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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neugestaltung Bahnhofsumfeld in Bünde

Lageplan M500

Lageplan M500

Anerkennung

Preisgeld: 15.000 EUR

LILL + SPARLA Landschaftsarchitekten Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Schüßler-Plan

Verkehrsplanung

Stefan Schmitz BDA Architekten und Stadtplaner

Architektur

Erläuterungstext

Neugestaltung Bahnhofsumfeld Bünde

Ziel des Entwurfes ist eine Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes unter weitgehender
Aufnahme bestehender Gestaltungselemente. Der in den 90er Jahren gebaute Busbahnhof
bleibt weitgehend erhalten und gibt mit seinen Ziegelmaterialien den Grundton des
Entwurfes vor.
Die Verlagerung der ebenerdigen Stellplätze in eine mehrstöckige Parkpallette gibt Raum für
eine grundlegende Neugestaltung der Fußgängerachse zwischen Bahnhof und Stadt. Diese
bewusst gradlinig geführte Achse erhält ihre architektonische Ausprägung durch eine Arkade
und bildet das Rückgrat des Freiraums im Umfeld des Bahnhofes.

Die Arkade bildet zugleich die Trennung zwischen zwei sehr unterschiedlich gestalteten
Freiräumen:

• Nach Westen ein dichter Bewuchs mit Bäumen, der die Gemengelage der
vorhandenen Hinterhofsituationen aus dem Wahrnehmungsfeld des
Bahnhofsvorplatzes ausschließt
• Nach Osten die „Rippen“ des Rückgrates, mit einem Wechsel von bepflanzten und
befestigten Flächen, die den Bezug zwischen Arkade und Busbahnhof herstellen

In der Untersicht des Arkadendaches ist ein lineares LED-Lichtband integriert, das bei
Dunkelheit für die Fahrgäste des öffentlichen Verkehrs eine klare Orientierung vorgibt.
Anfang und Ende der Arkade wird durch ein kleines, turmartiges Ziegelbauwerk markiert, das
eine Leuchtvitrine für Fahrgastinformationen und eine Bahnhofsuhr sowie im Innenraum die
notwendigen elektrotechnischen Anlagen aufnimmt.

Die Arkade endet im Süden auf einem kleinen Platz, der sich zur Wasserbreite öffnet und so
das Entrée zum Vorplatz des Bahnhofes bildet. Der Tabakspeicher erhält einen Anbau im
Erdgeschoss, der diesem Entrée eine östliche Fassung gibt. Hier werden
öffentlichkeitsorientierte Nutzungen wie z.B. Gastronomie, Einzelhandel oder
Kultureinrichtungen vorgeschlagen.

Insgesamt versucht der Entwurf bestehende Gestaltungselement in einen neuen
Gestaltungszusammenhang zu integrieren, anstatt eine grundlegend neue Gestaltungsidee
über alles zu setzen. Dies gilt sowohl für die Fahrgastunterstände aus den neunziger Jahren,
als auch für den Ziegelbelag des Bodens, der in der Neuplanung aufgegriffen und
weitergeführt wird. Gegenwärtig gibt der Ziegel den Grundton für das gesamte
Bahnhofsumfeld an und stellt nach Meinung des Entwurfsverfassers eine fast zwingende
Vorgabe für das Material der Neugestaltung dar.

Diese Grundidee des Entwurfes speist sich aus folgenden Gedanken:
• Ökologie
Die „graue Energie“ der vorhandenen baulichen Anlagen wird genutzt und sorgt
gegenüber einem Neubau für eine wesentliche Einsparung der CO²-Emmissionen
• Wirtschaftlichkeit
Ein Erhalt der nachhaltig angelegten Gebäude und Bodenbeläge reduziert die
Investitionskosten gegenüber Neubau
• Gestaltung
Durch Abriss und Neubau lässt sich keine grundlegende Verbesserung des
Busbahnhofes erzielen. Weder in funktionaler, noch in gestalterischer Hinsicht

Verkehr
Zum Zweck der Verkehrsberuhigung wird Durchgangsverkehr in der Bahnhofsstraße
gesperrt. Nur die Anlieferung der privaten Grundstücke und die 18 privilegierten PKWStellplätze bleiben anfahrbar. Die Stadtbuslinie 2 mit Einfahrt von Westen in die
Bahnhofsstraße erhält eine neue Haltestelle im nördlichen Bereich des Busbahnhofes, die
einen freien Blick der ankommenden Fahrgäste über das Bahnhofsumfeld ermöglicht. Die
Abfahrt erfolgt über den Busbahnhof. Dessen Fläche wird nach Norden hin etwas
ausgedehnt, sodass alle 9 Haltepositionen mit Gelenkbussen unabhängig anfahrbar sind.
Der gesamte Verkehr der neu zu errichteten Parkpallette erfolgt ausschließlich über die
Straße Am Stellwerk. Um den Baumbestand südlich der Parkpallette weitgehen zu erhalten,
wurde eine besondere Form der inneren Erschließung gewählt, die eine Bauwerksbreite von
28m ermöglicht. Dabei erfolgt die Erschließung der Parkplätze über ein wendelartig
angeordnetes Fahrbahnsystem, das in der Mitte verbunden ist. Hier ist die Auffahrt und die
Abfahrt zur Ausfahrt von jeder Etage möglich. Im westlichen Teil des Parkhauses erfolgt die
Auffahrt, im östlichen Teil die Abfahrt.

Bepflanzung
Der Entwurf ermöglicht es, einen Großteil des alten Baumbestandes zu erhalten und in die
neuen Strukturen zu integrieren. Zusätzlich werden zahlreiche klimaresiliente Arten dazu
gepflanzt. Als Abgrenzung zur westlichen Gemengelage wird neben der Arcade ein dichter
Baumhain angelegt, hinter dem die Erschließungsstraße und die Bestandsgebäude optisch
verschwinden und der ZOB einen wilden, grünen Rahmen erhält.
Zwischen Arkade und Busbahnhof werden Bodendecker und Staudenflächen angelegt,
welche den Niederschlag der angrenzenden Wegeflächen ohne den Einsatz zusätzlicher
Entwässerungseinrichtungen aufnehmen und versickern lassen.
Insgesamt liefert der Entwurf einen Beitrag zum klimagerechten Bauen. Die Vegetation wird
den deutlich intensiviert. Sie bindet den Feinstaub und wirkt durch Verdunstung der
städtischen Überwärmung im Sommer entgegen. Die vorhandene Bausubstanz bleibt
erhalten und in einen neuen Gestaltungszusammenhang überführt, in dem das Alte als
untrennbarer Teil des Neuen in Erscheinung tritt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die VerfasserInnen sind dem Gebot der Nachhaltigkeit verpflichtet und setzen ihr Konzept unter Beibehaltung des heutigen, raumgreifenden ZOB (Dächer, Pavillons und Flächen- aufteilung) um.

Das bahnbegleitende Band aus Radstation, Bahnhof, und Gastronomie ergänzen sie im östlichen Bereich um eine Parkpalette mit vier Ebenen.

Die Verbindung zwischen Bahnhofsgebäude und Tabakspeicher arbeiten sie mit einer den Architekturstilen der 90er Jahre verpflichteten Arkade heraus. Die Jury würdigt die so entstehende städtebauliche Qualität.

Auch andere gute und richtige Ansätze werden leider nicht konsequent zu Ende entwickelt: Das Band vor den Gebäuden an der Bahn bleibt für den motorisierten Individualverkehr befahrbar; die Wendeschleife am Bahnhof unterbricht eine eigentlich geboten erscheinende Fortsetzung der "Pergolenachse", die Kammstruktur entlang der Arkade erscheint unpassend und wird zusätzlich von störenden Funktionen (Parken vor dem Tabakspeicher) ihres Wertes beraubt.

Die an der Grundstücksgrenze verlaufende Erschließungsfläche mit den Carsharing-Parkplätzen ist funktional fraglich, der vorgeschlagene „Waldrand“ ist dem Ort nicht angemessen.

Die Materialverwendung ist unklar. Warum das Bahnhofsvorfeld von der Wegediagonale abgesetzt ist, kann nicht nachvollzogen werden.

Das Parkhaus mit den geneigten wendelartigen Parkrampen entspricht nicht den Erwartungen der Ausloberin und seine Funktionalität erschließt sich nicht vollends, Schrägparker und nur 4,50 m breite Fahrbahnen ergeben zwar ein schlankes Gebäude, ohne jedoch den Gegenwert des Baumerhaltes südlich des Bauwerks zu bieten. Die Schrägaufstellung ist für P&R-Anlagen ungewöhnlich.

Ein direkter Zugang zur Bahn wird leider nicht angeboten. Der Fußweg zum Bahnhof ist schmal bzw. auf der falschen Seite geführt.

Die Fassadengestaltung mit Klinkersockel und semitransparenter Vergitterung der oberen Ebenen unterstützt die Leichtigkeit des Bauwerks und fügt sich gut ein.

Die Haltepositionen der Buslinien sind – wie heute – eingeschränkt anfahrbar (es muss der jeweils andere Haltepunkt frei sein); die Halteposition 2 kann mit Gelenkbussen nicht bordsteinparallel angefahren werden. Die Zuwegung zur Mittelinsel ist wie heute auf eine Ost-West-Querung beschränkt.

Die postulierte Intensivierung der Vegetation mittels Baumpflanzungen steht im Kontrast zur orthogonalen Gestaltung, die Sichtbeziehung Bahnhof – Tabakspeicher ist eingeschränkt. Aussagen zum Umgang mit Niederschlagswasser werden vermisst, die Möglichkeiten sind aber ohnehin wegen des Erhalts bestehender Flächen begrenzt.

Leider lässt der Entwurf zahlreiche Chancen ungenutzt; daher liegen die Qualitäten nur in der grundsätzlichen Haltung, mit dem Bestand respektvoll und nachhaltig umzugehen.