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Award / Auszeichnung | 04/2017

umsicht – regards – sguardi 2017

Erweiterung Kunstmuseum Basel

CH-4051 Basel

Engere Wahl

Christ & Gantenbein

Architektur

Architekturbüro Peter Stocker

Projektsteuerung

FS Architekten GmbH

Bauherren

ZPF Ingenieure AG · ZPF Structure AG

Bauingenieurwesen

Stokar + Partner AG

Projektsteuerung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Museen, Ausstellungsbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2010
    Fertigstellung: 01/2015

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Kunstmuseum Basel, dessen Sammlung eine über 300-jährige Kontinuität vorweisen kann, ist seit 1936 im von R. Christ und P. Bonatz entworfenen Haupthaus beheimatet. Dank der Schenkung einer unmittelbar in der Nähe liegenden Parzelle, mit der Auflage, Raum für Kunst und nicht für Events zu schaffen, konnten die Ausstellungsflächen des Kunstmuseums erweitert und die Logistik optimiert werden.

Aufgrund seiner prominenten stadträumlichen Lage wurde der aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangene Neubau als eigenständiges, aber gleichwertiges Gebäude konzipiert, das funktional, architektonisch und räumlich mit dem historischen Bau in Beziehung steht. So wurde die Anlieferung klar sichtbar gegenüber dem historischen Bau, anstatt zur mittelalterlichen Stadt hin, angeordnet. Die nun im Neubau beheimateten Sonderausstellungen und die amerikanische Kunst des 20. Jahrhunderts können über den Eingang am St.Alban-Graben oder vom Hauptbau aus über die unterirdische Verbindung via Vortragssaal erreicht werden. Dieser wurde im Zuge des Neubaus modifiziert und in seinen Funktionen optimiert, sodass das ursprünglich als
Sammlerhaus konzipierte Gebäude wieder seiner eigentlichen Nutzung zugeführt
werden konnte. Eine kluge Entscheidung war das Verlegen der Ticketschalter für
beide Gebäude in die Arkaden am St.Alban-Graben.

Mit dem architektonischen Ausdruck des Neubaus suchen die Verfasser Reminiszenzen an die italienische «arte povera« und an die Garagenwelten, in denen die amerikanische Kunst entstanden ist. Die kleinkörnige, feine Plastizität der Backsteinfassade, kontrastiert durch die grossformatige, raue Ausformulierung der feuerverzinkten Tore, löst im Vorbeigehen Irritationen aus. Demgegenüber wirkt der Neubau aus der Ferne betrachtet nahezu entmaterialisiert und in der stadträumlichen Wahrnehmung vom Hauptbau gelöst, sodass die beiden Gebäude nicht gemeinsam in Erscheinung treten. Die Differenzierung innerhalb des Mauerwerks und der an einem sonnigen Tag kaum wahrnehmbare LED-Fries scheinen allzu subtil ausformuliert.

Im Innern nimmt der Neubau stark Bezug zum Hauptbau: Die Ausstellungsräume
haben entgegen aktueller Tendenzen im Museumsbau klassische, fixe Proportionen und verfügen im ersten Obergeschoss über Fenster, im zweiten Obergeschoss über ein Oberlicht. Die Materialisierung mit den Holzböden, den Gipswänden und den Natursteinelementen erinnert an jene des Hauptbaus. In die Deckenstruktur
mit den vorgefertigten Betonrippen kann die aufwändige Haustechnik elegant
aufgenommen werden. Die Ausstellungsräume des im Minergie-Eco-P-Standard erstellten Neubaus weisen aufgrund der hohen Speicherkapazität der massiven Boden- und Deckenkonstruktionen und Gipswände beeindruckend konstante Klimawerte auf. Der aus der städtebaulichen Setzung resultierende Raum zwischen den Ausstellungsboxen wird zur grosszügig inszenierten Erschliessungsskulptur. Den knappen Raumverhältnissen fällt allerdings die gemeinsame Wegführung für Liftbenutzende und Treppensteigende zum Opfer.

Der kluge Neubau des Kunstmuseums Basel geht qualitätsvoll und effizient mit
dem Raumprogramm um und verfügt über eine sehr hohe gestalterische Qualität.
Kritisch ist jedoch der Umgang mit dem Stadtraum zu beurteilen: Das Gebäude
wirkt mit seinen mehrheitlich geschlossenen Fassaden «bunkerhaft». Es wirft die
Frage nach der Rolle eines Museums in der Stadt auf. Ist es zukunftsweisend,
dass der energetisch, museums- und lichttechnisch bedingte Ausdruck der Geschlossenheit über die gesellschaftliche Aufgabe eines Museums und den daraus
abzuleitenden Anspruch nach Zugewandtheit gestellt wird? Symptomatisch für
diese Haltung ist der Übergang vom Stadt- zum Innenraum des Gebäudes, der
jede Raffinesse vermissen lässt. Während der historische Bau mit den Arkaden,
dem Hof und dem Portikus eine feine, einladende Sequenzierung von aussen
nach innen vornimmt, wird der Neubau durch einen sehr kleinen Windfang und
gegen eine leere Wand laufend unvermittelt betreten. Auch der Vorplatz, eigentlich
ein Empfangsort, der im Stadtraum entsprechend zu inszenieren wäre, entbehrt
jeglicher Aufenthaltsqualität und nimmt in seiner Ausformulierung keinerlei Bezug
zum Hauptbau.

Die Arbeit zeigt exemplarisch, wie an schwieriger Lage auf hohem Niveau an der Stadt weitergebaut wird. Der Neubau des Kunstmuseums Basel erfüllt zudem in mancher Hinsicht nachvollziehbar und in hoher Qualität den Anspruch der eingebenden Architekten an eine «Architektur, die sich bewährt und über hundert Jahre überdauern kann». Die behauptete «Nachhaltigkeit der Form» wird sich in diesem Sinne jedoch erst noch erweisen müssen.