Nichtoffener Wettbewerb | 04/2009
Modellstadt St. Goar im Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal
Ankauf
Frank Schwaibold Landschaftsarchitekt
Landschaftsarchitektur
Architektur
Bauingenieurwesen
ErlÀuterungstext
Ziele
Stadt und Landschaft
Die durch den Schiefer geprĂ€gten landschaftstypischen Strukturen und ihre charakteristischen Texturen sollen formal in die Stadt- bzw. Freiraumgestaltung ĂŒbersetzt werden. Landschaft und Stadt sollen eine formale Einheit bilden, ohne ihr jeweiliges âAndersseinâ zu verlieren.
Die Erlebbarkeit und insbesondere die Erreichbarkeit von Marktplatz und Rathausplatz von der Flussseite aus soll deutlich verbessert werden. Sie stellen die Eingangssituationen zur eigentlichen Kernstadt dar.
Stadt und Rheinvorland
Die Verbindungen zwischen Stadt und Uferbereichen sollen deutlich gestĂ€rkt werden. Das Rheinvorland als Vorgartenâ fĂŒr ankommende Schiffstouristen aber auch als âGartenâ der Bewohner, gleich welcher Altersgruppe, stellt sowohl unter touristischen Aspekten als auch fĂŒr die Naherholung der Bewohner, den wichtigsten Freiraum der Stadt dar.
Stadt und Fluss
Aus âSt. Goar an der B 9â muss wieder werden âSt. Goar am Rheinâ. Es muss Freude bereiten, per Schiff in St. Goar anzukommen!
Inszenierung des Themas âRheinschifffahrtâ als jahrhunderte lang prĂ€gender Teil der Stadtgeschichte St. Goars: Marina, Mole und Wahrschauermuseum stellen weitere bedeutsame Marksteine der Rheinschifffahrt dar.
Stadt und Verkehr
Die verkehrliche Belastung St. Goars, insbesondere durch die Trennwirkung der BundesstraĂe B 9 ist deutlich zu reduzieren. Alternative Verkehrsangebote wie Rad, Bahn und Shuttlebusse sind auszubauen.
Parken in der wichtigsten GrĂŒnflĂ€che der Stadt ist kontraproduktiv und muss beseitigt werden.
Planerisches Konzept
StadtplÀtze
Rheinfels als Leitidee wird formal an den beiden stĂ€dtebaulich besonders bedeutsamen PlĂ€tzen St. Goars eingesetzt. Die Struktur des Schiefers wird hier in den unregelmĂ€Ăig gebĂ€nderten BelagsflĂ€chen eingesetzt. Diesem Motiv folgen die neu gestalteten RĂ€nder der Terrassen mit Ihren Verwerfungen. Bis an die Rheinfront werden die Platzsituationen unter rĂ€umlicher Einbeziehung der BundesstraĂe B9 erweitert. Im Bereich des Marktplatzes werden hierzu die vorhandenen NatursteinpflasterbelĂ€ge aufgenommen und in den neuen Richtungen wieder verlegt. Die ĂŒbrigen PlatzflĂ€chen werden mit lĂ€nglichen dunklen Betonwerksteinen und hellen Gliederungsstreifen belegt. Die Kanten der Hochterrassen werden neu gestaltet.
Durch die PlÀtze zieht sich ein LED-Lichtband, das zum einen Stadt und Ufer verbindet, aber auch zu den entsprechenden Einrichtungen der Partnerstadt St. Goarshausen zielt und dort spÀter aufgegriffen werden könnte.
Die BundesstraĂe B 9 verbleibt in diesen Bereichen in bituminös gebundener OberflĂ€che. Sie wird lediglich durch ein Flachbord zu den angrenzenden PlatzflĂ€chen begrenzt. Zwischen Marktplatz und Rathausplatz soll eine GeschwindigkeitsbeschrĂ€nkung von 30 km/Stunde bestehen. Lichtsignalanlagen erlauben bei Bedarf ein gefĂ€hrdungsfreies Queren der Fahrbahn.
Ăbergangselemente in den StraĂenseitenbereichen , ebenfalls aus Betonwerkstein, betten die PlatzflĂ€chen in den StraĂenraum ein und deuten auf diese hin. Die vorhandenen BĂ€ume werden erhalten und in die Platzgestaltung integriert.
RheinstraĂe
Die RheinstraĂe wird durch eine auskragende StĂŒtzmauer aus Sichtbeton höhenmĂ€Ăig zur B 9 begrenzt. Die Wangen der Mauer an den AbgĂ€ngen zu den Brandgassen werden in Anlehnung an die Kantigkeit von Schiefer als Polyeder. ausgebildet. Die StĂŒtzmauer erhĂ€lt eine reling-artige Absturzsicherung aus Edelstahl. Den Rheinblick nicht beeintrĂ€chtigend, liegen unterhalb der StĂŒtzmauer 54 StellplĂ€tze fĂŒr die Anwohner und Innenstadtbesucher.
Parken
Das Parken von Besuchern wird weitestgehend an den StadteingĂ€ngen abgefangen. Am nördlichen Stadteingang wird am Hafen ein neuer Parkplatz angelegt, der insgesamt bis zu 88 PKW sowie 11 Busse aufnehmen kann. Durch Abgrabungen in diesem Bereich werden die Fahrzeuge im wesentlichen vom Rhein aus kaum gesehen. Gleichzeitig wird hier Retentionsraum in der GröĂenordnung von 4500 mÂł geschaffen.
Am sĂŒdlichen Stadteingang werden die vorhandenen StellplĂ€tze neu geordnet und in das Stadtbild eingebunden. Hier finden 152 PKW und 8 Busse Platz.
WĂ€hrend der Hauptsaison befördert ein Elektro-Shuttlebus die Besucher von den beiden ParkplĂ€tzen an den StadteingĂ€ngen in den Stadtkern. Alternativ stehen fĂŒr die individuelle Erkundung von St. Goar MietfahrrĂ€der an den âCall-a-Bikeâ Stationen zur VerfĂŒgung.
Stadtzufahrten/B9
Die StadteingÀnge an der B 9 werden jeweils durch Baumtore gefasst. Hierdurch soll zum einen die Stadtzufahrt betont und zum anderen die Geschwindigkeit reduziert werden.
SĂŒdlicher Uferpark
Der sĂŒdliche Uferpark zwischen Marktplatz und Wahrschauer- und Lotsenmuseum steht unter dem Hauptthema âKultur und Freizeitâ. Das Wahrschauermuseum erhĂ€lt einen straĂenseitig orientierten Platz, der mit AuĂenexponaten auf die Bedeutung des Museums hinweist.
Die ĂŒbrigen Uferabschnitte werden durch eine groĂzĂŒgige Uferpromenade erschlossen. Die bisherige Böschung am Imbiss wird als Landschaftstreppe ausgebildet, die informelle Aufenthaltsmöglichkeiten am neu errichteten Imbiss und am Strandclub vorsieht. Dem Strandclub wir eine auskragende Plattform als weitere wassernahe AufenthaltsflĂ€che vorgelagert.
Im Bereich des FĂ€hranlegers wird der vorhandene Parkplatz höhenmĂ€Ăig verĂ€ndert und durch Pflanzungen eingebunden. Die Uferpromenade wird hier wegen der beengten rĂ€umlichen VerhĂ€ltnisse im Bereich der Fahrgasse gefĂŒhrt.
Zentraler Uferpark
Der zentrale Uferpark wird durch den vorhandenen raumdominanten Baumbestand geprĂ€gt. Ziel der Planung ist zunĂ€chst seine weitgehende Erhaltung. GroĂzĂŒgige RasenflĂ€chen im lichten Schatten groĂer BĂ€ume bieten hier vielfĂ€ltige Aufenthalts- und AktivitĂ€tsmöglichkeiten. Langfristig sollen bei natĂŒrlichem Abgang der GroĂbĂ€ume insbesondere die Vertikalachsen als Standorte fĂŒr Neupflanzungen vorgesehen werden, um Durchblicke zwischen Stadt und Fluss freizuhalten. StraĂenseitig werden die RĂ€ume durch geschnittene Hecken, z. B. aus Mittelmeerschneeball begrenzt und leiten den Radverkehr.
Entlang des Ufers wird eine ca. 4 m breite Uferpromenade aus sickerfĂ€higen Betonwerksteinen gefĂŒhrt. Die Breite ergibt sich aus den Standorten vorhandener BĂ€ume. Langgezogene Sitzblöcke greifen mit ihrer linearen Anordnung erneut die Schieferstruktur auf.
Nördlicher Endpunkt dieses Bereiches ist die Wassertreppe im Bereich der ehemaligen Panzerrampe, die den direkten Zugang zum Wasser, aber auch Sitzen und Entspannen am Rheinufer ermöglicht.
Nördlicher Uferpark
Der nördliche Uferpark unterliegt, wie bisher auch, der Schwerpunktnutzung Sport und Freizeit. Eine diagonale Wegeachse sowie untergeordnete Vertikalwege zum Wasser gliedern die FlÀche und machen sie im Gegensatz zur heutigen Nutzung durchlÀssig. Das GebÀude der Minigolfanlage verbleibt, jedoch findet eine neue FlÀchenzuordnung statt, die die Bereiche Minigolfplatz und rheinseitig angeordnete Gastronomie entzerrt und somit attraktiver gestaltet sind.
Ein neuer Spielplatz der sich höhenmĂ€Ăig zum Rhein abtreppt, steht SchĂŒlern der benachbarten Schule ebenso wie Kindern der Besucher zur VerfĂŒgung. Eine neue Skateranlage, ein Streetballfeld sowie der in Höhe und Lage verĂ€nderte Bolzplatz runden das Angebot fĂŒr Jugendliche ab. Weitere Spielangebote befinden sich entlang der gesamten Uferpromenade. Einzelne Spielpunkte, insbesondere zum Thema Wasser und Bewegung, aber auch die zahlreichen offenen RasenflĂ€chen schaffen Spielanreize, ohne dass diese formell ausgewiesen sind.
Das Pflanzkonzept sieht auch hier die Neupflanzung kleinkroniger, schirmartig gezogener BĂ€ume in den Horizontalrichtungen und von GroĂbĂ€umen in den Vertikalrichtungen vor, um die Stadt nicht visuell zum Rhein hin abzuriegeln.
Hafen/Mole
Um die visuelle Erlebbarkeit des Hafens zu erhöhen und Retentionsraum zu schaffen, soll das GesamtgelÀnde um ca. 1 m abgegraben werden.
Zwei neue schwimmende Anleger, fĂŒr die private Marina und als öffentlicher Erlebnissteg mit Gastronomie erhöhen die AttraktivitĂ€t des Hafens.
Die Mole bzw. der Molenweg wird durch hafenseitig auskragende, unterseitig bei Dunkelheit beleuchtete Plattformen gegliedert, die mit Exponaten zur Rheinschifffahrt bestĂŒckt werden können und gleichzeitig Sitzmöglichkeiten mit Ausblick auf Hafen und Rhein darstellen. Der Endpunkt der Mole wird abgetreppt. Hier entsteht als Endpunkt des Molenwegs an der Hafeneinfahrt eine Aussichtsterrasse.
Ausstattungselemente/Lichtplanung
Alle Ausstattungselemente sind in einer modernen Formensprache aber so zurĂŒckhaltend, dass sie nicht In Konkurrenz zum Stadtbild treten. Die Materialien sind weitestgehend wartungsfrei, um den Unterhaltungsaufwand zu minimieren.
Bis auf punktuelle VorschlĂ€ge zur Beleuchtung, die sich aus konkreten neuen planerischen Situationen ergeben, wird auf eine gesonderte Lichtplanung bewusst verzichtet. Vielmehr soll der vorhandene, sehr qualitĂ€tsvolle Lichtmasterplan durch den ursprĂŒnglichen Bearbeiter um die neuen Situationen ergĂ€nzt werden.