CH-Wabern 2022 Projektwettbewerb, 3. Preis
SITUATION
In Wabern Morillon plant die Gemeinde Köniz den Neubau eines SchulgebĂ€udes fĂŒr zwölf Klassen sowie eine Betreuungsinfrastruktur und eine Doppelturnhalle. Ziel ist auch in Zukunft genĂŒgend Schulraum fĂŒr die wachsende Bevölkerung in der Gemeinde anbieten zu können. Der geplante Neubau soll die bestehende Schulanlage, die Mitte des 20. Jahrhunderts erbaut wurde und im Jahr 2003 erstmals erweitert wurde, sinnfĂ€llig ergĂ€nzen. Dabei gilt es die neue Tramhaltestelle im nördlichen Bereich der Parzelle sowie die WĂ€rmeverbund-Technikzentrale mit in das Konzept einzubeziehen. Das Baufeld wird im Norden durch die Seftigen-, im Westen durch die Bondeli- und im SĂŒden durch die Kirchstrasse begrenzt. Am östlichen Parzellenrand verlĂ€uft der private Sprengerweg. Das GelĂ€nde auf der Parzelle ist gegen Norden abfallend. Auf dem Areal befinden sich auch alte BaumbestĂ€nde. ErwĂ€hnenswert sind zwei grosse Linden in der Mitte sowie die geschĂŒtzte Baumallee auf der Matte.
Das umliegende Quartier zeichnet sich durch pragmatische WohngebÀude aus den 1950er, -60er und -70er Jahren aus, die seit den letzten Jahren vereinzelt durch Neubauten ersetzt oder ergÀnzt werden. Die Wohnbauzeile entlang des Sprengerwegs stammt aus dem Jahr 1923 und ist denkmalpflegerisch gelistet. Die Bebauungsstruktur ist heterogen und wird hauptsÀchlich durch die Verkehrsachsen gegliedert.
STĂDTEBAU
Das stĂ€dtebauliche Konzept sieht vor, dass die drei bestehenden GebĂ€udevolumen, das SchulgebĂ€ude, die Turnhalle und die Aula um zwei weitere GebĂ€udeteile ergĂ€nzt werden. Der neue Schultrakt befindet sich an der Kirchstrasse und die neue Turnhalle wird entlang des Sprengerwegs situiert. In ihrer Mitte bilden die Bauten einen grĂŒnen Innenhof aus. Neben diesem zentralen Schulhof gibt es noch drei weitere AufenthaltsflĂ€chen im Aussenbereich, die sich allesamt durch einen anderen Charakter auszeichnen: der nördliche Allwetter- Sportplatz, der Schulgarten auf dem Dach der Turnhalle sowie der geschĂŒtzte Spielplatz im Osten der Parzelle.
Durch die Höhenstaffelung beider Volumina reagiert das Projekt auf seine Umgebung. Im Bereich des Sprengerwegs wurde das niedrigere TurnhallengebĂ€ude verortet und entlang der Kirchstrasse wird die Schulanlage durch einen 4-geschossigen Körper prĂ€gnant hervorgehoben. Indem das Projekt einzelne Gesten der bestehenden Schulanlage wiederholt wird die Gesamtanlage weiter gekrĂ€ftigt. So spiegeln die beiden Neubauten nicht nur die winkelförmige Kubatur des BestandsgebĂ€udes, sondern bilden in ihrer Mitte auch eine gleichförmige Fuge, wie sie bereits zwischen dem Schultrakt und der Aula besteht, aus. Um die Orientierung auf dem Schulareal fĂŒr die SchĂŒlerschaft sowie die Besuchenden zu vereinfachen, befinden sich die EingĂ€nge zu den einzelnen Trakten jeweils in den Ecken.
Der Hauptzugang zur Schulanlage erfolgt ĂŒber die Kirchstrasse, weshalb entlang dieser Achse ein begrĂŒnter Vorplatz geplant ist. SchĂŒler und SchĂŒlerinnen, welche die Schule von der neuen Tramhaltestelle aus erreichen wollen, können das Schulareal im nördlichen Teil der Parzelle auf kurzem Weg erreichen. Der Sprengerweg behĂ€lt seinen privaten Charakter. Die Anlieferung und die ParkplĂ€tze befinden sich entlang der Kirchstrasse, sodass der Rest der Schulanlage frei von motorisiertem Verkehr sein kann.
Aus wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Aspekten wird darauf verzichtet, grössere Eingriffe im Bestand vorzunehmen. Durch eine kohĂ€rente Setzung der Neubauten kann der Charakter der Anlage grösstenteils erhalten bleiben. Lediglich ein Lagerraum im östlichen Bereich der Parzelle muss zurĂŒckgebaut werden, damit auch in diesem Bereich die DurchlĂ€ssigkeit gewĂ€hrleistet wird. Des Weiteren wurde im stĂ€dtebaulichen Konzept die rĂ€umliche Nachhaltigkeit mitgedacht, damit die Schulanlage auch zu einem spĂ€teren Zeitpunkt erweitert werden kann. So können die Aula und die Turnhalle jeweils um zwei weitere Schulgeschosse aufgestockt werden. Das Projekt schafft es die Parzelle optimal auszunĂŒtzen und darĂŒber hinaus zukĂŒnftigen Planungen Raum zu lassen.
ARCHITEKTUR
Organisation
Durch das abfallende GelĂ€nde ist der neue Schultrakt mit Untergeschoss sowohl hofseitig im Erdgschoss als auch ein Geschoss darĂŒber ebenerdig erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich die grosszĂŒgige, doppelgeschossige Eingangshalle, die sowohl als gedeckter Pausen- oder Ausstellungsraum genutzt werden kann als auch die KlassenrĂ€ume fĂŒrs âTechnische Gestaltenâ. Im 1. Obergeschoss sind die Tagesschule, die Anlieferung sowie der separat erschliessbare Mehrzweckraum verortet. DarĂŒber liegen vier RĂ€ume fĂŒr die Basisstufe als auch die Zimmer fĂŒr die Lehrerschaft. Auf dem 2. Geschoss befindet sich zudem eine BrĂŒcke, die auf das Dach der Turnhalle fĂŒhrt. Hier gibt es einen weiteren geschĂŒtzten und begrĂŒnten Aussenraum, wo die Kinder der Basisstufe ihre Pausen verbringen können. Ausserdem können bei Bedarf auch Schulstunden auf dem Dach stattfinden. Im 3. Obergeschoss befinden sich acht Klassenzimmer.
Beide Neubauvolumen sind unterirdisch miteinander verbunden. Auf dem 1. Untergeschoss befinden sich neben der Doppelturnhalle die Garderoben sowie die Technik- und GerĂ€terĂ€ume. Die Erschliessung der Turnhalle erfolgt durch eine Lift- und Treppenanlage, die hofseitig ĂŒber den Windfang im Erdgeschoss erreicht werden kann, so ist die ZugĂ€nglichkeit der Halle auch ausserhalb der Schulzeiten gewĂ€hrleistet.
Die Struktur der beiden Neubauten ist dahingehend konzipiert eine grösstmögliche FlexibilitÀt im Bereich der Raumaufteilung bieten zu können. Die Grundrisse des neuen Schultraktes sind so aufgebaut, dass die NebenrÀume mit Erschliessung und SanitÀranlagen jeweils in der Mitte liegen. So können die HauptrÀume entlang der Fassade angeordnet werden, damit eine maximale Belichtung gewÀhrleistet werden kann. Die Struktur erlaubt es auch spÀter noch die RÀume mit wenig Aufwand betreffend ihrer Grösse umzugestalten.
Fassade
Die hinterlĂŒftete Fassade des neuen Schultraktes wird regelmĂ€ssig durch grosse, liegende Fenster mit beidseitig flankierenden LĂŒftungsflĂŒgel aus Holz gegliedert. Im Erdgeschoss wird ein Sockelgeschoss mit Betonelementen und Vordach ausgestaltet. SchrĂ€g aufgestellte brises soleil, die den neuen Schultrakt allseitig umspannen, bilden BĂ€nder aus, welche die Fenster teilweise verdecken und so eine liegende Fassade formulieren. Die immobilen Elemente aus graugrĂŒnem Faserzementplatten können je nach Orientierung individuell eingestellt werden. Sie schĂŒtzen einerseits die InnenrĂ€ume vor direkter Sonneneinstrahlung -ohne aber den maximalen Lichteinfallswinkel zu beeintrĂ€chtigen- und verhindern anderseits mögliche WitterungsschĂ€den an der Fassade. Auch die Klappen fĂŒr die NachtauskĂŒhlung können hinter den brises soleil geschĂŒtzt werden. Konzeptionell dienen sie dazu die Fassade langlebig und zugleich unterhaltsarm zu gestalten. Auch die Erscheinung der Turnhalle wird durch die graugrĂŒnen Faserzementplatten geprĂ€gt. Hofseitig ist die Fassade im Erdgeschoss grossflĂ€chig verglast.
Bei der GebĂ€udestruktur handelt es sich um eine Holz-Beton-Hybridbauweise. Die Idee ist, jedes Material so einzusetzen, dass seine positiven Eigenschaften optimal genutzt werden können. WĂ€hrend Holz eine bessere Ăkobilanz aufweist, schafft es der Beton die nötige Speichermasse sowie die Akustikanforderungen zu erfĂŒllen. Auch die Faserzementplatten wurden in Hinsicht auf ihre Langlebigkeit sowie ihre Eigenschaft unterhaltsarm zu sein, gewĂ€hlt.
Materialisierung InnenrÀume
Die Böden der Klassenzimmer sind aus geschliffenem Anhydrit. Die Decken bestehen aus Holzplatten. Alle weiteren Installationen, wie Akustikelemente, Beleuchtung, Multimediaeinrichtungen⊠werden auf Putz verlegt. Dadurch ist nicht nur der Materialverbrauch geringer und das Bauwerk somit gĂŒnstiger, auch ein spĂ€terer Um- oder RĂŒckbau ist einfacher zu bewerkstelligen. Die vertikal trennenden Elemente bestehen aus Holzelementen, die mit 2,5cm dicken Lehmbauplatten sowie einem Lehmputz versehen sind. Dieser Aufbau bietet zusĂ€tzliche Speichermasse und hat einen positiven Effekt auf die LuftqualitĂ€t, denn sie können die Luftfeuchtigkeit regulieren und Schadstoffe aus der Luft neutralisieren.
FREIRAUM
Der Schulhof
Die erweiterte Schulanlage gruppiert sich um einen zentralen Hof, welcher sich aus der heute abgetreppten Topografie zu einer grossen, grĂŒnen Mitte modulieren lĂ€sst. Diese Mitte verhilft der Schulanlage zu einer neuen IdentitĂ€t und bildet als zentraler Raumkörper ein Gravitationsfeld, das sĂ€mtliche SchulgebĂ€ude miteinander vereint. Das bestehende Lindenpaar, die Birke wie der Zuckerahorn bleiben bestehen und werden mit einem weiteren Lindenpaar sowie einem Zuckerahorn ergĂ€nzt. Die Basis dieser zentralen Mitte bildet eine artenreiche Blumenwiese, in der Wege und PlĂ€tze in eingesĂ€ter Chaussierung einbeschrieben werden. Diese Mitte wird zum zentralen Pausen- und Erholungsort im GrĂŒnen. Umrahmt wird diese Mitte von einem Weg, der an der Nordwest- und SĂŒdostecke durch eine eingezogene Ecke die beiden EingĂ€nge betont. Beide PlĂ€tzen laden den Besuchenden dazu ein sich zu treffen und kurz zu verweilen, bevor oder nachdem man das GebĂ€ude betritt.
Das Ankommen
Der Hauptzugang zur Schulanlage erfolgt entlang der Kirchstrasse. Die Erschliessungen der GebĂ€ude erfolgen ĂŒber den Innenhof, der durch die Fuge zwischen dem Schulneubau und der Aula betreten werden kann. BĂ€ume mit grĂŒnem Fuss und rund angeordnete FahrradunterstĂ€nde werden zum Merkzeichen an der Kirchstrasse. Die bestehenden BĂ€ume werden bis auf den alten Zuckerahorn erhalten und mit grosszĂŒgig begrĂŒnten Baumscheiben versehen. Die bestehenden BĂ€ume werden mit sechs neuen BĂ€umen ergĂ€nzt. Um diese werden die 160 geforderten FahrradabstellplĂ€tze gruppiert. So bleibt dieser Vorplatz durchlĂ€ssig und schafft durch das Thematisieren des Baumfusses eine identitĂ€tsstiftende, prĂ€gnante Adresse. Das Fahrrad bekommt seinen Platz an der praktischen und logischen Stelle, der Schulhof bleibt dadurch Velo-frei.
Die ParkplĂ€tze und Anlieferung sind gebĂŒndelt, etwas ausserhalb an sĂŒdöstlicher Lage in einer Chaussierung untergebracht und lassen sich ĂŒber einen direkten Weg zwischen SchulgebĂ€ude und Turnhalle schnell erreichen.
Die Bewegung im GrĂŒnen
Der Spielplatz befindet sich an gut behĂŒteter nordöstlicher Lage. Die angrenzende Laufbahn bleibt bestehen.
Zwischen Bondelistrasse und Schulanlage befinden sich Allwetterplatz, Rasenspielfeld und Asphaltplatz. Dieser Raum wird durch diese Nutzungen zwar okkupiert, mit BaumergĂ€nzungen und maximalen Wiesen und RasenflĂ€chen bleibt dieser jedoch als wichtiger zusammenhĂ€ngender GrĂŒnraum erhalten. Eine Wegverbindung Nord-SĂŒd entlang der Schulanlage aber auch ein Weg zur Bondelistrasse erschliesst die Schulanlage auch von Westen her.
Schulzimmer im Freien
Auf dem Dach der Turnhalle befinden sich drei Aussenklassenzimmer, die durch eine energiespendende Konstruktion beschattet werden. Die ZwischenrĂ€ume der Klassenzimmer werden intensiv begrĂŒnt. Hier befinden sich Gehölze, StrĂ€ucher in einer flĂ€chendeckenden Bepflanzung. Diese vier Pflanzbereiche bilden thematisch vier LebensrĂ€ume und Habitate aus der Schweiz ab: der Jura, die Alpen, die AlpensĂŒdseite und das Mittelland. Die Pflanzen werden beschriftet, ein kleiner botanischer Garten entsteht, die SensibilitĂ€t zu unserer heimischen Flora wird hergestellt. Westlich und östliche ĂŒberdeckt eine leicht berankte Pergola die Aufenthalts- und Pausenbereiche.
Landschaftsarchitektur: Extra Landschaftsarchitekten AG, CH-Bern
Bauingenieurwesen: Schnetzer Puskas Ingenieure AG, CH-Bern
HLKS-Fachplaner: Eicher + Pauli AG, CH-Bern
Bauphysik: Weber Energie Bauphysik AG, CH-Bern