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Offener Wettbewerb | 11/2014

Erweiterung Volksschule Marzili

Freiluftklassenzimmer

Freiluftklassenzimmer

AMELIE

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 45.000 CHF

WHIST Architektur

Architektur

Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und StÀdtebau GmbH

Landschaftsarchitektur

WaltGalmarini AG

Bauingenieurwesen

Kissling GebÀudeplanung GmbH

TGA-Fachplanung

Grolimund & Partner AG

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Programmatisch knĂŒpft AMELIE an die Ideale der schĂŒtzenswerten Schule, insbesondere der eingeschossigen Pavillonschule von Walter Schwaar an. Das gesamte Schulleben soll so gesund wie möglich gestaltet werden, die Schule im Garten respektive die UnterrichtsplĂ€tze im Freien sind die ĂŒbersetzten Thesen, welche auch heute ihre Bedeutung haben sollen. TatsĂ€chlich formt und entwickelt der Vorschlag aus der inneren Organisation und den postulierten Thesen ein ĂŒber das Erwartete und Bestellte hinausgehendes Angebot, welches der Schule vielfĂ€ltige Möglichkeiten des Unterrichts eröffnet, in gleichem Masse aber auch eine Auseinandersetzung mit Raum und Gemeinschaft heraus- und einfordert. Immer zwei Klassenzimmer teilen sich einen gerĂ€umigen, weil separat entfluchtet, voll gebrauchstauglichen inneren Cluster und ein offenes Atrium mit Aussenterrasse. Was fĂŒr die Kinder von hohem Erlebnis- und IdentitĂ€tswert sein dĂŒrfte, verlangt den Lehrerinnen und Lehrern eine erhöhte Auseinandersetzung ĂŒber die Grenzen des normalen Klassenzimmers ab. EinflĂŒsse durch die Gemeinschaft sind manchmal störender und manchmal inspirierender Teil des Schulalltages. ErgĂ€nzt werden die zwei Schulgeschosse im ersten Stock mit den MusikrĂ€umen und im zweiten Stock mit den GestaltungsrĂ€umen. Ohne eigentliche Mitte entwickeln die Grundrisse mit den T-förmigen Erschliessungszonen zwar abwechslungsreiche und differenzierte Blicksequenzen in die unmittelbare Umgebung, erschweren aber die Orientierung. Verschiedene allseitige EingĂ€nge bespielen das mit der Tagesschule und dem Lehrerbereich bestĂŒckte, sanft in die erkannte, leicht fallende Topografie eingefĂŒgte Erdgeschoss. In den oberen Geschossen als Freiluftzimmer ausgebildet, bewerkstelligen die offenen Veranden im Erdgeschoss die Aufenthalts- und PausenrĂ€ume sowie pragmatisch und folgerichtig auch die gedeckten VeloabstellplĂ€tze. So gesehen, leistet die prĂ€gnante Baustruktur im Übergang vom Aussen- in den Innenraum hohen Gebrauchswert bietende QualitĂ€ten. ErgĂ€nzt wird das neue Schulhaus mit dem freistehenden eingeschossigen Pavillon. Im sensiblen Bereich stehend, sucht er die NĂ€he zum Bestand, sodass durchaus verwandte Orte, RĂ€ume, Gassen und Lauben in WeiterfĂŒhrung des Ensembles erwartet werden dĂŒrfen. Abgesehen vom VersĂ€umnis der fehlenden sanitĂ€ren Einrichtungen, ist der eingeschossige Pavillon mit der Bibliothek und dem Mehrzweckraum auch fĂŒr das Quartier von hohem Nutzen. Mehrfach gestuft, terrassiert und versetzt, relativiert die ein- bis dreigeschossige Struktur ihre stattliche Grösse und vermittelt durch die differenzierte MassstĂ€blichkeit und kompositorische Ausgewogenheit nicht ungeschickt zu den bedeutenden Zeitzeugen von Walter Schwaar und der wertvollen Parkanlage.

Eigenartig fragmentarisch und unvollstĂ€ndig negiert das Modell die wahren Dimensionen der raumgreifenden offenen Volumen. Damit werden Zweifel und Vorbehalte bezĂŒglich MassstĂ€blichkeit und stĂ€dtebaulicher Einordnung wach, welche den eigenstĂ€ndigen, alle Vorgaben respektierenden Vorschlag unnötig schwĂ€chen und eine ganzheitliche Beurteilung erschweren.

Aufgebaut auf vernĂŒnftigen Spannweiten und einer konstruktionsbedingten, naheliegenden Systematisierung der Elemente, lotet die Baustruktur die Möglichkeiten des anspruchsvollen konstruktiven Holzbaus aus und entwickelt zusammen mit der ebenso systemrelevanten Technikstruktur eine strukturellen Prinzipien folgende Architektur. Raum, Struktur, Licht, Rhythmus und Proportion wachsen im lustvollen Spiel zu einer Heiterkeit und Leichtigkeit ausstrahlenden Einheit zusammen, welche dem Ort mit seinen schwierigen Rahmenbedingungen seinen charakteristischen Stempel aufsetzt. Aus den strukturellen Prinzipien wachsen nuancierte Differenzierungen heraus, welche sich in den hier offenen und da geschlossenen Fassaden, Dach- und Deckentraufen manifestieren. Nur teilweise unterkellert, wird dem ungĂŒnstigen Baugrund mit hohem Grundwasserspiegel mit der Teilunterkellerung Rechnung getragen.

Die fĂŒr den Ort und das Kind entstehenden Werte stehen und fallen mit der Hinwendung zur Vielfalt und Gemeinschaft sowie der Akzeptanz dem trotz erstaunlich tiefer Kennwerte erhöhten betrieblichen und baulichen Aufwand.

Wesentliches Merkmal der UnterrichtsrĂ€ume ist das Ineinanderfliessen von Innen und Aussen. Das Projekt integriert die Freiluftklassenzimmer in das GebĂ€ude und stellt fĂŒr alle Nutzungen grosszĂŒgige gedeckte Freiluftzonen zur VerfĂŒgung. Ausserdem stehen fĂŒr projektartiges oder klassenĂŒbergreifendes Arbeiten gerĂ€umige Vorzonen vor jeweils zwei Klassenzimmern zur VerfĂŒgung. Durch die aussen liegenden Fluchtwege dĂŒrfen diese auch möbliert werden. Das Zusammenspiel all dieser Angebote erzeugt zwar relativ viel FlĂ€che, bietet den Klassen aber sehr vielfĂ€ltige Lern- und ArbeitsrĂ€ume. Diese GrosszĂŒgigkeit geht teilweise auf Kosten anderer RĂ€ume, die zu klein konzipiert sind. Die enge VerschrĂ€nkung der unterschiedlichen Raumangebote fĂŒhrt allerdings zu einer etwas unĂŒbersichtlichen Erschliessungssituation. Die Tagesschule erhĂ€lt einen eigenen Bereich im Westen des GebĂ€udes und kann ideal in verschiedene Zonen fĂŒr die AktivitĂ€ten von kleinen und grossen Kindern unterteilt werden. Einzig die Übersicht des Areals ist durch diese Lage etwas eingeschrĂ€nkt. Im Aussenraum werden die bereits heute wertvollen Spiel- und RĂŒckzugsmöglichkeiten grösstenteils so belassen. Das Parkieren von Velos und Autos ist an geeigneten Stellen vorgesehen.

Der dreigeschossige Hauptbau ist recht kompakt. Die umlaufenden Balkone und Terrassen reduzieren die Tageslichtnutzung trotz grosser FensterflĂ€chen und schrĂ€nken die passive Solarnutzung im Winter ein. Daher ist der Minergie-P-Standard nur mit weit höheren DĂ€mmstĂ€rken als vorgesehen erreichbar. Der Pavillon muss die Minergie-P-PrimĂ€ranforderungen als EinzelgebĂ€ude ebenfalls erreichen und erschwert so eine Zertifizierung. Der Aufwand, um den Minergie-P-Standard ĂŒber das gesamte Projekt zu
erreichen, ist gross. Ein durchgĂ€ngiges Installations- und GebĂ€udetechnikkonzept ist nicht ersichtlich. So ist weder die Horizontal- noch die Vertikalerschliessung durchgĂ€ngig sichergestellt. Die dezentralen LĂŒftungsgerĂ€te bedingen viele Durchdringungen und erhöhen den Wartungsaufwand. Eine Bodenheizung ist bei RĂ€umen mit stark schwankenden Lasten ungeeignet. Dank Verwendung von Holz in der Konstruktion sowie dem begrĂŒnten Dach kann der ECO-Standard erreicht werden.

Das Projekt AMELIE weist trotz den eher knappen inneren rÀumlichen Dimensionen aufgrund seiner grossen AussengeschossflÀchen vergleichsweise hohe Erstellungsund Unterhaltskosten auf.

AMELIE gelingt mit seiner konsequent thematischen, den Idealen der Freiluftschule folgenden Ausrichtung ein selbstbewusster Beitrag in ErgĂ€nzung zum bedeutenden Schulensemble, Vorbehalte gegenĂŒber seiner Dimension vermag das Projekt aber nicht auszurĂ€umen.
Aussenbild

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