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Award / Auszeichnung | 09/2021

Atuprix 2021

Gägger Steg

CH-1738 Rüschegg, Gägger

Auszeichnung

Verein Gäggersteg

Bauherren

Architekturbüro Patrick Thurston

Architektur

Indermühle Bauingenieure

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Gertsch Holzbau AG

sonstige Fachplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Verkehr

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2020

Beurteilung durch das Preisgericht

1999 zerstörte der Sturm Lothar den Wald Gägger fast vollständig. Nachdem das Gebiet als Waldreservat ausgeschieden wurde, entstand 2005 über den wuchtigen Wurzeln des Sturmholzes ein Holzweg, welcher als Naturbeobachtungs- und Aussichtssteg diente. Das Totholz bietet vielen Organismen und Tieren eine Lebensgrundlage und trägt zur Biodiversität bei. Bereits nach 20 Jahren waren die Bäume und Sträucher derart stark gewachsen, dass das Beobachten der Waldentwicklung zunehmend eingeschränkt wurde. So wurde 2020 der erste Steg durch einen neuen, höher liegenden Holzsteg ersetzt. Das aus einem Wettbewerb hervorgegangene Projekt folgt als grosse erlebbare Raumskulptur dem nach Südosten abfallenden Hang des Gägger, einem bewaldeten Hügelzug des Naturparks Gantrisch. Der 255m lange Steg windet sich mit einem grösstenteils konstanten Gefälle in einer gezackten Linie von oben nach unten. Die Richtungswechsel und unterschiedlichen Höhen lassen vielfältige Einblicke in den Wald, auf Flora und Fauna sowie auch Ausblicke in die Landschaft zu. Insbesondere der Auftakt des Steges mit seinem abrupten 180°-Richtungswechsel, welcher dem Besucher das einmalige Panorama der Gantrischkette vor Augen führt, beeindruckt. Da die Natur den Hang wieder zurückerobern wird, gleicht sich die Lage des Stegs an den Wald an. Bald wird man sich um die Kronen der Bäume bewegen. Durch das Wachstum des Waldes ändern sich die räumlichen Wahrnehmungen der Umgebung stetig und laden die Betrachterin zu neuen Erfahrungen ein. Der Holzsteg ist einfach, minimalistisch und direkt konstruiert. V-förmige Böcke mit einem Abstand von rund 5m, welche einseitig einen schrägen Stabilisierungsstab aufweisen, tragen die massiven Brettroste des Gehwegs. In Längsrichtung wird der Steg viermal mittels Diagonalstäben ausgesteift. Die Materialwahl ist exemplarisch für nachhaltiges Bauen. Es wurde ausschliesslich Holz aus den umliegenden Wäldern, das in Absprache mit der Waldkooperation geerntet wurde, verwendet. Auf Betonfundamente konnte verzichtet werden, da das Tragwerk auf im Boden eingelassenen Schraubenfundamenten steht. Durch die gewählte Linienführung ist das Holztragwerk räumlich stets präsent und die verschiedenen erlebbaren Neigungen der Stützen bilden eine schöne Analogie zu den vom Sturm umgerissenen Bäumen. Das Projekt ist auch in seiner Entstehung beispielhaft. Dabei ist insbesondere die enge Zusammenarbeit während der Planungsphase hervorzuheben: Architekt und Ingenieur begegneten sich auf Augenhöhe. Der neue Beobachtungssteg lässt uns heute die natürliche Wiederbewaldung im Reservat hautnah miterleben und fördert einen sanften und nachhaltigen Tourismus.
Das Beurteilungsgremium ist vom Gägger Steg beeindruckt. Es würdigt das Bauwerk als eine gesamthaft gedachte, kluge Intervention in einen sensiblen Landschaftsraum. Der Steg überzeugt die Jury facettenreich und leistet einen gewichtigen Beitrag an eine hohe Baukultur.