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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Ersatzneubau Wohnsiedlung Neuwiesen in Zürich (CH)

2. Rang / 2. Preis

Esch.Sintzel Architekten

Architektur

Stauffer Rösch Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Projektvorschlag setzt sich landschaftsarchitektonisch dezidiert mit der Verdichtung der Gartenstand und deren neuen Qualitäten am Überlandpark auseinander. Auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinende Anforderungen werden neu geordnet und geklärt. Symbiotisch mit der Gebäudestruktur formulieren sich spezifische Kopfsituationen, eine klare Adressierung an die Saatelnstrasse und drei kühle, grüne Höfe als wertvolle Binnenräume in der verdichteten Gartenstadt.

Auf der Ebene «Gartenstadt» wird das für Schwamendingen typische bodennahe Wohnen mit direktem Zugang in den Aussenraum weitergeführt und durch quartierdienliche Nutzungen ergänzt. Ein Mosaik aus (Dorf-)Platz-, Nischen- und Spielflächen wechselt sich mit naturnahen Blumenrasenflächen in Form von Spielwiesen ab, welche über wenige Tritte und durch eine vorgelagerte Pflanzung von den Wohnungen zu erreichen sind. Das Grundgerüst für die naturnahe Gestaltung bilden ein rücksichtsvoller Umgang mit der bestehenden Baumstruktur, artenreiche Pflanzengesellschaft sowie wo möglich Flächen für Regenwasserretention.

Auf der Ebene «Überlandpark» liegt der Fokus auf einer bewusst als Schwellenraum formulierten Eingangsterrasse, welche den Übergang vom öffentlichen Überlandpark in die hausbezogene Terrassenlandschaft der Ebene «Luegisland» überführt. Gemein haben sämtliche Terrassen eine begleitende, intensive Dachbepflanzung, welche das auf diesen Terrassen vorherrschende gemeinschaftliche Leben strukturieren und bereichern. Die vielfältige, modular aufgebaute Dachlandschaft ist im Rahmen der Mitwirkung zu gestalten und zu beleben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit dem Projekt BABEL schlagen die Verfassenden eine unerwartete städtebauliche Figur vor. Vier identische, skulptural geformte Gebäude entwickeln sich von zwei Geschossen gegenüber der Einhausung hin zu sieben Geschossen an der Luegislandstrasse. In gleichem Masse, wie sich die Gebäudehöhe vergrössert, verringert sich im Grundriss die Gebäudetiefe von Nordwesten nach Südosten. Die volumetrische Konstellation führt einerseits zu einer angenehmen räumlichen Entspannung entlang des Fugenwegs und zu eleganten, vertikal proportionierten Gebäudestirnen an der Luegislandstrasse. Andererseits hat der Terrassenbautypus im urbanen Kontext eine schwierige stadträumliche Silhouette zur Folge, die mit ihrer eindeutigen Orientierung zum Park typologisch nicht zweifelsfrei als Zeile identifiziert werden kann. Die plastische Gebäudefigur baut mittels Niveaubezug und seriellen Brückenschlägen einen überraschenden Bezug zur Einhausung auf. Die ansteigenden Terrassen verbinden sich zu einer artifiziellen Landschaft, die als gemeinschaftlich genutzter Raum für die Hausgemeinschaft verstanden wird. Im Gegensatz dazu sind alle Wohnungen seitlich zu den relativ schmalen Freiraumbändern zwischen den Gebäuden orientiert. Der angestrebte Erhalt der Bäume im mittleren dieser Zwischenräume wird grundsätzlich sehr begrüsst. Die engen Platzverhältnisse stellen den Erhalt jedoch infrage und verletzten die Abstandsregeln des Gestaltungsplans. Auf Erdgeschossniveau erlaubt die Anordnung der Wohnungen im Hochparterre kein quartiertypisches bodennahes Wohnen. Im Gegensatz zur liebevoll ausgearbeiteten Terrassenlandschaft bleiben die Aussenräume und Fassaden auf Stadtebene eher blass und isoliert. Insbesondere fehlen ihnen eine Querverbindung untereinander, eine adäquate Reaktion am Saatlen-Freiraum (auch innneräumlich) sowie eine aussenräumliche Anbindung an den Ueberlandpark und die daran anschliessenden Terrassen. Den Verfassenden gelingt es, die komplexen Gebäudekörper strukturell erstaunlich einfach aufzubauen. Jedes Gebäude wird mit jeweils drei Treppenhäusern erschlossen, die auf verschiedenen Niveaus auf der gemeinschaftlichen Dachlandschaft enden. Anders als auf den ersten Blick vermutet, ist die Anbindung der einzelnen Wohnungen an den Ueberlandpark eher umständlich. So führt der direkteste Weg zuerst das innere, öffentlich zugängliche Treppenhaus hoch bis auf das Dach, um dann über die Aussentreppen auf den Terrassen wieder hinunter auf das Niveau der Überdeckung zu gelangen. Die vorgeschlagenen Brücken zum Ueberlandpark sind zudem in dieser Form baugesetzlich nicht umsetzbar. Innenräumlich profitieren die einzelnen Wohnungen von jeweils im Gebäudeversatz angeordneten Balkonen. Diese Disposition erlaubt einen Bezug in Längsrichtung der eher engen Gebäudezwischenräume. Im Innern der Wohnungen findet diese Diagonalbewegung eine Entsprechung in der z-förmigen Raumfolge von Küche, Ess- und Wohnbereich. Insbesondere aufgrund der aufwändigen Volumetrie und des damit einhergehenden ungünstigen Kompaktheitswertes sowie der hohen Anzahl an Liftanlagen liegen die erwarteten Baukosten im Projektvergleich im obersten Drittel. Trotz grosser Anstrengungen bei der Ausbildung der begrünten Terrassenlandschaft schneidet das Projekt auch in der Beurteilung bezüglich ökologischer Nachhaltigkeit nicht gut ab. BABEL leistet einen wertvollen Beitrag zur Klärung des Potentials und der Bedeutung des Ueberlandparks für die neue Siedlung. Es gelingt den Verfassenden erstaunlich gut, die faszinierende, aber auch etwas schematische Konzeption in eine funktionierende und inspirierende Siedlung umzusetzen. Trotz allem bleibt das Unbehagen, dass die Dachlandschaft nicht auf ausreichend selbstverständliche Weise ins Erschliessungssystem der Siedlung eingebunden ist und die üppige Terrassenwelt am Ende doch zu Lasten der Qualität der einzelnen Wohnungen und der Belebung des Erdgeschosses geht. Gewisse Zweifel an der Angemessenheit der grossen stadträumlichen Geste für Bauaufgabe und Ort bleiben.