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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Entwicklung St. Augustinus Campus in Neuss

Blick "Hortus Conclusus"

Blick "Hortus Conclusus"

ein 2. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

STUDIO-MRA

Architektur

Planstatt Senner

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

TRADITION TRIFFT MODERNE
Im Rhythmus der Stadt Neuss

LEITIDEE
Die Synthese aus Moderne und Tradition schafft einen ganz besonderen Ort der Ruhe und Kontemplation, um die spirituelle Atmosphäre und den historischen Charakter des Klosters zu bewahren und in eine hoffnungsvolle Zukunft zu führen.

Die Leitidee der städtebaulichen Intervention gliedert sich in zwei strukturelle Teile die sich nahtlos in die städtebauliche Umgebung einfügen und einen Beitrag zur lokalen Identität leisten. Sie bilden eine funktionale und gestalterische Einheit - Die subtile Erweiterung und bauliche Ergänzung des Mutterhauses und einem gemeinschaftlichen Campus der Begegnung.

Die Konzeption der neuen Baukörper folgt dem Prinzip des menschlichen Körpers. In der Mitte der neuen Baukörper Sitz das Herz mit den zentralen Funktionen, wie Cafe, Küche und Wäscherei, sowie dem Verwaltungsbereich. So gelingt es auf kurzen Wegen den beiden Wohngebäuden respektive den „Körperhälften“ zu dienen. In den Zwischenbereichen der drei Baukörper gelangt man in die Gebäude. Diese vertikalen Wintergärten dienen dem Aufenthalt, als Terrassen und Klimapuffer. Sie sind dem Prinzip einer Orangerie nachempfunden.

In der Mitte der neuen Anlagen steht der Klostergarten, welcher durch den flankierenden Kreuzgang gehalten wird. Er ist für alle Menschen gleichermaßen zugänglich und alle Eingänge zu den Gebäuden sind darin verortet.

Ein Teil des Mutterhauses wird rückgebaut, um einen großzügigen Eingang zum rückwärtigen Bereich des Klosters zu schaffen. An die Stelle der bestehenden Villa tritt ein leichter pavillionartiger Eingang. Dieser gibt den Blick ins Zentrum der Anlage frei. Hospitz und das Mutterhaus Immaculata erhalten ein gemeinsames Foyer – den Raum der Begegnung. Eine starke Willkommensgeste im Sinne eines "Porticus" wird zum Auftakt. Durch den Erhalt des Mutterhauses mit prägnantem Eingangsbau und Glockenturm wird die Identität des Ortes gewahrt.

„HORTUS CONCLUSUS"
Der kraftvolle „Hortus Conclusus", der die „Neue Mitte“ des Pflege- und Kloster-Campus formuliert, wird mit der modernen Interpretation eines Kreuzgangs umringt. Dieser schafft die Verbindung trockenen Fußes zwischen altem und neuen Baukörpern. Im Klostergarten wird die Anbaukultur alter Klöster zelebriert. Hier finden sich üppige, auf den Jahreszeitenverlauf angepasste Gemüse, Pflanzen und Kräuter. Es entsteht eine ruhige, spirituelle Atmosphäre die zum Entspannen, „in sich gehen“ und Austausch einlädt. Alle Nutzungen orientieren sich zu diesem geschützten Garten.
Der Freibereich des gerontopsychatrischen Pflegehauses befindet sich in Sichtweite, aber dennoch separiert auf einer zweiten Ebene, und beinhaltet einen Jahrezeitengarten, sowie einen Demenzgemüsegarten als Freianlage. Dadurch wird eine natürliche Abgrenzung zu den öffentlichen Anlagen gewährleistet.

URBANE RAUMFOLGEN
Den Auftakt zum Quartier, vom Obertor aus, bildet ein kräftiger Baukörper, der an Stelle der Schokoladenfabrik tritt. Hier wird ein würdiger Quartiers-Eingang als Ärztehaus formuliert. Der Klimapark sorgt für ein gutes und angenehmes Mikroklima. Hier lässt es sich an heißen Sommertagen gut aushalten. Seitlich wird dieser von gemeinschaftlichen Nachbarschaftsgärten gesäumt. Jedes dieser Gebäudepärchen erhält einen angemessen Eingangshof mit einem schattenspendenden Baum.
Der Auftakt zum Klostergarten wird durch das Mutterhaus als Dreh- und Angelpunkt markiert. Es rückt als Ort der Begegnung in den Fokus und bildet die Mitte des neuen Quartiers.

LIVABLE CIVITATEM - RENAISSANCE DES MUTTERHAUSES IMMACULATA
Durch die klare städtebauliche Strukturierung wird das bestehende Kloster zu einer funktionalen Einheit ergänzt. Das Kloster, könnte heute zu einem pulsierenden Zentrum des kulturellen und sozialen Lebens werden. Das umgenutzte Mutterhaus bietet Raum für verschiedene Aktivitäten, von kulturellen Veranstaltungen über Bildungsangebote bis hin zu sozialen Dienstleistungen. Clusterwohnangebote für Kulturschaffende und Menschen mit Betreuungsanspruch ergänzen die beiden Nutzungsschwerpunkte. Durch die Einbindung lokaler Gewerbetreibender oder die Organisation von Künstlerinnen kann ein karitativer und kultureller Ort geschaffen werden.

HOCHWASSERSCHUTZ
Der Hochwasserschutz spielt zunehmend eine wichtige Rolle. Um diesem Umstand mit dem nötigen Respekt zu begegnen, aber trotzdem wirtschaftlich zu agieren, wird auf Seite der Augustinusstraße mit einer gegliederten Bebauung reagiert. Ein Sockel bildet dabei die Barriere für das Wasser und enthält flutbare Parkgaragen. Das bestehende Stautor wird vorerst im Bestand gelassen, kann aber später im Zuge der neuen Bahnstrecke zurückversetzt werden. Die Bebauung an der Straße springt um ca. 2,5m zurück und bezieht sich auf die Flucht des Klosterturms. Im Bereich der Stresemannallee wird ein Sockel ausgebildet, um die notwendige Mauerhöhe zu erreichen. Der Quartierseingang wird mit einem Hochwassertor geschützt.

MOBILITÄT – AUTOFREIES QUARTIER!
Oberstes Ziel ist ein möglichst autofreies Quartier. Der MIV wird entlang der Augustinusstrasse in oberirdischen Sockelgeschossgaragen situiert. Der Besucherverkehr wird am bisherigen Pförtnerhäusschen im Quartier verortet. Es ensteht ein kurzer barrierfreier Weg zur Tagespflege und dem Haupteingang der Neubauten. Hier kann in zwei Ausbaustufen der Parkplatz erweitert oder rückgebaut werden. Anlieferung und Abholung erfolgt an drei Punkten auf den Entreé-Plätzen. Am Auftakt zum Obertor, am neu inszenierten Entree „Patio Immaculata“ und am neuen Pflegeheim im rückwärtigen Bereich an der Hellersbergstraße.
Die Mobilität wird durch E-Ladesäulen, Carsharing und E-Bikes ergänzt.

ARCHITEKTUR
Die Architektur der Neubauten ist typologisch flexibel ausgebildet, um den Anforderungen einer modernen Pflegenutzung sowie dem Wandel innerhalb des Ordens, gerecht zu werden. Durch gut belichtbare Raumtiefen werden qualitativ hochwertige und flexible Räume generiert.
Alle Zimmer gruppieren sich um großzügige Gemeinschaftsbereiche und grüne Innenhöfe.

Die Baukörper der Pflegeeinrichtungen sind als vorfabrizierte Holz-Modulbauten konzipiert. So gelingt eine wirtschaftliche und nachhaltige Umsetzung. Das Motiv des Sockels wird, aus Gründen des Hochwasserschutzes, im Kreuzgang, Erdgeschoss und Parkgarage aufgegriffen und bildet ein stabiles Fundament für den Holzmodulbau. Natürliche Holzoberflächen erzeugen eine warme, geborgene Atmosphäre und tragen zum Wohlbefinden der Bewohner*innen bei.
Durch die Holzfassade und farblich an die Klinkerfassade der Bestandsbauten anagepasste Markisen, entsteht eine gestalterische Einheit des gesamten Ensembles.

Darüber hinaus soll die entstehende Architektur nachhaltig und umweltfreundlich sein. Dies geschieht durch die Integration von grünen Technologien wie Solarenergie, Regenwassernutzung und einer Klimaneutralität im Betrieb. So kann das Kloster nicht nur seinen ökologischen Fußabdruck verringern, sondern auch als Vorbild für andere Vorhaben dienen.

NACHHALTIGKEIT
Die neuen Gebäude sollen alle kreislaufgerecht erstellt werden, um die Baustoffe schadfrei einzulagern. Alle Dächer werden begrünt und mit PV ausgestattet. Das optimierte A/V-Verhältnis, hochgedämmte Fassaden und ein moderater Fensterflächenanteil, schaffen energetisch effiziente Gebäude.
Die Fertigung erfolgt in vorfabrizierter Holzmodulbauweise. Das garantiert ein schnelle und präzise Ausführung und eine geringere Baustellenbelastung für den Bestand.

Ein weiterer Aspekt der Nachhaltigkeit der Neubauten ist eine kellerfreie Ausführung. Alle Gebäude sind so in die Topographie eingebettet, dass möglichst wenig Erdreich bewegt werden muss. Die einzig erdberührende Wand, ist die der Parkgarage unterhalb des gerontopsychiatrischen Baukörpers.

Materialien aus der Urbanen Mine, z.B. Böden aus Altholzdielen, komplettieren den kreislaufgerechten Ansatz.

FREIRAUM – ATMOSPHÄREN
Die Strukturierung der Freiräume folgt dem Ziel, unterschiedliche Atmosphären zu schaffen. Diese Abfolge von Stimmungen ergibt eine Vielfalt an Angeboten, um Begegnung, Austausch aber auch „Innehalten“ zu ermöglichen. Aufgegriffen werden dabei klassische Themen einer Klosteranlage, die mit modernen Mitteln umgesetzt werden. Am Eingangsbereich an der Augustinusstraße wird der Baumbestand zu einem Baumtor ergänzt. Eine Rundbank und ein Wasserbecken betonen die Eingangssituation, eine Belags-Intarsie verweist auf den historischen Klosterstandort. Spalierpflanzungen mit integrierten Sitzgelegenheiten begleiten die Klostermauer. Der Quartiersaufakt im Westen mit Baumtor und Fontänenfeld führt in das Herz des neuen Quartiers, zum Klimapark mit seinen geschwungenen Wiesenwegen, Spielmöglichkeiten und Biodiversitäts-Hotspots. Flache Mulden halten das Regenwasser zurück und können hervorragend zum Spielen genutzt werden. In den Nachbarschaftsgärten wird gemeinsam gegärtnert oder, nach getaner Arbeit, in der Hängematte entspannt. Kleine Eingangsplätzchen an den Zugängen der Gebäude schaffen eine gemeinschaftliche und einladende Adresse.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee des „Campus der Begegnung“ mit „lokaler Identität“ sowie „Ruhe und Kontemplation“ ist mit dem großen grünen Innenhof und dem historisch inspirierten Kreuzgang deutlich ablesbar und wird als robustes strukturelles Rückgrat des neuen Stadtquartiers sehr positiv bewertet.

Die Öffnung zum Obertor mit einem großzügigen Eingangsplatz und ein klares Wegenetz im Innern sichern eine qualitätsvolle innere und äußere Erschließung und Durchwegung dieser Grünen Mitte und unterstreicht den Zusammenhang des Quartiers deutlich, auch wenn die funktionale und gestalterische Ausformung noch weitgehend schematisch bleibt.

Die Idee eines Ärztehauses an der Stresemannallee kann hier als städtische Nutzung eine Öffnung zur Stadt und die Adressbildung befördern. Der Umgang mit den Hochwasserschutzerfordernissen an der Augustinusstraße mit eingeschobenen, auch flutbaren Parkdecks ist überzeugend. Die selbstverständlich erscheinende Gebäudepositionierung ermöglicht vielfältige Nutzungstypologien und stellt ein stabiles und sehr flexibles städtebauliches Grundgerüst dar. Das Bestandsgebäude (Mutterhaus) bleibt unabhängig von Neubauten funktional und baulich erhalten. Die Vorschläge zur Umnutzung der Kapelle sind gut denkbar. Die Verlegung des Eingangsbereiches für kulturelle und gastronomische Zwecke wird begrüßt.

Die Realisierung des Ersatzneubaus kann unabhängig vom Hochwasserschutz und ohne Eingriffe in den Bestand sofort realisiert werden. Die vorgeschlagenen Grundrisse bieten eine gute innere Orientierung zu den Lichthöfen, gut gegliederte Funktionsbereiche und nach außen zum Freiraum gerichtete Bewohnerzimmer. Kompakte Baukörper ermöglichen kurze Wege im Inneren. Die Holzhybrid Bauweise verspricht eine wirtschaftliche Realisierung und im Spiel der Fassaden und der Gliederung durch die Orangerie die angemessene Maßstäblichkeit. Die konstruktiven Details zum Holzbau sind überzeugend und zeitgemäß.

Kritisch gesehen wird die fehlende Adressbildung des Pflegeheims mit dem Eingang im hinteren Bereich, hinter dem Mutterhaus. Die Orientierung zur Öffentlichkeit ist hier erwünscht.

Die Geschosshöhen werden durchgängig für nicht ausreichend gehalten, hier wurde in der Aufgabenstellung eine Höhe von 3,00 m vorgegeben, um die Unterbringung von Klimatisierungs- und Lüftungstechnik sowohl in den Aufenthaltsbereichen als auch in den Zentralbereichen zu gewährleisten.

Die Unterteilung der Pflegebereiche durch das Infrastrukturgebäude lässt einen erhöhten Personalaufwand insbesondere für den Nachtdienst erwarten. Die Laufwege, die sich aus dem vorgeschlagenen Konzept ergeben, führen zu einer Lösung die nicht wirtschaftlich umsetzbar ist. Die Qualität der Arbeitsplätze für das Pflegepersonal, insbesondere im Bereich der Gerontopsychiatrie wird sehr kritisch gesehen, da durch die nötige Schließung der Dienstübergangsräume (Datenschutz, ungestörtes Arbeiten) sehr dunkle Arbeitsräume zu erwarten sind.

Die vorgeschlagenen Orangerien erschließen sich funktional nicht für die Nutzung, sie scheinen vorrangig als bauliche Verbindung der Baukörper zu fungieren. Hier fehlt möglicherweise ein Aufzug zwischen den Ebenen, um schnell zwischen den Etagen wechseln zu können.

Der vorläufige Erhalt von Haus Monika erscheint in diesem Konzept wünschenswert und möglich, ist jedoch nicht dargestellt.

Während der hohe Fensterflächenanteil in Kombination mit geringen Raumtiefen gute Tageslicht- verhältnisse in den Wohnbereichen erwarten lässt, sind die Nutzungen an den schmalen Lichthöfen nur mäßig mit Tageslicht versorgt und schränken die Orientierung im Gebäudeinnern sowie die Aufenthaltsqualität - vor allem in den Arbeitsbereichen - stark ein. Auch wird durch die teilweise erhöhte Gebäudetiefe und durch die geringe Raumhöhe die Anpassungsfähigkeit des Baukörpers reduziert.

Zu den vollverglasten Fugen zwischen den Gebäudeteilen werden keine Aussagen zur thermischen Qualität geliefert. Durch die Holz-Beton-Hybridkonstruktion bietet der Beitrag einen erhöhten Anteil nachwachsender Rohstoffe.

Der Entwurf bietet in seinem robusten städtebaulichen Konzept wertvolle Vorschläge für eine klimaangepasste Quartiersentwicklung und gute Optionen für eine abschnittsweise bauliche Entwicklung. Deutliche funktionale und gestalterische Schwächen zeigen sich jedoch im Bereich der neu geplanten Pflegeeinrichtungen.
Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Baukörperkonzept

Baukörperkonzept

Historische Herleitung

Historische Herleitung

Städtbauliches Konzept

Städtbauliches Konzept

Grundriss EG/1.OG

Grundriss EG/1.OG

Ansichten

Ansichten

Schnitte

Schnitte

Modellbild "Blick Kreuzgang"

Modellbild "Blick Kreuzgang"

Modellbild "Gesamtareal"

Modellbild "Gesamtareal"