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Studienauftrag | 05/2012

Schweizer Mosterei- und Brennereimuseum

Teilnahme

Lauener Baer Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Grundidee, die den Entwurf des Museums leitet, überzeugt. Das historische Rastermass eines ortstypischen, hochstämmigen Obstbaumhains dient als Grundstruktur für die Entwicklung des neuen Baukörpers. Entscheidend für die Setzung des Gebäudes in der Situation wird der neu angelegte Baumhain, der am östlichen Rand des Firmengeländes der Mosterei Möhl gelegen, in der Wirkung eines grossen Volumens, als Teil der Produktionsanlagen gelesen werden kann. Wie selbstverständlich setzt er die eigene Geometrie der großmaßstäblichen Produktionshallen fort und interpretiert sie als landwirtschaftlich präzis bebautes Feld mit Bezug zum Ausgangsprodukt des Apfels.
Der Baukörper des Museums bildet gleichsam den Brennpunkt dieses Apfelhains. Er konzentriert und verdichtet die städtebauliche Situation des Feldes und schafft, in seiner leicht zur St. Gallerstrasse zurückversetzten Lage die logische räumliche Anbindung an die Betriebsgebäude der Mosterei Möhl.
Der quadratische, zweigeschossige Baukörper führt mit neun aufgesetzten, geschosshohen Oblichtkörpern das Raster des Baumhains als Interpretation der Baumkronen weiter. Das Gebäude verortet sich so in der Geometrie des Baumfeldes und gibt diesem zusätzlichen Halt.
Die gewählte, leicht rechteckige Form der Dachaufsätze wird jedoch in Bezug zum Ausdruck des Gebäudes fragwürdig. Die stark zeichnende Figur des Gebäudes erinnert mehr an eine Burg oder Krone und verliert den, in der städtebaulichen Konzeption noch angedachten Bezug zum Mostereibetrieb. Auch in Anbetracht einer möglichen Überhöhung und Exaltiertheit der baukörperlichen Wirkung des Museums wäre die noch in der Zwischenbesprechung präsentierte kaminartige Form der Dachaufsätze sinnvoller, da ein interessanter Bezug zur Motivik der Betriebs- und Industriebauten möglich wird.
Die gewählte Ausbildung der Fassaden als Flechtwerk mit tauchgrundierten Holzstäben kann als Übersetzung, der in den Obsthainen und in der Produktion von Most oft verwendeten Körben und Zainen, verstanden werden. Aber auch hier wird die Wirkung des Fassadenbildes und somit die gewählte Analogie im Kontext zur Gebäudeform in Frage gestellt. Das im Flechten einer Textur sinnbildliche Fließen der verwendeten Elemente wird durch die rechtwinklig aufgegliederte Gebäudeform aufgebrochen und zerfällt so in einzelne Flächen, deren Kantenausbildungen zum Ausdruck dieser Problematik werden.
Der Eingangsbereich mit dem großzügigen Vorplatz, der als Leerstelle im Baumhain ausgebildet wird, ist angemessen und richtig positioniert. Auch die Parkierung unter dem Baumhain ist folgerichtig und mit ihrer Materialisierung mit den großformatigen Kunststeinplatten sowie den asphaltierten Fahrwegen bis hin zu deren Randabschluss stimmig gedacht. Vielleicht wäre jedoch eine Konzentration der Parkierungsfläche im Eingangsbereich sinnvoller und würde den gewünschten Sichtbezug aus dem Museum in den Baum- und Landschaftsraum konsequenter ermöglichen.
Die Raumstruktur des Museums mit den jeweils vier Raumzonen im Erdund Obergeschoss, die sich windmühlenartig um den zentralen Treppenkern drehen sowie die Überhöhungen des Daches ergeben sehr interessante und vielseitige Innenraumsituationen. Die geforderten unterschiedlichen Raumhöhen können so in einem räumlich durchgehenden System angeboten werden, das sich zudem auch als wirtschaftliche Lösung des geforderten umbauten Volumens auszeichnet. Die gewählte Konstruktion mit dem aussteifenden Treppenkern in Beton und der Holzelementbauweise für die übrigen Wand- und Deckenelemente machen für die komplexen statischen Anforderungen des Raumsystems durchaus Sinn.
Das ausgeklügelte Raumsystem lässt einfache Museumsrundgänge zu, die für Gruppen wie auch für Einzelbesucher logische Abläufe möglich machen.
Aus einem über den gedeckten Vorbereich betretbaren Foyer und Besammlungsraum, an dem auch der Museumsshop angegliedert ist, sind die drei Ausstellungsräume um den Treppenkern angeschlossen und ermöglichen einen Rundweg um das Zentrum. Über eine sich konisch in Laufrichtung öffnenden Treppe gelangt man am Ende des Rundweges in das Obergeschoss. Hier können, in der gleichen Logik des Erdgeschosses, vier Ausstellungsräume durchschritten werden die mit überzeugend gesetzten Öffnungen immer wieder Bezüge zur unteren Ausstellungsebene oder in andere Raumbereiche zulassen.
Auch die Anbindung sowie die Raumkonzeption des Fasskellers sind in der gezeigten Form möglich und sinnvoll.
Die innere Schale der Holzelementkonstruktion wird als sichtbare Fläche mit einer weissen Lasur gedacht, unter der die Holzstruktur noch sichtbar sein soll. Die vorgeschlagene Raumgestaltung wirkt sehr ausgewogen und neutral.
Es wird eine Raumstimmung geschaffen, die auf eine Konzentration der ausgestellten Objekte hinzielt und den musealen Kontext sucht. Hier stellt sich die Frage, ob die Qualität und die Beschaffenheit der Objekte, die ja Relikte einer handwerklichen oder industriellen Produktion sind und ihre Spuren aufweisen, in diesem Kontext in ihrer Wirkung geschmälert und in ihrer Bedeutung entwertet werden.
Die Vorschläge für die Erweiterung des Tanklagers zeigen einen subtilen Umgang mit dem Bestand sowie auch eine maßstäbliche Eingliederung des neuen Volumens in die städtebauliche Nachbarschaft. Die Form der Dachflächen und Einbindung in die vorhandene Dachstruktur der bestehenden Betriebsbauten zeigt eine vorbildliche Art des Weiterbauens in diesem Konglomerat unterschiedlichster Betriebsbauten.
Der Projektvorschlag der Architekten Lauener und Baer zeigt einen eigenwilligen und überzeugenden Ansatz, ein Museum thematisch als Teil eines Mostereibetriebs zu definieren und in einen landschaftlichen Kontext zum gestellten Thema zu stellen. Es handelt sich um einen wertvoller Beitrag im Lösungsfindungsprozess zur gestellten Aufgabe.