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Offener Wettbewerb | 04/2024

Freiraumgestaltung Lausitzer Platz in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg

Lausitzer Platz Perspektive

Lausitzer Platz Perspektive

Anerkennung

Preisgeld: 5.500 EUR

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Im Rahmen der Weiterbearbeitung des Entwurfs zur Neugestaltung des Lausitzer Platzes wurde das freiraumplanerische Konzept der ersten Wettbewerbsphase beibehalten und hinsichtlich einer besseren Orientierung und einer stärkeren visuellen Durchlässigkeit des Areals vertieft und optimiert.

Der bestehende, besondere, urbane und lebendige Lausitzer Platz prägt als autofreier und durch seine Nutzer:innen angeigneter Raum – als Treffpunkt, Aufenthaltsort sowie Spiel- und Bewegungsraum – die Nachbarschaft und erhält das Konzept zur Neugestaltung. Dabei transformiert es den Platz in einen parkartig-grünen Freiraum – einen offenen und urbanen Stadtgarten mitten in Kreuzberg. Die bestehende Situation der zur Fußgänger:innenzone umgewidmeten Straßenräume bleibt bestehen während die klare Trennung des Platzraums von den Verkehrsbereichen aufgelöst wird. Der gesamte Freiraum zwischen der umliegenden Bebauung wird als von Fassade zu Fassade durchgehender grüner Aufenthalts- und Parkraum entwickelt und darüber hinaus eng mit dem umgebenden Stadtraum verzahnt.

Den charakteristischen Baumbestand bezieht der Entwurf zu diesem Zweck ein und richtet die räumliche Neukonzeption an ihm aus. Mit einem breiten Angebot an Aufenthalts-, Aktivitäts- und Erholungsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Interessen- und Altersgruppen werden die im Quartier beliebten Aufenthaltsqualitäten des Platzes gestärkt. Die Abgrenzungen zwischen unterschiedlichen Nutzungen – Erschließungsbereichen und Wegen, Platz- und grüne Gartenflächen sowie sich aufweitende Lichtungen - löst das Konzept durch eine stark verzahnende Struktur mit weichen Übergängen zwischen den verschiedenen Zonen auf. Die Zuordnung der einzelnen Teilräume zu unterschiedlichen Nutzungen und die Wegeverbindungen im Freiraum werden dabei
trotzdem klar lesbar und übersichtlich gestaltet.

Mit fein differenzierten Materialitäten nimmt das fliesende räumliche Gefüge Bezug auf die Vielfalt des Ortes und etabliert eine Hierarchie der unterschiedlichen Wegeverbindungen. Die Pflasterungen der ehemaligen Bürgersteige entlang der Häuserfronten bleiben erhalten um die umliegenden Verkehrsräume enger mit dem grünen Stadtgarten zu verbinden. Die zum Platz gelegnen Bürgersteige dagegen werden abgebrochen. Das Material der abzubrechenden Bürgersteige - Mosaik- und Großsteinpflaster - wird zur Gestaltung des neuen Platzes wiederverwendet: Das kleinteilige Mosaikpflaster für die Wegeverbindungen im zentralen, grünen Bereich des Gartens; das Großsteinpflaster in allen Bereichen auf und um den Platz sowie südlich der Kirche, die für Rettungs- und
Feuerwehrfahrzeuge sowie Anlieferungsverkehr befahrbar sein müssen. Die Oberfläche des wiederverwendeten Großsteinpflasters wird gesägt, so dass die ebene Oberfläche für Menschen mit Behinderungen und für Radfahrer:innen gut zu nutzen ist. Zusätzliche, zu ergänzende gepflasterte Bereiche werden mit neuem Kleinsteinpflaster angelegt. Im zentralen Bereich des Platzes und Gartens ist ein großer Teil der Wegeflächen als Wassergebundene Wegedecke vorgesehen. Klare Kanten definieren die Übergänge von gepflasterten Bereichen und Zonen mit Wassergebundener Wegedecke. Die Bereiche mit Wassergebundener Wegedecke alternieren mit den grünen Pflanz- und Rasenflächen mit abwechslungsreicher Vegetation, Bestandsbäumen und neu gepflanzten Bäumen. An verschiedenen Punkten weiten sie sich räumlich zu kleinen Platzsituationen auf, die zum Aufenthalt einladen.

Die Vegetation des parkartig anmutenden Platzes gliedert sich in unterschiedliche Typologien und wird den jeweiligen Lichtverhältnissen der unterschiedlichen Bereiche angepasst. An die bestehenden Gehölze schließt sich in den schattigen Bereichen des Gartens eine niedrige, weitestgehend immergrüne Vegetationsschicht aus robusten, schattenverträglichen Bodendeckern, Staudenmischpflanzungen, Gräsern und Farnen an. Für die sonnigen Bereiche des Stadtgartens sind prärieartige Mischpflanzungen mit Stauden und Gräsern mit vielfältigen Blütenstrukturen und Samenständen angedacht. Diese bieten Lebensraum, Überwinterungs- und Nistmöglichkeiten sowie Nahrung für Insekten, Vögel und kleine Tiere. Die geplante Vegetation schafft räumliche Gliederung
und akzentuiert die Wegeführung. Durch geringe Vegetationshöhen wird gleichzeitig für den gesamten Freiraum Transparenz und eine sicherheitsgebende Einsehbarkeit gewährleistet. Die geplanten Grünräume werden an unterschiedlichen Stellen bis an das Gebäude der Emmanus-Kirche herangeführt. In diesen Bereichen sind Kletter- und Rankpflanzen vorgesehen, die das Gebäude so in den neuen Stadtgarten am Lausitzer Platz integrieren.

Punktuell auf dem neuen Lausitzer Platz gesetzte Akzente schaffen räumliche und gestalterische Vielfalt. In die Bereiche mit Wassergebundener Wegedecke fügen sich als Spielbereiche für kleinere Kinder Sandflächen ein. Unterschiedliche Möblierungs- und Spielelemente für Jung und Alt schaffen vielfältige Spiel- und Bewegungsangebote für die Besucher:innen des Parks und bieten qualitativen Raum zum kommunikativen und entspannten Aufenthalt. Vorhandene Elemente wie der bestehende Bolzplatz, das Basketballfeld und unterschiedliche Spielgeräte bleiben dabei erhalten und werden in die Neukonzeption integriert. Im östlichen Bereich des Platzes ist mit Hochbeeten ein Angebot zum gemeinschaftlichen Gärtnern vorgesehen. Im Norden werden die Gastronomieterrassen von den neu gepflanzten Flächen umrahmt. Wöchentlich wird der nordöstliche Bereich von Marktständen belegt. Hier findet ein lebendiger Wochenmarkt statt. Im südlichen Übergangsbereich des Platzes zur Skalitzer Straße wird die Zugänglichkeit der Emmanus-Kirche mit zusätzlichen Wegeverbindungen aus unterschiedlichen Richtungen gestärkt.

Der Fahrradverkehr organisiert sich im um den Platz verlaufenden vormaligen Straßenraum, so dass der zentrale grüne Platz ausschließlich Fußgänger:innen zur Verfügung steht. Dabei ist die östliche Fahrradverbindung im Bereich des ehemaligen Straßenraums als Hauptverbindung breiter angelegt.

Mit der Neugestaltung des Lausitzer Platzes entsteht im urbanen und lebendigen Kreuzberg eine wertvolle grüne Oase für die Anwohner:innen des Stadtteils und dessen Besucher:innen. Die Neukonzeption öffnet den Platz zu seinem innerstädtischen Umfeld, verbindet ihn mit den umliegenden Nutzungen und etabliert ein bereicherndes, qualitatives Angebot und einen einladenden Treffpunkt für Jung und Alt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Qualität der Arbeit begründet sich im Zusammenwirken der den Platz rahmenden, ehemaligen Verkehrsflächen und der eigentlichen Platzfläche sowie deren feinmaschiger Durchgestaltung. Diese wird mit einem camouflageartigen Muster aus befestigten, grünen und wassergebundenen Flächen überzogen, die sich einer Hierarchisierung von Orten und Verbindungen bewusst entziehen.

Der Entwurf ermöglicht ein Flanieren, jedoch fehlen durch eine differenzierte Zonierung unterschiedliche Aufenthaltsangebote. Auch ist ein schnelles Durchqueren, was für diesen urbanen Ort eine wichtige Funktion darstellt, nicht möglich. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Staudenflächen dem Nutzungsdruck Stand halten. Eine mögliche Einfassung der Grünflächen würde den fließenden Raum konterkarieren. Die Wegeführung folgt nicht den direkten Quell- und Zielverbindungen, was die Orientierung erschwert. Insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen fehlt ein Leitsystem.

Das Konzept berücksichtigt in besonderem Maß die bestehenden Baumstandorte und ergänzt sie durch einige Baumneupflanzungen. Jedoch muss, aufgrund des vorgesehenen Wegebaus, Pflasterungen und wassergebundenen Decken mit einem hohen Aufwand in der baulichen Umsetzung im Hinblick auf den Schutz der Wurzelräume gerechnet werden. Ebenso ist aufgrund der Kleinteiligkeit der Flächen von einem relativ hohen Pflege- und Unterhaltsaufwand auszugehen.

Die Reduktion des bestehenden Versiegelungsgrads wird begrüßt. Jedoch erscheint das vorgeschlagene Niederschlagswasserbeseitigungskonzept aufgrund vorhandener Leitungs- und Baumbestände voraussichtlich in dieser Form nicht umsetzbar. Die Anordnung der Marktfläche im Bereich der Feuerwehrzufahrt wird kritisch bewertet.

Das Preisgericht würdigt die hochwertige, gestalterische Umsetzung des konzeptionellen Ansatzes, es wird jedoch angezweifelt, ob die gärtnerische und landschaftliche Gestaltung im gründerzeitlichen Kontext eine tragfähige Lösung für den Lausitzer Platz bereithält.
Lausitzer Platz Lageplan

Lausitzer Platz Lageplan

Lausitzer Platz / Skalitzer Straße

Lausitzer Platz / Skalitzer Straße

Lausitzer Platz Axonometrie

Lausitzer Platz Axonometrie

Lausitzer Platz Längsschnitt

Lausitzer Platz Längsschnitt