Nichtoffener Wettbewerb | 03/2024
BUGA 2029 Oberes Mittelrheintal in RĂŒdesheim
©hutterreimann
Visualiesierung 1 - Blick durch den Park
Anerkennung
Preisgeld: 14.000 EUR
ErlÀuterungstext
ErlĂ€uterungen Wettbewerb BUGA 2029 â Standort RuÌdesheim
INTRO
Die Stadt RĂŒdesheim stellt seit jeher einen wichtigen Ăbergangspunkt ĂŒber den Rhein und einen besonderen Zugangspunkt in das Mittelrheintal dar. Hier treffen verschiedene LandschaftsrĂ€ume, Erlebniswelten, Verkehrswege, und Menschen aufeinander und âverwirbelnâ, bevor das enge Rheintal stromabwĂ€rts sie kanalisiert und bĂŒndelt. Als einer von drei Standorten fĂŒr die BUGA 2029 im Mittelrheintal wird die Bedeutung als lebendiger Ort des Ankommens und des Austausches nochmal deutlich gestĂ€rkt. Hier wird fĂŒr die Stadt RĂŒdesheim die Grundlage geschaffen ihre touristische, als auch ihre Bedeutung als lebenswerte Kleinstadt und Region mit Blick auf die Zukunft zu sichern und neu zu akzentuieren.
Als gröĂter öffentlicher Freiraum, unmittelbar an der Innenstadt RĂŒdesheims gelegen, spielt hier vor allem der Hafenpark mit der Rheinpromenade eine gewichtige Rolle. Hier kommen zahlreiche Tourist:innen an den Anlegern und zukĂŒnftig am neuen Bahnhalt an. Gleichzeitig finden hier die Bewohner:innen der Stadt eine hochwertige und vielseitige Freizeitlandschaft in bester Lage. Der Hafen- und Freizeitpark wird so auĂerdem essentieller Bestandteil der ĂŒbergeordneten Freizeitlandschaft entlang des Rheins auf der Lach.
KONZEPT
Der neue Hafen- und Freizeitpark wird behutsam und zugleich markant neuentwickelt. Im Gegensatz zur Bestandssituation wird ein erkennbar zusammenhÀngender Park auf Basis des wertvollen Altbaumbestandes in einer altbekannten, landschaftlichen, aber gleichzeitig neuen, zeitgenössischen Gestalt geschaffen.
Das entwickelte Wegenetz ist inspiriert durch das Bild der Verwirbelungen und Strömungswirbel, wie sie auch hier am Eingang zum Mittelrheintal zwischen Bingen und RĂŒdesheim (Binger Loch) vorkommen.
Das âVerwirbelnâ steht auch symbolisch fĂŒr das Zusammentreffen der unterschiedlichen Parknutzenden (den Stadtbewohner*innen und den Tourist*innen), sowie den verschiedenen Bewegungsrichtungen, die hier aufeinandertreffen. So bilden die Uferpromenade, sowie die Kastanienallee die rheinparallelen Bewegungsströme. Als Gegensatz dazu greifen einige Parkwege die Bewegung aus dem stĂ€dtischen Umfeld in Richtung Rhein auf. An deren Endpunkten werden die Rheinterrassen â Aussichtspunkte mit variierender GröĂe - ausgebildet. Sie rhythmisieren die Promenade, eröffnen das Rheinpanorama und bieten - an diesem mit der Vielzahl an Schiffsanlegern eher funktional geprĂ€gten Raum - atmosphĂ€rischen Aufenthalt unmittelbar am Rheinufer. Auch der Goethestrand wird so in diesen Rhythmus eingebettet, der langfristig bis zur alten HindenburgbrĂŒcke fortgefĂŒhrt wird.
Die Promenade wird unter Wahrung des prĂ€genden Platanenbestands und der raumgliedernden Mauern neugestaltet. Unterschiedliche WegeoberflĂ€chen fĂŒr die Promenade (oberer und unterer Leinpfad) schaffen eine indirekte Ordnung der Geschwindigkeiten.
WĂ€hrend die untere PromenadenflĂ€che aus farbigem Asphalt Raum fĂŒr gröĂere Tourist:innengruppen der Rheindampfer, vereinzelte Radfahrende, sowie die funktionalen Anforderungen der Andienung und Abfertigung der Rheinschiffe bietet, wird die obere PromenadenflĂ€che zur ausschlieĂlichen Flaniermeile fĂŒr FuĂgĂ€nger:innen. Eine PflasterflĂ€che aus Grauwacke unterstreicht diese Nutzung der Besuchenden, welche im Schatten der Platanen mit erhabenem Blick auf den Rhein spazieren oder verweilen können.
Die Kastanienallee, die heute eine ZĂ€sur im ParkgefĂŒge darstellt, wird durch einen einheitlichen Wegebelag aus hellem Mastixasphalt in die Gesamtgestaltung integriert. Fahrbahnmarkierungen kennzeichnen klar den Bewegungsraum der Passant:innen auf der FahrradstraĂe. Markierte Querungen stĂ€rken die Verbindung der beiden Seiten und sensibilisieren die âstĂ€rkerenâ, Radfahrenden fĂŒr die âschwĂ€cherenâ, querenden FuĂgĂ€nger:innen. Die âFlieĂendenâ RĂ€nder der Kastanienallee lösen die scharfen Grenzen auf und verzahnen die beiden ParkhĂ€lften. ZukĂŒnftig soll ĂŒber die Kastanienallee auch der Radweg R3 gefĂŒhrt werden, um die Promenaden entlang des Rheins vom Radverkehr zu entlasten.
Das verwirbelt-geschwungene Wegenetz des Parks schafft eine inszenierende Erlebbarkeit der Parklandschaft mit ihren verschiedenen ParkrĂ€umen. Dazu werden Bestandswege in ihrer Lage genutzt, um Eingriffe in den wertvollen Parkbaumbestand zu verhindern. Im Bereich des ehemaligen FuĂballplatzes werden die Wege im gleichen Duktus fortgefĂŒhrt. Nach AuĂen nehmen die Parkwege wichtige Anbindungspunkte an die stĂ€dtische Umgebung auf. Innerhalb des Wegenetzes ergeben sich immer wieder Aufweitungen und VerĂ€stelungen, in welchen sich besondere Pflanz- und Aufenthaltsinseln â die RheinblĂŒten â von welchen man frei in die angrenzenden ParkrĂ€ume blicken kann. Die Einfassung dieser Inseln besteht aus NatursteinplattenbĂ€ndern aus lokalem Sandstein. Partiell bewegen sich diese auf Sitzhöhe und erhalten Holzauflagen mit RĂŒckenlehnen. Die Pflanzungen bestehen standortabhĂ€ngig aus ökologisch wertvollen, pflegextensiven Stauden und GrĂ€sern, sowie blĂŒtenreichen WiesenkrĂ€utermischungen.
Im neuen ParkgefĂŒge werden der 3-MĂ€del-Hof mit AuĂengastronomie, sowie das alte Vereinsheim mit neuer Biergartennutzung zum neuen HerzstĂŒck des Parks. In deren Umgebung finden sich neben einem kleinen Boule-Court, der groĂen Festwiese mit BĂŒhnenflĂ€che auch der Wasserspielplatz âBlaue Lichtungâ, sowie ein neuer Abenteuerspielplatz âRheinstrudelâ und Kleinkinderspiel âRĂŒdesheimer Inselnâ.
WĂ€hrend sich die dem Rhein zugeordneten ParkflĂ€chen weitgehend als ruhige, nutzungsoffene und reprĂ€sentativere RasenflĂ€chen mit einzelnen, rahmenden Pflanzungen von Klimagehölzen darstellen, zeichnen sich die ParkflĂ€chen nördlich der Kastanienallee durch ihren wilderen Baumbestand und weitere intensive Nutzungen, wie Generationenfitness (Calisthenics und Trimm-Dich-Stationen), ein Multifunktionsspielfeld und FlĂ€chen mit Pump-Track und Skate-Parcours âSurf & Turfâ, sowie einigen GrillplĂ€tzen aus. So bleibt nördlich der Kastanienallee der Geist des Freizeitparks weiterhin spĂŒrbar. Auch der Minigolfplatz soll nach Möglichkeit erhalten bleiben und das Freizeitangebot, fĂŒr Anwohner:innen, als auch Tourist:innen hier ergĂ€nzen.
Im Norden zur Bushaltezone auf der Lach wird eine starke grĂŒne Kante aus Gehölzpflanzungen formuliert, die dem Park hier einen klaren Abschluss gibt.
Ăberall im Park werden unterschiedlichste Möglichkeiten zum Aufenthalt fĂŒr verschiedenste Nutzer:innengruppen jeglichen Alters geschaffen. Dabei wird auf eine gleichmĂ€Ăige Verteilung sonniger, halbschattiger und schattiger Sitzplatzangebote â je nach jahreszeitlicher PrĂ€ferenz und Nutzer:innenbedĂŒrfnissen - geachtet.
Wasser ist ein wichtiges Element im Park (wie auch schon im Kontext der BUGA): Neben den BlickbezĂŒgen zum landschaftsprĂ€genden Rhein werden mit einem groĂen Wasserspielplatz âBlaue Lichtungâ mit Nebelvorhang und Matsch-Bach auch zusĂ€tzliche Trinkbrunnen an der Kastanienallee und am Urweltmammutbaum angeboten.
Durch die Entstehung des neuen Bahnhaltepunkts werden auch die angrenzenden RÀume, wie der Platz von Meursault und der Weinstrand als reprÀsentative Orte des Ankommens neu gedacht. Kleine PlatzflÀchen mit AufenthaltsqualitÀt nehmen die Gestaltsprache des Parks auf und empfangen die Reisenden.
Ăstlich des Minigolfplatzes wird eine zusammenhĂ€ngende ParkierungsflĂ€che fĂŒr Anlieger:innen rund um Bad, Sport- und Freizeitpark angelegt. Weitere StellplĂ€tze werden dezentral am Eingang des Asbach-Bads, entlang der PlanstraĂe zwischen neuem Sportplatz und Park, am neuen Vereinsheim, sowie an der StraĂe âAuf der Lachâ vorgesehen.
Die ParkierungsflĂ€chen fĂŒr Busse âAuf der Lachâ werden nach aktuellen Anforderungen ĂŒberarbeitet. Insgesamt können so 250 PKW-StellplĂ€tze und 34 Parkbuchten fĂŒr die Busse geschaffen werden.
ĂKOLOGIE UND KLIMA
Der wertvolle, alte Gehölzbestand wird weitestgehend geschĂŒtzt, gepflegt und ergĂ€nzt. Die BestandsbĂ€ume stellen wichtige Faktoren zur Regulierung des Mikroklimas dar und sind darĂŒber hinaus wichtige LebensrĂ€ume fĂŒr die lokale Fauna.
Durch Neupflanzung von verschiedenen klimagerechten, individuellen Gehölzen und Gehölzgruppen werden die ParkrĂ€ume sensibel erweitert und vervollstĂ€ndigt. Ebenfalls werden so weitere positive Effekte in puncto ökologischer Vielfalt und KĂŒhlung des Mikroklimas erreicht.
Die WiesenrĂ€ume des Parks bieten neben der Freizeitnutzung fĂŒr Menschen auch verschiedenen Tierarten einen neuen Lebensraum. Je nach Lage im Park werden diese als robuster Park- und Landschaftsrasen oder als extensive Blumen- und KrĂ€uterwiese entwickelt.
Neben dem reprĂ€sentativen Charakter und einer erhöhten AufenthaltsqualitĂ€t ergĂ€nzen die blĂŒtenreichen BiodiversitĂ€tsinseln/RheinblĂŒten vor allem das ökologische Spektrum des Parks. Die artenreiche Auswahl an pflegeextensiven Stauden und KrĂ€utern in Kombination mit StrĂ€uchern sorgt neben dem gestalterischen Mehrwert auch fĂŒr neue LebensrĂ€ume der Fauna.
Die ParkflĂ€che am Rhein erfĂŒllt wichtige hydrologische Funktionen als Retentionsraum im Ăberflutungsfall, als auch bei Starkregenereignissen. Durch die leicht gemuldeten WiesenflĂ€chen kann anfallendes Wasser hier lĂ€nger in der FlĂ€che gehalten werden und ist so lĂ€nger fĂŒr die Parkvegetation verfĂŒgbar. Durch die ebenfalls lĂ€ngere Verdunstungsperiode tritt so ein stĂ€rkerer lokaler KĂŒhlungseffekt ein. Weiterer Retentionsraum wird durch eine leichte Neigung und Abgraben der kĂŒnstlichen Topografie der FlĂ€chen an der Nordgrenze des Wettbewerbsgebiets im Bereich der BusstellplĂ€tze und des Abenteuerspielplatzes geschaffen. Gleichzeitig kann der ausgebaute Boden als abgrenzende begrĂŒnte Böschung zwischen Busstellplatz und dem neuen Spielplatz einen positiven Sichtschutz-Effekt entwickeln.
SĂ€mtliche Wege im Park werden barrierefrei ausgebildet.
BUGA
Zusammen mit den beiden Standorten in Bacharach und Lahnstein entsteht im Rahmen der BUGA ein Dreiklang, welcher die verschiedenen Facetten von historischer und geografischer Bedeutung mit den AnsprĂŒchen an eine lebenswerte Zukunft verbindet.
Die Schwerpunktthemen in RĂŒdesheim sind Freizeit, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Klima. Das ĂŒbergeordnete Leitthema âWillkommen am Wasserâ wird auf verschiedenste Weise im Park beleuchtet und integriert.
ShuttlefĂ€hren ermöglichen auch das Einbeziehen der FlĂ€chen Park am MĂ€useturm in Bingen als Korrespondenzstandort. WĂ€hrenddessen ist der Verkehr der weiteren Rheindampfer in das Mittelrheintal weiterhin möglich und wird in Form von BUGA-Shuttles erweitert. GroĂzĂŒgige AnkunftsrĂ€ume und EingĂ€nge fĂŒr den Eintritt in den Ausstellungsbereich des Hafenparks finden sich am neuen Bahnhaltepunkt, sowie am Asbach-Bad.
Zentral im Park befinden sich eine groĂe Gastronomie und VeranstaltungsflĂ€che. Weitere kleinere Angebote werden dezentral in den Park integriert. Die ThemengĂ€rten, werden ortsspezifische entlang eines Hauptrundweges vorgesehen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf ist geprĂ€gt durch ein wellenförmiges Wegenetz. Diese engmaschige und organisch gestaltete WegefĂŒhrung verleiht der Parklandschaft ihr neues Gesicht. Dieser Entwurfsansatz wird grundsĂ€tzlich gewĂŒrdigt, wenn auch die Dichte des Wegenetzes und deren wiederholende Gleichförmigkeit kritisch gesehen wird. Insbesondere im Bereich des Hafenparks wirken die Wege mit den zahlreichen Wegkreuzungen und den Pflanzinseln ĂŒberzogen und aufgesetzt. AuĂerdem wird der hohe Versieglungsgrad durch die Vielzahl der Wege kritisch gesehen. Die WiesenflĂ€chen der Festwiese sind mit RetentionsflĂ€chen versehen. Der Umgang mit dem erhaltenswĂŒrdigen Baumbestand wird bei diesem Entwurf gut möglich sein. Auch scheint das Wegenetz so flexibel, dass es auf die Gegebenheiten reagieren kann. Die einheitliche Parkgestaltung bis zum âPlatz von Meursaultâ wird begrĂŒĂt. Die ĂbergĂ€nge und Eingangssituationen beim Bahnhalt oder dem Vorplatz des Freibades hingegen ĂŒberzeugen nicht. Inselartig sind verschiedene Nutzungen dezentral verteilt. Diese lassen sich zwar flexibel und gut integrieren, doch wird die additive Verteilung von Nutzungsschwerpunkten als zu beliebig und austauschbar kritisiert. Die vorhandene Tennis- und Minigolfanlage lĂ€sst sich gut in das Konzept integrieren. Die âGroĂe Rheinterrasseâ wird nicht nur wegen der Ăberschreitung der Uferlinie kritisch gesehen, sondern vor allem wegen der unangemessenen und aufgesetzt wirkenden Gestaltung. Die Arbeit bietet den geforderten ârobustenâ Rahmen fĂŒr eine BUGA-Ausstellungsplanung in der die funktionalen und gĂ€rtnerischen Inhalte abgebildet werden können. Die Wirtschaftlichkeit wird durch den hohen Anteil an Wegebau eher negativ gesehen. Insgesamt leistet die Arbeit einen interessanten Beitrag der hauptsĂ€chlich wegen seiner Entwurfsidee gewĂŒrdigt wird.
©hutterreimann
Visualisierung 2 - Blick entlang der Rheinpromenade
©hutterreimann
Ăbersichtslageplan M 1:1000
©hutterreimann
Vertiefungsbereich Promenade M 1:200
©hutterreimann
Vertiefungsbereich Freizeitpark M 1:200
©hutterreimann
Schnitte M 1:200
©hutterreimann
Lageplan M 1:500
©hutterreimann