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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2024

Erweiterung Leibniz-Gymnasium Essen

Anerkennung

Preisgeld: 20.000 EUR

röcker gork architekten

Architektur

RSP Freiraum GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU, ARCHITEKTUR, KONSTRUKTION

Der Erweiterungsneubau des Leibnitz Gymnasiums wird auf der Fläche der ehemaligen Sporthalle als zwei- und viergeschossiger Holzbau vorgeschlagen. Die fußläufige Erschließung erfolgt über die Sankeitstraße von Westen, Anlieferung und PKW-Verkehr werden über die Waisenstraße geführt.

Der kompakte Baukörper des Schulneubaus bildet das nördliche Pendant zum Bestandsgebäude. Der Baukörper wird längsseitig zur Straße positioniert, nimmt die Flucht der Nachbarbebauung auf und bildet somit einen Abschluss zur Wohnbebauung. Die Sporthalle wird hinter dem Schulgebäude versetzt angeordnet, sodass eine eigenständige Eingangssituation für Vereine und Auswärtige entsteht. Einen dritten Baustein bildet die Mensa, die als Pavillon im Zentrum des Schulareals platziert wird und somit den Schulhof gliedert. Durch diese städtebaulich wirksamen Setzungen wird die Adressbildung des bestehenden Schulstandorts gestärkt, das Gebiet städtebaulich arrondiert und differenzierte Außenbereiche geschaffen, die durch ihre angemessene Dimensionierung hochwertige Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität generieren.

Architektonisch zeigt sich der Erweiterungsneubau als kompakter Holzbau mit einer klar strukturi- erten Fassade, die durch ihr Wechselspiel von geschlossenen und verglasten Bereichen vielfältige Ein- und Ausblicke ermöglicht. Der Schulbau ist als Atrium-Typus konzipiert, was eine optimale Be- lichtung der offenen Lernbereiche ermöglicht und wesentlich zur räumlichen Qualität beiträgt.
Betreten wird der Neubau über das zentrale, zweigeschossige Foyer, das nahtlos in das Cluster „Musik / Kunst“ übergeht. Hier ist eine repräsentative Frei- und Sitztreppe angeordnet, die als Zeichensaal und Veranstaltungsraum genutzt werden kann und zu den Lernorten in den Obergeschossen führt. Ausser- halb der Unterrichtszeiten dient die Treppenanlage als Kommunikationszone. Des weiteren befinden sich im Erdgeschoss der Beratungsbereich und die Schulbibliothek mit Selbstlernzentrum.

Im ersten Obergeschoss wird der Lehrerbereich in unmittelbarer Nähe zum Bestand untergebracht. Über einen Steg kann dort eine direkte Verbindung geschaffen werden. Die weiteren Cluster werden mit den Jahrgängen aufsteigend nach oben angeordnet. Das Cluster „MINT“ wird im 2. Obergeschiss zentral an- geordnet.
Die Cluster werden um je einen Innenhof organisiert dem die Clustermitte direkt zugeordnet wird. Der Mehrzweckraum gliedert sich der Clustermitte an und kann diesem über eine mobile Trennwand zugeschaltet werden. Die Klassenräume werden flurseitig mit Systemtrennwänden ausgebildet, die teil- weise geschosshoch verglast (Verglasungsanteil ca. 50%) sind und somit Sichtbeziehungen zwischen Klassenraum und Lernflur ermöglichen. Dies dient einem offenen, diversen und zukunftsgerichteten Schulalltag. Für ein ungestörtes Arbeiten werden innenseitig Vorhänge vorgesehen.

Durch die großzügigen Verglasungen nach außen werden alle Räume ideal belichtet und verorten die Schule im Außenraum. Die Sporthalle nimmt die beiden Zweifeldhallen auf, wobei die ebenerdige Halle als Versammlungsstätte genutzt werden kann. Auf dem Dach der Sporthalle wird das Kleinspielfeld ausgeweisen.Die Fläche ist vom Schulhof über eine Freitreppe erschlossen und dient somit auch als Pausenfläche.

Eine Verbindung zum Schulneubau besteht im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss. Die Mensa wird als Pavillon ins Zentrum der Schulanlage gesetzt und vermittelt somit als Treffunkt zwischen Altbau und Neubau. Hier sind auch die Ersatz-WC-Anlagen untergebracht. Um möglichst keinen Flächenverlust zu erleiden, wird ein Großteil der Parkierung in einer TG unter dem Schulgebäude ausgewiesen. Zugefahren wird die TG über die Waisenstraße.

Die Neubauten werden als konstruktiver Holzbau auf einem STB-Kellergeschoss in WU-Konstruktion, bzw. STB-Bodenplatte aufgestellt. Die Tragstruktur besteht aus Holzrahmen-Konstruktionen (Außenwände und -brüstungen), CLT-Konstruktionen (tragende Innenwände) und Vollholz-, bzw. BSH-Stützen. Die Geschossdecken werden als Holz-Hybrid-Decken mit Betonauflage ausgeführt (Schallschutz und Speicher- masse) vorgeschlagen. Alle geschlossenen Fassaden sind als hinterlüftete Holzfassade mit senkrechten Lamellen aus Lärche/Douglasie konzipiert. Die verglasten Fassaden werden als Aluminium-Fensterkon- struktionen mit Dreifach-Verglasung vorgeschlagen. Die Deckenkonstruktionen wird unterseitig mit einer mineralgebundenen Holzwolldecke, in den Fluren mit einer Holz-Schlitzdecke zur Verbesserung der Raumakustik ausgeführt. Als Bodenbeläge werde Heizestriche mit Magnesit-Vorsatz, sowie farbige Kautschukbeläge in den Lernräumen vorgeschlagen. Die sichtbaren Oberflächen der Bauteile werden materialimmanent belassen und machen somit die Architektur begreifbar. Die klaren Grundrisse schaffen eine gute Orientierung im Gebäude. Die Innenhöfe mit ihren dezidierten Bezügen nach außen und der allgemein hohe Verglasungsanteil lassen hochwertige Lernräume mit spannenden Ein- und Ausblicken entstehen, die einer offenen, modernen und demokratischen Gesellschaft angemessen sind.
Der außenliegende Sonnenschutz kompensiert klimatische Nachteile der verglasten Flächen und kann zusätzlich wie ein Puffer zwischen Innenleben und Außenwelt wirken. Das Gebäude ist nach DIN 18040-1 barrierefrei geplant.

AUSSENANLAGEN, ÖKOLOGIE

Wege und Plätze werden als „offene“ Flächen versickerungsfähig vorgeschlagen, wobei die den Eingän- gen direkt angrenzenden Höfe mit Beton-Drän-Pflaster und die Wege und übrigen befestigten Flächen mit wassergebundenem Belag konzipiert sind. Der Baumbestand bleibt erhalten und im Bereich der Höfe durch heimische ein- und mehrstämmige Solitärbäume ergänzt. Grünflächen werden als naturnahe Blüh- wiesen für eine artenreiche Flora und Fauna ausgebildet.

NACHHALTIGKEIT, WIRTSCHAFTLICHKEIT, ENERGIEKONZEPT

Grundsätzlich wird auf den Einsatz von regionalen und ressourcenschonenden Materialien Wert gelegt. Eine Bauweise mit Sekundärbaustoffen und Baustoffen aus nachwachsenden Ressourcen, die durch re- versible Verbindungen wieder sortenrein rückgebaut werden können, dient einer nachhaltigen Kreis- laufwirtschaft und Wertschöpfung. Der Einsatz von kritischen Baustoffen ist auf das notwendige reduziert. Durch die Gebäudestruktur im 1,25er-Raster lässt sich der Neubau wirtschaftlich real- isieren. Mithilfe einer Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Erdsonden können die gesetzlichen Anforderungen an den Einsatz regenerativer Energien erfüllt werden.

Im Technikraum im UG ist die Wärmeübergabestation vorgesehen. Von hier aus erfolgt die Heizwärmeverteilung mit hocheffizienten Umwälzpumpen zur Fußbodenheizung in den Räumen. Zur Abdeckung von kurzfristigen Lastspitzen und zur Warmwasserbereitung wird ein Heizwasser-Pufferspeicher vorgesehen – hier ist auch ein Elektro-Heizstab integriert, um ggf. vorhandenen, überschüssigen Strom für die Heizung / Warmwasserbereitung zu nutzen. Die Warmwasserbereitung erfolgt zentral über eine Frischwasserstation (Wärmetauscher), wodurch eine hygienisch einwandfreie Warmwasserbereitung garantiert ist.

Der Zentralraum (Atrium „Musik + Kunst“/ Foyer), sowie Klassen- und Großräume werden über eine mech- anische Be- und Entlüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung mit aufbereiteter Frischluft versorgt. Die aufbereitete Außenluft wird über Zuluftöffnungen in den Wänden eingebracht, wodurch eine zugfreie und gleichmäßige Durchströmung des Raumes sichergestellt ist. Neben der Ein- haltung der Anforderungen an die Raumluftqualität werden dadurch auch Lüftungswärmeverluste min- imiert. In den Sommermonaten werden die Lüftungsgeräte zur Nachtluftauskühlung herangezogen. Durch den Einsatz einer reversiblen Wärmepumpe kann passiv (Erdkälte) oder falls erforderlich auch aktiv gekühlt werden. Die passive Temperierung erfolgt über die Fußbodenheizung, die aktive Kühlung über die RLT. Auf den Dachflächen ist eine PV-Anlage (ca. 650 m2) zur Eigenversorgung (elektrische Durch- lauferhitzer, Wärmepumpe, elektrischer Heizstab in Pufferspeicher, Kühlung, Beleuchtung) integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf positioniert den Erweiterungsbau für die Schule an der Stankeitstraße und setzt ihm versetzt die Sporthalle als Pendant gegenüber. Den Verlauf der Waisenstraße folgend entsteht so ein stimmiges Ensemble, das sowohl für den Schulneubau wie auch für die Sporthalle eigenständige Eingänge von Westen anbietet. Die städtebauliche Setzung des Erweiterungsbaus in der Flucht des bestehenden Schulgebäudes wie auch die Zuordnung der Sporthallen zu den Sport- und Vereinsflächen ist von großer Logik. Die Einladung an die Schülerinnen und Schüler, über eine große Außentreppe das Dach der gestapelten Zweifeldhalle zu nutzen, stellt eine zusätzliche Verbindung von Schulhof- und Sportflächen dar, die im Preisgericht aber auch kritische Stimmen erfährt. Der Pausenhof bietet eine große, zusammenhängende Fläche für alle Altersstufen. Das Konzept weckt die Hoffnung, dass ein Großteil der Bestandsbäume erhalten werden kann. Die Mensa wird als eingeschossiger Pavillonbau im Schulhof integriert. Sie wird damit zur gemeinsamen Mitte und zum kleinen Mittelpunkt im gemeinsamen Hof. Für das Bestandsgebäude des Leibniz-Gymnasiums öffnet sich jetzt der großzügige Blick über den Schulhof und die angrenzenden Sportflächen bis in den Park.
Die Grundrisse sind gut organisiert und bieten für den Erweiterungsbau der Schule neben einer attraktiven Erschließung eine gute Raumorganisation für die Klassen an, auch wenn das Konzept der Cluster nicht auf die 5-zügigen Klassen abgestimmt ist. Durch die Integration der Tiefgarage im Erweiterungsbau der Schule werden Freiheiten gewonnen für die städtebauliche Setzung. Die Tiefgarage wird jedoch kritisch diskutiert.
Die Entscheidung, mit einer Zweifeldhalle in den Untergrund abzutauchen, ist im Blick auf die Anforderungen an Nachhaltigkeit nicht nachvollziehbar. Die seitliche Belichtung der Sporthalle über Lichtschächte wird nicht als angemessene Lösung gesehen. Der Standort der Tribüne kann nicht überzeugen, denn er erfordert ein Durchqueren der Halle durch Besucherinnen und Besucher.
Die Auslagerung der Mensa bedeutet den Verzicht auf mögliche Synergien in der Nutzung mit den Sport- oder Schulflächen. Darüber hinaus bedarf die Raumorganisation der Mensa und der am gleichen Standort integrierten WC-Anlagen sicherlich der Überarbeitung, da in dem schematischen Grundriss noch vieles nicht berücksichtigt ist. Das schöne Volumen ist zu klein bemessen.
Die Darstellung der Freianlagen bleibt schematisch und lässt Aussagen zur Raumbildung, zur Zonierung und zu konkreten Spielangeboten im Freiraum vermissen.
Die Konstruktion als Hybridbau mit einer Fassade in Holzrahmenkonstruktion mit senkrechter Lattung verspricht eine zeitgemäße Antwort. Das strenge und homogene Fassadenbild bleibt allerdings noch sehr abstrakt und spielt wenig mit seinen unterschiedlichen Nutzungen oder Nachbarschaften. Die Energie- und Nachhaltigkeitskennwerte des Beitrages - Kompaktheit, Energiebedarf und Eigenstromproduktion - liegen insgesamt im mittleren Bereich. Während durch den hohen Fensterflächenanteil gute Tageslichtverhältnisse in den Räumen erreicht werden, sind die Schulmitten über die schmalen Lichthöfe zum Teil nur mäßig belichtet. Zudem ist aufgrund der Vollverglasung der Klassenzimmer und ihrer Ausrichtung nach Ost-West mit deutlich erhöhten thermischen Lasten zu rechnen. Der textile Sonnenschutz kann dem nur bedingt entgegenwirken. Eine Nachtluftkühlung mit freiliegender Speichermasse wird nicht thematisiert. Die hohe Baumasse unter Gelände resultierend aus der Eingrabung der Sporthalle wirkt sich ungünstig auf die Treibhausgasemissionen in der Herstellung aus. Der mittlere Endenergiebedarf und die hohe potenzielle Eigenstromdeckung lassen insgesamt mittlere Energiekosten im Betrieb erwarten.
Insgesamt bietet der Entwurf ein stimmiges Ensemble für die Erweiterung des Leibniz-Gymnasium, wenn auch im Blick auf die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der unterirdischen Gebäudeteile Fragen offenbleiben.