Offener Wettbewerb | 09/2021
Neues Besucher- und Bildungszentrum im UNESCO-Geopark Muskauer Faltenbogen in Bad Muskau
©knoppekgrahl GbR
Der Tertiärhain mit direktem Zugang zum Klima-Arboretum
Gewinner / Zuschlag
knoppekgrahl Architekten PartGmbB
Architektur
RBZ Generalplanungsgesellschaft mbH
Architektur
hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH
Landschaftsarchitektur
Erläuterungstext
Ziel des Wettbewerbes ist es, durch Umnutzung und bauliche Erweiterung des historischen Kavalierhauses im Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau ein zeitgemäßes Ausstellungsgebäude zu schaffen. Gesucht ist ein zukunftsweisender, nachhaltiger und betriebskostenarmer Bau für die Einrichtung der integrativen, geowissenschaftlichen Ausstellung in Ergänzung des historischen Kavalierhauses und unter Nutzung dessen besonders erhaltenswerter Räume.
Entwurf
Am Anfang des Entwurfes steht ein dezenter und dabei äußerst wirkungsvoller Eingriff: das Abrücken des Neubaus vom Bestandsgebäude. Es entsteht ein symbiotisches Gegenüber zweier Körper, aus deren Spannungsfeld ein neuer Ort entspringt.
Das denkmalgeschützte Kavalierhaus und der langgestreckte elegante Neubau spannen einen intimen Freiraum auf – einen Hof, der neue atmosphärische und funktionale Möglichkeiten bietet. Dabei liegt der Neubau ruhig im Hintergrund des Kavalierhauses und erzeugt durch den baulichen Versatz und die klare Eingangsgeste eine subtile Anziehungskraft. Neugierde ergreift die BesucherInnen und zieht sie in den Innenhof.
Der abgerückte Neubau stärkt die Präsenz und Bedeutung des Kavalierhauses und folgt der hierarchischen Kleiderordnung. Zum selben Zwecke liegt der Haupteingang auf der Hofseite des Bestandsgebäudes. Zum Muskauer Park hin treten die Gebäudeteile als ruhiges geschlossenes Ensemble in Erscheinung.
Nur zum Hof öffnet sich der Neubau und zeigt sein grünes Innere. Der Blick wandert durch die räumlichen Sequenzen, die Erwartung steigt. In der Spiegelung der Glasfassade nimmt man die ein- und austretenden BesucherInnen wahr, dreht sich zum Kavalierhaus und betritt die Ausstellung.
Landschaft
Die Freianlagen gliedern sich in vier Freiräume, die sich als Teil der Ausstellung begreifen: Vorplatz, Hof, Tertiärhain, Klima-Arboretum. Im Sinne Fürst Pücklers bilden sie im Zusammenspiel mit den Architekturelementen ein harmonisches Ganzes. Untereinander sind sie im Laufe des Ausstellungsrundganges über subtile und direkte visuelle Hinweise miteinander verbunden.
Der Vorplatz versteht sich durch seine behutsame Anpassungen in der Wegeführung weiterhin als Teil des Parks und wird erst in der Flucht des Besucherzentrums visuell und materiell durch den Übergang zum Hof gebrochen. Eine Mauer aus Ziegeln führt die BesucherInnen entlang einer flachen Rampe in den Hof.
Der Hof ist unaufgeregt gestaltet. Ein Bodenbelag aus Naturstein nimmt die Spannung zwischen Kavalierhaus und der großzügigen Glasfront des Neubaus auf. Die Glasfront lässt einen ersten Blick auf die Baumwipfel des Tertiärhains zu und stellt bereits Raumbezüge zum späteren Verlauf der Ausstellung her. Der Hof bietet ausreichend Platz als Treffpunkt für BesucherInnen, zur Einführung von Schulgruppen, für unterschiedlichste Veranstaltungsformate und für die Außengastronomie des Cafés.
Der Tertiärhain bildet die Vegetationsschichten des Tertiärs ab und lässt die BesucherInnen die zeitliche Vegetationsstaffelung und Umwandlungsprozesse nachempfinden. Die als Makro-Bonsai ausgeprägten Baumsorten (Chinazypresse, Ginko und Sicheltanne) können durch einen ebenerdigen Pfad im Hain erkundet werden. Der Boden des Tertiärhains wird mit unterschiedlichen Elementen wie Baumstämmen, Findlingen, Felsbrocken und einer Wasserfläche bespielt und erzeugt in Kombination mit dem Pfad eine natürlich wirkende Landschaft.
Der Tertiärhain ist als Architektur-Landschafts-Hybrid zu verstehen, als Überlappungsraum mit diversen visuellen Verbindungsmomenten zum Kavalierhaus, zur Ausstellung und zum Klima-Arboretum.
Das Klima-Arboretum ist Teil des Ausstellungspfades und vom Tertiärhain zu erreichen. Eine vom Gebäude aufsteigende, flache Geländerampe öffnet den durch eine Mauer abgegrenzten Gartenraum und mündet an einer Wasserfläche, aus dem ausgewachsene Tertiärbäume herausragen.
Fassade
Die Fassade hat die Aufgabe, sich in den umliegenden Gehölzsaum behutsam und sanft einzufügen. Das Schattenspiel aus hervor- und zurückgesetzten Ziegeln lässt einen Rhythmus entstehen, der einerseits die Länge der Fassade strukturiert und andererseits die vertikale Struktur der Bäume aufnimmt. Klare geometrische Elemente ergänzen das Erscheinungsbild der Fassade. Am Kavalierhaus öffnet sich die Mauer durch eine perforierte durchlässige Fassade. Vom Park aus entsteht so eine interessante Überlagerung zwischen Neu und Alt; vom Hof wiederum flimmert der umliegende Gehölzsaum durch die Mauer.
Material
Die Kombination dreier Ziegelsorten ermöglicht eine präzise Anpassung der Gebäudehülle an die jeweiligen Bedingungen. Zwischen Außenluft und beheiztem Innenraum (Ausstellungsflächen) sorgen höchstwärmedämmende Hochlochziegel für den notwendigen Wärmeschutz. Als haptische und ästhetische Außenhülle und nicht zuletzt aus Gründen des Wetterschutzes werden diese mit Vormauerziegeln (Wasserstrichverfahren) verkleidet.
Die Wände zwischen Tertiärhain und beheiztem Innenraum werden aus Lehmziegeln hergestellt, die hervorragende temperatur- und wasserspeichernde Eigenschaften haben.
Eine Ausbauwand aus Gipsplatten bietet den KuratorInnen alle Möglichkeiten, die Ausstellungsflächen den Konzepten und Vorstellungen anzupassen.
Aluminiumelemente (u.a. Pfosten-Riegel-Fassade) ergänzen die erdigen Materialien und fügen dem Gebäude Detailgenauigkeit und Präzision hinzu.
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Das Entrée zum Besucher- und Bildungszentrum Muskauer Faltenbogen
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Lageplan mit Dachaufsichten
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Perspektivische Ostansicht
©knoppekgrahl GbR und hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH
Konzept der Freiraumplanung im atmosphärischen Schnitt
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Konzept und Idee
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Der Hof zwischen historischem Kavalierhaus und Erweiterungsbau
©knoppekgrahl GbR und hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH
Grundriss Erdgeschoss mit Freiraumplanung
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Grundriss Erdgeschoss
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Grundriss Untergeschoss
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Grundriss Obergeschoss
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Querschnitt durch die Ausstellungsräume
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Übergang zum Tertiärhain
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Die Klimagalerie
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Ausstellungsfläche und Blick in den Tertiärhain
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Ausstellungsraum im historischen Gewölbe
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Perspektivische Nordansicht
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Detailansicht
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Detailschnitt
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Tragwerkskonzept in der Sprengisometrie
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Material- und Klimakonzept