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Award / Auszeichnung | 10/2020

Hugo-Häring-Auszeichnung 2020 BDA Kreisgruppe Mannheim

034 Thiele

DE-68219 Mannheim, Gustav-Nachtigal-Str. 52a

Auszeichnung

s g f a · schäfer gaukel kammerer freie architekten partgmbb

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2019

Projektbeschreibung

Einfamilienhaus, barrierefrei, Holzbau

http://www.sgfa.eu/2020/05/15/neubau-einfamilienhaus-mannheim-2/

der mannheimer stadtteil rheinau süd ist geprägt von siedlerhäusern aus den 1930er jahren. die ursprünglich großen gärten wurden im laufe der zeit sukzessive geteilt und im rahmen der nachverdichtung in zweiter reihe bebaut. die langen und schmalen grundstücke sind prägend für die hiesige architektur. auf einem dieser „gartengrundstücke“ findet sich nun das neue zuhause einer vierköpfigen familie. das barrierefreie, eingeschossige einfamilienhaus soll sich in die umgebung einfügen und sich gegenüber den siedlungshäusern zurückhaltend verhalten. bei der wahl der gebäudeform orientierte man sich an den bestehenden siedlungsgebäuden mit satteldächern und nebengebäuden. entsprechend sieht der entwurf für den neubau drei hausvolumen mit satteldach und eine gläserne box als verknüpfungselement vor.

für eine maximale eingliederung orientiert sich das gebäudevolumen u.a. an dem benachbarten flachdachbungalow aus den 1970er und 1980er jahren, wobei die Lformation der baukörper eine optimierte flächennutzung ermöglicht.

die lichtdurchflutete glasbox, in welcher die küche untergebracht ist, bildet einerseits eine optische zäsur, und gleichzeitig das verbindende element zwischen den zwei aufeinander treffenden satteldächern, welches ideal als interaktive kommunikationszone von außen- und innenraum fungiert.

die zusammenstellung des ensembles erinnert so an ein gehöft, und verweist somit auf die geschichte der siedlung.

der neubau ist konstruktiv als holzständerbau angelegt. verkleidet mit einer vertikalen holzfassade und einer deckung aus trapezblech, entsteht bewusst die assoziation mit einem gartenhaus. der kürzere westflügel des „L“ beherbergt einen großzügigen eingangsbereich, nebenräume und ein arbeitszimmer. der langgezogene ostflügel erstreckt sich entlang der baugrenze und beinhaltet, nacheinander aufgereiht, das wohnzimmer, zwei kinderzimmer, ein rollstuhlgerechtes bad und das elternschlafzimmer. erschlossen werden die räume über einen zum hof verglasten flur, der auch als optische, großzügige erweiterung der zimmer dient.

aufgrund der bebauungsvorschriften und der grenzbebauung ergaben sich für ein wohnhaus ungewohnte raumformen, welche abwechslungsreiche und spannende lichtspiele durch die belichtung über das dach ermöglichen. die zonierung und raumwahrnehmung übernimmt die decke, um die rollstuhltauglichkeit durchgängig zu gewährleisten.

ein spiel aus hoch, niedrig, solide und transparent prägen die raumwahrnehmung. eine besonderheit bildet hier das kinderzimmer zum wohnraum hin, welches als „haus im haus“ konzipiert wurde.

die innere raumorganisation orientiert sich dabei stark an der 1977 von christopher alexander, murray silverstein und sara ishikawa entwickelten pattern language, so dass eine abstufung der nutzungen hin zum privaten erfolgt und der grundriss durch raumnutzungsänderungen flexibel auf die familiären veränderungen reagieren kann.

der einzug der familie in ihr neues zuhause fand im oktober 2019 statt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Einfamilienhaus der Familie Thiele hat hinter seinem zurückhaltenden Erscheinungsbild viele gestalterische Raffinessen zu bieten. Es handelt sich um ein einstöckiges Gebäude mit L-förmigem Grundriss um einen kleinen Hof mit formal angepasster, separat stehender Garage. Das flache Satteldach mit kantigem Wellblech ist der dunkelgrauen Holzfassade im Farbton angeglichen. Vertikal laufende Bretter strukturieren die Oberfläche, die Übergänge schließen bündig ab und erzeugen eine kompakte Form. Das kleine Ensemble liegt eingefügt inmitten der ehemaligen IG-Farben Siedlung, die 1933 von Mitarbeitern der BASF und des Reichsarbeitsdienstes einheitlich errichtet wurde. Der historische politische Kontext der Umgebungsarchitektur mit Satteldach und funktionaler Gliederung dient dem zeitgenössischen Konzept der Bauherrenfamilie Thiele als Kontrastprogramm: Der Neubau ist bestimmt von Barrierefreiheit, klaren Kompartimenten und Transparenz. Zur südlichen Hofseite lassen bodentiefe Fenster und Schiebetüren nicht nur Licht herein, sie erlauben auch den direkten Schritt ins Freie. Für die Eltern mit zwei Söhnen bietet das Haus einen Lebensmittelpunkt im Wohn- und Esszimmer mit direkter Verbindung zur offenen Küchenzeile. Ein besonderes Augenmerk verdienen die Kinderzimmer: Für den jüngeren Sohn ist ein Haus im Haus mit eigenem, offenen Giebel unter der hohen Decke geschaffen worden. Vom Schlafzimmer der Eltern führt durch die hier abgehängte Decke ein breiter Lichtschacht zum Dachfenster und simuliert das sprichwörtliche Himmelbett. Alle Details sind liebevoll und fürsorglich durchdacht, klar artikuliert und in ein Gesamtkonzept integriert, das jedem Element und Material Funktion und Grund zuschreibt. Der Neubau wird Dank der ergänzenden Erläuterungen des Bauherrn zu einem skulpturalen Kunstwerk, das unter Mitarbeit einfühlsamer Architekten entstanden ist.