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Wettbewerblicher Dialog | 05/2024

Umgestaltung ehemaliges Druckhaus in Neue Architekturschule Siegen (NAS)

Visualisierung

Visualisierung

1. Preis / 2. Phase

FAKT – Office for Architecture

Architektur

Gustav Düsing

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Tragwerksplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Bureau B+B stedebouw en landschapsarchitectuur

Landschaftsarchitektur

Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Die Neue Architekturschule (NAS) ist ein innovativer Entwurf für die Umnutzung eines Druckhauses zu einem neuartigen zentralen Campusgebäudes in der Stadt Siegen. Entwickelt in einem mehrstufigen partizipativen Prozess mit Studenten, Lehrkräften und Gemeindemitgliedern, will die NAS ein neuer städtischer Akteur sein, der Wissenschaft, Kultur und öffentlichen Raum miteinander verbindet. Das Programm reicht von einem Architekturmuseum im Erdgeschoss - eine nahtlose Fortsetzung des nahegelegenen Stadtzentrums - über einen großen Atelierraum als Herzstück der Schule bis hin zu einem großen offenen Raum im Dachgeschoss.

Das Organisationsprinzip zielt darauf ab, die NAS mit ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, der Stadt und der Region zu verbinden, indem sie in der Lage ist, sowohl alltägliche studentische Aktivitäten als auch öffentliche Vorträge und große kulturelle Veranstaltungen durchzuführen. Der Umbau und die Erweiterung der bestehenden Druckerei, einer modularen Betonstruktur aus den siebziger Jahren, wurde mit einer Leichtbaustrategie angegangen, bei der Massivholz im Inneren und eine modulare Stahl-Holz-Hybridstruktur mit einem großen hängenden Holzdach im obersten Stockwerk kombiniert wurden. Das Klimakonzept des Low Tech nutzt unbeheizte Räume als Expansionszonen für Studierende, die gleichzeitig als klimatische Pufferzone dienen (Mid-Doors). Die Landschaftsstrategie zielt darauf ab, große Teile der unmittelbar umgebenden Parkplätze zu entsiegeln und den angrenzenden Fluss zu renaturieren. Der neue Platz ist öffentlich zugänglich und bietet einen Zugang zur Naturlandschaft entlang der Weiß.


Beurteilung durch das Preisgericht

Stadtraum
Der Entwurf des Planungsteams FAKT/Düsing bildet eine markante Dachform aus, die als Stadtkrone ein weithin sichtbares Zeichen der Siegener Altstadt sein wird. Der Solitär ist in einen angemessen gestalteten, entsiegelten und renaturierten Freiraum eingebettet. Die Verkehrsberuhigung des Häutebachweges zu einem einspurig befahrbaren Shared Space wird von der Jury sehr begrüßt, ist aber vor dem Hintergrund der Anlieferung der Siegener Zeitung zu überprüfen. Die Brücke über die Weiß ist wenig ausgearbeitet, ihre barrierefreie/barrierearme Erschließung ist in der weiteren Bearbeitung zu klären und in die Freiraumgestaltung zu integrieren. Der radikale Schritt, auf Hochwasserschutz zu verzichten und das Erdgeschoss als aufgeständerten Überflutungsraum zu definieren, befreit den Entwurf von unschönen Hochwasserschutzmaßnahmen und eröffnet neue Möglichkeitsräume für Fakultät, Studierende und Stadtbevölkerung. Inwiefern eine solche Maßnahme funktioniert und genehmigungsfähig ist, muss weiter untersucht und abgestimmt werden. Das Sockelgeschoss bietet den Studierenden einen großzügigen Experimentier- und Werkraum. Es beherbergt einen Ausstellungsraum der Architekturfakultät und eine Architekturgalerie, die als Schaufenster zur Stadt fungiert und zu einem Ort des anregenden Austauschs mit der Stadtbevölkerung werden kann.

Gestaltung
Die Jury würdigt die Eigenständigkeit und architektonische Prägnanz des Entwurfs im städtebaulichen Kontext. Der markante Baukörper fasst den Bestand und das ehemalige Druckereigebäude wird optimal in den Neubau integriert. Anstelle einer didaktischen Ablesbarkeit des Bestandes und einer Aufstockung entscheidet sich der Entwurf von FAKT/Düsing jedoch für den Erhalt aller Fertigteildecken und eine teilweise Demontage der Waschbetonbrüstungen zur Gewichtsreduzierung. Im Inneren, im großen Lehrsaal, ist die Bestandsstruktur klar ablesbar und wird hier mit einfachen konstruktiven Maßnahmen - Unterspannungen der Bestandsbinder - an die neuen Anforderungen an das Gebäudetragwerk angepasst. Die Fassadengestaltung ist zurückhaltend und entspricht an der Nord- und Südfassade dem Stützenraster des Bestandes und der neuen Tragstruktur. Die Transparenz und Offenheit der Fassade repräsentiert auch die Idee der Universität, sich der Stadt und der Bevölkerung zu öffnen. Sie will sich nicht außerhalb der Stadt auf dem Berg verschanzen. Die Balkone im Norden und Süden weisen im aktuellen Entwurfsstand die gleiche Tiefe und Fassadengestaltung auf. Hier bietet sich in der weiteren Überarbeitung des Entwurfs eine Anpassung der Tiefe an die Erfordernisse der Tragkonstruktion und der Nutzung sowie eine Anpassung der Verglasung entsprechend der Himmelsrichtungen und der funktionalen Anforderungen - z.B. Verschattung, Energiegewinnung etc. und ggf. ein Ersatz durch transparente PV-Module, Polycarbonat-Lichtbauelemente etc. an. In diesem Zusammenhang werden auch in der Fassadenbegrünung und der Begrünung von Wintergärten und Balkonen weitere gestalterische und funktionale Potenziale gesehen.

Funktion
Der Entwurf gibt Antworten auf neue Arbeits- und Lernbedingungen und bietet sowohl im Erdgeschoss als auch im Dachgeschoss - dem Cloud Space - flexible Flächen für Gruppenunterricht und eigenverantwortliches Lernen der Studierenden. Durch die separate Erschließung von der West- und Ostseite des Gebäudes kann das Dachgeschoss außerhalb der Vorlesungszeiten auch als Veranstaltungsort für städtische und außeruniversitäre Veranstaltungen genutzt werden. Das offene Erdgeschoss bietet Raum für eine Architekturgalerie oder ein Architekturmuseum als Schnittstelle zwischen Universität und Stadtbevölkerung. Darüber hinaus werden den Studierenden im Erdgeschoss aneignungsoffene Räume für studentisches Arbeiten angeboten, die sie für Modell- und Prototypenbau und als Experimentierfeld nutzen können. Das Erdgeschoss ist über einen zentralen Quartiersplatz direkt mit den angrenzenden Werkstätten in der Erweiterung des Bestandsgebäudes Häutebachweg 9 verbunden.

Nachhaltigkeit
Die Temperierung des Gebäudes erfolgt über eine Querlüftung und verschiedene Klima- und Pufferzonen (Mid-Door-Zonen) wie die vorgelagerte Balkonschicht. Die beschriebene Thermik innerhalb des Gebäudes ist durch die spezielle Form des Hängedaches nachvollziehbar. Die Balkondächer sind im derzeitigen Entwurfsstand noch ungenutzt, bieten sich aber für eine Begrünung und als Retentionsfläche für die Entwässerung an. Die Entwurfsplanung setzt klimabewusst auf ausreichende Raumqualitäten und Raumangebote, die den Nutzern eine postkomfortable Haltung abverlangen und gleichzeitig vielfältig nutzbare und aneignungsoffene Möglichkeitsräume eröffnen.

Innovationscharakter
Das Tragwerk des Hängedaches und der abgehängten Balkone macht die Tragstruktur des Gebäudes für Besucher und Studierende erlebbar. Die vorwiegend auf Zug beanspruchte Konstruktion führt zu geringen Querschnitten und damit zu einer geringen Belastung der bestehenden Fundamente. Statt didaktischer Wiederverwertungs- und Recyclingästhetik und dem Einsatz vermeintlich nachhaltiger Materialien wird hier mit Materialreduktion und Leichtbauweise geplant, was den Entwurf als beispielhaftes Pilotprojekt auszeichnet und auch als Prototyp für zukünftige Umbauten im Bestand dienen kann. Zur weiteren und stetigen Einbindung der Studierenden wird eine Workshop-Plattform als partizipatives (Rückbau-)Projekt vorgeschlagen.
Renaturierung der Weiß am künftigen Teilcampus Süd am alten Druckhaus

Renaturierung der Weiß am künftigen Teilcampus Süd am alten Druckhaus

Top Floor

Top Floor

Modell 1:50

Modell 1:50

Schnittperspektive 1:50

Schnittperspektive 1:50