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Award / Auszeichnung | 09/2022

Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2022

Burg Heinfels

AT Heinfels

Auszeichnung

Museumsverein Burg Heinfels

Bauherren

A. Loacker Tourismus GmbH

Bauherren

Gerhard Mitterberger Architekt ZT GmbH

Architektur

Walter Frey GmbH

Bauunternehmen

BNW Osttiroler Transportbetongesellschaft m.b.H. & Co. KG

Bauunternehmen

Ingenieurbüro DI. Arnold Bodner

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Museen, Ausstellungsbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Burg oder Ruine
Die Entscheidung fiel zugunsten der Ruine, als Erlebnisweg öffentlich zugänglich und ein spannendes Pendant zu den besser erhaltenen Burgteilen, die restauriert und einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden sollen.

Die Burgmauern des Palas sind, soweit sie noch vorhanden sind, grundsätzlich standfest. Lediglich die Mauerkronen sind einsturzgefährdet und müssen dringend saniert werden.

Um die ursprüngliche Proportion des Burghofes wieder zu erhalten, wird das Dach des Westtraktes zurückgebaut. Mitte des 20. Jhdt. wurde dieses saniert und anstelle des Giebeldaches ein Pultdach errichtet und die westliche Burghofwand somit um ein Geschoß erhöht.

Grundsätzlich ein heikles Thema ist die Außenerschließung, ist eine Burg doch so angelegt, dass der Zugang zu den inneren Burgteilen aus Verteidigungsgründen möglichst erschwert wird, somit diametral gegenteilig zu den heutigen Forderungen der Barrierefreiheit.

Die Erschließung des Burghügels erfolgt original durch einen an der Südseite gelegenen Weg, die Burg wird über das östliche Haupttor in der Vorburg betreten. Eine zusätzliche fußläufige Erschließung wird über die wiedererrichtete Südstiege, die direkt hinter der am Fuße der Burg gelegenen Kirche Peter und Paul ansetzt, witterungsgeschützt, geboten. Die Versorgung der Burg erfolgt im Endausbau über eine Materialseilbahn von Norden, hier ist auch der große Parkplatz und Ausgangspunkt des Fußweges auf die Burg.

GASTRONOMIE
Die Gastronomie befindet sich im Wesentlichen im Westtrakt der Hauptburg. Die Gasträume sind im Erdgeschoß und Untergeschoß, die WC Anlage, Küche und Lagerräume sind im neu errichteten Zubau des Küchenturmes an der Nordseite. Hier dockt auch die Seilbahn/ der Lift für die Versorgung an. Eine optimale Versorgung der Gasträume bei minimalen Eingriffen in die Substanz ist dadurch gegeben.
Im Erdgeschoß bieten der Rittersaal, ein Gastraum und die ehemalige Küche Gastronomieräume gehobenen Standards, in den 2 großen Kellerräumen ist die Burgtaverne situiert.

VORBURG – KASSA
Das bestehende Brunnenhaus aus der ersten Hälfte des 20. Jhdt. wird teilweise abgebrochen, der Brunnen wird zum Objekt. An dieser Stelle wird das Gebäude an den Felsen südlich angebaut. Das Dach führt bis zur Stützmauer des oberen Bereiches, Niveau Wächterhaus. Das Gebäude ist ein Anbau an den Felsen. Der Felsen bleibt im Gebäude sichtbar, ebenfalls die bestehenden Mauerreste. Die Materialität ist einfach, das Dach aus Holz, die Südseite großzügig verglast, der Boden geschliffener Estrich, temperiert, nötige Betonteile bleiben sichtbar.

VORBURG – BURGGRAFENHAUS
Das Gebäude war bis zuletzt bewohnt und spiegelt den Standard der ersten Hälfte des 20. Jhdt. wider. Es wird lediglich saniert und nur Büro und Vermittlung werden temperiert. Die Zugänge zu den Wehranlagen und zum Stallgebäude werden wieder geöffnet, der Rundgang durchquert im 1. Obergeschoß das Gebäude.

VORBURG – STALLGEBÄUDE
Im Erdgeschoß sind die WC-Anlagen und die Haustechnik für die Vorburg als eingeschobener gedämmter Bauteil situiert. Die Obergeschoße werden saniert und als unbeheizte Ausstellungsräume genutzt.

RAMPENANLAGEN
Die Stiegenanlage im nördlichen Zwinger ist aus Cortengitterrost, frei ins Gelände / die Burg gestellt und reversibel.

PALAS / BERGFRIED
Die Erschließung des Palasbereiches und des Turmes erfolgt durch einen Gitterroststeg über eine vorhandene Türe in der Nordmauer. Der Bergfried wird durch eine eingehängte Scherenstiege erschlossen. Auf- und Abgang sind getrennte ineinandergeschobene Läufen im Einbahnsystem und ermöglichen so trotz beengter Platzverhältnisse ein sicheres Erklimmen des Bergfried.

KAPELLE
Die eingestürzte Kapelle wird neu überdacht. Den Spagat zwischen ursprünglicher, geraden romanischen Balkendecke und gotischem Himmelsgewölbe schließt die neue Dachkonstruktion, deren dünne Spanten in den romanischen Balkenlöchern aufliegt. Die scheinbar willkürlichen Schwingungen der Spanten erschließen sich bei etwas entfernter Betrachtung als sich brechende Wellen zweier Wassertropfen. Die Gestaltung der Kapelle ist ebenfalls eine Erzählung zwischen Ruine, Wiedererrichtung und Original. Wobei auch die original erhaltenen Fresken der Ostwand in der Freilegung mindestens 3 teilweise übergreifende kulturhistorische Schichtungen aufweisen.
Die Möblierung ist archaisch, die in den 30-Jahren abgenommenen Fresken der Apsis werden als Bildtafeln wiederausgestellt.

Der „Deckel“ der Kapelle ist begehbar und die Aussicht aus den ehemaligen Wohnräumen über das Pustertal wird wiedererlebbar.

INNENHOF / ZISTERNE
Der Burghof ist zentraler Verteiler der Burg.
Der Innenhof wird neugestaltet. Die eingestürzte Zisterne wird original wiedererrichtet, die sich dadurch ergebenden neuen Ebenen lassen sich ideal barrierefrei mit Rampen verbinden und organisieren den Innenhof neu mit Split Level.

HAUPTBURG – WESTTRAKT UND NORDTRAKT
Dieser noch besser erhaltene Bereich der Burg wird in einem 2,. Bauabschnitt als Gastronomie-, und Hotelbereich genutzt.

KÜCHENTURM
Nördlich wird leicht abgerückt ein völlig neuer Bauteil für Gastroküche, WC-Anlage, Personalbereich und technischer Infrastruktur errichtet. Die Materialität ist der Burg entsprechend, massiv aus der Erde gewachsen und mittels Brücken, die die Ringmauern durchstoßen, an die Burg angebunden. Ein Spiel zwischen Nähe und Distanz. Hier dockt auch die Materialseilbahn vom Parkplatz kommend an.

SÜDSTIEGE
Die ursprüngliche überdachte Stiege von der Kirche St Peter und Paul wird wiedererrichtet und ermöglicht so einen wintersicheren Zugang der Burg. Im ca 42° steilen Schutt und Strauchgelände wird die Brücke mittels 5 Fundamentpunkten in die Landschaft gestellt, eine überdachte Brückenkonstruktion im steilen Hang.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ganz alltäglich ist es nicht, beim Einstieg in ein Projekt entscheiden zu müssen, wie ein gestalterisches Konzept sowohl für eine Burg als auch für eine Ruine aussehen soll. Das allein zeigt, wie ungewöhnlich die Bauaufgabe „Burg Heinfels“ war. Ungewöhnlich ist das Projekt auch wegen der intensiven und vertrauensvollen, sich gegenseitig wertschätzenden Zusammenarbeit von Architekt*innen, Denkmalschutz und den auf Sanierung von historischer Bausubstanz spezialisierten Firmen. Nur auf dieser Grundlage kann ein solch bemerkenswertes Projekt wie der Erhalt des komplexen baulichen Ensembles „Heinfels“ gelingen.