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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Grundschule Bad Neuenahr-Ahrweiler

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Preisgeld: 7.333 EUR

PUR+ ARCHITEKTEN

Architektur

BGHplan Umweltplanung und Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KONTEXT
Durch die Flutkatastrophe am 14.Juli 2021 wurde die bestehende Grundschule stark beschädigt. Die Sanierung gestaltete sich als zu aufwändig, und somit entschied man sich für den Neubau einer fünfzügigen Grundschule mit Mensa und den dazugehörigen Freiräumen. Der Neubau soll sich den neu entstanden Hochwasserschutzanforderungen so gut wie möglich anpassen.

Durch die steigenden Schülerzahlen und die sich stetig weiterentwickelnden pädagogisch-konzeptionellen Anforderungen ist die neue Schule als fünfzügige Clustergrundschule geplant. Dabei wird auf eine hohe Flexibilität der Räume sowohl im Unterrichts- als auch im Ganztagsbetrieb gesetzt.

ENTWURFSIDEE
Nördlich der Ahr und zentral innerhalb der Stadt Bad-Neuenahr gelegen, fügt sich das Gebäude in die städtebauliche Situation ein. Es ermöglicht durch seine kompakte Bauweise und die Positionierung an der südlichen Grundstücksgrenze die Schaffung einer neuen Hoffläche, die durch das Bestandsgebäude im Norden und die Sporthalle im Osten umarmt wird. Auf den bestehenden Baumbestand wird schonend reagiert, indem dieser in das Konzept und die Kubatur des Gebäudes mit eingebunden wird. Das Gebäude entwickelt sich um den Baum, der dadurch erhalten werden kann.

Meist sind Schulbauten stark monofunktionale Zweckgebäude, die in der Regel untergenutzt sind. Diesem Mangel an ökonomischer und ökologischer Effizienz soll durch eine breit gefächerte Mischnutzung auch für äußere Akteure wie Vereine oder Organisationen entgegengewirkt werden.

Das dreigeschossige Gebäude lässt sich funktional in zwei Abschnitte gliedern, welche durch eine vertikale Nutzungsteilung voneinander getrennt sind und unabhängig voneinander funktionieren können. Den öffentlichen Bereich bildet die Sockelzone im Erdgeschoss. Diese beherbergt den Verwaltungstrakt, die Mensa und die Ganztagsbetreuung. Dabei ist der Verwaltungstrakt so positioniert, dass in den Schulalltag als zentrale Anlaufstelle eingegriffen werden kann, aber gleichzeitig ein eigener Trakt für die Mitarbeitenden entsteht.
Die Mensa dient nicht nur der Essensausgabe, sondern bietet als multifunktionaler Mehrzweckbereich Raum für verschiedenste Nutzungen, wie z.B. Schulversammlungen oder auch außerschulische Veranstaltungen. Der separate Eingang macht eine unabhängige Nutzung der Mensa vom Rest der Schule möglich.

Die beiden Obergeschosse werden durch eine Treppe miteinander verbunden. Diese befindet sich im Verteilerbereich zwischen Mensa und Verwaltungstrakt, welcher gleichzeitig als Pausenhalle dient, und ermöglicht eine direkte Verteilung in die einzelnen Funktionsbereiche.
Im ersten und zweiten Obergeschoss befinden sich jeweils zwei Cluster mit jeweils fünf Klassenräumen, einem Lehrerstützpunkt und der multifunktionalen, flexibel bespielbaren Clusterfläche, die eine Sitznische zum Lesen, Lernen oder Spielen beinhaltet. Der Lehrerstützpunkt ist so platziert, dass der Blick sowohl innerhalb des Clusters als auch in den Flur- und Verteilerbereich gewährleistet ist.

Zwischen den beiden Clustern liegen die Nebenfunktionen wie Sanitärbereich, Aufzug und Technik. Außerdem befinden sich in diesem Bereich die Ruhe-/ Spielräume sowie die Differenzierungsräume, welche von beiden Clustern zugänglich sind, um auf die flexible Nutzungsstrukturen und Anforderungen eingehen zu können.
Ein besonderes Merkmal bildet die Schulbibliothek im zweiten Obergeschoss. Diese orientiert sich in Richtung Baum und bietet durch seine Lage eine besondere Atmosphäre, um das Lernen und Lesen zu fördern. Das Nutzungspotenzial der eigentlichen Flurfläche im Verteilerbereich zwischen den Clustern wird somit ausgenutzt und bekommt dadurch eine eigene Aufenthaltsqualität.

Das Bestandsgebäude wird zu einem mehr Generationen Wohnen mit insgesamt 16 Wohneinheiten umfunktioniert. Dabei wird minimal in die bestehende Bausubstanz eingegriffen. Der ehemalige Flur wird zum Laubengang, die Klassenräume zu Wohnungen, das Untergeschoss zum Fahrradkeller und die Eingangshalle zum Verteiler. In Richtung Hof entsteht ein großzügiger Balkon zu einer qualitativen Aufenthaltsfläche.

CLUSTER
Die Cluster sind als identitätsstiftende, für sich einzeln funktionierende Flächen zu betrachten. Dabei wird jedes Cluster mit einer markanten Farbe des Schulgeistes ‚BELA‘ versehen. Mobiliar, Einrichtungsgegenstände und weitere Gestaltungsmerkmale stärken das Zugehörigkeitsgefühl zum eigenen Cluster.

In Bezug auf differenzierte Lehr- und Lernsettings kann eine anpassbare und positionsbasierte Beleuchtung Schülern dabei unterstützen, sich besser zu fokussieren und zu konzentrieren. Es ist wichtig, Lichtfarbe und -stimmung so zu gestalten, dass Lernumgebungen nicht ausschließlich als Arbeitsbereiche wahrgenommen werden, sondern auch Raum für verschiedene Formen der Kommunikation und des Rückzugs bieten, insbesondere im Hinblick auf inklusive ganztägige Bildung.

FREIRAUM
Die Schule im Grünen ist ein wesentlicher Leitgedanke des Entwurfs. Wertvoller Baumbestand wird erhalten und durch Neupflanzungen ergänzt, versiegelte Hofflächen aufgebrochen, dienende Erschließungsfunktionen in Randbereiche verlagert und die Fahrräder im Keller abgestellt.

Der Freiraum der Schule wird zum innerstädtischer Pocket-Park. Vom leicht erhöhten, überdachten Eingangsbereich der Schule öffnet sich der Blick über das Gelände. Der Zugang über Rampen und Stufen wird zur Tribüne, der Freisitz vor der Mensa zur Gartenterrasse. In der Flächenorganisation spiegelt sich das Cluster-Prinzip auch im Freiraum wider. Verschiedene Nutzungsfelder für Spiel und Sport, Lernen, Aufenthalt und Beobachten bilden einen gemeinsamen Erlebnisraum, geschützt unter dem verbindenden Baumdach. Die Felderstruktur lässt ein Wegenetz entstehen, das wesentliche Verbindungen abbildet und einen hohen Bewegungsanreiz bietet. Es kann ebenso als integrierte Verkehrsschule mit alltagsvergleichbaren Situationen genutzt werden. Losgelöst von den belebten Flächen im Zentrum des Schulgeländes befindet sich in ruhiger Randlage, abgeschirmt durch das Schulgebäude, ein Bereich zum Lernen und Ausruhen. Dieser kann sowohl von Lerngruppen als auch als individueller Rückzugsort genutzt werden. In einem kleinen Nutzgarten können die Schülerinnen und Schüler wichtige Erfahrungen zu Umwelt und Ernährung sammeln.

Ein grünes Klassenzimmer bietet die Möglichkeit, den Unterricht nach draußen zu verlagern. Zur flexiblen Gestaltung der Unterrichtseinheiten erfolgt eine Ausstattung mit mobilen Sitzelementen.
Um einen sicheren Zugang zur Schule zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, die Hemmesserstraße vom Durchgangsverkehr zu befreien. Eine mit Pollern gesicherte „Nullstelle“ unterbindet Schleichverkehre und beruhigt das umgebende Stadtquartier.

An der Weststraße bietet eine Kiss & Go-Zone mit Umfahrtmöglichkeit eine sichere Vorfahrt, die Rundfahrt durch die Hemmesserstraße wird dadurch überflüssig. So entsteht zwischen Kita und Schule der „Kids-Campus“ als gemeinsamer, verkehrssicherer Zugang. Von hier aus ist über eine Rampe auch das Kellergeschoss des ehemaligen Schulgebäudes angebunden. Für die Schulgemeinschaft stehen hier in ausreichender Anzahl überdachte Fahrradstellplätze zur Verfügung. Die Zugangsmöglichkeit von der Weststraße aus bleibt auch für außerschulische
Nutzungen erhalten. Eine separate Zufahrt zur Ver- und Entsorgung entlang der Südseite des Gebäudes erschließt den Wirtschaftshof. Eine Ausfahrt ist ebenso in Richtung Weststraße möglich.
Sämtliche befestigte Flächen werden in wasserdurchlässiger Bauweise ausgeführt mit kunstharzgebundenem Split- oder Kunststoffbelag, Sicker- oder Rasenfugenpflaster. Sickermulden in den Randbereichen und Zisternen zur Nutzwasserverwendung fangen das Oberflächenwasser auf.
Eine abwechslungsreiche Auswahl an klimaresilienten Gehölzen ergänzt den vorhandenen Baumbestand und vermittelt ein Bild der Vielfalt, wie es auch in der Schule gelebt wird.

KONSTRUKTION
Das Schulgebäude ist auf einem ca. 1m hohen Sockel errichtet und weicht somit dem Hochwasser aus. Damit kann Holz als Konstruktionsmittel uneingeschränkt eingesetzt werden.
Die Entscheidung für eine Holzkonstruktion bietet klare Vorteile in Bezug auf Nachhaltigkeit und Effizienz. Durch die Verwendung eines 1,25 m Rasters für die Konstruktion wird eine effiziente Vorfabrikation ermöglicht, was zu kurzen Bauzeiten führt.

Holz ermöglicht eine effiziente Nutzung von Fernwärme, da dicke Dämmstärken in schlanken Außenbauteilen verwendet werden können, ohne den Flächenverbrauch wesentlich zu erhöhen. Die Verwendung vorgefertigter Holzbauteile passt ideal zu einem Cradle-to-Cradle-Ansatz, da sie die Wiederverwendung von Materialien am Ende ihrer Lebensdauer ermöglicht.
Im Vergleich zur Betonherstellung bindet Holz CO2 aus der Atmosphäre und trägt so zur Reduzierung der grauen Energie bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Schulgebäude wird längs der südlichen Grundstücksgrenze entwickelt. Die städtebauliche Setzung weist einen großzügigen Freiraum aus im Kontext mit den umliegenden Bestandsgebäuden.

Der Schulstandort wird zur Hemmesser Straße über zwei Schiebetore angebunden, über die Weststraße mit einem weiteren. Diese konservative und Interpretation eines abgeschlossenen Schulstandortes im Inneren des Blocks erzeugt einerseits einen gut geschützten Schulhof, andererseits ist damit der öffentliche Bau Schule in der zweiten Reihe der Stadt verortet. Das wird kritisch diskutiert. Die große gedeckte Rampe ist als Auftakt, Wartebereich und Eingang vorstellbar.

Der Vorschlag, die Hemmesser Straße abzubinden und im Kreuzungsbereich zur Weststraße einen autofreien Kids-Campus anzuordnen, überzeugt.
Über die lang gestreckte Treppe zwischen dem hochgelegten, von Hochwasser damit sinnvoll geschützten Schulbau und dem ausreichend großen Schulhof entsteht eine großzügige und schöne Beziehung zwischen Pausenhalle, Mensa und Freiraum. Das Konzept nimmt Bezug auf die Bestandsbäume, was gut ist. Im Süden verläuft eine Zufahrt bis in den Osten, wo die Mensa angedient wird, hier wird mit viel Befestigung wenig erreicht.

Die Anordnung der Laufbahn nah am Bestandsbau wirkt einschränkend für die zukünftige Entwicklung und die Anordnung des grünen Klassenzimmers nah am Haupteingang nicht ideal.
Diese Konflikte verweisen auf die Probleme der städtebaulichen Anordnung, es bleibt neben der in der Grundfläche großen Schule wenig Raum.
Von Westen führt der Weg unter der weiten großzügig dimensionierten Auskragung zum zentral gelegenen Haupteingang. Der gedeckte Vorbereich-arkadengleich umgesetzt -ergänzt das Freiraumangebot und vermittelt gleichzeitig zwischen dem angrenzenden Geländeniveau des Pausenhofes sowie dem erhöhten Erdgeschoss.

Der Standort des Silberahorns wird sensibel respektiert; es erfolgt ein Rücksprung des Gebäudevolumens über alle Geschosse. Gleichzeitig markiert der Bestandsbaum den Eingang in die Schule. Der mögliche Erhalt des Baums über eine Bauzeit hinweg ist kritisch zu hinterfragen.
Das Gebäude zeigt auf allen Geschossen eine klare Zonierung mit der großzügigen zentrale Mitte auf, die jeweils die anliegenden Nutzungsbereiche erschließt.

Im Erdgeschoss finden sich die schulöffentlichen Nutzungen mit Mensa, Mehrzweckraum sowie Betreuungsraum und bilden eine angenehme flexibel nutzbare Raumfolge aus mit differenzierten Nutzungsmöglichkeiten z. B. gesamthaft als Aula. Eine vom Schulbetrieb getrennte Nutzung des Mensaraumbereiches bietet auch dem umliegenden Quartier einen Mehrwert.

Der Lehrer und Verwaltungsbereich wird clusterähnlich organisiert mit einer angenehm dimensionierten zentralen Kommunikationszone. Die tiefe Auskragung der Obergeschosse bietet zum einen großzügig bemessenen witterungsgeschützten Freibereich für das Ankommen und die Pausen; gleichwohl wird die Tiefe bezüglich der Belichtung der anliegenden Räume der Schulleitung und des Sekretariates kritisch zu prüfen sein.

Im Zentrum ist jeweils die über die Geschosse fortlaufende Schultreppe situiert – das Dachoberlicht schafft einen lichtdurchfluteten Raum, der über die Erschließungsfunktion hinaus gute Aufenthaltsqualitäten bietet. Die SchülerInnen finden hier zwischen den identitätsstiftenden „Heimat“-Clustern jeweils einen wertigen Raum als vernetzenden Treffpunkt der getrennt organisierten Jahrgangsklassen ebenso wie gemeinsam nutzbare Spiel- und Ruheräume. Im 2. Obergeschoss mit Blick in das Laubwerk des Silberahorns entsteht der ruhige Raum der Bibliothek mit einer qualitätvollen räumlichen Atmosphäre zum Lesen und Arbeiten.

Die räumliche Organisation der Cluster zeigt eine zentrale Mitte mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten im Schulalltag aus. Die SchülerInnen finden hier eine Heimat; differenzierte Lernformen sind umsetzbar. Positiv bewertet wird der Fassadenbezug der Mitte.
Ein Fluchtbalkon auf der Südseite gewährleistet auf einfache Art und Weise den Fluchtweg im Brandfall. Inwiefern die Breite ausreichend bemessen ist wäre gegebenenfalls zu klären. Auch die vorgesetzte Fluchttreppe wird im Zusammenspiel mit der Klarheit der Gebäudestruktur kritisch gesehen.
Das architektonische Erscheinungsbild spiegelt konsequent die klare Zonierung der innenräumlichen Struktur. Die Fassadengliederung lässt den Duktus des Holzbaus erkennen.
Die erhöhte Sockelzone des Erdgeschossniveaus gewährleistet den Hochwasserschutz; die umlaufenden Horizontelen Elemente (Fluchtbalkon-Brise Soleil) gliedern das Volumen wohltuend im Aufriss.

Gesamthaft entsteht ein gut nutzbares – atmosphärisch dichtes – Schulhaus mit hoher Qualität insbesondere bezüglich der inneren Raumstrukturen; gleichwohl erscheint das Volumen im städtebaulichen Kontext eher unmaßstäblich und zu groß geraten.
Die Räume sind insgesamt sehr großzügig dimensioniert und überschreiten die vorgegebenen Werte des Raumprogramms wesentlich. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit liegt die Arbeit im oberen Bereich.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 2. Obergeschoss

Grundriss 2. Obergeschoss

Vertiefung Cluster

Vertiefung Cluster

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Piktogramm Bibliothek

Piktogramm Bibliothek