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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Grundschulmensa in Clausthal-Zellerfeld

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

SGHG Planungs- & Prüfgesellschaft Bautechnik mbH

Tragwerksplanung

HKL Ingenieurgesellschaft mbH

TGA-Fachplanung

atelier freiraum

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee | Städtebauliche Einbindung
Die neue Grundschulmensa wird als Pavillon in den Grünzug Bremerhöher Graben eingebettet. Hier mündet der landschaftliche Park am Ensemble von Mensa und Stadtbibliothek. Gleichsam fügen sich hier die Ortsteile Clausthal und Zellerfeld aneinander, so dass die Mensa von Nord und Süd die Kinder der beiden Ortsteilgrundschulen empfängt.
Die durchlaufende Mittelzone im Innenraum wird der beidseitigen Zugänglichkeit gerecht, während der Baukörper an sich in seiner ungerichteten Form allseitig mit der Umgebung agiert.

Architektonisches Konzept
Der Speisesaal erstreckt sich über die westliche Hälfte des Pavillons. Dreiseitig bietet er Kontakt zum Landschaftsraum. Seine östliche Flanke grenzt an die Mittelzone, die als Foyer, Verteiler und Kontaktzone zur Essensausgabe dient. In ihrer konsequenten Nord-Süd-Verspannung erlaubt sie die Passage der Besucher aus beiden Ortsteilen, zugleich die frei wählbare Teilung des Saals (2/3 + 1/3; halbieren, dritteln etc.) als auch die potentielle Erweiterung des Saals.
Die klare innere Funktionsaufteilung setzt sich auf der Ostseite im Wirtschaftsteil mit Küche, Technik, Lager, Personal- und Sanitärräumen fort. In dieser Logik wird der Bereich zwischen Mensa und Bibliotheksgebäude als Wirtschaftshof - gut erreichbar, aber nicht zu präsent - ausgebildet.
Über der eingeschossigen quadratischen Grundfigur erhebt sich ein asymmetrisches Walmdach. Ein großzügiges Oberlicht in Reminiszenz zum Wetterhut historischer Grubengebäude gewährleistet natürliche Belichtung mit wertvollem Zenitlicht sowie die Organisation von Zu-/Abluft auch im Zentrum des Neubaus. Der Dachraum erweitert die Basisraumhöhe über dem offenen hölzernen Binderrost. Frei und flexibel können hier technische Installationen und Elemente für Beleuchtung und akustische Dämpfung angeordnet werden.
Die neue Mensa erscheint in Dimensionierung und Formgebung als sehr nahbarer Bau - einerseits im Bezug auf den menschlichen Maßstab, der hier v.a. vorrangig Kindern gerecht entsprechen sollte, und anderseits hinsichtlich seines behütenden Daches mit rigorosem umlaufenden Dachüberstand.

Material, Konstruktion & Wirtschaftlichkeit
Ruhig und klar zeigt sich die neue Mensa im Äußeren.
Hölzerne Lamellen prägen die Untersicht des bergenden Dachüberstandes sowie die verschalten Wandbereiche. Hinter den Lamellen ordnen sich subtil die Fenster und Türen des Wirtschaftstraktes unter und gewährleisten direkten Zugang, Belichtung und Belüftung bei gleichzeitigem Sichtschutz.
Die Eingänge (Windfänge), Süd- und Westseite des Speisesaals werden als gläserne Pfosten-Riegel-Fassade vorgeschlagen, während die weiteren Wandbereiche mit gedämmten Holztafelementen gefüllt sind.
Konstruktiver Holzschutz, Verschattung, Sicht- und Blendschutz erfolgen passiv durch die großzügigen Dachüberstände bzw. gezielt über vertikale Sonnenschutzscreens.
Die metallene Dachdeckung (Blei als Regionalfaktor, aber auch Zink kann dem gerecht werden) integriert die Photovoltaikelemente auf den sonnenpräsenten Dachseiten. Dachform und Oberlicht geben dem Haus eine Prägnanz als fünfte Fassade, die in der vorhandenen Topographie besonders wahrgenommen wird.
Das Tragwerk wird im Wesentlichen über den Baustoff Holz realisiert. Das Dach entspricht sinngemäß einen Walmdach bestehend aus Sparren und Pfetten mit einem Ausschnitt in Gebäudemitte für das Oberlicht. Die Pfetten lagern auf Stützen, die direkt auf die Trägerlage über dem Erdgeschoss (Brettschichtholzträger, Achsabstand 2,5m) abgesetzt sind. Für einen weitestgehend stützenfreien Übergangsbereich zwischen Speisesaal und Foyer werden Brettschichtholzquerträger eingesetzt, um hier einen Stützenabstand von 5m zu ermöglichen. Neben den tragenden Wänden im Bereich der Küche sichern Holzstützen den Vertikallastabtrag, welche im Außenbereich gleichfalls als Fassadenkonstruktion genutzt werden. Die Wände im Bereich der Küche wie die als eingespannte Kragstützen konzipierten Außenstützen dienen gemeinsam mit der als Scheibe ausgebildeten Dachkonstruktion als aussteifende Elemente. Die Gründung des Gebäudes erfolgt über eine elastisch gebettete Stahlbetonbodenplatte (Recyclingbeton + Speichermasse). 

Auf dem klaren Grundraster wird effizient das Haus aus nachwachsenden Baustoffen errichtet. Das konstruktive Prinzip wird dem Anspruch an Nachhaltigkeit in Materialeinsatz, Kohlendioxidbindung und potentiell trennbarer Rückbaubarkeit gerecht. Die klare Grundstruktur des Baus in Kombination mit der systemischen Holzbauweise sind wesentliche Ansätze für eine wirtschaftliche, solide und dauerhafte Anlage der Zukunftsperspektive und regionalem Bezug grundsätzlich natürlicher, beständiger und ökologischer Materialien.

Energiekonzept
Grundgedanke des energetischen Konzepts ist ein schlankes Anlagendesign auf Basis natürlicher Wärmequellen und –senken. Durch Nutzung von Synergieeffekten wird maximale Energieeffizienz bei geringen Betriebskosten aber moderaten Investitionen gewährleistet. Die energetische Qualität der Gebäudehülle wird durch ein hocheffizientes Konzept unterstützt, welches sich an den Vorgaben der vorgesehenen Nutzung orientiert. Dementsprechend wird Heizung und Lüftung benötigt sowie Kühlung im Gastraum um die Anforderungen an die Nutzung zu erfüllen.
Die Einhaltung des hohen energetischen Standards erfordert Dämmung und Luftdichtheit des Gebäudes. In Zusammenhang mit dem hohen Ausstattungsniveau an die Mensa ist zu erwarten, dass die Kälteerzeugung den Energiebedarf dominieren wird. Dementsprechend wird das Energiekonzept für Kühlanwendungen optimiert.
Mittelpunkt der energetischen Konzeption ist die Nutzung der natürlichen Wärmequelle/-senke Luft. Als Erzeuger dient eine reversible Kompressionskältemaschine welche wahlweise oder gleichzeitig als Wärmepumpe oder Kälteanlage betrieben werden kann.  Auch bei der Nutzenübergabe setzt sich der Synergiegedanke fort. Die Wärme- und Kälteübergabe erfolgt im Gastraum durch thermisch aktivierte Platten im Bereich der Dachkonstruktion.
Zur Belüftung des Gebäudes werden zwei Zentralgeräte genutzt welche entsprechend der Nutzungsbereiche Küche und Gastraum aufgeteilt sind. Grundsätzlich wird nur der hygienische Mindestluftwechsel aufbereitet. Dabei werden die Lüftungsauslässe so konzipiert, dass die Luftwalze vor den Glasfassaden zugunsten einer behaglichen Raumatmosphäre abfallen kann.
Die Grundschulmensa erhält eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung mittels Kreuzstromwärmetauscher. Adiabate Kühlung unter Verwendung von Regenwasser ermöglicht eine Vortemperierung von 32 °C auf bis zu 22 °C im Sommer.
Das Regenwasser kann zudem auch für die Versorgung der WC-Spülung, ohne die Nutzung des Trinkwassers, genutzt werden.
Mit dem vorgestellten Konzept soll der  hohe Qualitätsstandard der Gebäudehülle und des Raumkonzeptes um eine innovative, wirtschaftliche und ökologisch hochwertige Energieversorgung ergänzt werden. 
Abgerundet wird das Energiekonzept durch den optional möglichen Einsatz einer Photovoltaikanlage.

Freianlagen
Mit der Bauart und Lage des neuen Gebäudes wird bewusst mit dem umgebenden Grünpotential - mit Großbaumbestand und offenen Wiesenflächen - umgegangen. Ziel ist es, eine Verzahnung bzw. Symbiose mit dem angrenzenden Naturraum zu schaffen. Vielfältige Blicke nach außen zum Grün des Gartens und Parks bzw. vom Grünraum in das Gebäude werden durch die transparente Bauart gefördert.
Das Grünkonzept wird dabei nicht als additives Element verstanden, sondern als Teil des Gesamtkonzeptes der Architektur. Auch die Nutzung des Gebäudes als Pausen- und Aufenthaltsbereich wird eng zusammen mit der Erholungsnutzung der Freiflächen gesehen.
Durch locker gesetzte neue Baumgruppen vom Park aus bis zum Busbahnhof bzw. den Schulstandorten wird das Grünkonzept fortgeführt und der Bestand eingebunden. Dem Konzept des Gebäudes folgend soll eine Leichtigkeit und Klarheit der Freiflächengestaltung bestimmend sein.
Die neue Mensa wird zentral von Norden und Süden über bestehende Wege von den Schulstandorten her erschlossen. Die Schulwege sollen über weitere lang gezogene Rampen und Parkwege sowie kleine Treppenanlagen und Sitzplateaus entlang der bestehenden Böschungen ergänzt werden.
Der Vorbereich sowie Platzflächen sollten in Naturstein Großpflaster oder Plattenpflaster mit ebener Oberfläche ausgeführt werden, um dem Anspruch der Nachhaltigkeit und Natürlichkeit gerecht zu werden. Für verschiedene Nutzungsansprüche (Gehbereiche, Bewegungsflächen für Rollstuhlfahrer, Randbereiche etc.) können mehr oder weniger breite Fugen verwendet werden. Somit wird ein nutzungsoptimierter Versiegelungsgrad in Verbindung mit dem Versickerungsgrad für Regenwasser erreicht werden. Natursteinmaterialien aus benachbarten Steinbrüchen können dafür als mögliches Ausbaumaterial geprüft werden.
Außenterrassen als Übergang in die Landschaft sind zum Beispiel aus Thermoholz denkbar. In stärker verschatteten Bereichen kann eine Kombination mit feingliedrigen Plattenstreifen erfolgen. Die Plattenstreifen können hierbei Bezug auf die Fassadenstruktur nehmen.
Für Parkwege sind zu Gunsten der Belüftung und Bewässerung des Großbaumbestandes wassergebundene Wegedecken zu wählen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser*innen schlagen einen kompakten Baukörper mit zwei Eingängen in Nord-Süd-Richtung vor.

Die Adressbildung des Neubaus wirkt trotz der geschlossenen Nordfassade selbstverständlich und intuitiv. Das Gestaltungsmotiv des Pavillons, mit geneigtem und auskragendem Dach, ist nachvollziehbar.

Der Abstand zur Bibliothek wird positiv bewertet. Jedoch lässt die Ausbildung des Zwischenraums nur als Wirtschaftshof mögliche Potenziale ungenutzt, Aufenthaltsqualitäten jenseits der logistischen Anforderungen und Erfordernisse an diesen Bereich werden vermisst.
Eine klare Grundrissgestaltung erleichtert die Orientierung, die Funktionseinheiten sind klar strukturiert. Das Foyer fungiert als Bindeglied zwischen den Nutzungseinheiten und kann nahezu beliebig mit der Mensa kombiniert werden.

Die Größe des Foyers wird kontrovers diskutiert und wäre zu überprüfen. Foyer und Ausgabetheke generieren eine ungünstige Kreuzung der Personenströme. Gleiches gilt für die zu zentrale Lage der Schultaschen und Garderoben. Ein Buffet ist weder gefordert noch erforderlich, die alternative Nutzung dieser Fläche vermag nicht vollständig zu überzeugen.

Bei einer Teilung der Mensa sind Foyer und Nebenräume für beide Räume gleichwertig zu erreichen. Die Orientierung des Speisesaals nach Südwesten wird positiv bewertet. Das Stuhllager ist ungünstig geschnitten und gelegen. Die Parkposition der Trennwände überzeugt nicht.

Die äußere und innere Haptik des Hauses sowie die Tragkonstruktion beschränken sich auf Holz und partiell Lehmbauplatten im Innenbereich.

Die Konstruktions- und Materialwahl lassen eine nachhaltige und wirtschaftliche Errichtung erwarten. Ein Zinkdach mit PV-Anlage ist stimmig.

Zu überdenken wäre die geschlossene Nordseite, die bis auf den Eingangsbereich über keine weiteren Öffnungen verfügt und dadurch nicht sehr einladend wirkt.

Die zu erwartende Atmosphäre im Innen- wie auch im angrenzenden Außenraum wird als angenehm gelesen und entspricht den Erwartungen an ein solches Gebäude.

Die eingereichte Arbeit stellt einen wertvollen Beitrag zur gestellten Aufgabe dar.
Lageplan

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