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Offener Wettbewerb (nur für Studenten) | 05/2024

proHolz Student Trophy 24 woodencity: Städte weiterbauen mit Holz

Auf Pawlatschen Tratschen

Anerkennung / Bauplatz 3: Aufstockung Bestand

Technische Universität Wien | TU Wien

Universitäten / Hochschulen

Justus Müller

Student*in

Lukas Hellgoth

Student*in

Erläuterungstext

Auf Pawlatschen Tratschen...

Eine besonders wichtige Referenz für diesen Entwurf stellen die Tulou-Häuser der Hakka, einer Volksgruppe in Fujian, im Süd-Osten Chinas dar. Ein zumeist ringförmiges Gebäude, es gibt auch orthogonale Beispiele, orientiert sich um einen zentralen Hof. Und so zentral die Lage ist, so zentral ist der Hof auch im Leben der Bewohner*innen: vom Alltäglichen wie Kochen und Abspülen bis hin zu Festen wie etwa Hochzeiten, alles findet im Mittelpunkt der Gemeinschaft statt. Dadurch entsteht eine starke Hausgemeinschaft. Diese Hausgemeinschaft ist für den Entwurf von großer Bedeutung, um eine Verbindung zwischen Bewohner*innen der Aufstockung und den Nutzer*innen des Bestandes zu schaffen.

Um das vorhandene Potenzial des Innenhofes zu aktivieren, ist es notwendig, diesen zunächst durch geringfügige Abbrüche zu klären und zu öffnen. Der Quertrakt, der dem Hof das Licht und die Luft nimmt, wird bis auf das Erdgeschoss zurückgebaut und beherbergt in Zukunft die Gemeinschaftswerkstatt. Die historische Halle mit Glasdach wird freigespielt und dient in Zukunft als Foyer der Hausgemeinschaft. Das mittlere Treppenhaus, welches sich in den Hof schiebt und diesem seine Großzügigkeit nimmt, wird komplett entfernt. Durch diesen Eingriff entsteht eine Terrassierung des Innenhofs, die Alt und Neu zusammenwachsen lässt. Eine neu geschaffene spielerische Erschließung macht diese Terrassierung erlebbar.

Eine für Wien typische Pawlatsche erschließt zum einen die aufgestockten Wohnungen. Zum anderen ist diese zentrale Begegnungszone für die Hausbewohner*innen. Die Idee des „Tratschen auf Pawlatschen“ spiegelt sich auch in der Gestaltung der Öffnungen wieder. Großformatige Fenster orientieren das Leben Richtung Hof, Richtung Gemeinschaft. Nach außen fallen die Öffnungen kleiner aus und schützen so vor Stadtlärm und Sonneneinstrahlung.

Die historische Analyse der Bestandes hat gezeigt, dass dieser im Laufe der Zeit viele Umnutzungen erfahren hat. Ohne große bauliche Veränderungen wurde aus einer Zigarettenpapierfabrik schließlich ein Schulungsgebäude. Typisch für Gebäude der Gründerzeit ist diese Nutzungsoffenheit der Grundrisse. Das scheint eine mögliche Antwort auf die ungewissen Nutzungsszenarien der Zukunft zu sein. Räume, die ausreichend unspezifisch sind und durch gute Lichtverhältnisse sowie Proportionen überzeugen, lassen viele Nutzungen zu und machen den Entwurf resilient. So werden jeweils zwei annähernd quadratische Räume an den Außenwänden durch innen liegende Kerne verbunden. In diesen Kernen befinden sich die dienenden Räume sowie die vertikale Erschließung innerhalb der Wohneinheiten.

Die Zugänge auf zwei Etagen erlauben die unabhängige Nutzung von drittem und viertem Geschoss und machen eine spätere Trennung der Wohnungen in der Horizontalen möglich, um auf veränderte Wohnansprüche reagieren zu können. Die Idee, dass Häuser zu keinem Zeitpunkt fertig gebaut sind, ist gerade im Umgang mit Bestandsgebäuden wichtig. Bauen heißt auch immer Weiterbauen. Gerade die Ergänzung in Form einer Aufstockung muss mit Rücksicht auf das Vorhandene erfolgen. Aber auch das Gefüge in das sich der Zubau einfügt spielt eine wichtige Rolle.

Die Aufstockung schließt die städtebauliche Lücke und komplettiert den Blockrand. Das Satteldach nimmt Bezug auf die umgebene Bebauung. Eine Schottenbauweise ermöglicht es, auf die Unregelmäßigkeiten im Rhythmus der Bestandsfassade zu reagieren. Die Lasten werden auf diese Weise auf die Bestandsfassaden sowie die Mittelwand abgetragen. Auch die Öffnungsformate sind aus dem Gedanken heraus entstanden, die Bestandsfassade weiterzudenken.

Ein weiterer Leitgedanke, der den Entwurf geprägt hat, ist der Ansatz des „Einfachen Bauens“. Die Idee, die Komplexität im Entwerfen von Häusern zu reduzieren, spiegelt sich zunächst in der Kubatur des Entwurfs wieder. Eine kompakte Bauweise reduziert die Hüllfläche. Es wird bewusst auf Einschnitte wie Loggien verzichtet. Ein Satteldach gewährleistet die einfache Ableitung von Regenwasser. Der Fassadenüberstand dient als konstruktiver Holzschutz, gleichzeitig bietet er Platz für Verschattungen. Auch die Bündelung der Haustechnik in den innen liegenden Kernen folgt der Idee der „Einfachen Bauens“.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Bestand wird mit einem zweieinhalbgeschossigen u-förmigen Aufbau erweitert. An der Aufstockung hängen hofseitig sogenannte Pawlatschen, auskragende Balkone, die der Erschließung und Kommunikation dienen und flexible Grundrissteilungen erlauben. Um einen attraktiven, gut belichten Innenhof zu erhalten, wird der Bestand in Einzelbereichen zurückgebaut und um eine verbindende Freitreppe und gemeinschaftliche Dachterrasse erweitert und schafft damit einen Mehrwert für alle Nutzer:innen. Die Aufstockung wird in Schottenbauweise errichtet. Der Ansatz des einfachen Bauens mit Satteldach wird lobend erwähnt, weil er eine bauphysikalisch unbedenkliche, holzbaugerechte Ausführung erlaubt.