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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2024

Erweiterung und Sanierung Kirbachschule Hohenhaslach

Blick auf den Ergänzungsbau

Blick auf den Ergänzungsbau

Anerkennung

BEHLES & JOCHIMSEN

Architektur

Henningsen Landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ERWEITERUNG UND SANIERUNG KIRBACHSCHULE HOHENHASLACH

Die Bestandsbauten der Kirbachbachtalschule und der Kirbachtalhalle werden saniert und behutsam ertüchtigt bzw. ergänzt. Für Grundschule, Ganztagesbereich, Mensa und Musikraum entsteht ein eigen-ständiger Neubau südöstlich des bestehenden Schulhauses. Zusammen mit den Bestandsbauten verleiht er dem vorgelagerten Schulhof eine räumliche Fassung. Das neue Haus nimmt mit der skulpturalen Ausformulierung des Baukörpers und dem aus der Topografie abgeleiteten Split-Level-Prinzip zentrale Motive des Altbaus auf und denkt sie weiter. Den Mittelpunkt des Gebäudes bildet die zentrale, überhohe und via Seitenoberlichter belichtete Treppenhalle. Es entsteht ein lichtes, kommunikatives und flexibel nutzbares neues Schulhaus. Im Hinblick auf Energie und Nachhaltigkeit ist der Bau auf dem letzten Stand.

Städtebau und Baukörper
Der Neubau ist im südöstlichen Teil des Grundstücks zwischen dem Altbau der Schule und der Klingenstraße angeordnet. Die Kirbachtalhalle, der Bestandsbau und der Neubau bilden eine U-förmige räumliche Fassung des zentralen Außenraum mit terrassiertem Schulhof, der sich nach Süden in Richtung auf den historischen Ortskern öffnet. Ein Durchgang zwischen Altbau und Neubau verbindet den Schulhof mit dem Richtung Weinberg gelegenen landschaftsbezogenen Teil des Schulgeländes.

Der Baukörper des Neubaus besteht aus zwei im Grundriss wie auch in der Höhe gegeneinander versetzten Kuben, deren Überlagerungsfläche durch die Oberlichtlaterne der zentralen Treppenhalle betont wird. Die daraus entstehende skulpturale Artikulation der Baumasse korrespondiert mit dem stark gegliederten Bestandsbau, an den sich das Haus mit seinem nördlichen Gebäudewinkel gleichsam anschmiegt. In den durch den Versatz entstehenden Gebäudewinkeln liegen die beiden Haupteingänge. Der Neubau kann direkt von der Straße wie auch vom Bestandsbau am nördlichen Ende der Treppenanlage auf dem Schulhof betreten werden.

Von der Klingenstraße aus erreicht man auf direktem Wege den südlichen Eingang mit Vorplatz, der durch ein Vordach markiert wird. Dieser Eingang stellt zudem die Barrierefreiheit der gesamten Schulanlage sicher. Der Versatz an der Seite zum Bestandsbau lässt im Zusammenspiel mit diesem einen Eingangshof entstehen. Der nördliche Eingang des Neubaus liegt hier schräg gegenüber dem Haupteingang des Bestandsbaus. Ein Vordach in diesem Bereich verbindet Altbau und Neubau und führt auf kurzem Wege vom Eingang Nord zu einem neu geschaffenen Nebeneingang im Bestandsbau. Das Vordach fungiert zugleich als überdachter Pausenhofbereich.

Der Bestandsbau wird im Bereich des Anbaus von 1999 durch Aufstockung ergänzt und erhält eine zusätzliche Fluchttreppe an der Nordseite. Die Eingangssituation der Kirbachtalhalle wird neu geordnet. Das Hausmeisterwohnhaus wird rückgebaut, um eine großzügigere zentrale Freifläche zu ermöglichen.

Innere Organisation - Neubau
Analog dem Bestandsbau ist der Neubau unter Ausnutzung der Topografie im Split-Level-Prinzip mit jeweils halbgeschossigem Versatz organisiert. Die lichte, über Seitenoberlichter belichtete zentrale Treppenhalle verbindet alle vier Ebenen und macht das Prinzip erlebbar. Ein durchladender Aufzug stellt die Barrierefreiheit sicher.

Über den am Vorplatz im Gebäudewinkel an der Klingenstraße gelegenen Haupteingang betritt man das untere Foyer, an das die Mensa angrenzt. Sie öffnet sich zu einer vorgelagerten Terrasse. Die Speisenausgabe kann mittels eines Rollladens von der Mensa abgetrennt werden, so dass die Mensa den Schülerinnen und Schülern ganztags zur Verfügung steht. Die Küche wird direkt vom Vorplatz aus angeliefert. Mensa und Foyer können zu einem Veranstaltungsraum zusammengeschaltet werden, der von der angrenzend an das Foyer gelegenen großen Sitztreppe im Bereich der zentralen Halle profitiert. Die Teilunterkellerung mit Nebenräumen ist über eine Treppe an der Nordseite sowie den Aufzug angebunden.

Über den ersten Treppenlauf erreicht man das obere Foyer mit dem zweiten Haupteingang und dem Übergang zum Bestandsbau. Auf der gleichen Ebene sind der Musiksaal, der Ganztagsbereich und die Flexiklasse um einen Forumsbereich angeordnet, der bei Veranstaltungen über eine mobile Trennwand dem Musiksaal zugeschlagen werden kann.

Die beiden darüber liegenden Ebenen verfügen jeweils über 4 Klassenräume für je zwei Jahrgangsstufen der Grundschule, die um eine flexibel nutzbare Forumsfläche angeordnet sind. Flursituationen können so vermieden werden; es entstehen flexibel nutzbare Arbeitsbereiche für die Schülerinnen und Schüler, die selbständiges Lernen und Recherchieren alleine, zu zweit oder in einer Kleingruppe fördern. Eine abtrennbare Lerninsel bzw. ein Leseclub verbinden die Forumsfläche mit der Fassade. Der zweite Rettungsweg aus den nicht ebenerdigen Ebenen verläuft in der Südhälfte über eine einläufige Treppe unmittelbar ins Freie, in der Nordhälfte über das Vordach in den Bestandsbau.

Innere Organisation – Bestandsbau
Der Bestandsbau nimmt die Werkrealschule sowie – im Anbau von 1999 – die Räumlichkeiten für die Pädagogen beider Schulen auf. Er wird zu diesem Zwecke durch Aufstockung im Bereich des Anbaus um die fehlenden Räume erweitert. Der Einbau eines durchladenden Aufzugs im Bereich der Haupttreppe des Bestandsbaus stellt die Barrierefreiheit aller Bereiche sicher. Ein zusätzlicher Rettungsweg aus der Südhälfte des Obergeschosses führt in über das neue Vordach in den Neubau. Der nördliche Gebäudeflügel erhält eine Fluchttreppe als Außentreppe in der Nordostecke. Ein neuer Aufzug neben der Treppe des Anbaus stellt den barrierefreien Zugang zur Sporthalle sicher.

Innere Organisation – Kirbachtalhalle
Der Eingangsbereich der Kirbachtalhalle wird neu geordnet. Eine Abgrabung an der Eingangsseite verbessert die Belichtung im Gymnastiksaal und schafft einen Vorplatz für die Halle. Von hier erfolgt der niveaugleiche Zugang zur neuen, barrierefreien Haupterschließung. Diese erfolgt über einen seitlich angefügten Baukörper, der Treppe und Aufzug aufnimmt.

Phasierung
Der Neubau für die Grundschule wird als Erstes errichtet und dient als Ausweichquartier für die Sanierung des Altbaus. Parallel dazu wird der Anbau von 1999 aufgestockt und ertüchtig. In der Folge wird die Schule in den Neubau und den Anbau verlagert, so dass der Bestandsbau saniert werden kann. Erst nachdem dies erfolgt ist, steht er der Neubau in Gänze der Grundschule zur Verfügung. Jetzt kann auch die Verlagerung der Klassen aus der Burgschule erfolgen. Ebenfalls erst zu diesem Zeitpunkt kann die Zweizügigkeit der Werkrealschule hergestellt werden. Diese Lösung kommt gänzlich ohne Interimsbauten aus, wenn die Schule in der Bauphase ein wenig zusammenrückt.

Konstruktion und Material – Neubau
Der Neubau ist als Holzbau auf einer Teilunterkellerung in Stahlbeton vorgesehen. Die Holz-Beton-Verbunddecken bestehen aus einem System von Holzunterzügen, auf die Stahlbeton-Fertigteilelemente aufgelegt und vergossen werden. Das Holz stammt vorzugsweise aus lokalen Wäldern. Der zentrale Treppenkern und der Aufzug werden in Stahlbeton ausgeführt. Beim Innenausbau werden vorzugsweise natürliche und reparaturfähige Materialien verwendet.

Konstruktion und Material – Bestandsbauten
Die Betonkonstruktion der Bestandsbauten wird erhalten und erforderlichenfalls ertüchtigt. Sofern der Innenausbau erneuert werden muss, wird an den respektablen Duktus des Bestands angeknüpft.

Fassade – Neubau
Die Holzkonstruktion des Neubaus wird aus Gründen der Dauerhaftigkeit und als Referenz an den Bestand mit eingefärbten Faser-beton-Fertigteilen verkleidet. Zusammen mit den Holz-Alu-Fenstern ist die Fassade damit praktisch wartungsfrei und sehr dauerhaft. Als Sonnenschutz kommen Ausfallarm-Markisoletten zum Einsatz.

Fassade – Bestandsbauten
Die Betonfassaden der Bestandsbauten werden gedämmt und mit Faserbeton-Fertigteilen verkleidet, so dass ihre bauliche Identität nicht gänzlich verloren geht. In diesem Zuge erhält der Anbau von 1999 eine neue Fassade, die ihn an die anderen Gebäude annähert. Schule und Halle erhalten jeweils eigene Farbidentitäten, die mit der Farbigkeit des Neubaus korrespondieren. Auch hier kommen Holz-Alu-Fenster zum Einsatz, als Sonnenschutz entsprechend dem Bestand Horizontallamellen.

Nachhaltigkeit und Energie
Aufgrund der geringen Hüllfläche des Neubaus und der Weiterverwendung von möglichst viel Bestand ist das Projekt sehr nach-haltig angelegt. Im Zusammenspiel mit dem avancierten Energiekonzept, dass von einem gemeinsamen, mit Holzpellets befeuerten Blockheizkraftwerk für alle öffentlichen Bauten im Bereich der Klingenstraße ausgeht, entsteht eine klimaschonende und zugleich im Betrieb sehr wirtschaftliche neue Schule.

Freianlagen
Um den unterschiedlichen Ansprüchen der einzelnen Schülergruppen sowie der Besucher gerecht zu werden, wurden die Schulhöfe so zoniert, dass gegenseitige Beeinträchtigungen minimiert werden und gleichzeitig ein ganztägiger Grundschulbetrieb möglich ist. Die städtebauliche Anordnung ermöglichte die Schaffung von zwei unterschiedlichen Schulhöfen, dem Außengelände und dem inneren Schulhof, sowie einer Verbindung zwischen den beiden Hauptzonen, die über den gemeinsamen Raum zwischen dem alten und dem neuen Gebäude verläuft. Darüber hinaus wurden verschiedene Aktivitäten, Terrassen, Freiflächen, Kurse im Freien und ein Exkursionsangebot funktional überarbeitet, um den Anforderungen der verschiedenen Altersgruppen gerecht zu werden und die erforderlichen Angebote bereitzustellen. Dadurch werden die Lern- und Bewegungsmöglichkeiten im Außenbereich erweitert, was zu einer höheren Nutzungsvielfalt beiträgt.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Sicherheit des Straßenverkehrs. Deshalb wurde die Bushaltestelle in der Nähe des Kreisverkehrs in West-Süd-Richtung ersetzt und ein den Sicherheitsanforderungen angepasster Gehweg angelegt, der direkt zum Haupt-eingang der Schule führt. Außerdem wurde die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Klingenstraße auf 20 km/h herabgesetzt. Die Fahrradabstell- und Parkplätze wurden so angeordnet, dass am zentralen Zugang ausreichend Möglichkeiten für den ruhenden Verkehr bereitstehen, zudem wurden auch an den anderen Nebeneingängen dezentrale Stellmöglichkeiten geschaffen, um flexibel auf verändertes Mobilitätsverhalten zu reagieren. Der Straßenverkehr soll zudem so verändert werden, dass eine zu integrierende Wendeschleife im Nordosten den Durchgangsverkehr verhindert, um zu einer Verkehrsberuhigung beizutragen und den umgebenden Naturraum besser erlebbar zu machen.

Insgesamt geht es nicht nur um eine erfolgreiche Freiraumplanung, die eine Vielzahl von Anforderungen erfüllt, sondern auch um Nachhaltigkeit, städtebauliche Qualität und wirtschaftliche Lösungen, die sich sinnvoll in das architektonische Gestaltungskonzept einfügen und zu einer langfristigen Lösung führen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser:innen der Arbeit 1009 versuchen mit Ihrem Beitrag, Bestehendes respektvoll weiterzuentwickeln ohne es zu überformen und Neues als eine Erweiterung zu begreifen, die vorgefundene Substanz interpretiert und ergänzt. Aus dieser Haltung leitet sich folgerichtig ein behutsamer Umgang mit Schule und Sporthalle ab, die nur punktuell ergänzt und verändert werden. Bei der Bestandsschule zeigt sich, dass das Gebäude für Werkrealschule und gemeinschaftlichen Verwaltungsbereich gut zu nutzen ist. Die langgestreckte Grundform eignet sich zwar weniger für den Typus Clusterschule, die hieraus entstehenden Kompromisse - wie das Zusammenfassen der Lerninseln für alle Klassen direkt an der zentralen Treppe - sind für die Werkrealschule dennoch akzeptabel. Die verbleibenden Nutzungsbereiche für die Grundschule werden in einem zweiteiligen Baukörper zusammengefasst, dessen Bauteile der Topografie folgend als Split-Level organisiert sind. Ganztagesbereich, Musiksaal und Mensa liegen als gemeinschaftlich genutzte Bereiche folgerichtig im Erdgeschoss der Schule und können während der Ganztagesnutzung unkompliziert um die darüberliegenden Klassenbereiche erweitert werden. Die einzelnen Lerncluster sind jeweils um eine kompakte Mitte organisiert, deren Belichtung mit Tageslicht über die Laterne der zentralen Treppe vermutlich nicht ausreichend wird. Die Organisation als Split-Level zoniert diese Bereiche und erlaubt dennoch Sichtbeziehungen und Kommunikation. Die Arbeit überzeugt durch ihren sensiblen Umgang mit den bestehenden Gebäuden. Erfreulicherweise wurde auch das Potential der bereits statisch konstruktiv eingeplanten Aufstockung des bestehenden Erweiterungsbaus genutzt. Der Neubau der Grundschule ist in Holzbauweise unter Verwendung von Holz-Betonverbund - Rippendecken vorgeschlagen. Dies ist auf Grund der durch die Grundrisse vorgegebenen Spannweiten folgerichtig und erfüllt auch hohe Anforderungen sowohl an den Brand- wie auch an den Schallschutz. Die Gestaltung der in unterschiedlichen Farben mit Faserbetonplatten verkleideten Fassaden wird im Preisgericht kontrovers diskutiert. Die Haltung, die Bestandsarchitektur aufzunehmen und fortzuschreiben wird zwar begrüßt, die konkrete Umsetzung und Materialität wird von Teilen des Preisgerichtes jedoch als zu nüchtern und eher abweisend empfunden. Kritisch wird auch die Setzung des neuen Baukörpers für die Grundschule als zu großformatig und zu nahe an der Grundstücksgrenze liegend bewertet. Der Beitrag liegt mit seinen wirtschaftlichen Kenndaten aufgrund der niedrigen Eingriffstiefe im Bestand im günstigen Bereich. Die erforderliche Anzahl der Stellplätze ist nicht nachgewiesen. Der Zugang des Schulhofes von der Klingenstraße ist nicht barrierefrei. Durch die Lufträume sind die Nutzungseinheiten im Gebäude zum Teil deutlich über 400 m². Insgesamt formuliert die Arbeit aufgrund ihrer Haltung zum Umgang mit dem Bestand einen eigenständigen und wertvollen Beitrag, der aber in seiner Materialität und städtebaulichen Setzung nicht gänzlich überzeugen kann.


Schwarz-Grün-Plan

Schwarz-Grün-Plan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Südansicht

Südansicht

Schnitt durch die Treppenhalle

Schnitt durch die Treppenhalle