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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Entwicklung historische Kulturlandschaft Grüner Korridor: Schloss Dyck - Jüchen - Tagebaufolgelandschaft Garzweiler

Experimentiergärten als Lernort und sozialer Treffpunkt

Experimentiergärten als Lernort und sozialer Treffpunkt

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

GÜNER KORRIDOR VERKNÜPFUNG KONTRASTIERENDER LANDSCHAFTSBILDER

Eingespannt zwischen Jüchener und Kelzenberger Bach verbindet der Grüne Korridor auf regionaler Maßstabsebene das Schloss Dyck mit der in Transformation befindlichen Tagebaufolgelandschaft von Garzweiler. Das kleine Städtchen Jüchen und weitere Dörfer sind in das neue Freiraumverbundsystem eingeflochten.

Mit seinem Fokus auf eine klimaangepasste Entwicklung des ländlichen Raums hat der Grüne Korridor durchaus Modellcharakter. Die zukunftsweisende Strategie für eine koordinierte Landschaftsentwicklung bindet sich gut in den bereits begonnenen Strukturwandel der Tagebaufolgelandschaften im Rheinischen Revier ein und schließt thematisch an das Projekt Grünes Band Garzweiler an.

Initiale werden zunächst auf kommunalen Flächen gesetzt, so dass kurzfristig konkrete Einzelmaßnahmen umgesetzt und sichtbare Effekte erzielt werden können. Erklärtes Ziel ist jedoch ein sukzessiver Transformationsprozess innerhalb des als Grüner Korridor definierten Bereichs, der auch private Eigentümer zu überzeugen vermag und in die langfristig angelegten Umwandlungsprozess mit einbindet.

Die damit einhergehende ökologische Aufwertung der Bachläufe und angrenzenden Kulturlandschaften stärkt mit seiner neuen Strukturvielfalt auch die touristische Relevanz der Region als beliebtes Ausflugsziel. Der Ausbau freizeitorientierter Routen, die zum Teil auf bereits vorhandene Teilstücke zurückgreifen, ermöglicht Rundwegesysteme, die auch thematisch unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Eine robuste, dem Ort angemessene Infrastruktur, stärkt den gestalterischen Zusammenhang. Die neu entwickelte Mobiliarfamilie stärkt die Wahrnehmbarkeit und Etablierung als neue Marke.

BACHLOOP WILDNISKORRIDOR UND VERBINDENDES STRUKTURELEMENT

Die vorhandenen Bachläufe Kelzenberger Bach im Norden und Jüchener Bach im Süden geben den räumlichen Rahmen für den dazwischen gespannten Grünen Korridor. Die derzeit strukturarmen Bachläufe verfügen momentan noch nicht über die Kraft eine räumliche Klammer zu bilden. Der Jüchener Bach wird aus Ersatzwasser gespeist und führt ständig Wasser, der Kelzenberger Bach wird nur aus Niederschlagswasser gespeist und ist dementsprechend nur temporär Wasser führend.

Die beabsichtigte Renaturierung der Bachläufe, zumindest in Teilabschnitten, und Anreicherung mit ökologisch wertvollen Landschaftselementen stärkt deren Wahrnehmbarkeit im räumlichen Kontext und schärft ihr Potenzial als übergeordnete Strukturelemente und Wegeverbindungen. Die derzeit in einem beengten und linear geführten Bachbett geführten Wasserläufe werden partiell verbreitert und stärker dynamisiert. Die entstehenden Flutrinnen und Feuchtwiesen sorgen auch für einen landschaftsästhetischen Mehrwert. Gleichzeitig schaffen sie mit ihrer Mikrostruktur Raum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt.

Die Erschließung der Bachläufe wird verbessert. Ein begleitender Weg, der Bachloop, verbindet beide Wasserläufe und ermöglicht eine Rundwegeschleife. Dadurch werden die Bäche mit ihren Auwaldkorridoren zu wichtigen strukturgebenden Wegeachsen aufgewertet. Mit der Ausweitung der Bachauen zu einem durchgehenden Biotopkorridor wird auch ein zusammenhängendes Wegesystem aufgebaut. Die Durchgängigkeit der Wege schafft neue Berührungspunkte zum Wasser und stärkt das Naturerlebnis.

Mehrere Querachsen verspannen die Bachläufe mit den angrenzenden Feldern und der Agrarpromenade. Dadurch ist es dem Besucher immer wieder möglich, zwischen den Landschaftstypen der schattigen und feuchten Bachauen und sonnigen und trockenen Feldfluren zu wechseln. Die wechselnden Atmosphären schaffen interessante Kontraste und Perspektivwechsel von hoher ästhetischer Qualität.

AGRARPROMENADE ERLEBBARKEIT EINER STRUKTURREICHEN KULTURLANDSCHAFT
Der zwischen den Bachläufen eingespannte Korridor wird als eine Art Ausschnitt aus der großflächigen Kulturlandschaft gelesen. Die räumliche Begrenzung ermöglicht, diesen klar definierten Bereich als einen Ort der Transformation zu denken, das sogenannte NEULAND. Hier können zunächst auf Teilstücken Initialprojekte mit nachhaltiger und experimenteller Landwirtschaft und Maßnahmen für eine strukturreiche Agrarlandschaft begonnen werden. Dieser thematisch eigenständige Bereich erhält seine eigene Wegeachse, die AGRARPROMENADE.

Diese verbindet den Siedlungskern von Jüchen mit dem kulturhistorisch wertvollen Ausflugsziel Schloss Dyck. Der Weg greift überwiegend auf bereits vorhandene Feldwege zurück, verbindet diese aber durch strategisch geschickt gesetzte Ergänzungen zu einem durchgehenden Wegeband als neue touristische Route durch die Felder. Mit der Agrarpromenade entsteht somit eine angenehm zu befahrene Radroute abseits der stark befahrenen Bundesstraßen. Dieser Weg eignet sich insbesondere für Radfahrerende, da er auf dauerhaft befestigte Wege zurück greift und eine direktere Wegeverbindung erlaubt. Im Gegensatz dazu ist der Bachloop ein mäandrierender Flanierweg für die ruhige Naturbeobachtung, mit schmalen Schotterwegen und Fokus auf Zufußgehende. Über verschiedene Querachsen gibt es jedoch auch immer wieder die Möglichkeit die nördlich und südlich verlaufenden Bachläufe mit dem Fahrrad zu erreichen. An diesen Knotenpunkten werden kleine Aufenthaltsbereiche angeboten, die auch eine reduzierte Infrastruktur für Radfahrende bereithalten.

Das Erlebnis der Kulturlandschaft steht im Vordergrund. Vorgeschlagen wird ein Katalog mit einer Kombination aus sich ergänzenden Maßnahmen, die sukzessive Umgesetzt werden können und so Stück für Stück den Landschaftsraum anreichern und dem Grünen Korridor ein neues Bild geben. Die Maßnahmen umfassen Streuobstwiesen mit klimaangepassten Sorten, wegebegleitende Baumreihen die den Promenadenverlauf hervorheben, markante Wildheckenstrukturen als Gliederungselemente, artenreiche Blühstreifen entlang der Ackerränder als Nahrungsquelle für Insekten. Dichte Gehölzcluster mit Arten wie Alnus glutinosa, Betula pubescens, Quercus robur, Sorbus torminalis, Ulmus laevis und Ulmus minor schaffen ökologisch wertvolle Rückzugsräume zwischen den Feldstrukturen. Das Bündel an Einzelmaßnahmen erhöht somit nicht nur die ökologische Vielfalt und schafft wichtige Trittsteine im Biotopverbund, sondern steigert insbesondere auch den Erlebniswert. Es werden mehr Rückhalteräume für Regenwasser und Verdunstungsflächen geschaffen, die zu einer Verbesserung des Mikroklimas beitragen.

LEITSYSTEM ETABLIERUNG EINER MARKE

Ein neu eingeführtes Wegeleitsystem wird an allen relevanten Schnittstellen verortet und schafft Orientierung. An drei strategisch wichtigen Verknüpfungen sorgen zusätzliche Infopunkte für eine gute Information. Für die Elemente wird ein eigener Farbcode entwickelt, der als wiederkehrendes Motiv das Wegesystem und die verstreut liegenden Maßnahmen in einen visuellen Zusammenhang setzt. Das prägnante Materialkonzept setzt sich aus einer Kombination von oberflächenbehandeltem Yakisugi-Holz, das mit seiner schwarzverkohlten Haptik eine enge Verbindung zur Tagebaugeschichte aufnimmt. Die farbigen Stahloberflächen aus grellem Grün schaffen dazu einen prägnanten Kontrast. Die Mobiliarfamilie fügt sich gut in das Landschaftsbild ein.

BACHLANDSCHAFTEN DYNAMISCHE GEWÄSSER
Entlang der Bachläufe sorgen verschiedene Maßnahmen für eine deutliche Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit. Die Wildniskorridore bündeln Maßnahmen zur Klimaanpassung zusammen. Exemplarisch werden zwei Orte entwickelt.

WILDNISKORRIDOR JÜCHENER BACH: Am Jüchener Bach wird angrenzend an einen bereits naturnah aufgewerteten Abschnitt ein weiterer Teil des Baches renaturiert und in seinem Verlauf verbreitert. Das erlaubt eine freiere Dynamik. Je nach Wasserstand entstehen neben dem Hauptbachbett weitere kleine Nebengerinne. Die kleinteilige Gliederung fördert ein vielfältiges Landschaftsmosaik aus Uferrandgesellschaften und Feuchtwiesen. An dieser aufgewerteten Stelle erhält der bachbegleitende Schotterweg einen kleinen Aufenthaltsplatz mit Sitzbänken. Zusätzliche Trittstufen führen bis ans Wasser und steigern das Naturerlebnis. Ein Wildheckensaum schafft einen großzügigen Puffer zu den angrenzenden Feldern.

REGENGÄRTEN KELSTENER BACH: Der zweite Standort liegt am Kelstener Bach südlich von Wallrath und grenzt beidseitig an Siedlungsbereiche. Hier steht das Thema Starkregenmanagement im Vordergrund. Der nur zeitweise wasserführende Bach schwillt bei starken Niederschlägen schnell an. Die Umgestaltung der angrenzenden Wiese zu einer sanften Topografie aus Hügeln und Senken schafft zusätzlichen Retentionsraum. Gleichzeitig entsteht ein wertvolles Biotop mit wechselfeuchten Pflanzengesellschaften aus beispielsweise Lythrum salicaria, Epilobium angustifolium, Molinia caerulea und Carex-Arten. Auf den erhöhten Vegetationsinseln kommen trockenheitsresistente Arten wie mit Calamintha nepeta, Verbascum thapsus, Melica ciliata und Sesleria caerulea zum Einsatz. An zwei Anknüpfungspunkten, die sich aus der übergeordneten Wegeführung ableiten, führen zwei fingerartige Holzstege in die Wiesenfläche. Eine Spur aus frei verteilten Trittsteinen schafft eine informelle Verbindung zwischen den Stegen.

URBANE LANDSCHAFTEN AUFWERTUNG DER SIEDLUNGSRÄNDER
Verschiedene Maßnahmen konzentrieren sich auf den anthropogen beeinflussten Bereich der Kulturlandschaft und die Siedlungsränder. Zwei Orte werden exemplarisch entwickelt.

FREIZEITZMOSAIK STELLPLATZFLÄCHE: Durch den Wegfall vorhandener Stellplatzflächen wird der zentrale Verbindungskorridor zwischen Schule und Skateplatz gestärkt. Hierdurch ergeben sich Spielräume für die temporäre Bespielung der neu entstehenden Freiräume. Das Freizeitmosaik bietet niedrigschwellige Angebote, die in Zusammenarbeit mit der benachbarten Schule entwickelt und umgesetzt werden können. Ziel ist eine sichere und spielerische Wegeverbindung mit hohem Grünanteil. Die Entsiegelung der Stellplatzflächen stößt einen Transformationsprozess zu einer gartenartigen Gestaltung mit mäandrierenden Nebenwegen und zusätzlichen Baumpflanzungen an, gleichzeitig schafft wird neuer Retentionsraum für die Starkregenvorsorge geschaffen. Der Charakter wandelt sich von einer versiegelten Fläche hin zu einer grünen Oase. Ein Teil der Stellplätze wird zunächst erhalten, der Garten kann aber sukzessive erweitert werden.

GARTENLABOR: Diese prominent am östlichen Siedlungsrand gelegene Fläche wird als Gartenlabor für die benachbarte Schule und interessierte Vereine entwickelt. Zusammen mit den bereits vorhandenen Obtsgehölzen wird das Thema eines Klimahains aus Wildbirne, Mehlbeeere und alten Sorten ausgebaut. Die Fläche wird durch einen wassergebundenen Weg behutsam erschlossen. Der südliche Rand ist für experimentelle Gartenflächen mit Permakulturen reserviert. Die inselartigen Beetstrukturen sind einer dynamischen Entwicklung unterworfen. Hier können Schüler und andere Interessierte nachhaltige Anbautechniken ausprobieren und erlernen. Auf der Streuobstwiese werden Gemeinschaftsflächen zum Handwerkern, Gärtnern und zum sozialen Austausch angeboten. Eine kleine Tribüne als Ort der Wissensvermittlung rundet das Angebot der Gartenakademie ab.
Der westliche Saum wird zu einer dichten Waldfuge mit mehrschichtigem Vegetationsaufbau entwickelt. Hier können klimaangepasste Gehölzarten wie Hopfenbuche, Flaumeiche und Burgenahorn erprobt werden. Eingestreute Strauchgruppen aus Sambucus nigra, Rhamnus catharica, Salix cinea und Salix purpurea ergänzen die unterschiedlichen Vegetationsschichten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1061 bietet in dem Landschaftsraum zwischen Jüchen und Schloss Dyck vielfältige Landschaftstypen und Wegverbindungen an. Die beiden „Wildniskorridore“ entlang der Bachtäler setzen das Prinzip der „Grünen Bänder“ um die Tagebaufolgelandschaften nach Norden fort und umschließen auch hier einen Transformationsraum, in diesem Fall die als „Neuland“ bezeichnete Fläche für Initialprojekte über nachhaltige Landwirtschaft. Dieser konzeptionelle Ansatz wird positiv bewertet, wie auch die Vernetzung der „Korridore“ mit dem „Neuland“. Ebenfalls positiv werden die differenzierten Wegeführungen – der langsame „Bachloop“ in den ökologisch aufgewerteten Bachauen, sowie die neue „Agrarpromenade“ durch die Felder - bewertet. Der Besucher kann so zwischen ganz unterschiedlichen Landschaftstypen und Atmosphären wechseln. Für die bisher großmaßstäblichen Agrarflächen wird eine attraktive zukünftige Entwicklung aufgezeigt. Bei der Konkretisierung des Konzeptes in den Lupenräumen sollte der Umfang mit den renaturierten Wasserläufen hinsichtlich Wassermenge und dem Umgestaltungsgrad geprüft werden. Auch der Vorschlag der Stellplatzgärten als Sinnbild einer Wiederaneignung vormals versiegelter Flächen durch die menschengemachte Natur ist eine gute Idee. Das „Gartenlabor“ in Nachbarschaft der Schule mit grünem Klassenzimmer, Permakultur und Streuobstwiesen bietet das Potential, zu einem attraktiven informellen Lernort zu werden. Die räumliche Darstellung vermittelt hier leider einen sehr parkartigen Charakter, der nicht ganz angemessen erscheint. Kritisch bewertet wird auch der Umgang mit den Flächen südlich des Schlosses Dyck. Hier befinden sich wertvolle historische Obstplantagen, die man gut in das Gesamtkonzept integrieren könnte, statt sie zu überplanen. Das Leit- und Möblierungskonzept aus carbonatisiertem Holz und grünem Stahl wirkt eher austauschbar. Insgesamt überzeugt der konzeptionelle Ansatz der Arbeit, wie auch in großen Teilen die Ausarbeitung der Lupenräume bis hin zu den Beplanungsvorschlägen.


Ruhige Naturerfahrung in wechselfeuchter Landschaft am Kelzenberger Bach

Ruhige Naturerfahrung in wechselfeuchter Landschaft am Kelzenberger Bach

Gesamtkonzept

Gesamtkonzept

Gartenlabor – Lageplan Testfeld T4

Gartenlabor – Lageplan Testfeld T4

Stellplätzgärten – Lageplan Testfeld T5

Stellplätzgärten – Lageplan Testfeld T5

Renaturierung Jüchener Bach – Lageplan Testfeld H4

Renaturierung Jüchener Bach – Lageplan Testfeld H4

Wechselfeuchte Landschaft – Lageplan Testfeld H7

Wechselfeuchte Landschaft – Lageplan Testfeld H7

Leitidee

Leitidee

Wegnetz und Leitsystem

Wegnetz und Leitsystem

Toolbox

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