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Offener Wettbewerb | 06/2022

Sanierung und Erweiterung Schulhaus Langwiesen (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 35.000 CHF

Mentha Walther Architekten

Architektur

Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Tragwerksplanung

Enerconom AG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Bestehende Anlage
Die bestehende Schulanlage hat eine starke Identität. Vier Schultrakte umgeben einen Freiraum der sich in zwei Höfe aufteilt. Alle Schulgebäude sind von diesem inneren Zentrum - von den zwei Höfen aus -erschlossen. Die Eingänge werden durch ein zusammenhängendes Dach, welches den Pausenhof definiert, verbunden. Die Ecken der Hofanlage sind offen, hier berühren sich die Schultrakte nicht. Die geschlossene Anlage öffnet sich somit und wird durchlässig. Sie erlaubt Ausblicke und Einblicke. In den beiden südlichen Ecken befinden sich die unprätentiösen Eingänge. Eine Treppenanlage erschliesst den um ein Halbgeschoss erhöhten Pausenhof.
Die Gebäude sind einfach gestaltet. Die verschiedenen Nutzungen zeichnen sich in den Volumen durch wohlproportionierte Versätze und leichte Höhenversprünge aus. Die hofseitigen Fenster sind als hochliegende Oblichtbänder angeordnet, die zwar Licht in die Räume lassen, aber keine Ausblicke in den Hof ermöglichen. Der Gestaltung von Ausblicken und Einblicken, und der Masstäblichkeit der Architektur, wird eine grosse Wichtigkeit beigemessen.
Die Grundrisse sind einfach und zweckmässig organisiert. Auch in der inneren Struktur wird grosser Wert auf die kindergerechte Massstäblichkeit gelegt und auch hier sind die Eingänge unprätentiös gestaltet. Über eine volumetrische Ausstülpung betritt man die Klassentrakte auf dem Podest der Treppenanlage. Diese führt in die Hallen von wo aus pro Geschoss jeweils zwei Klassenzimmer erschlossen werden. Dieser Baustein wiederholt sich in den beiden Klassentrakten vier Mal auf identische weise. Ergänzt werden die Klassentrakte durch den Spezialtrakt und die Turnhallen.
Architektonisches Konzept / Denkmalpflege / Umgang mit dem Bestand
Die bestehende Hofanlage soll weitgehend belassen werden. Mit einzelnen, gezielten Eingriffen werden die bestehenden Bauten den heutigen Anforderungen entsprechend angepasst. Im Spezialtrakt wird ein Li eingebaut, wodurch diese Nutzungen behindertengerecht erschlossen werden. Dies führt zu einer Umgestaltung des Kerns womit gleichzeitig auch eine Verbesserung der Aussteifung des Trakts erreicht wird. Die Klassentrakte erhalten Anbauten die als Gruppenräume dienen. Diese sind von der Halle aus erschlossen. Sie nehmen die volumetrische Ausformulierung des Bestandes auf und fügen sich in die Gestaltung, bei der die einzelnen Nutzungen als Ausstülpung ablesbar sind, ein. Über die Materialität differenzieren sie sich vom Bestand und sind als additive Elemente ablesbar. Das Aussenbild der Anlage verändert sich dadurch auf eine Weise, die dem Charakter der Anlage keinen Abbruch tut. Das Hofbild bleibt unverändert.
Die bestehenden Turnhallen bleiben erhalten und werden umgenutzt. Sie beherbergt neu die Tagesschule. In die bestehenden Hallen werden Volumen in Holzbauweise eingefügt welche die neuen Nutzungen aufnehmen. Dabei wird die äussere Hülle belassen und eine neue innere Hülle erstellt. Die Einbauten werden als Box-in-Box konzipiert. Der Mitteltrakt zwischen den beiden bestehenden Turnhallen wird geöffnet, so dass die Erweiterung der Anlage auf einfache und selbstverständliche Art und Weise mit dem Bestand verbunden wird. Dabei wird die Volumetrie des Daches und der geschlossenen, ehemaligen Geräteräume belassen, die Treppe wird entfernt und ein offener Durchgang kreiert. Von hier aus werden die beiden Tagesschulteile in den ehemaligen Turnhallen direkt von aussen erschlossen. Im Innern der beiden Häuser wird jeweils eine eigene Treppenanlage eingebaut.
Auf dem Ostteil des Perimeters werden die Erweiterungsbauten platziert. Das grosse Volumen der Turnhalle bildet einen räumlichen Abschluss der Anlage und definiert zusammen mit der Tagesschule in der ehemaligen Turnhalle einen neuen Aussenraum der unter anderem das Rasenspielfeld aufnimmt. Ein zum Hallentrakt leicht abgesetzter Körper beinhaltet die zusätzlichen Schulnutzungen; Klassenzimmer, Handarbeiten, Therapie. Die differenzierte und leicht versetzte Volumetrie reagiert auf das volumetrische Gefüge der bestehenden Anlage und spannt mit ihr einen Freiraum auf der Nordseite auf. Dieser wird als fliessender Grünraum gestaltet in welchem das niedrigere, pavillonartige Volumen des Kindergartens zu
liegen kommt.
Die Gestaltung der Erweiterungsbauten bezieht sich in ihrer Konzeption auf den Bestand. Es wird Wert gelegt auf einfache und funktionale Grundrisse. Die Eingangsbereiche werden mit einem Vordach gedeckt. Die darüber erschlossenen Eingangshallen sind gut proportioniert und übernehmen die Funktionen der Garderoben und der Erschliessung. Sie dienen auch als vertikale Fluchtwege. Da die Gebäude im brandschutztechnischen Sinne als niedrige Gebäude zählen, können fest installierte Garderobenbänke und -haken installiert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Bullerbü» zeigt eine sehr umfassende Betrachtung des ganzen Projektperimeters. Von der Adresse an der Holzlegistrasse bis zum Autobahnzubringer im Norden wird das ganze Areal als klar definierte und gut strukturierte Campusanlage gestaltet.

Pausenhof und Nebenhof des Bestandes werden weiterhin als Zentrum der Anlage verstanden. Mit dem «Nordhof», der neu durch zwei Gebäude gefassten Spielwiese, wird die Anlage zu einer Anreihung von drei Aussenräumen vervollständigt. Die Neubauten werden über die neu geöffnete Achse zwischen den alten Turnhallen und den bestehenden Weg im Westen erschlossen. Die lange Achse findet ihren Abschluss in einem dreigeschossigen Neubau mit Turnhalle und Spezialnutzungen. Dieser spielt geschickt mit den Gestaltungsinstrumenten des Bestands: Versatz in Höhe und Tiefe, Vordach. Der Schwerpunkt der Anlage liegt laut den Verfassenden weiterhin bei den zwei bestehenden Höfen.

Die zwei Klassentrakte beherbergen zukünftig zwanzig Klassenzimmer. Sie werden durch die aus der Machbarkeitsstudie bekannten «Rucksäcke» mit den nötigen Gruppenräumen ergänzt. Gestalterisch lehnen sich diese Anbauten stark an den Bestand an. Beim südlichen Trakt springen diese, da hier genügend Raum vorhanden ist, zugunsten einer grösseren Garderobe weiter vor. Im dritten Trakt befinden sich die Werkstätten, der Lehrpersonenbereich und die Bibliothek. Die Tagesstruktur wird in den bestehenden Turnhallen als Holzbau, der die bestehende Fassade nicht tangiert, eingebaut. Die vertikalen Erschliessungen werden in beiden Trakten neu organisiert, der charakteristische Split-Level ist im Durchgang nicht mehr erlebbar. Eine offene Galerie lässt in beiden Turnhallen die ursprüngliche Dimension der Räume noch erfassen. Der Umbau der bestehenden Turnhallen ist im Bereich der mittigen Erschliessung tiefgreifend, wobei jedoch die äussere Erscheinung durch die Beibehaltung des äusseren Volumens inklusive Dach erhalten bleibt. Das grosse Turnhallenvolumen im Norden wird mit dem Anbau für Spezialnutzungen ergänzt. Neben den Handarbeitszimmern befindet sich hier auch noch ein Klassenzimmer. Die Verteilung der Nutzungen auf die weit auseinanderliegenden Spezialtrakte mag noch nicht vollständig zu überzeugen. Eine attraktive Galerie auf Niveau Eingang macht die Halle fit für ausserschulische Nutzungen. Als weiteres Element wird am Weg ein kleineres Volumen mit den Kindergärten positioniert.
Die Eingriffe in den Bestand sind bei den Klassentrakten und dem Spezialtrakt sehr zurückhaltend, sie werden auch verträglich bleiben, wenn sie sich durch die Konzeption der noch fehlenden Liftanlagen leicht intensivieren. Die für die Gruppenräume vorgesehenen grundsätzlich möglichen «Rucksäcke» treten insbesondere aus dem südwestlichen Klassentrakt mit seitlichen Schotten weit hervor, wodurch der Baukörper mit seinen wohlproportionierten Vor- und Rücksprüngen aus dem Gleichgewicht zu geraten droht. Der Erhalt der Turnhallen als Relikte der Hofanlage und vermittelnde Elemente innerhalb der neuen Campusanlage ist zu würdigen, auch wenn der radikale Durchbruch die beiden ehemaligen Zwillingshallen als neu bespielte «Hüllen» im Gesamtzusammenhang fragmentarisch erscheinen lässt. Es wäre zu prüfen, ob durch eine Grundrissrochade auf Teile der grossflächigen Öffnung der Südwestfassade des nordwestlich gelegenen Turnhallengebäudes verzichtet werden kann. Durch die zentrale Achse, die verstreute Anordnung der Bauten, die wiederkehrenden kreisrunden Oberlichter auch in den Bestandsgebäuden und die kontrastreiche Materialisierung der Neubauten werden die Ensembleidee und -wirkung durchaus etwas strapaziert.

Die Projektverfassenden haben auch den freiräumlichen Kontext sorgfältig analysiert. Der respektvolle Umgang mit dem Bestand zeugt davon, dass viele Qualitäten der Anlage verstanden wurden. Die Entscheidung, die freiräumlichen Eingriffe auf den nördlichen Bereich um die entstehenden Neubauten zu konzentrieren, ist zwar verständlich, stellt aber auch zum Teil verpasste Chancen dar, so zum Beispiel die Möglichkeit, den strassenbegleitenden Freiraum einladender zu gestalten, um die Adressbildung zu fördern.
Durch das Aufspannen der Nutzungen über das ganze Gelände werden auch die Aussenräume gesamthaft für die Pausennutzung aktiviert. Die Verknüpfung des lateralen Erschliessungssystems mit der neuen zentralen Achse ist schwach ausgebildet. So findet die Platzsequenz um die Bestandsbauten mit ihrer Szenographie keine überzeugende Fortsetzung in den Aussenräumen der Neubauten. Der Kindergartenaussenraum wirkt in seiner Setzung nicht präzis, sodass auch die umliegenden Grünflächen fragmentiert und unbestimmt wirken. Die Längsachse endet unvermittelt vor dem Turnhallenneubau.

Die Absicht, dem begrünten Freiraum mit einem Minimum an versiegelten Flächen die maximale Ausdehnung einzuräumen, wird begrüsst, die Realisierbarkeit wird aber infrage gestellt, da wichtige Wegverbindungen wie im Südosten nicht durchgezogen werden und die Anlieferung des Neubaus mit den zu feingliedrigen Erschliessungen nicht klar ersichtlich ist. Das Bild der «Schule im Grünen» ist zwar bestechend, ob es eingelöst werden kann, wird jedoch bezweifelt. Die ganze Anlage wirkt als grosser Schulcampus, der den ursprünglichen kindlichen Massstab verwässert. Das laterale Erschliessungssystem wird mit einer zentralen Achse durch die bestehenden Turnhallen ergänzt, deren Verknüpfung nicht gelingt.