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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Grundschule Bad Neuenahr-Ahrweiler

Lageplan

Lageplan

1. Preis

Preisgeld: 44.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

LILASp - Lichtenstein Landschaftsarchitektur & Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde während der vergangenen 150 Jahre durch mehrere größere Überschwemmungen schwer beschädigt, teilweise zerstört. Insbesondere Gebäude und Infrastruktur in Flussnähe haben hierunter gelitten. So war auch die Grundschule Bad Neuenahr durch das Hochwasser 2021 stark betroffen. Ziel dieses Wettbewerbs ist es nun, der Schulgemein-schaft ein neues zu Hause zu geben, in einer auf ihre Bedürfnisse angepassten Clusterschule mit Ganztagsbetrieb.

Das Wettbewerbsgrundstück liegt nicht weit der Ahr, in einem recht heterogen geprägten Umfeld, an der Schnittstelle zwischen der kompakten Innenstadt Bad Neuenahrs und freistehenden Wohn-gebäuden nördlich der Ahr. Auf dem Grundstück befinden sich zurzeit neben dem beschädigten Schulgebäude, dessen nördlicher Gebäuderiegel erhalten werden soll, eine die östliche Grundstücksecke markierende Sporthalle und mehrere temporäre Bauten. In direkter Nachbarschaft sind zudem weitere öffentliche Einrichtungen und zwei Kindertagesstätten verortet. Wenig scheint aus den Ordnungen der Umgebung ableitbar zu sein. Sicherlich gibt es auf dem Grundstück einige Qualitäten, wie zum Beispiel die erhaltenswerten Bäume. Auch sollte die Verbindung zur Sporthalle und die Anlagerung der Sportfelder in deren Nähe einen Anhaltspunkt bieten. Man hat wenig Einfluss auf die Entwicklung der Umgebung, denn hier werden sicherlich im Zuge des Wiederaufbaus einige neue Elemente entstehen. Der nördliche beschädigte Schulbau soll umgewidmet werden. Hier sind Wohnungen mit Betreuungsangebot und ein Familienzentrum angedacht. Insofern wäre es wünschenswert, die neue Schule so zu platzieren, dass man den SchülerInnen, den Lehrenden und der Nachbarschaft eine eigene, neue, landschaftliche Welt schafft.

Die VerfasserInnen entschieden sich, die Gebäude leicht abgerückt von den Grundstücksgrenzen so zu verorten, dass die zwei Cluster-Pavillons, über dem Gelände schwebend, ringsum von den Qualitäten des Landschaftlichen profitieren. Bewusst wurde davon abgesehen die Grundstückskanten klar zu rahmen, um dann einen möglichst großen zentrierten Innenhof zu schaffen. Vielmehr sollen differenzierte Außenräume entstehen, welche auf die unterschiedlichen Ruhe- und Spielbedürfnisse einer Ganztagsschule abgestimmt sind.
Die im südwestlichen Bereich des Grundstücks angeordneten Gemeinschaftsfunktionen wie Bibliothek, Administration und Mehrzweckraum werden aus mehreren, über eine transparente, durch-lässige Pausenhalle verbundene Kuben gebildet. Diese sind massiv konstruiert und leicht erhöht um künftigen Hochwasserereignissen besser widerstehen zu können. Darüber erheben sich zwei je zweigeschossige Pavillons, die die Cluster-Lernbereiche beherbergen. Aus Holz konstruiert, schaffen diese eine nachhaltige und situativ besondere Lehr- und Lernumgebung. Die SchülerInnen werden erhöht, zwischen den Baumwipfeln, unterrichtet. Jeweils 5 Klassenräume, sowie ein Ruhe- und ein Differenzierungsraum gruppieren sich um einen zentralen Markplatz. Dieser kann variabel bespielt werden und erhält vielfältige Blickbezüge in die flexibel nutzbaren Klassenräume und die grüne Umgebung. Je Cluster ist ergänzend zum zentralen Lehrer-Besprechungszimmer im Erdgeschoss ein Lehrer-Teamraum vorgesehen. Unter dem östlich angeordneten Pavillon der über Teilen der Kantine schwebt, ist ein geschützter, jedoch offener Pausen- und Aufenthaltsbereich angeordnet.

Eine gemeinsame Erschließung verbindet die beiden Pavillons über alle Ebenen. Im Erdgeschoss mündet sie in der zentralen Pausenhalle, welche sich in den Sommermonaten großzügig zum Schulhof öffnen lässt. Im Schulalltag verknüpft diese die gemeinschaftlichen Funktionen im Erdgeschoss und dient als Bewegungsraum während Schlechtwetterperioden. Zu besonderen Anlässen könnte dieser zentrale Ort im Zusammenspiel mit dem Mehrzweckraum und der Mensa zu einem großzügigen Veranstaltungsraum umgewandelt werden. Auch in den Obergeschossen spielt dieses verbindende Element eine wichtige Rolle für die flexible und zukunftsfähige Nutzung des Schulgebäudes. So kann je ein großer Klassenraum zusätzlich von dieser Mitte aus erschlossen werden, was bei Bedarf eine übergeordnete Nutzung als Werk-, Kunst-, oder Musikraum ermöglichen würde. Darüber hinaus ermöglicht diese gemeinsame Mitte eine visuelle Verbindung in die umgebende, charakteristische Landschaft entlang der Ahr.

Die vorgesehene Anordnung der Baukörper erlaubt eine schrittweise Realisierung ohne weitere Interimsbauten. Wenn die Gemeinschaftsbereiche und der westliche, darüber angeordnete Clusterpavillon realisiert wurden, können die neuen Schulbereiche bezogen und der Nord-Süd verlaufende Teil der Schule abgebrochen werden. Nach der Realisierung der Mensa und des zweiten Clusterpavillon können dann alle Provisorien und der Ost-West verlaufende Teil der alten Schule rückgebaut bzw. zu Wohnungen umgenutzt werden.

Die erdgeschossigen Gemeinschaftsbereiche sind geprägt durch schwere geschlossene Baukörper, konstruiert in Mauerwerk, verbunden über transparente gläserne Elemente, die zu der offenen, in der Landschaft unter dem östlichen Clusterpavillion liegenden Mensa führen. Dieser Bereich ist geprägt durch die Natur, im Innern sind hier eher Beläge und Materialien, wie wir sie im Freien finden würden vorgesehen. Es entsteht ein klimatisch geschützter Landschaftsraum. Darüber "schweben" die Clusterpavillions. Ihr Charakter ist geprägt durch die erlebbare, spürbare Holzkonstruktion. Vorwiegend natürliche Materialien schaffen eine warme Lehr- und Lernathmosphäre. Diese Holzkonstruktion erlaubt flexible Grundrisse, die in ihrem Erstausbau den vorgegebenen Clustergrundriss umsetzen und eine fortschrittliche Lehre erlauben. Künftige Entwicklungen sind ohne Weiteres durch die geplante Skelettbauweise umsetzbar. Ein hoher Grad an Vorfertigung der Holzbauelemente ermöglicht zudem einen schnellen und sauberen Bauablauf. Auf Wartungsfreundlichkeit und Rückbaubarkeit wird bei der Auswahl von Materialien und Fügungen besonders geachtet.

Der großzügige neue Schulfreiraum wird durch die städtebauliche Gliederung zoniert. Der Eingangsbereich bildet den landschaftlichen Auftakt mit einem mit Bäumen gesäumten Platz. Die Fläche kommt mit einem harten Bodenbelag daher und ist neben Treffpunkt auch Raum für die Verkehrserziehung. Hier finden zudem eingangsnah die Fahrräder einen gesicherten und überdachten Abstellbereich. Die sportlichen Angebote orientieren sich in Richtung Osten – in Richtung der Sporthalle. Das landschaftliche Grün der südlichen Wohnbebauung durchzieht diesen Bereich und schafft unter einer dichten Gehölzkulisse vielfältige Schattenplätze für Sport und Bewegung. Neben dem Multifunktionsspielfeld und der Laufbahn an der südlichen Grundstückegrenze, entsteht eine Rundlaufbahn, die die Kinder zum Spielen einlädt und dabei sogar durch die zentrale Pausenhallte geführt wird – so wird innen und außen weiter verknüpft.
Die Schulhofbereiche werden durch ein lineares Element wie mit einem orangenen Faden verbunden. Dieses Element verformt sich je nach Nutzungsbereich und Zone, ist mal gebautes Element, mal Bodenintarsie. Es schafft Sitzbereiche, ein offenes Klassenzimmer, eine kleine Tribüne in Richtung Laufbahn, Schaukeln, Kletterelemente und weitere Spielelemente und endet als stehender Schriftzug am Eingang an der Hemmesser Straße.

Das Brandschutzkonzept ermöglicht die Definition eines Clusters als eine Nutzungseinheit. Der erste Rettungsweg wird in maximal 25m Distanz erreicht und führt über eine Außentreppe direkt ins Freie, welche zudem auch einen direkten Zugang aus den Clustern zum Schulhof ermöglicht. Die Mensa bildet im Erdgeschoss ebenfalls eine eigene Nutzungseinheit. Alle Rettungswege führen hier direkt ins Freie.

Das energetische Konzept setzt vorwiegend auf passive, wartungsarme Maßnahmen. In den erdgeschossig gelegenen Gemeinschaftsbereichen sind Speichermassen durch die massiven Wände und den Boden gegeben. Die Mensa ist gut verschattet, ihre Speichermassen sind neben dem aktivierten Fußboden noch der massiv gebaute Küchenbaukörper. In den Clusterpavillons ist die thermische Masse durch aktivierte Lehmelemente an den Decken und teils auch Wänden gegeben. Ein beweglicher Sonnenschutz ist wo notwendig und sinnvoll vorgesehen. Hier könnten Fallarmmarkiesen das Erscheinungsbild der Pavillons vervollständigen. Die mögliche Querlüftung und die Nachtauskühlung in Kombination mit den thermischen Massen beugen der sommerlichen Überhitzung vor. Für die Heizung wird die bereits vorhandene Fernwärme genutzt. In allen Bereichen wird auf eine optimale Tageslichtnutzung geachtet. Photovoltaik in Kombination mit einem Gründach versorgt das Schulgebäude zudem mit ressourcenschonender Solarenergie. Diese Kombination aus wirkungsvollen passiven und sehr einfachen aktiven Maßnahmen schaffen in Gemeinschafts- und Lernbereichen ein angenehmes Raumklima über das ganze Jahr. In der Planung und Umsetzung wird auf eine einfache, technisch unaufwändige Lösung geachtet. Dies erlaubt eine kostengünstige Realisierung sowohl in der Gebäudetechnik als auch der Baukonstruktion.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen zwei miteinander verbundene, spielerisch anmutende, 3-geschossige Baukörper an der südlichen Baugrenze vor. Dadurch kann ein angemessener Abstand auch des Pausenhofes zum als Wohngebäude genutzten bestehende Riegel an der Weststraße eingehalten werden. Der vorgeschlagene Baukörper orientiert sich nicht am Bestandsgebäude, sondern eher an der kleinteiligen Körnung der angrenzenden Wohngebäude im Süden und Westen (´Häuser zu Häuser´).

Die kompakte, gen Süden ausgerichtete Lage des Gebäudes erschafft einen Schulhof, der das Gebäude umfließt und innen und außen spielerisch miteinander durch die „schwebende“ Gebäudekubatur verknüpft.

Die Jury begrüßt es, dass der Entwurf sich in allen anderen Bereichen rund um das Gebäude herum ganz auf die Nutzbarmachung des Außenraumes konzentriert, die Bildung von Restflächen vermeidet und die verschiedenen Spielangebote sinnhaft verortet, der Entwurf weißt einen hohen Grad an versiegelten Flächen auf bietet aber auch gleichermaßen einen sehr hohen Anteil an Grünflächen. Dennoch wäre der Anteil an versiegelten Flächen in der weiteren Bearbeitung noch einmal kritisch zu hinterfragen.

Das Band, welches sich vom fußläufigen Eingang des Schulhofes, durch das gesamte Gelände zieht führt auch kleinere Kinder auf eine subtile Art und Weise sicher durch das Gelände des Außenraumes. Der Gedanke kann gewürdigt werden zeigt jedoch im Außenraum beispielhaft auf, dass der Entwurf hinsichtlich der Freiraumplanung noch überarbeitet werden muss und ausbaufähig in seinem Formen und Gestaltsprache ist.

Auch hinsichtlich der Ausformulierung der Freianlagen und der Thematik der Beaufsichtigung darf sicherlich an der einen oder anderen Stelle noch einmal genau hingeschaut und auf Machbarkeit überprüft werden, jedoch überzeugt der Entwurf in seiner Herangehensweise und der behutsamen und nahezu liebevollen Art der Gesamtformulierung.

Der Haupteingang sollte logischerweise über den Pausenhofzugang in der Fuge der beiden Häuser liegen, nicht an der unerwarteten Stelle weiter westlich. Unklar erscheint die Andienbarkeit der Küche. Die eher dienenden Bereiche (Verwaltung, Bibliothek und Küche) bilden im Westen und Süden einen festen Rücken, sodass sich der Mehrzweckraum und besonders die Mensa zum nördlich liegenden Schulhof orientieren kann. Das Erdgeschoss befreit sich somit weitgehend von der Stringenz der Obergeschosse.

Erfreulich großzügig dimensioniert sind die natürlich belichteten Verteilerflächen um die Haupttreppe in den Obergeschossen. Den gemeinschaftlich genutzten Clusterflächen wünscht man einerseits mehr Mittenbezug, andererseits ist somit ein eher konzentriertes, ruhiges Arbeiten an der Fassade besser möglich. Leider kann nur der im 2. Obergeschoß liegende Innenbereich durch ein Oberlicht natürlich belichtet werden. Diesen Vorteil hat das 1. Obergeschoß nicht, dieses ist insofern nicht gleichwertig und benachteiligt. Die Klassenräume selbst öffnen sich durch konventionelle Möblierung durch Schrankwände zu wenig zur Clustermitte. Sehr positiv gesehen werden die Übereckfassaden vieler Klassenräume.

Die Fassade wirkt in der Anmutung filigran durch ein offenes, transparentes Erdgeschoß, auf das sich ein leicht wirkender Baukörper aufsetzt. Konstruktivmateriell wird eine Kombination von Mauerwerk im Erdgeschoss und einer Holzbauskelettbauweise in den Obergeschossen vorgeschlagen. Alle Wirtschaftlichkeitskennwerte liegen eindeutig unter dem Durchschnitt, sind also positiv. Den Verfassern gelingt eine der Aufgabe angemessene, sehr wohltuende Kleinteiligkeit und Angemessenheit der gewählten Mittel in Hinblick auf eine selbstverständlich wirkende Ablesbarkeit. Der Entwurf zeigt auch hinsichtlich der Kombination von Außenraum und Gebäude einen offenen und einladenden Ansatz auf und Er vermittelt in großem Maße sofort die positive Assoziation „Grundschule“, verbunden mit einer großen Leichtigkeit und einem aus dem Inhalt entwickelten Ansatz „aus sich heraus“ (Lernen um eine Mitte).
Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Ansicht Pausenhof

Ansicht Pausenhof

Erdgeschoss I Öffnung zum grünen Schulpark

Erdgeschoss I Öffnung zum grünen Schulpark

Obergeschoss I Clusterpavillions zwischen den Bäumen

Obergeschoss I Clusterpavillions zwischen den Bäumen

Modellfoto

Modellfoto