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5. Rang 6 / 6

Offener Wettbewerb | 06/2014

Neubau Sammlungszentrum Römerstadt Augusta Raurica

I.MO.7,19

Ankauf

Preisgeld: 25.000 CHF

Made in

Architektur

Muttoni & Fernández

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

„Und die Wasser nahmen überhand und wuchsen so sehr auf Erden, dass alle hohen Berge unter dem ganzen Himmel bedeckt wurden.“

Das Projekt „1. Buch Moses. 7. Kapitel, Vers 19“ prüft mit seinem Kennwort unsere Bibelfestigkeit und stellt uns gleich noch die Glaubensfrage: „Soll ein Wettbewerbsprojekt eine zukünftig gebaute Realität vorwegnehmen oder soll es eine Projekttheorie entwerfen, die den Weg weist zu einer zukünftigen, gemeinschaftlich verfolgten Planung und Realisierung?“ Auf diese Frage gibt das Projekt eine rigorose Antwort. Auf keinen Fall will es vorauseilend das letztendlich Gebaute festschreiben.
Das Projekt erscheint so vordergründig plakativ, dass man geneigt ist, es als frivole Provokation abzutun. Erst in der näheren Auseinandersetzung erkennt man die Ernsthaftigkeit und Präzision, mit der die Projektidee entwickelt wurde.

Die Zeichenhaftigkeit des Objektes bedient die Metapher der Arche Noah, eines schiffförmigen Volumens, das vordergründig, losgelöst von einer kontextuellen Bindung an den Ort, bereit zu sein scheint, die Kostbarkeiten der römischen Spuren in sich aufzunehmen, zu sichern und bei Gefahr die Gegend mit der Hinterlassenschaft zu verlassen. Die Geschichte erzählt einerseits von der maximalen Distanz zur Struktur der Landschaft und des Terrains, andererseits von der unmittelbaren Verbundenheit zu den unsichtbaren Fundstücken. Dabei stehen die diffizile Fundation im archäologischen Feld, der Umgang mit der Autobahn und die Schaffung eines ruhigen, weiten und leeren Aussenraums im Vordergrund. Die so gefasste Problemstellung wird architektonisch produktiv gemacht, um das hergebrachte Bild der Arche Noah in eine zeitgenössische und ortsspezifische Form zu transformieren. Das Projekt verweist letztlich viel mehr auf einen Flugzeugträger als auf ein kastenförmiges hölzernes Schiff.

Der Umstand, dass die Gründung im archäologischen Feld nur über eine vorhergehende Terrainaufschüttung möglich ist, wird architektonisch und strukturell genutzt. Das Schiff liegt symbolisch auf mehreren Schuttkegeln, die einen gleichmässigen Lastabtrag ermöglichen. Das Fundationskonzept ist intelligent durchdacht, baulich jedoch etwas aufwendig. Durch die mit Spritzbeton überstülpten Schuttkegel und die Ringvorspannung kann ein gleichmässiger Lastabtrag auf den bestehenden setzungsempfindlichen Baugrund gewährleistet werden. Ein darüber liegender, vorgespannter Trägerrost leitet die Vertikal- und Horizontalkräfte in die Kegel ein. Flachdecken mit perforierten „stabilisierenden“ Wanten bilden den mehrgeschossigen Schiffsrumpf und tragen die Lasten des Sammlungsguts auf den Trägerrost ab.

Diese besondere Gründung ermöglicht eine erhöhte Mehrgeschossigkeit der Lagerräume, welche in der Folge eine Reduktion des Fussabdrucks des Gebäudes erlaubt. Die resultierende Höhenentwicklung wird genutzt, um der Mächtigkeit der Autobahn zu begegnen. Ein Vordach überdeckt zudem die zukünftige Kantonsstrasse und schafft so eine Akzentuierung der Bezugnahme auf die Autobahn.
Gleichzeitig wirkt das Vordach als Lärmschutz für den rückwärtigen, nördlichen Aussenraum.
Konsequenterweise ist der Baukörper extrem schlank gehalten, um ihn in seiner Längenabwicklung entlang der Autobahn auszudehnen. Daraus resultiert gegen Norden, zum bewaldeten Flusstobel hin, ein ruhiger Aussenraum, der durch seine Weite und Grosszügigkeit besticht und in seiner Leere auf die im Untergrund verborgenen Schätze verweist.

Diesem städtebaulichen Ansatz entsprechend ist das Projekt äusserst hermetisch gefasst. Fenster sind durch Lochbleche verblendet und ausser den Notausgängen gibt es nur die Fährenrampe für die Anlieferung und den darunter verborgenen Mitarbeitereingang. Einzig die Kommandobrücke, mit den Konferenzräumen, ist expressiv angeordnet.

Die engen Platzverhältnisse erlauben keinen Wendehammer bei der Anlieferung. Über eine Drehscheibe werden die Lastwagen gewendet. Diese Massnahme erlaubt nur ein Fahrzeug in der Anlieferung, was bei den erwarteten Fahrzeugbewegungen inakzeptabel ist. Dieser Flaschenhals wird noch verschärft durch den Umstand, dass Güter innerhalb des Gebäudes einzig mit Gabelstaplern verschoben werden können, der erforderliche Umschlagplatz aber nicht vorgesehen ist.

Hier zeigt sich, dass das vorgeschlagene Volumen des Flugzeugträgers/Frachtschiffes untauglich ist, um die Funktion des Sammlungszentrums in sich aufzunehmen. Diese Schiffstypologien werden hauptsächlich über Deck bewirtschaftet und nicht, wie hier vorgeschlagen, über eine Art Fährenrampe.
Für die Funktion des Sammlungszentrums hätte zwingend auch das Ladevolumen einer Fähre nachgebildet werden müssen.

Die erste Etappe wirkt für sich gestellt amputiert und arg karikiert. Die nicht gesicherte zweite Etappe und gar die mögliche Erweiterung erscheinen als konstituierende Elemente, ohne die das Projekt seine Vorteile nicht auszuspielen vermag. Schliesslich bedeutet das weit über die Abstandslinie der H3 ragende Vordach einen baurechtlichen Verstoss. Der Entwurf mit Metaphern birgt die Gefahr, dass sie zum Selbstläufer werden, wenn man sich nicht wieder von ihnen zu lösen vermag. Der Stärke des Bildes stehen wichtige funktionale Unzulänglichkeiten entgegen, so dass für dieses Projekt nur die Möglichkeit eines Ankaufs offen steht.

Das Projekt besticht durch seine rigorose Eigenständigkeit, die einerseits strukturell jede Bezugnahme zur Römerstadt verweigert und andererseits plakativ seine Funktion des Bergens zum Ausdruck bringt. Die konsequenterweise zelebrierte Hermetik des Gebäudes wendet sich im Innern gegen die gewünschte räumliche und kommunikative Offenheit des Sammlungszentrums. Es ist heute wohl nur noch einem Mäzenatentum vergönnt, sich auf das intellektuelle Konstrukt, das dieser Wettbewerbsbeitrag letztlich darstellen will, einzulassen und sich auf einen sicherlich spannenden und herausfordernden Weg der Planung und Realisierung zu begeben.
5. Rang 6 / 6