Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021
Neubau Mobilität.Punkt Lustgarten in Detmold
©schwakenberg | bley architektenpartnerschaft mbb
Visualisierung
ein 3. Preis
Preisgeld: 17.000 EUR
Landschaftsarchitektur
Erläuterungstext
Mit dem Projekt Mobilität.Punkt Lustgarten legt die Stadt Detmold den grundlegenden Baustein zum strukturellen Umbau des Verkehrs und nimmt damit die innovative und wegweisende Vorreiterrolle im Klimaschutz ein.
Idee
Der erste Eindruck entscheidet - Das Entwurfskonzept verfolgt das Ziel, den Bewohnern und Besuchern Detmolds eine einladende Adresse ihrer Stadt zu präsentieren. Der Standort Mobilität.Punkt bietet nicht nur Parkraum, sondern stellt vielfältige alternative Verkehrsmittel in einer einladenden Freizeit-, Kultur- und Bewegungslandschaft in gleichberechtigter Weise zur Verfügung.
Die Orientierung wird intuitiv und leicht über die raumprägende Architektur des neuen Parkhauses, mit seiner außergewöhnlich schmalen und langgestreckten Form ermöglicht
Neue Impulse für die Erlebbarkeit und Einbeziehung der Werre im Stadtbild werden durch die flächenschonende Bebauung erreicht.
Architektur
Entlang des Bahndamms wird der Bauteil für den ruhenden Verkehr in einem langen, schlanken Baukörper auf fünf Parkebenen verdichtet. Diese Kompression schafft Möglichkeit für Freiräume: Freiräume für die nichtmotorisierte Mobilität, Freiräume für ökologischen Stadtraum, Freiräume für qualitätvollen Aufenthalt.
Der Parkhausbaukörper überspannt dabei die Werre als Brückenbauwerk. Das Gewässer wird für die Parkhausbenutzer auch im Inneren erlebbar. Der Anna-von-Schilgen- Weg wird entlang des Flusslaufs als Fußweg durch den Baukörper geführt. Fassade wie Grundrissstruktur zeigen die Querung von Gewässer und Weg und schaffen spannendende Durch-, Ein-, und Ausblicke.
Die oberen Parkebenen sind über zwei Spindelrampen angebunden, am westlichen Ende befindet sich die Auffahrtrampe, östlich schließt das Gebäude mit der Abfahrtrampe ab. Ein- und Ausfahrt liegen am westlichen Ende der Nordfassade. Hier erreicht man unmittelbar die Stellplätze der Erdgeschossebene, so wie die Auffahrt zu den oberen Parkdecks. Die verkehrliche Anbindung erfolgt vom Eckbereich „Theaterplatz“/ „Am Lustgarten“ auf kurzem Weg um die westliche Spindelrampe herum. Der Zufahrtsbereich bietet Stauraum für bis zu 6 wartende PKW.
Die Fußgänger- Erschließung erfolgt über zwei großzügig angelegte Treppenhäuser, für eines ist ein Personenaufzug vorgesehen. Insgesamt bietet das Parkhaus die im Raumprogramm geforderten 450 PKW- Stellplätze, für Quartiers- und Arbeitsparken sind dabei die oberen Parkebenen, für Gelegenheitsparken die beiden unteren vorgesehen.
Die komprimierte Anordnung des Parkhauses und die vorgeschlagene Führung der Verkehrsanbindung ermöglichen, die Kernbereiche des Plangrundstücks weitgehend frei von motorisiertem Verkehr zu halten. Und so spannt sich an der Südseite des Parkhauses eine Mobilitätsachse für den Fuß- und Radverkehr, westlich in Verlängerung der Straße „Am Lustgarten“ östlich einbindend in die „Lange Straße“ (Fußgängerzone). Von dieser Mobilitätsachse werden die Radabstellbereiche direkt erschlossen. Diese lassen sich nach Bedarf in westlicher Richtung leicht und sukzessive erweitern. Die Radaufstellung ist in bedienungsfreundlichen Abstellsystemen mit Hoch- Tief- Abstellung vorgesehen. Je nach Betriebskonzept können die Rad- Abstellboxen frei zugänglich oder abschließbar/ mit Zugangsberechtigung ausgeführt werden.
An der „Achse der Mobilität“ liegt auch der zweite Baukörper: ein zweigeschossiger Pavillon. Ein großzügiges Café und die Bürgerberatung im Erdgeschoss werden jeweils durch Ihren Eingang auf der Nordseite an die Achse angebunden. Zur Sonnenseite profitieren beide Nutzungen von der Attraktivität der angrenzenden Außenbereiche. Von einem Durchgang durch das Gebäude aus erreicht man WC- und Duschbereiche. Die WC- Anlagen sind so vom Cafébereich wie auch von außen unabhängig nutzbar. Auch die Zuwegung zu den Fraktionsbereichen, die im Obergeschoss angeordnet sind, befindet sich im Durchgangsbereich. Jedem Fraktionsbereich steht neben den geforderten Nutzflächen ein Dachgartenbereich zur Verfügung.
Beide Baukörper – Parkhaus wie Pavillon sollen eine begrünte Fassade erhalten. Hierfür sind Stahlnetze mit rankenden Pflanzen (Wilder Wein, Blauregen) geplant. In Verbindung mit einer Grundkonstruktion aus sich kreuzenden Holzprofilen wird abstrahiert die Baumstruktur des westlichen Planbereichs fortgesetzt. Neben der Verbesserung des Mikroklimas, so wie dem ökologischen Nutzen übernimmt die Grünfassade viele Aufgaben. Dem Parkhaus gibt sie ein Äußeres, das den Blick auf die Stahlblechmassen der Fahrzeuge abschirmt, zugleich aber eine offene Fassade ist. Belüftung und zu vielen Zeiten auch Belichtung können damit natürlich erfolgen, das innere des Parkhauses ist hell, freundlich und attraktiv. Auch dem Pavillon dient sie als Blick- und Sonnenschutz für die dahinter liegenden Glasflächen, lässt gleichzeitig aber auch Ausblicke nach draußen zu. In der Kontur des Pavillon- Erdgeschosses zieht sich die Grünfassade auch bis in die Höhe der Dachkante des allseitig zurückspringenden Obergeschosses. Die Dachgärten der Fraktionsbereiche liegen so hinter einem Filter aus Grün.
Beide Gebäude sollen in den wesentlichen Teilen auch mit einer Tragkonstruktion in Holz- Betonbauweise errichtet werden. Für den Pavillon ist dabei eine Grundkonstruktion aus Betonstützen und Decken mit Wandkonstruktionen aus vorgefertigten Holztafel- Elementen gedacht.
Auch für das Parkhaus sind Stützen und Träger aus Baubuche bzw. Buchen- brettschichtholz vorgesehen. Neben den ökologischen Vorteilen bietet die Holzkonstruktion eine hohe Dauerhaftigkeit -insbesondere eine hervorragende Streusalzbeständigkeit-, so wie ein sehr attraktives Erscheinungsbild im Inneren wie im Äußeren des Gebäudes. Die Ausführung entspricht aber nicht dem Wortlaut der Brandschutzanforderungen der Sonderbauverordnung NRW an offene Großgaragen. Zahlreiche Studien und erste ausgeführte Beispiele zeigen jedoch, dass sich (u.a. durch durchgehende Betondeckenelemente, hohlraumfreie Konstruktionen, statische Überdimensionierung usw.) im Bezug auf den Brandschutz vergleichbare Schutzziele auch im Holzbau realisieren lassen. Sollte eine entsprechende Übereinstimmung mit den Behörden nicht erreicht werden, ist eine Ausführung als verzinkte Stahlkonstruktion mit vergleichbaren Außenabmessungen der tragenden Bauteile denkbar.
Freiraum
Der Werrefluss rückt als prägender Hauptdarsteller in den Mittelpunkt der neuen Freiraumgestaltung.
Die Inselbühne bildet neben der großen Auwiese seine charakteristischen Aufenthaltsbereiche. Die Erschließung der Inselbühne wird über Trittsteine und eine Brücke von den Flussufern gewährleistet. Die große Auwiese bietet dem Fluss bei Starkregen einen großzügigen Retentionsraum, Tier- und Pflanzenarten einen neuen Lebensraum und den Besuchern vielseitige Aufenthalts- und Nutzungsmöglichkeiten mit einladenden Sitzmauern.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf schlägt hierbei eine Aufwertung des Werreverlaufes und die Schaffung einer großzügigen Auwiese mit Sitzstufen vor, die neue attraktive Angebote für den Aufenthalt am Wasser und für das Naturerleben in der Stadt bieten. Jedoch erscheinen die Aussagen zur Freiraumgestaltung hier recht schematisch und wenig detailliert.
Kritisch hinterfragt wird die Überbauung der Werre mit dem langgestreckten Parkhausriegel. Eine starke Einschnürung der Uferbereiche und die geringe lichte Höhe des Durchlasses werden sowohl aus gestalterischer als auch aus gewässerökologischer Sicht als fragwürdig und wenig zeitgemäß eingeschätzt. Der Enwturf verschenkt Potential hinsichtlich der Nutzung der Dachflächen. Potentiale werden wiederum bei der Ausgestaltung der Gastronomie, insbesondere in Bezug auf die Nutzung der Insel gesehen. Den Anforderungen an klimagerechtes und ressourcenschonendes Bauen folgend sind die Neubauten in Holzhybridbauweise konzipiert. Der Baustoff Holz wird darüber hinaus gestaltbestimmend sowohl im Gebäudeinneren als auch in der Fassadengestaltung erlebbar. Die beiden Neubauten umfassende Holzstruktur, abgeleitet aus der Assoziation »Wald«, strukturiert die Gebäudevolumen und verleiht ihnen einen maßvollen Ausdruck. Die Gebäude präsentieren sich offen und transparent. Insgesamt gelingt es den Entwurfsverfassenden auf sehr einfache und unprätentiöse Weise die gestellten Anforderungen an das Projekt Mobilität.Punkt Lustgarten umzusetzen. Mit dieser Selbstverständlichkeit wirkt dieser Entwurf überzeugend, wobei jedoch ein höheres Maß an Innovation vermisst wird. Mit der geringen Bearbeitungstiefe des Freiraums wird der Entwurf nicht den Ansprüchen des zukunftsgerichteten Projektes gerecht. Mit den Flächenkennwerten ist das Projekt im mittleren bis unteren Bereich angeordnet, sodass eine wirtschaftliche Realisierung zu erwarten wäre.
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Schwarzplan
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Lageplan
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Orga Parkhaus
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Grundriss EG
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Grundriss OG
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Längsschnitt
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Querschnitt
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Ansicht Süd 01
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Ansicht Süd 02
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Ableitung Fassadenstruktur
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Fassadendetail
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Modellfoto