒr den grĂŒnen LOOP
Die Neugestaltung ermöglicht einen groĂen Freiraumgewinn: Nach der Umgestaltung werden sich die begrĂŒnten Aufenthalts- und BewegungsflĂ€chen verdoppelt haben. Breite GehwegbĂ€nder ziehen sich mĂ€andrierend ĂŒber den gesamten Promenadenring, Belag und BegrĂŒnung orientieren sich daran. Hinzu kommt vielfĂ€ltiges und modulares Stadtmobiliar: Eigens entwickelte, perlgoldfarbene Boxen, sogenannte LOOP Boxen, sind begrĂŒnte Pergola, ĂŒberdachte Sitzgelegenheit oder Aufenthaltsort mit PV-Modulen und Lademöglichkeit. Sie sind konsumfreie Orte im öffentlichen Raum und können je nach Anforderungen der Nachbarschaft beliebig oft und frei positioniert werden.
Alleebaum als Raumbildner
Als Alleebaum wurde die AhornblĂ€ttrige Platane ausgewĂ€hlt. Sie ist das maĂgebliche, raumbildende Element und wird das Bild ĂŒber die nĂ€chsten Jahrzehnte prĂ€gen. In der geplanten Dichte geben die Platanen die Grundstruktur, die den Ring zusammenhĂ€lt. Sie werden zum GroĂteil auf bestehenden Baumreihen positioniert, sodass die unterirdische Infrastruktur von den nötigen Umbauten nur gering betroffen ist. Die Platane wird 30 Meter hoch und ihre ausladende Krone bis zu 25 Meter im Durchmesser, damit gibt sie dem Raum sowohl MaĂstab als auch Stimmung. Ein Highlight bei der Bepflanzung wird der Europaplatz: Der Hain bildet eine groĂe Baumhalle, unter der man sich aufhalten und bewegen kann. Ein Wasserspiel vollendet das Ensemble.
Schwammstadt: BegrĂŒnte Entsiegelung
Die Platanen werden in der Schwammstadt versetzt: Dabei kann ĂŒberschĂŒssiges OberflĂ€chenwasser in unterirdischen Pufferbereichen gespeichert und den BĂ€umen langfristig zur VerfĂŒgung gestellt werden. Das Schwammstadtprinzip macht eine nachhaltige und langfristig gesunde Baumpflanzung möglich und ist Teil der ĂŒbergeordneten blau-grĂŒnen Infrastruktur: Dabei wir ein strategisch geplantes Netz aus begrĂŒnten und bewĂ€sserten FlĂ€chen realisiert, die in BallungsrĂ€umen dafĂŒr sorgen, dass StĂ€dte besser gegen den Klimawandel und daraus resultierenden Wetterextreme gewappnet sind.
Nachbarschaft in der Erdgeschosszone
Die Erdgeschosszone ist das wesentliche Element in der Belebung des Promenadenrings. FĂŒr die Transformation des monofunktionalen Verkehrsraumes zum vielfĂ€ltigen Aufenthaltsraum werden ParkflĂ€chen reduziert, Kreuzungsplateaus im Sinne der Geschwindigkeitsreduktion angehoben und hochwertige AufenthaltsqualitĂ€ten mit unterschiedlichem Stadtmobiliar und Wasserspielen geschaffen. Eine kohĂ€rente Farbgebung zieht sich durch die Gestaltung wie ein roter Faden: FahrradbĂŒgel, Lampen, MistkĂŒbel, LOOP Boxen â alles wird als zusammengehörend erkennbar bleiben. Der grĂŒne LOOP um das St. Pöltner Stadtzentrum transformiert die aktuelle monofunktionale Struktur zu einem Möglichkeitsraum mit vielfĂ€ltigen Chancen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf dokumentiert diese robusten aber auch offenen Nutzungsbereiche in anschaulicher Form und bietet damit fĂŒr die Jury im Vergleich ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal des Projektes. Dieses zeichnet sich sowohl durch die Auswahl und Anordnung konsistenter Elemente (Pergola, etc.) als auch dem partizipatorischen Ansatz bei der Umsetzung aus. FĂŒr die Jury finden sich damit im Entwurf jene notwendigen identitĂ€tsstiftenden aber auch praktikablen Elemente wieder, die â nicht nur im Zusammenhang mit der Perspektive des Kulturbezirkes â den Ring neben der Promenade fĂŒr Alle auch zu einer StraĂe der Anrainerinnen und Anrainer machen und ihre âBeitrĂ€geâ auch rĂ€umlich geleitet aufnehmen können.
Die Gestaltung des Freiraumes weist einerseits jene geforderte Robustheit und ModularitĂ€t auf, die notwendig ist, um auf zukĂŒnftige VerĂ€nderungen und Anpassungen reagieren zu können, andererseits verfolgt sie ihre intendierte Zielsetzung bezĂŒglich Freiraum exakt und konsequent (z.B. durch eine durchgehende groĂ-kronige Baumreihe, die in modularen âPaketenâ geplant ist).
Mittels beidseitig durchgezogenen Gehsteigen wird ein âPromenadenschlussâ hergestellt, die einheitliche Gestaltung hervorgehoben und akzentuiert und somit die durchgehende Begehbarkeit sichergestellt. Auch bei Details, wie jenem Vorschlag im Bereich NeugebĂ€ude inkl. Parkpromenade bleibt das Projekt durch eine verĂ€nderte Verkehrsorganisation diesem Ansatz treu und kann die derzeitige rĂ€umliche Unterbrechung der Promenade schlieĂen.
Der Aspekte des ruhenden Verkehrs sind (Parken/Ladezone/RadabstellplĂ€tze) ausreichend berĂŒcksichtigt und Vorgaben eingehalten. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wird entsprechend dem Charakter einer Promenade auf Tempo30 reduziert. Im Bereich zwischen Linzer Tor und Steinergasse kann durch die Implementierung einer gegenlĂ€ufigen Einbahn eine deutliche Reduktion des KFZ-Verkehrs erzielt werden.
Die Jury hat jedoch auch Defizite in der Verkehrsorganisation identifiziert. MaĂnahmen zur geforderten Verkehrsberuhigung (EinbahnfĂŒhrung, Unterbrechung des Durchgangsverkehrs, etc.) wurden nur teilweise, jedenfalls noch nicht genĂŒgend ausgearbeitet. Dies sollte in weiteren Abstimmung mit der Stadtverwaltung erfolgen. FĂŒr die Jury wesentlich war, dass das vorgeschlagene System auch die Implementierung einer wirksamen Verkehrsorganisation zulĂ€sst.
Des Weiteren empfiehlt die Jury eine Reduktion des Fahrbahnquerschnittes (weniger als 8,00m) zugunsten einer AufenthaltsqualitÀt im Hinblick auf eine multimodale Nutzung des Verkehrsraumes (Radverkehr im Mischverkehr oder Reduktion Breite Kernfahrbahn), um auch dem geforderten Prinzip der Koexistenz aller Verkehrsarten entsprechend Folge leisten zu können.
Die Auswahl der OberflĂ€chen ist nachfolgend bautechnisch zu prĂŒfen. Eine alternative Materialwahl sollte jedoch auf die, im Konzept beabsichtige Gesamtkomposition RĂŒcksicht nehmen.
Etwaige DetailvorschlĂ€ge, wie beispielsweise die Kreuzung Linzer Tor sind in Teilaspekten verkehrlich zu optimieren (z.B RadwegfĂŒhrung) und in Abstimmung mit der Stadtverwaltung in den Details hinsichtlich Umsetzbarkeit und Rahmenbedingungen zu prĂŒfen. Die Eingangssituation beim Linzer Tor ist gestalterisch und mittels verkehrsberuhigender MaĂnahmen nachzuschĂ€rfen. Die beabsichtigte Verkehrsorganisation beim Bischofsteich ist nicht eindeutig lesbar und ebenso detaillierter auszuarbeiten. Die Integration des Europaplatzes und die GestaltungsvorschlĂ€ge erfolgten widerspruchsfrei unter BerĂŒcksichtigung der engen Rahmenbedingungen fĂŒr diesen Bereich.
Das Projekt greift das klassische Motiv des Boulevards auf und adaptiert bzw. ĂŒbersetzt dieses auf die strukturellen Bedingungen der Stadt St. Pölten. Es bleibt dabei konsequent und klar. Die Jury sieht diese Synthese als gelungen an und dienlich, die geforderten Zielsetzungen der Ausschreibung nicht nur ausreichend sondern auch konsequent zu erfĂŒllen und einen nachhaltig positiven Gestaltungsbeitrag fĂŒr die rĂ€umlichen Situation des Promenadenringes und ihre Zukunft zu geben.
EMPFEHLUNGEN DES PREISGERICHTS
Das Preisgericht empfiehlt einstimmig, das Projekt 02 in Umsetzung zu bringen und gibt hierfĂŒr folgende Empfehlungen ab:
âą Der Verfasser der Wettbewerbsarbeit 02 soll auch das Teilprojekt âDispositionsflĂ€chen Europaplatzâ, auf dem Hintergrund der besonderen stĂ€dtebaulichen PrĂ€gnanz und der hohen Sichtbarkeit, entsprechend der AbsichtserklĂ€rung in der Auslobung, bearbeiten. Des Weiteren ist der Europaplatz in Zusammenhang mit der stĂ€dtebaulichen Entwicklung, insbesondere der Turnhalle, zu konzeptionieren.
⹠Die MultifunktionsflÀchen sind im laufenden Partizipationsprozess weiterzuentwickeln und zu definieren.
⹠Eine Anpassung der Verkehrsorganisation im Hinblick auf die Reduktion des Kfz-Durchgangsverkehrs am Promenadenring gemÀà der Zielsetzung ist vorzunehmen.
âą Eine Reduktion der VerkehrsflĂ€che ist zugunsten des Aufenthaltsraumes zu prĂŒfen.
⹠Ein Beleuchtungskonzept ist in Abstimmung mit dem GeschÀftsbereich V/6 zu entwickeln.
©DND Landschaftsplanung
GrĂŒner Loop St. Pölten. Entlang des gesamten Rings wird es unterschiedliche Aufenthaltszonen mit entsprechender Ausstattung geben, insgesamt wird der Ring als zusammenhĂ€ngende Struktur lesbar sein. Der GrĂŒne Loop wird zu Gunsten des FuĂverkehrs umgestaltet: Ein Boulevard zum Flanieren und Verweilen.
©DND Landschaftsplanung
AtmosphĂ€rische Skizze Europaplatz. Der vorgelagerte Platz wird zum EntrĂ©e mit einer SĂ€ulenhalle aus weiĂstĂ€mmigen Platanen, die ein ausladendes, grĂŒnes Dach formen. Nach kĂŒnstlerischem Entwurf wird er in seinem Zentrum zusĂ€tzlich mit Wasser bespielt.
©DND Landschaftsplanung
AtmosphĂ€rische Skizze der Julius-Raab-Promenade an der Westseite. Mit konsumfreien Zonen unter begrĂŒnten Pergolen mit flexibler Sitzmöblierung wird die Bevölkerung zum Aufenthalt im Freien animiert.
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Der Promenadenring St. Pölten ist ein Identifikationsraum fĂŒr die Bevölkerung. In der freiraumplanerischen Systematik werden die Hauptverbindungen des FuĂ- und Radverkehrs deutlich.