Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023
Gemischt genutztes Gebäude in Holzbauweise in Innsbruck (AT)
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Lageplan
2. Anerkennung
Preisgeld: 7.200 EUR
ghp gmeiner|haferl & partner ZT GmbH
Tragwerksplanung
Brandschutzplanung
Lindle+Bukor / atelier für landschaft / studio for landscape
Landschaftsarchitektur
Modellbau
Energieplanung, Akustikplanung, Nachhaltigkeitskonzept
Erläuterungstext
Städtebauliche Lösung, architektonische und atmosphärische Qualitäten
Das signifikante Mittelgebirgsplateau ca. 300 m über dem Stadtkern von Innsbruck mit seiner Siedlungsstruktur wird gewissermaßen zum städtebaulich-architektonischen „Driver“ des neu zu entwickelnden Projekts. Die Merkmale dieser topografischen und siedlungsgeografischen Besonderheit finden sich in einer Art skalierter Ausformung auf dem Bauplatz wieder. So werden zwei zueinander gestufte Sockelplateaus entwickelt, auf denen dann drei Punkhäuser zu stehen kommen. Die Richtungen der Vorderkanten der Plateaus definieren sich aus der Richtungsänderung der Höhenstraße selbst: das untere Plateau setzt die aus dem Westen kommende Richtung fort, während das obere jene aus dem Osten kommende tief in das Ensemle weiterleitet.
Die so definierte zweite, zurückgesetzte Ebene bildet das genannte zweite Plateau aus, das im Wesentlichen die Funktion des Kindergartens beinhaltet.
Beide Plateauebenen werden durch die jeweiligen auf ihnen ruhenden Punkthäuser in ihren Rändern definiert bzw. beschnitten. Über diese Positionierung wird zugleich eine schlüssige Figur-Grund-Beziehung aufgebaut, die das Ganze als ein einheitliches Ensemble lesbar macht.
Ein wesentlicher Aspekt der Entscheidung für Punkthäuser war jedenfalls die zu erhaltenden Sichtachsen der dahinterliegenden Objekte in das Inntal. Die Neubauten werden so angeordnet, dass man dazwischen bestmöglich hindurchblicken kann. Die Punkthäuser selbst stufen sich gegen den Uhrzeigersinn der aufsteigenden Topografie folgend hinauf von einem zweigeschoßigen Objekt direkt an der Straße bis zum nordwestseitigen 3-geschoßigen Teil jeweils über ihrer Plateauebene. Mit dieser moderaten Höhenentwicklung ist damit zusätzlich zum Durchblick auch das Darüber-Hinweg-Sehen gewährleistet.
Architektur und Freiraum
Der Maßstab der Einzelobjekte findet die Mitte zwischen den Einfamilienhäusern und den Mehrparteienwohnhäusern bzw. sonstigen größeren Einheiten der Umgebung. Ein gutes Einfügen der Häuser in den Kontext ist damit gegeben. Wiewohl die Häuser einer rationalen, strengen Logik der Konstruktion in Kombination mit dem Parkdeck folgen, wirken sie dennoch eher locker „hingestreut“, wie die umgebenden Siedlungsstrukturen auch. Die Gebäude zeigen sich in ihrer kompakten Form, die einer wirtschaftlichen Bauweise geschuldet ist. Die Glasflächen sind im Hinblick auf die Energieeffizienz soweit minimiert, dass trotzdem noch eine gewisse Großzügigkeit in Anbetracht der ausgewiesenen Lage für den Außenbezug gewährleistet ist. Die Balkone sind quasi die in die Umgebung ragenden verlängerten Innenräume zur weiteren Unterstützung dieser atmosphärischen Weitläufigkeit.
Die Fassaden kommunizieren die Bauweise als Holzbau. Die Schalung unterstreicht die horizontale Dynamik der Objekte und lässt diese weniger hochaufragend erscheinen. Ein zentrales Stiegenhaus mit Lift bildet den Kern der Gebäude, der durch den verglasten Liftschacht von außen belichtet wird. Dieser Einschnitt gliedert die Baumasse nochmals, sodass die Volumetrie noch eingehender auf die kleinteilige Bebauung Rücksicht nimmt. Die Zuschnitte der Objekte generell folgenden Linienführungen des Ensembles an sich und unterstützen die scheinbare Beiläufigkeit der Elementanordnungen.
Der Freiraum nimmt den charakteristischen Gebäudezuschnitt auf, erweitert diesen und bildet somit der Architektur ein Ensemble an diesem einzigartigen Standort. Die beiden Gebäuderichtungen werden aufgegriffen, um die unterschiedlichen Raumsequenzen zu definieren.
Die Topographie des Bestands wird genutzt, eine direkte Zufahrt zum Parkdeck zu gewährleisten und gleichzeitig die darüber liegende Gestaltung fußläufig an die Höhenstraße anzubinden. Um hier eine möglichst niederschwellige Erreichbarkeit zu fördern, wird der Zugang mittels einer kleinen Treppenanlage als einladende Geste aufgeweitet. Eine platzartige Fläche führt zu den unterschiedlichen Gebäudeteilen und wird
von üppigen Intensivbegrünungen gerahmt. Lange Sitzbänke laden zum Aufenthalt und Genuss des Ausblicks ein.
Die westliche Seite der Bebauung bündelt unterschiedliche Funktionen, wie Einfahrt zum Parkdeck, Anlieferung und Müllentsorgung. Um die besondere Lage, vor allem den ehemaligen Steinbruch, erlebbar und sichtbar zu halten, führt ein Fußweg um die Neubebauung und entlang der Felskante herum. Entlang dieses Rundwegs reihen sich unterschiedliche Programmierungen. Wichtigster Aufenthaltsbereich dabei ist der Kinderspielplatz, der auch als Treffpunkt für die Hausgemeinschaft dient. Weitere Aufenthaltsbereiche werden als kleine Nischen mit Sitzbank ausgebildet. Die Felswand aus Höttinger Brekzie wird ebenfalls aktiviert. Punktuelle Boulderstellen sind ebenso untergebracht, wie ein einfacher Klettersteig.
Ebenfalls hier untergebracht ist der Freibereich für den Kindergarten in der geforderten Fläche. Im Osten sind die Eigengärten für das betreute Wohnen verortet.
Dachflächen im ersten Obergeschoss sind intensivbegrünt und nehmen wiederum die Formensprache auf. Nebst Eigengärten werden zwei Terrassenflächen vor den Gemeinschaftsräumen angeboten, die über eine Rasenfläche, die der Gemeinschaft zugeordnet ist, verbunden sind.
Das Bepflanzungskonzept sieht eine naturnahe und pflegeextensive Gestaltung vor. Während unterbaute Bereiche mit attraktiven Staudenbepflanzungen ausgestattet sind, die im Spätwinter einmalig zurückgeschnitten werden, sind die peripheren Grundstücksbereiche mit einer vielfältigen zweischürigen Naturwiese besämt.
Entlang des Rundwegs wird der Charakter der Felswand bis ins Parkdeck geführt und von dort als sichtbarer Teil des Ortes erhalten. Diese drei Öffnungen dienen auch der Be- und Entlüftung desselben.
Funktionale Lösung und Erschließung
Das untere Plateau generiert sich unmittelbar aus der ostseitigen Höhenlage des Areals und ist damit direkt von der angrenzenden Straße her begehbar. Die horizontale Erstreckung dieser Ebene öffnet den darunter liegenden Raum an der südwestlichen Grundgrenze, sodass von hier aus die Zufahrt in das unter diesem Plateau liegende Parkdeck ohne Abfahrtsrampe möglich ist. Auf diesem unteren Plateau erfolgt auch die Anbindung an die west-/nordwestseitige Siedlungsstruktur mittels einer Brücke an den im Westen gelegenen Fußweg. Auch die Tennisplätze können über dieses Plateau erreicht werden. Ebenso erfolgt die Anbindung der Bushaltestelle über diese Ebene und den auf die Straßenebene überleitenden Freiraumelementen. Die erste Plateauebene wird damit zum aktivierten, primären öffentlichen Raum, der eine fließende Verknüpfung der umgebenden Siedlungsbereiche ermöglicht.
Auf dieser Ebene sind nun auch die geforderten Gewerbeflächen platziert, die man quasi „im Vorbeigehen“ leicht erreichen kann. Eine Arkade unterstützt die Typologie einer Verkaufszone. Die hier verorteten Geschäftsflächen tragen wesentlich zur Belebung dieses Platzraumes bei, wie auch der gegenüberliegende Kindergartenbereich. Der Platzraum ist zweierlei zugleich – wie bereits auch in der Freianlagenbeschreibung erwähnt: Dreh-, Angelpunkt und Verteilraum, wie auch Verweilraum. Von dieser Ebene aus sind alle Haupteingänge aus dem öffentlichen Bereich erreichbar und klar über jeweilige Einschnitte definiert. Von hier aus kommt man in die zentralen Erschließungskerne der Wohnobjekte. Um diese herum sind in geradezu selbstverständlicher Art die unterschiedlichen Wohnungstypen angeordnet.
Das zweite Plateau bildet einen großzügigen Freibereich für die anliegenden Objekte aus.
Die Parkdeckebene ist in ihrer Einfachheit flexibel bespielbar bzw. programmierbar.
Die wohnungsbezogenen Allgemeinzonen sind gut erreichbar: die Fahrradabstellplätze gleich unmittelbar von außen, die Einlagerungsräume direkt von den Stiegenhauskernen.
Auf eine Besonderheit der Geometrie des Parkdecks soll noch hingewiesen werden. Die lichte Raumhöhe an der Einfahrtsseite liegt bei ca. 3,90 m. Der Boden ist im Gefälle ansteigend nach Osten hin vorgesehen. Damit soll der Aushub im östlichen Bereich minimiert werden. Die lichte Raumhöhe im Einfahrtsbereich gewährlistet auch bestens eine spätere Umprogrammierung. Bei abnehmendem Parkplatzbedarf könnten die westseitigen Bereiche, die auch mit Tageslicht versehen sind, leicht in Gewerbeflächen umgewandelt werden! Ein unmittelbarer Zugang zum Parkdeck ist auch vom Straßenraum bzw. von der Bushaltestelle her gegeben.
Conclusio
Der vorliegende Entwurf zum „Gemischt genutztes Gebäude Höhenstraße 129, 6020 Innsbruck“ kann die Klassifizierung Passivhaus Plus gut erreichen. Durch den konsequenten Einsatz von Holz und nachwachsenden Rohstoffen, bei konsequenter Verfolgung des ökologischen Ziels im Zuge der Detailplanung, der Ausschreibung und der Bauausführung und durch die aus dem PHPP-System heraus sehr niedrigen Energiekennzahlen, kann auch das klimaaktiv-Ziel „Gold“ gut erreicht werden. Die Bebauung nützt die Ressourcen vor Ort bestmöglich.
Beurteilung durch das Preisgericht
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Ansicht Süd
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Ansicht West
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
GR_EG
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
GR_OG1
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GR_Regelgeschoss
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
GR_Parkdeck
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Pikto Haupt- und Nebenachsen
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Pikto Baukörperstaffelung & Blickfreihaltung
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Pikto Panoramablick
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Pikto Kindergarten
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
System Holzbau
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Schnitt A-A
©Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Schnitt B-B
©DIE MODELLBAUER, Architekturmodellbau
Modell
©DIE MODELLBAUER, Architekturmodellbau
Modell