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4. Rang 5 / 5

Offener Wettbewerb | 11/2021

Neubau Kantonsschule und Berufsfachschule in Uetikon am See (CH)

Visualisierung Außenansicht

Visualisierung Außenansicht

5. Rang / 5. Preis

Preisgeld: 50.000 EUR

uas unternehmen für architektur und städtebau ag

Architektur

Demmel & Partner Baumanagement AG

Projektsteuerung

Basler & Hofmann AG

Bauingenieurwesen

Karoline Kostka Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Amstein + Walthert AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Projektname «Palimpsest» ist Programm und durchgängiges Leitmotiv für die Haltung zum heutigen Bestand, zur städtebaulichen Weiterentwicklung, zum architektonischen Ausdruck, zur Freiraumgestaltung und für die Organisation der Schulen im Kontext der Bestandesbauten. Mit der Umwandlung des ehemaligen Industriestandortes in ein Schulareal werden diese Spuren, Abdrücke und Narben der ehemaligen Gebäude, Bodenplatten, Fundamente, Dachkonstruktionen, Gleise und Fassadenöffnungen als Qualität erkannt und als historische Zeitzeugen in den Entwurf integriert. Der Ort wird mit einem neuen Kapitel seiner Geschichte überschrieben; die spezifische Stimmung des Ortes ist aber weiterhin subtil lesbar – ganz im Sinne des Palimpsest-Prinzips. Die städtebauliche Anordnung der Baukörper orientiert sich am Masterplan. Dabei haben insbesondere die kreisförmige Aula und die als eigentliches Rückgrat des Areals ausgebildete Passerelle das Potenzial, als Landmarken mit grosser Ausstrahlung zu wirken. Die Passerelle verbindet mit dem Zugang von der «Alten Landstrasse» im Norden – wo auch die hauptsächliche Veloparkierung zu liegen kommt –, über das 1. Obergeschoss der Schule und das Erdgeschoss am See das CU-Areal. Diese offene Struktur dient nicht nur als Verbindung, sondern sie schafft unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten. Die Berufsfachschule wird in Anlehnung an die Morphologie im Westen des Areals als lang gestreckter Körper ausgebildet. Das Erdgeschoss weist öffentliche Flächen aus und ist dank grosszügiger Öffnungen zum See durchgängig. Ein umlaufendes Gerüst soll vor Sonne und Witterung schützen, wirkt aber im Kontext fremd. Die Aula bildet das Herz beider Schulen und das Zentrum des Areals. Mit ihrer runden Form vermittelt sie zwischen den unterschiedlichen Geometrien und Massstäben der Anlage. Diese Eigenschaft ist ihre grösste Kraft und ein zentraler Aspekt des gesamten Entwurfs. Der Gedanke, dass im Zentrum der Anlage ein überdachter Raum entsteht, der wahlweise Innen- oder Aussenraum sein kann, ist verlockend und inspirierend – die betrieblichen Herausforderungen sind aber nicht zu unterschätzen. Die Verbindung des Vergangenen mit dem Zukünftigen prägt auch die sehr schlüssig und nachvollziehbar ausgearbeitete Freiraumkonzeption. Diese nutzt die vorhandenen Materialien als Ausgangspunkt der Transformation und zeichnet damit die ehemaligen städtebaulichen Setzungen als Ruderalstandorte für dessen Besiedlung nach. Allerdings birgt diese Idee wenig Realisierungschancen, da eine Öffnung der Oberfläche zwingend auch einen grossflächigen Bodenaustausch und die Entsorgung des kontaminierten Materials nach sich zieht. Die Passerelle wird als Stahlkonstruktion mit einem quadratischen Raster ausgebildet. Die verschiedenen Bauten werden mit freitragenden Verbindungsbrücken erschlossen. Sämtliche Trakte der Kantonsschule sind dadurch von der Passerelle aus direkt zugänglich. Im Ofengebäude befinden sich die Musikräume. Diese Anordnung, welche auch den Instrumentalmusikzimmern einen direkten Aussenbezug zum See ermöglicht, bietet eine hohe Qualität. Die Musikräume sind zudem über eine interne Verbindung direkt mit dem Bildnerischen Gestalten im Kammerofengebäude verbunden, wo sich auch die allgemeinen Unterrichtsräume befinden. Die Mediothek, der Kulturraum, die Mensa, der Mehrzwecksaal und die Aula sind im Erdgeschoss untergebracht und beleben so das Areal. Der Unterrichtsbereich «MINT» befindet sich über den Sporthallen und funktioniert als eigenständiger, inspirierender Cluster. Das Projekt setzt in überzeugender Weise die Anforderungen nach «Durchlässigkeit» zwischen den verschiedenen Lehr- und Lernbereichen um. Besonders begrüsst wird die grosszügig konzipierte Erschliessung im Kammerofengebäude, die geschickt platzierte Mediothek im Erdgeschoss und die klug gesetzten Passerellen zwischen den einzelnen Baukörpern. Die quer zur Fassade liegenden Unterrichtszimmer werden in ihrer Geometrie hingegen als äusserst nachteilig beurteilt. Entsprechend dem Palimpsest-Prinzip werden architektonisch wirksame Elemente wie Fassaden, Tragkonstruktionen oder Bodenbeläge belassen, soweit diese sinnfällig weiterverwendet werden können. Hingegen werden die Neubauten in einer klar ablesbaren, neuen Sprache formuliert. Ähnlich einer wiederverwendeten Manuskriptrolle überlagern so die neuen Eingriffe die alten Strukturen, ohne dass deren Spuren und Abdrücke gänzlich getilgt würden. Im Süden, Osten und Westen sowie umlaufend im Erdgeschoss bleiben die Backsteinfassaden des Kammerofengebäudes komplett erhalten. Die Hoffassaden weisen heute nur noch Fragmente von konstruktiven Aussenwänden auf. Mit Hilfe von Glasfassaden sollen die eindrücklichen Holzkonstruktionen nach aussen wirken. Ob diese forcierte Zurschaustellung einer ursprünglich verborgenen Konstruktion zu überzeugen vermag, ist fraglich. Die Gebäudehülle des Ofengebäudes wird restauriert. Der Kopfbau im Westen wird bis auf die Stahlstruktur zurückgebaut und für die Erweiterung wiederverwendet. Sämtliche Neubauvolumen sollen mittels matt schimmernder Metallverkleidung als neue Eingriffe ablesbar bleiben und als Ensemble verstanden werden. Unklar bleibt aber, woher diese Referenz abgeleitet wird. Die Fassadendarstellungen sind allgemein recht reduziert ausgefallen und wirken noch schematisch. Die Anlehnung an das Prinzip des Palimpsest ist für Weiterentwicklung des ehemaligen Industrieareals nachvollziehbar und ein gut gewähltes Leitmotiv. Die konkrete Umsetzung hinsichtlich des architektonischen Ausdrucks kann nicht vollends überzeugen. Das «Herzstück» dieses Projektes – die Aula mit ihrem offenen Grundriss – ist im Grundsatz ein spannender und kräftiger Vorschlag. Sie entspricht aber nicht den betrieblichen Anforderungen, die an eine «Schulaula» gestellt werden. Hier müsste aus Sicht der Schulen eine andere Lösung gefunden werden.
Lageplan

Lageplan

4. Rang 5 / 5