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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Grundschule Kuppelnau in Ravensburg

Perspektive Schulhof

Perspektive Schulhof

2. Preis

Preisgeld: 31.000 EUR

schürmann dettinger architekten

Architektur

Lex Kerfers_Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GbR

Landschaftsarchitektur

Matthes Max Modellbau GmbH

Modellbau

Erläuterungstext

SCHULE IM QUARTIER / DIE SCHULE ALS GESELLSCHAFTLICHER ORT

Eingebettet in das Netz von öffentlichen Grünflächen, formuliert die neue Grundschule einen erstark-ten Mittelpunkt als Schulcampus im Stadtquartiers "Nordstadt".

Offene Grünanlagen durchziehen das Schulgrundstück. Die Grundschule wird erleb- und erfahrbar als integraler Bestandteil der Quartiersgemeinschaft.

Die gefaltete Dachstruktur der geneigten Dächer nimmt Anlehnung an die bestehende Haus-Strukturen, die großzügigen Öffnungen, Fassadenrücksprünge und Transparenzen des EG erlauben Einblick und wechselseitige Teilhabe zwischen Schule und Quartier.

Die neue Grundschule wird als das erlebbar was Schule sein sollte. Ein wichtiger Baustein der Sozia-lisation der Schüler:innen in die lebendige Gemeinschaft des gesellschaftlichen Umfeldes.

Die geschützten Obergeschosse stehen den Einheiten der Lernmitten und dem Ganztags- und Bewe-gungsbereich zur Verfügung.

Die Sockelzone des EG bildet als „Quartiers-Geschosse“ eine bewusst offene, vielseitige Struktur. Die Vielschichtigkeit und Öffnungsmöglichkeiten der Fassaden und der dahinter geschalteten Nut-zungen wie Mensa, Theater, Aula und Sport, bieten eine enge Verzahnung zwischen Schule und Quartier an.

ZWISCHEN SCHULPRIVAT UND ÖFFENTLICH

Somit bildet sich ein sowohl informell-offenes als auch strukturell-starkes und damit besonders trag-fähiges Bild der Gemeinschaft einer lebendigen, diversifizierten Schulfamilie. Die Privatheit der Klasse (Home-base), Peergroup-Individualität (Cluster), Gemeinschaft (das ganze Haus) und Gesellschaft (der Campus) sind nebeneinander und simultan erlebbar und bilden den räumlichen Hintergrund ei-ner aktiven Sozialisation des Kindes/Jugendlichen in und durch die Schule.

DIE LOGGIEN

Die eingeschnittenen Loggien ermöglichen eine großzügige Über-Eck-Belichtung der Räume und eine einfachste natürliche Belüftung insbesondere der pädagogisch wichtigen Marktplätze.

Gleichzeitig entsteht ein direkter aber schulprivater Außenbezug der Lernbereiche in den Außen-raum, der neben den atmosphärischen Qualitäten pädagogisch wertvolle Naturerfahrungen "mitten in der Stadt" ermöglicht.

PÄDAGOGIK UND NUTZUNGSOFFENHEIT

Die vielgestaltige, vielzonierte Gestaltung des Gebäudes im Innen- als auch im Außenraum ermög-licht eine individuelle Inbesitznahme durch die Einzelnen ( „jeder sucht sich seinen eigenen Ort“) und entspricht m besonderen differenzierten Verhaltensbedürfnis in den rhythmisierten Individualzeiten des Tagesablaufs.

DIE CLUSTER
Mehrere Räume umstellen eine gemeinsame Mitte. Durch eine differenzierte Ausbildung der raum-trennenden Elemente werden dosierbare Verknüpfungen zwischen Raum und Marktplatz ermöglicht. Individualität und Gruppe werden erlebbar. Differenzierte Räumlichkeit wird durch die Nischenaus-bildungen in den zentralen Marktplatzflächen angeboten sowie durch kleine Rückzugselemente in Form von den Regalen und Sitz- und Tischmöglichkeiten in den tief ausgebildeten Fassaden und Re-galen.

Die Mitte im Doppelcluster liegt zentral an der vertikalen Clustererschliessung und ergänzt die Jah-rescluster.

FLEXIBILITÄT UND STRUKTURELLE FESTIGKEIT
Schulen sind als lebendiges Abbild der Gesellschaft einem fortgesetzten Änderungsprozess unter-worfen. Die vorgeschlagene Skelett-Konstruktion und die nichtragenden Elemente in Raumzonierung und Fassaden ermöglichen bereits im Planungsprozess, aber vor allen Dingen auch im späteren Nut-zungsverlauf, eine umfassende, im gegenseitigen Diskurs zu entwickelnde Organisation der Grundris-se ohne tiefe Eingriffe in die konstruktive Substanz des Hauses. Somit entsteht eine hohe Nutzungs-variabilität und Nutzerzufriedenheit ohne große Umplanungs- bzw. Umbauerfordernis.

Es entsteht eine im positiven Sinne nutzungsoffene Struktur, die Umwidmungen der Raumzuweisun-gen ohne Umbaumaßnahmen möglich machen und die Schule gegenüber Veränderungen im päda-gogischen Setting flexibel machen.

DIE AUSSENANLAGEN

DIE ERSCHLIESSUNG
Die neue Schule adressiert sich mit dem Haupteingang nach Süden zum neuen Grünzug hin.
Das gesamte Areal zwischen Schützenstraße und Klinikum wird neu geordnet, es entsteht eine neue öffentliche Wege-Verbindung in Ost-West-Richtung und eine neue Grünvernetzung zwi-schen Bechtergarten, Scheffelplatz und den Grünstrukturen an der Gartenstraße.

Am Kreuzungspunkt der neuen Grünverbindung mit der Kuppelnaustraße wird diese als über-greifende Platzfläche ohne MIV gestaltet und damit Teil des Schulcampus. Der Lehrerparkplatz wird zum Veranstaltungsanger und erhält mit dem neuen Schulgebäude ein angemessenes vis á vis.

Die große offene Freifläche stellt eine ideale Ergänzung zur kleinräumig strukturierten Pausen-fläche dar. Baumreihen und breite Pflasterbänder umrahmen eine wassergebundene Fläche für vielfältige Aktivitäten und Veranstaltungen. Bänke und Sitzmauern an den Rändern bieten Sitz-gelegenheiten mit Blick über den Platz. Der Kleinkinderspielplatz bleibt erhalten und wird über einen neuen Weg an die Schule angebunden, ebenso die südliche Grünfläche und der Bolz-platz.

DIE FREIANLAGEN
Im direkten Umfeld des Schulgebäudes bieten Platzflächen und grüne „Spielschollen“ vielfältige Möglichkeiten zur Pausengestaltung und öffentlichen Nutzung außerhalb der Schulzeiten. Die „Schollen“ trennen das unmittelbare Schulumfeld auf selbstverständliche Art von öffentlich Weg. Sie bieten unterschiedliche Bewegungsangebote von der Boulderwand und Slackline über Netze bis zum Sand- und Matschbereich.

Höhenunterschiede werden in Sitzkanten und -decks zum Gestalt bildenden Element. Die Bereiche unter den großen Bäumen bleiben als Ruhebereich frei von Einbauten und in der Höhe unverändert. In den Obergeschossen bieten Terrassen/Loggien die Möglichkeit zur Pause, aber auch zum Lernen im Freien.? Der im Süden angesiedelte Schulgarten bietet die Möglichkeit, gemeinsam zu säen und zu ernten. Ein Beerenspalier bildet die Trennung zu den Fahrrad- und Rollerstellplätzen.

Für die Baumreihen und -scheiben werden Unterpflanzungen mit Stauden und Gräsern vorgeschlagen, um die Biodiversität zu erhöhen. Höhenunterschiede im Gelände werden in der Regel mit einer Mo-dellierung der Grünflächen abgefangen, zum Teil auch mit Sitzkanten die das Höhenniveau der „Schollen“ von den Wegen trennen. Die vorgeschlagene erdgebundene Fassadenbegrünung dient der Verbesserung des Kleinklimas und dem Sonnenschutz. Wege werden in benachbarte Grünflächen entwässert, Platzflächen wo möglich oberflächig in die Baumgräben und -Scheiben. Wo dies nicht möglich ist in unterirdische Rückhaltevolumen zur Bewässerung bzw. gedrosselten Abführung.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die VerfasserInnen setzten einen länglichen Baukörper parallel zur Parkstraße, der in seiner Kubatur alle Funktionen der Schule und der Ganztagsbetreuung integriert und mit einer filigranen Hülle ummantelt. Das Holzgebäude setzt sich von allen Straßenräumen leicht zurück und schafft dadurch Raum für durchgehende Grünstrukturen. Der Längsbau gliedert sich in vier klar strukturierte Abschnitte, die sich an der Parkstraße ebenso mit vier giebelständig aneinandergesetzten Dächern abzeichnet. Die Dächer werden zusätzlich mehrfach gefaltet. Dabei sucht das Gebäude den Dialog zur bestehenden Hausstrukturen der Nordstadt. Nicht nur die Dachlandschaft, sondern auch die Außenkanten der Abschnitte werden gefaltet, so dass nord- und südseitig das Gebäude symmetrische nach innen geknickt wird und alle außenliegenden Räume eine leichte Trapezform erhalten. Diese eigenständige Geometrie wird in der vorgesetzten verzinkten Stahlkonstruktion als zweite Fassade weitergeführt, die den Versatz nach Innen mit kleinen Balkonflächen und Rankgerüsten nach außen spiegelt und teilweise begrünt wird. Die Filigranität der Form und die Eigenständigkeit des Entwurfs in Bezug auf seine äußere Gestalt wird vom Preisgericht positiv gesehen.

Ein wesentliches Merkmal des Gebäudes ist es, auf allen Etagen attraktive Bezüge in den Außenraum auszubilden. Das Gebäude wird von Süden über den Haupteingang erschlossen. Man betritt die Schule durch ein gut proportioniertes Foyer. Den VerfasserInnen gelingt es im Erdgeschoss mit einer wohldurchdachten Raumgliederung eine gut organisierte Mensa anzubieten. Die nördlich gelegene Küche macht eine gute Anlieferung. Die Mensa kann zum Außenbereich geöffnet werden. Die flexible Zuschaltung von Musik- und Kunstraum ergibt ein großzügiges, attraktives Ensemble, ohne dabei die Erschließung der Klassenräume in den Obergeschossen zu beeinträchtigen. Im Nordosten wird im EG die Verwaltung angegliedert und an die Gebäudeecke der Bewegungsraum gesetzt, der bis in das UG reicht. Für die barrierefreie Erschließung müssen weite Strecken zurückgelegt werden.

Durch eine zentrale Treppe gelangt man in die oberen Stockwerke, die jeweils 2 gespiegelte Lernhäuser enthalten, die von der Mittelzone aus störungsfrei erschlossen werden. Über dem Sportbereich sind auf 2 Stockwerken die Ganztagesangebote anordnen. Durch ein weiteres Treppenhaus im Osten kann sowohl der Sportbereich als auch alle Ganztagsbereiche, ohne die Cluster zu queren. Dennoch wird kritisch angemerkt, dass insbesondere die Ferienbetreuung schwer räumlich abtrennbar ist, da auch die Mensa hierfür in Betrieb genommen wird und somit das gesamte Schulhaus offenbleibt. Eine zusammenhängende Anordnung im Erdgeschoss wäre für den Betrieb wünschenswert.

Ein weiteres wesentliches Merkmal des Entwurfs sind die zahlreichen großflächigen Loggien und Freibereiche, die in das Gebäudevolumen integriert sind. Sie sind Teil der Cluster und dienen als Aufenthalts- und Lernorte mit guten Sichtbeziehungen aus den Klassenräumen. Die Clusterflächen selbst sowie die Flure sind großzügig gestaltet. Diese Raumqualitäten erkauft sich der Entwurf allerdings durch einen hohen Verkehrsflächenanteil, der deutlich über dem Durchschnitt liegt damit einen nicht unwesentlichen Anteil an Restfläche für Schulfläche erzeugt. Dies wirkt sich bei den wirtschaftlichen Kenndaten insbesondere bei der Flächeneffizient negativ aus. Auch erreicht der Baukörper nur mittlere Werte bei der Kompaktheit.

Das neue Schulgebäude nimmt die topografischen Aufgaben ernst und bindet sich maßvoll in die umgebenden Grünstrukturen ein. Es gelingt den VerfasserInnen eine tragfähige Ost- Westverbindung vom Landratsamt bis über die Sportflächen zur Kuppelnau Schule zu spannen und diese maßvoll von den Freiflächen der Schule abzusetzen. Der verkehrsberuhigte Bereich der Kuppelnaustraße bildet einen kleinen Vorplatz aus, der dem Campus den Auftakt bildet. Auf dem südlichen Schulhof werden sinnhafte Nutzungsangebote gemacht, die in Teilbereiche untergliedert sind und vielfältige Freiflächen für die SchülerInnen erwarten lassen. Der Entwurf nimmt Rücksicht auf den Baumbestand und gestaltet einen maßvollen Anteil an versiegelten Flächen. Die VerfasserInnen betiteln in Piktogrammen und Schnitten zahlreiche Ideen zu nachhaltigen und ökologischen Schwerpunkten, die nur teilweise im Grundriss wiederzufinden sind.

Das Gebäude ist als reiner Holzbau in Skelettbauweise vorgeschlagen, nur die Erschließungskerne werden massiv ausgebildet. Die gewählte Schottenbauweise gibt die Richtung der Primärstruktur vor. Für die weit gespannten Decken wird eine leistungsfähige Massivholzrippenplatte vorgeschlagen. Die Lage der Schüttung zur Verbesserung des Schallschutzes im Tieftonbereich ist jedoch noch unklar. Die Primärkonstruktion wird in einem Hochleistungswirkstoff Furnierschichtholz aus Buche ausgeführt. Dies wird den ambitionierten Stützweiten gerecht. Der Lastabtrag über dem Bewegungsraum bleibt offen. Die filigranen Zimmermannskonstruktion des Dachs sind aufwändig, die Wasserableitung erscheint gelöst.

Die Jury sieht in der Arbeit einen eigenständigen und fantasievollen Ansatz, der insbesondere die Maßstäblichkeit für die Kinder gut aufnimmt und umsetzt. Dennoch wird von der Jury die Aufwändigkeit in der Konstruktion und der großzügige Umgang mit Flächen kritisch diskutiert.
Lageplan 500

Lageplan 500

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG1

Grundriss OG1

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Detailschnitt

Detailschnitt

Modellfoto

Modellfoto