Award / Auszeichnung | 01/2016
DAM Preis für Architektur in Deutschland 2015
©Roswag Architekten
Ansicht von Südost, Eingang Wohnbereich im Süden, Terrassentüren im Osten
Wohnen und Arbeiten in der Torfremise
Finalist
Architektur
Projektdaten
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Gebäudetyp:
Gewerbe-, Industriebauten, Wohnungsbau
-
Projektgröße:
698m² (geschätzt)
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Status:
Realisiert
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Termine:
Baubeginn: 01/2011
Fertigstellung: 12/2013
Projektbeschreibung
Die Bauherren haben die historische Torfremise in Kolbermoor rückgebaut und somit den geplanten Abbruch und Verlust des Gebäudes verhindert. Am neuen Standort in Schechen bildet die ehemalige Torfremise mit dem Bahnhof und seinem ehemaligen Nebengebäude ein Ensemble und fügt sich harmonisch und selbstverständlich in das Umfeld des benachbarten Bahnhofes ein. Das Projekt nutzt eine Brachfläche im Dorfbereich, verdichtet somit die bestehende Siedlung und beugt der Zersiedlung der Landschaft vor. Das als „Mischgebiet“ ausgewiesene Areal ermöglicht die Verbindung von Wohnen und Arbeiten an einem Standort.
Aufgabe / Konzept
Die Aufgabenstellung sah die Wiedererrichtung des historischen Holzgebäudes und die Integration eines Wohnhauses sowie einer Korbflechterwerkstatt der Bauherren vor. Ziel war, die zu ergänzenden Bauteile aus den traditionellen Baustoffen Holz und Lehm in diffusionsoffener Bauweise zu errichten und so auf eine Lüftungsanlage zu verzichten. Das Niedrigstenergiehaus (EnEV-30%) sollte regenerativ betrieben werden.
Entwurf
Das Entwurfskonzept wurde gemeinsam mit den Bauherren entwickelt und das Projekt im Selbstbau umgesetzt. Die Remise wurde an der westlichen Längsseite des Grundstücks entlang der Ahornallee bzw. der Bahnhofstraße angeordnet und schafft so nach Osten ein gut belichtetes Grundstück.
Das neu zu integrierende Wohn- und Werkstatthaus ist von den tragenden Achsen der Remise versetzt und ermöglicht so den weitgehenden Erhalt und die Lesbarkeit der historischen Tragstruktur. Dies wird vorrangig über die freistehenden Stützen und Kopfbänder sichtbar. Auf der Süd- und Westseite ergibt sich so ein Zwischenraum, der die Dimensionen des historischen Gebäudes in Längs- und Querrichtung erlebbar macht. Dieser ist als Innenraum der Remise geprägt von Schattenspiel und Transparenz der äußeren auf Abstand gesetzten vertikalen Lattung. Nach Osten schiebt sich die weiß verputzte Außenwand vor die historische Konstruktion und wird mit ihren großen Öffnungen zum Garten hin klar ablesbar. An die im Norden liegende Werkstatt schließt sich ein Lagerbereich für Weiden und andere Flechtmaterialien an, der die historische Nutzungsform fortsetzt. Großzügige Verglasungen öffnen die Grundrisse in Richtung der historischen Toröffnungen der Remise. Die Grundrisse im Erdgeschoss orientieren sich zudem mit großen bodentiefen Öffnungen nach Osten und sind über eine Terrasse mit dem Garten verbunden. Das historische Tragwerk aus Stützen, Kopfbändern und Deckenbalken prägt den 4,20 m hohen Innenraum des Erdgeschosses. In unterschiedlichen Formen eingehängte Zwischenebenen ermöglichen zusätzliche Nutzungen.
Das Obergeschoss des Wohnbereichs lässt sich als Einliegerwohnung abtrennen und wird über eine breite Außentreppe im südlichen Umgang erschlossen. Dies ergibt zusätzliche Flexibilität in der Nutzbarkeit. Der zentrale Wohnbereich orientiert sich über eine große Verglasung nach Süden und wird zudem über eine Firstverglasung belichtet. Die eingestellten Volumina der Zimmer und des Bades orientieren sich an der Höhe der Mittelpfette und sind über Dachflächenfenster bzw. horizontale Verglasungen zur Firstverglasung belichtet. So ergibt sich eine Belichtung die den Tages- und Jahresverlauf widerspiegelt. Alle Bäder sind außenliegend und werden natürlich belüftet und belichtet.
Bauweise
Die Gebäudestruktur der Torfremise wurde originalgetreu wieder aufgebaut und beschädigte Bauteile unter Einsatz traditioneller Holzverbindungen ergänzt. Lediglich die Gründungssituation wurde durch die Anordnung einer Bodenplatte an die neuen Nutzungsanforderungen angepasst.
In die historische Struktur wurden der Wohnbereich und die Werkstatt als beheiztes Volumen eingefügt. Die raumabschließenden, hochgedämmten Bauteile wurden mit den CO2-neutralen Baustoffen Holz, Holzfaser-Dämmung und Lehm ausgeführt. Die diffusionsoffene Bauweise im Zusammenspiel mit den sorptionsfähigen Lehmputz-Oberflächen sorgen für eine natürliche Regulierung des Raumklimas. So kann trotz höchstem energetischen Standard und luftdichter Ausführung der Gebäudehülle auf eine Lüftungsanlage verzichtet werden. Die Wärmeerzeugung erfolgt regenerativ über eine zentrale Stückholzheizung und einen thermischen Solarkollektor.
Weiße Lehmedelputze und geseifte Tannenböden prägen den Innenraum. Das historische Tragwerk wurde geölt und setzt sich von dem ansonsten weißen Innenraum ab. Aufgrund des Schutzes der Außenwände über große Dachüberstände und den Versatz zur historischen Lattenfassade wurde der Einsatz von Lehmedelputz auch auf der Außenseite der Wände möglich. Der Neubau setzt sich somit weiß von der historischen Holzremise ab.
Bauherr und umfassende Selbstbaumaßnahmen
Stefanie und Emmanuel Heringer
Architekten, Nachhaltigkeits- und Energiekonzept:
Roswag Architekten mit Guntram Jankowski (LP 1– 5)
Tragwerksplanung, Fachplanung Lehmbau
Ziegert | Seiler Ingenieure
©Roswag Architekten
Ansicht von Südwest mit Nebengebäude
©Malte Fuchs
Ansicht von West mit Bahnhofsgebäude und Nebengebäude im Hintergrund
©Malte Fuchs
Umgang, Lehmfeinputz auf den Außenwänden
©Malte Fuchs
Innenraum EG mit Zwischenebene
©Malte Fuchs
Innenraum EG, weißer Lehmfeinputz an den Wänden
©Malte Fuchs
Glasfläche Decke EG mit Blick ins OG
©Malte Fuchs
Innenraum OG mit Glasfläche Decke EG
©Malte Fuchs
Innenraum OG mit Oberlicht
©Stefanie Heringer
Innenraum OG mit eingestelltem weißen Holz-Lehmkuben
©Roswag Architekten
Innenraum EG mit Zwischenebene
©Roswag Architekten
Lageplan
©Roswag Architekten
Grundriss Erdgeschoss
©Roswag Architekten
Grundriss Zwischengeschoss
©Roswag Architekten
Grundriss Obergeschoss
©Roswag Architekten
Schema Historie, Bautechnik und Gebäudetechnik
©Emmanuel Heringer
Torfremise – Demontage und Lagerung
©Roswag Architekten
Integration neuer Holzrohbau 2012
©Roswag Architekten
Raumabschluss, Außenwände einseitig beplankt
©Roswag Architekten
Innenausbau: Außenwände, Lehmgrundputz