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Offener Wettbewerb | 12/2021

Erweiterung Schulanlage in Erlen (CH)

4. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Antoniol, Huber + Partner AHP AG

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfassenden analysieren die vorgefundene Schulanlage Erlen und argumentieren die Entwurfsentscheide unter Einbezug des ISOS und des Hinweisinventars der Denkmalpflege Thurgau. Die Schulanlage wird als «Insel im Grünen» zwischen Erlen und Riet interpretiert. Alle bisherigen Erweiterungsbauten orientieren sich zum zentralen Schulhof als identifikationsstiftender Freiraum und Mitte der Schulanlage. Das alte Schulhaus mit der symmetrischen Fassade bildet gemeinsam mit der alten Turnhalle ein stimmiges Ensemble mit einem seitlichen Vorplatz und der Adressbildung an der Hauptstrasse. Die geforderten Räume für das Kreativhaus und die Tagesstrukturen werden in einem Ersatzneubau anstelle der heutigen Turnhalle angeboten. Dabei wird der Neubau in der Grundfläche deutlich grösser und in der Lage um einige Meter verschoben. Der Vorschlag verblüfft auf den ersten Blick mit dem vermeintlichen Erhalt des Bestandes und dem Beibehalten der heutigen Qualitäten. Bei präziserer Lektüre irritiert die architektonische Haltung mit dem Übernehmen der Dachsilhouette und Stirnfassaden der alten Turnhalle und dem «Zitieren» von architektonischen Einzelelementen des Bestandes. Architektur Das neue Bauvolumen wird als additive Komposition von zwei Teilvolumen mit dazwischenliegender Fuge konzipiert. Das höhere Hauptvolumen entspricht mit dem symmetrischen Giebeldach und den Proportionen der alten Turnhalle. Das zweite Teilvolumen wird gegen Osten, architektonisch als seitlicher Anbau mit Pultdach, unterhalb der Traufe angefügt. Die zweigeschossige Erscheinung gegen Westen verleiht dem Neubau eine wohltuende und zugleich bescheidene Präsenz als östlicher Abschluss des Schulhofes. Dank der Schnittlösung mit der reduzierten Gebäudehöhe im Osten steht der Neubau im Dialog mit den benachbarten Einfamilienhäusern. Allerdings erscheint die Nähe zum Wohnquartier mit dem vorgeschlagenen Aussenraum bereits strapaziert und es stellt sich die Frage, warum die Verfasser nicht mit der Bauvolumensetzung oder Proportion der Grundfläche des Neubaus auf diese offensichtliche Schwäche reagiert haben. Die Längsfassaden werden mit einer Holzverkleidung in dezent warmen Grautönen vorgeschlagen. Die Nordfassade übernimmt die Dreiteilung und Vertiefung des ursprünglichen Bestandes, die Materialisierung ist unklar. Die Südfassade des Giebelteilvolumens erhält analog der alten Turnhalle einen repräsentativen Portikus. Allerdings konkurrenziert dieser Nebeneingang den neuen Haupteingang zum Schulhof hin. Der architektonische Ausdruck der Längsfassaden wirkt wie ein Neubau während die Stirnfassaden den Duktus der alten Turnhalle übernehmen. Bei einem Totalabbruch und einer Verschiebung der Lage irritieren die formalen «Zitate» in den Stirnfassaden und die architektonische Gestaltung des Neubaus zerfällt in Einzelelemente. Die Interessenabwägung für das Ortsbild und den Objektschutz wird von den Projektverfassenden umfangreich und kompetent argumentiert. Die architektonische Umsetzung überzeugt das Beurteilungsgremium jedoch nicht. Raumkonzept Die geforderten Nutzungen werden unter einem Dach angeboten. Dies schafft Synergien zwischen den Nutzungen und räumlich eine ideale Ausgangslage für eine umfassende Lernumgebung. Der neue Hauptzugang wird nachvollziehbar mittig in die Westfassade zum Schulhof hin situiert. Der Neubau gliedert sich in einen West- und Ostflügel. Die beiden Gebäudeflügel sind halbgeschossig versetzt und dazwischen sind die notwendigen Nebenräume, Treppenanlagen und der Lift platziert. Die mittigen Korridorzonen weiten sich partiell zu Aufenthaltsbereichen mit Sitzstufen auf. Dank der gewählten Schnittlösung fällt durch ein Oblichtband an der Ostfassade wertvolles Tageslicht in die Gebäudemitte. Diese Raumdisposition ermöglicht für die Nutzer kurze Wege und interessante Quer- und Durchblicke. Allerdings sind die langgezogenen Erschliessungsräume für eine Garderobennutzung zu eng dimensioniert. Die Nutzräume werden fassadenseitig als durchlaufende Raumschichten angeboten und sind dank nichttragenden Trennwänden flexibel zonierbar. Die sichtbaren Lüftungsleitungen und das Holzfachwerk stärken den Ateliercharakter der Nutzräume. Insbesondere im Dachgeschoss resultieren attraktive Raumangebote für die Kreativräume. Allerdings sind die Nutzungen nicht optimal in den Grundrissen angeordnet. Aussenraum Die Verfassenden greifen mit wenigen präzisen Massnahmen in den Freiraum ein: Mit ergänzenden Ausstattungen auf der zentralen Wiesenfläche, der Neuorganisation der Parkierung vor dem Kreativhaus und der Aufwertung der Spielfläche östlich des alten Schulhauses. Das alte Schulhaus wird mit zwei, formal etwas fraglichen Baumgruppen flankiert, die eine historische Symmetrie suggerieren, welche so nie existierte. Im Osten bildet das eine Baumpaket ein Schattendach für den Aussenraum des Kindergartens, im Westen das andere die Schattierung der Kurzzeit-Parkfelder. Die zentrale Wiesenfläche wird gegen Norden vergrössert und von Asphalt gerahmt. Die Ecken der Spielwiese werden neu chaussiert und möbliert. So findet sich in den Ecken neu der Schülerkiosk, der Aussengeräteraum, verschiedene Spielgeräte sowie ein Sitzplatz für Essen im Freien. Der Aussenbereich für den Kindergarten unter der Baumgruppe erhält eine neue Rasenfläche, einen Spielplatz, einen Hartplatz und einen weiteren Aussengeräteraum. Die pragmatischen und gezielten Eingriffe organisieren die inneren Freiflächen klar und überzeugend, die grüne Mitte wirkt hingegen überinstrumentalisiert, die Ausstattungen dürften, anstatt auf Kosten der multifunktionalen Rasenfläche auch auf Asphaltflächen zu liegen kommen. Denkmalpflege Der Wettbewerbsbeitrag sieht einen Abbruch der schützenswerten Turnhalle vor um in an das Alte angleichender Architektursprache einen Neubau mit seitlichem Anbau zu erstellen. Der Abbruch erfolgt, wie andere Wettbewerbsbeiträge unterstreichen, ohne Not. Es entsteht mit dem Neubau, aus rein denkmalpflegerischer Sicht, kein das öffentliche Interesse am Erhalt der Turnhalle überwiegender neuer Wert. Auch aus ortsbildpflegerischer Sicht missfällt das Projekt. Der Ersatzneubau nimmt eine weiter nach Westen verlegte Lage ein und beengt damit sowohl den zentralen Grünbereich und den alten Baumbestand wie auch schafft er ein Engnis zum alten Primarschulgebäude. Der grosszügige offene Zugang zum Campus verliert wesentlich an Qualität. Die Übernahme der Architektursprache der 1930er Jahre, das Zitat des Eingangs und auch die Wiederaufnahme der Volumetrie im Hauptvolumen sind keine genuine Schöpfung. Vielmehr entsteht eine Scheinarchitektur, deren seitlicher Anbau nur verständlich wäre, wenn tatsächlich der Altbau bestehen bliebe. Wirtschaftlichkeit Die gewählten Konzepte versprechen eine gute Nachhaltigkeit und Ökologie. Die Struktur des Hauses ist dauerhaft und als Holzelementbau ressourceneffizient konzipiert. Die kompakte Raumanordnung und die gewählten Konstruktionskonzepte lassen kombiniert mit einem unterdurchschnittlichen Gebäudevolumen eine angemessene Wirtschaftlichkeit und kurze Bauzeit erwarten. Gesamtwürdigung Der Projektansatz „Together“ überzeugt durch die einfache Gesamtkonzeption und das Nutzungskonzept in einem kompakten Baukörper. Eine Neubaulösung in einem Haus erzielt wertvolle Synergien bei den Nutzungen und ermöglicht eine offene Lernlandschaft mit Werkstattcharakter ohne Einschränkungen. Leider limitieren die Projektverfassenden diese offene Ausgangslage mit einer Schnittlösung in Anlehnung an den Bestand, wodurch das Potential nicht voll ausgeschöpft wird und der architektonische Ausdruck nicht überzeugt. Der Beitrag liefert wesentliche Einsichten zum Umgang mit dem Bestand und trägt zur Meinungsbildung des Beurteilungsgremiums bei.