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Einladungswettbewerb | 06/2024

Neubau Hochpunkt am Platz Grüne Mitte in Bremen

Aussenperspektive

Aussenperspektive

1. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

Felgendreher Olfs Köchling

Architektur

Erläuterungstext

Turm im Block

Als neues Zeichen des Tabakquartiers in Woltmershausen staffelt sich der Turmbau aus der Blockstruktur in die Höhe und bildet mit 12 Geschossen einen kräftigen Abschuss der Blockrandbebauungen entlang der Straße am Gaswerkgraben. Der kubische Baukörper reiht sich ganz selbstverständlich in die gestaffelte Höhensilhouette der benachbarten Blöcke ein und markiert mit 40m Höhe ein neues Zentrum am Platz zur „Grünen Mitte“. Innerhalb des Baufeldes gruppieren sich vier L-förmige Baukörper um einen begrünten Innenhof. Die einfache Formensprache, die Gliederung der Fassade und die homogene Materialisierung binden den Turmbau harmonisch in das städtebauliche Gefüge des Baufeldes 3 ein. Um die Homogenität des Blocks und den privaten Charakter des begrünten Wohnhofes zu bewahren, wird auf die Ausbildung einer großmaßstäblichen Fuge und öffentliche Geste zum Platz bewusst verzichtet. Die Durchgänge bilden die Adressen der Häuser im Block, ermöglichen den Bewohnern die Durchwegung und gewährleisten die Durchlüftung des Hofes. Durch die außermittige Anordnung der Brandwände lassen sich in der südlichen Innenecke des Blocks untiefe Wohnungen über Eck organisieren. Natürlich belichtete Treppenhäuser in den Innenecken des Blocks ermöglichen eine effiziente Erschließung, verhindern einen horizontalen Brandüberschlag und schützen die Privatsphäre der angrenzenden Wohnungen.

Zeichen des Quartiers

Die unmittelbar benachbarten, denkmalgeschützten Industriebauten der ehemaligen Tabakfabrik Martin Brinkmann sind geprägt von hoher Funktionalität und großer Einfachheit. Der Neubau bedient sich dieser Qualitäten und schafft Bezüge zu den alten Tabakspeichern mit ihrer charakteristischen Giebelausbildung und Strukturfassade mit liegenden Fensterformaten. Die Fenster gewährleisten einen großzügigen Ausblick sowie einen hohen Lichteinfall in die Wohnungen und prägen den gleich wohl gewerblichen wie auch wohnlichen Ausdruck des Turmbaus.
Die Farbigkeit der Bestandsbauten variiert zwischen Orange und dunklem Rotbraun des Mauerwerks. Dieser Farbwelt sollten sich auch die Häuser des Baufeldes 3 bedienen. Für das Hochhaus wird eine seidenmatte, dunkelrotbraune Fliese vorgeschlagen. So transportiert der Neubau die Identität des Quartiers ausdrucksstark in eine neue Zeit und in die Ferne der Stadt.
Auf Platzebene bildet ein weit ausladendes Vordach einen geschützten Außenraum für die gastronomische Nutzung am Park. Mit attraktiver Südausrichtung entsteht hier ein neuer sozialer Treffpunkt im Herzen des Quartiers mit hoher Aufenthaltsqualität, was zu einer nachhaltigen Belebung des öffentlichen Raumes führt.

Wohnen im Speicher

Die Primärstruktur des Wohnhochhauses ist angelehnt an die Bauweise der alten Tabakspeicher. Ein effizienter Stahlbetonskelettbau mit gemauerten Außen- und Wohnungstrennwänden erlaubt langfristige Flexibilität für variable Nutzungenszenarien. Der für diese Bauten charakteristische Wohnungstyp des Lofts wird auch auf die kleinen 1,5 – 2,5 Zimmer Wohnungen des Raumprogrammes übertragen. Horizontale Ausblicke und fließende Räume mit Rundläufen schaffen Großzügigkeit auch auf engstem Raum. Alle „Minilofts“ verfügen über einen Wintergarten mit direktem Bezug zum Wohnraum. Die ausschließlich zum Hof ausgerichteten Wohnungen werden untief ausgebildet und durch die horizontalen Fenster ausreichend belichtet, sodass eine bestmögliche Tageslichtversorgung sichergestellt werden kann.
Eine direkte und barrierefreie Erschließung vom Durchgang über das Foyer bis zur Schleuse bzw. den notwendigen Flur mit den Wohnungseingangstüren sorgt für eine hohe Übersichtlichkeit und Wohnqualität innerhalb des Hauses. Für alle Wohnungen ist die Barrierefreiheit nach §50 BremLBO gewährleistet. Mit dem abgebildeten Wohnungsmix und den hellen Wohnräumen ist eine gute Grundlage für ein sozial durchmischtes Wohnhochhaus gegeben. Die Erschließung erfolgt über ein zentral gelegenes Sicherheitstreppenhaus gemäß Muster-Hochhausrichtlinie. Der geschossweise Brandüberschlag wird durch massive Fassadenbrüstungen verhindert.

Einfaches Bauen

Bereits in der Konzeption der Gebäudestruktur ist die Grundlage für kosteneffizientes und zugleich nachhaltiges Bauen angelegt. Tragwerk und Grundrisse wurden so entwickelt, dass ein durchgängiger vertikaler Lastabtrag ermöglicht ist und material- und kostenintensive Lastumleitungen vermieden werden. Das Prinzip des Skelettbaus mit aussteifendem Erschließungskern bietet eine unmissverständliche Struktur für die Ausführung und eine perspektivische Flexibilität des gesamten Gebäudes. Wohnungs- und Trennwände können als konventionell gemauerte Fertigelemente oder aus nachhaltigen Baustoffen wie Lehm und Holz errichtet werden. Die Stahlbetondecken werden statisch optimiert und schlank geplant, um Material- und Ressourcenaufwand zu minimieren. Die hohen Anforderungen an Schallschutz im Wohnungsbau werden nicht wie üblich durch eine Überdimensionierung der Bauteile, sondern über Schüttungen im Bodenaufbau erfüllt. Dies ist ökologisch sinnvoll und erhöht die zukünftige Flexibilität im Ausbau. In dieser Schicht kann auch die Installation für die Küchen langfristig zugänglich verzogen werden. Hierfür wurde die Geschosshöhe minimal auf 3,05m erhöht. Dies erlaubt eine Integration der Loggien bei durchlaufender Deckenplatte. Es werden keine Isokörper o.ä. benötigt. Die Brüstungsbänder der Fassaden bestehen aus hochisolierenden Dämmsteinen in Elementbauweise. Dies führt zu einem hohen Grad an Vorfertigung und einem effizienten Bauablauf. Der einfache, einschalige Fassadenaufbau reduziert das Risiko von Baumängeln, ist preiswert und trägt zur Speichermasse des Gebäudes bei, die für ein effizientes Energiekonzept von wichtiger Bedeutung ist.

Nachhaltigkeit und Effizienz

Die vorgeschlagene konstruktive Ausbildung wirkt sich direkt auf das Energie- und Versorgungskonzept des Gebäudes aus. Die tiefen Leibungen und Stürze erzeugen einen angemessenen Grad an natürlicher Verschattung. In Kombination mit einem innenliegenden Blendschutz und einer neutralen Sonnenschutzverglasung können die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz erfüllt werden. Die horizontale Ausrichtung der Fensterbänder begünstigt andererseits die Belichtung in den Wintermonaten bei flach stehender Sonne. Die intelligente Anordnung der Loggien in der Sonne zugewandten Wohnbereichen reduziert einen ungewollten Wärmeeintrag an heißen Tagen. Durch Vorhänge in den Loggien wird ein Teil der Verglasungen aussenliegend verschattet. Durch die schlüssige Integration der Loggien in das Fassadenkonzept dienen sie außerdem als klimatischer Pufferraum und Schallschutzabsorber, selbst bei gekippten Fenstern im Wohnbereich. Dieses Konzept ermöglicht ein schlankes Lüftungskonzept mit geringem Anteil an mechanischer Belüftung. Danke der stringenten Anordnung der Sanitärkerne ergibt sich eine lineare Schachtanordnung ohne geschossweise Verzüge der Haustechnikinstallation. Die Dachfläche wird mit Photovoltaikanlage in Kombination mit Dachbegrünung zur Rückhaltung von Niederschlagswasser ausgebildet. Die Anforderungen nach Effizienzhaus 40-Standard mit Qualitätssiegel Nachhaltiges Bauen (EH-40-QNG) können dank dem ressourceneffizienten konstruktiven Konzept und dem strukturellen energetischen Ansatz (Speichermasse, Eigenverschattung, kompakte Bauweise, Low-Tech-Ability) eingehalten werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schließen mit dem neuen Gebäude den Blockrand zu beiden Seiten, zur Straße Am Gaswerkgraben und zur neuen Platz Grüne Mitte. So wird dieser noch gestärkt und besser erlebbar und es entsteht ein halbprivater Innenhof. Diese Entscheidung wird für die räumliche Definition des Platzes und die Qualität des Hofes von der Jury sehr positiv beurteilt. Die gewählten Proportionen lassen das Gebäude städtebaulich auf sehr angemessene Weise markant in Erscheinung treten, gleichzeitig fügt es sich gut in die bestehende Struktur des Quartiers ein. Das Haus hat das Potential bereits aus der Ferne als Botschafter des Tabakquartiers und dessen besonderer Atmosphäre zu wirken. Die Anmutung des Hauses ist robust und kräftig, dies wird als für diesen Ort sehr passend beurteilt. Teilweise wird es etwas kritisch gesehen, dass nicht auf den ersten Blick die sich im Inneren befindende Wohnnutzung ablesbar sein könnte. Gleichzeitig wird aber der Bezug zum Quartier und die bis ins gestalterische Detail feine Durcharbeitung der Fassade, die auf den zweiten Blick sichtbar wird, positiv gesehen. Ebenso die Gestaltung des Erdgeschosses und seine konsequente Ausrichtung auf den öffentlichen Raum. Sehr positiv wird ebenfalls die einfache und damit sehr flexible Struktur des Hauses beurteilt. Die Architekten beschreiben vielfältige und auf Einfachheit basierende Maßnahmen, die im Hinblick auf die Konstruktion, den Wärmeschutz, den Lärmschutz etc. das Haus robust und zukunftsfähig machen und auch zukünftige Veränderungen ermöglichen. Die Wohnungs-Grundrisse beurteilt die Jury als sehr gelungen. Bei sparsamem Umgang mit der Fläche werden räumliche Konfigurationen vorgeschlagen, die durch Blickbeziehungen eine großzügige Raumwirkung versprechen. Die Freiräume sind so angeordnet, dass in viele Räume Licht aus zwei Himmelsrichtungen einfällt. Die Anordnung der Wohnungen im Baukörper erlaubt fast allen Wohnungen sehr gute Ausrichtungen zum Licht und die Erschließung ist effektiv, aber gleichzeitig so angeordnet, das angenehme Treppen- und Flurräume entstehen.

Insgesamt beurteilt die Jury, wie auch die Gäste sowie Sachverständigen, diesen Entwurf als eine dem Ort außerordentlich angemessene bis ins räumliche, funktionale und konstruktive Detail sehr gut durchdachte Antwort auf die Aufgabenstellung und die aktuellen Anforderungen der Zeit. Eine Lösung, die das Tabakquartier räumlich, atmosphärisch und inhaltlich bereichern würde.
Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Innenperspektive

Innenperspektive

Präsentationsplan Seite 1

Präsentationsplan Seite 1

Präsentationsplan Seite2

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Präsentationsplan Seite3

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