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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Regionales Berufliches Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales in Schwerin

Schwerin, RBR*Z Aussenansicht

Schwerin, RBR*Z Aussenansicht

2. Preis

Preisgeld: 78.300 EUR

Winking · Froh Architekten

Architektur

WES LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept - VIER FÜR ZIPPENDORF
Der Neubau für das Berufliche Bildungszentrum Schwerin definiert auf der Grundlage des städtebaulichen Rahmenplanes neue Räume. Die in vier Bauteile gegliederte neue Schule mit Sporthalle bildet an den Eckpunkten des Baufeldes neu definierte Freiräume als Verbindung mit dem Stadtteil. Von Westen führt die Haupterschließung über die Magdeburger Straße und das neue Zippendorfer Gässchen mit einem neuen Quartiersplatz. Auf der Ostseite führt die Anknüpfung an die Bahnhaltestelle mit dem Park- und Ride Bereich zu dem Eingang der Sporthalle ebenfalls über einen baulich gefassten Vorbereich. Die Konzeption der neuen Schule mit vier Baukörpern macht die unterschiedlichen Nutzungsbereiche nach außen sichtbar und bildet eine räumliche Verbindung zwischen den großmaßstäblichen Bestandsbauten und dem neu geplanten Quartier. Innerhalb der neuen Schule entsteht ein gefasster Innenhof als ruhiger Ort für Pausen und Unterricht im Freien.

Innere Disposition – DER RING SCHLIESST SICH
Die Großform des „Blocks“ aus dem städtebaulichen Rahmenplan wird in vier Bereiche aufgelöst, bildet aber für die Haupterschließung mit einem umlaufenden Weg durch das Gebäude das Grundgerüst. Vom Haupteingang im Westen führt der Weg über die zentrale Eingangshalle mit den übergeordneten Funktionsbereichen. Mensa, Aula und Bibliothek liegen als zentrale Funktionen direkt am Foyer im Erdgeschoss. Der Hauptweg in das Gebäude führt im weiteren über die offene Haupttreppe in das 1.-Obergeschoss und und die seitlich angrenzenden Treppenräume. Innerhalb der einzelnen Lehrbereiche bildet sich jeweils ein eigener Erschließungsring um einen mittigen Hof mit offenen Begegnungs- und Arbeitsbereichen. Die Erschließung der Tiefgarage erfolgt am nördlichen Ende der Magdeburger Straße, die Anlieferung der Mensa von der Seite zu der Bahn mit einem kleinen Wirtschaftshof. Der Zugang zu der Sporthalle erfolgt über den eigenen Eingangsbereich im Osten zu der Plater Straße. Neben dem Zugang für die Umkleidebereiche im Erdgeschoss ist ein gesonderter Zugang für Besucher über das angrenzende Treppenhaus möglich.

Konstruktion und Material - DAUERHAFT UND FLEXIBEL
Der Neubau ist als Skelettbau auf einem Grundraster von überwiegend 8,0 auf 8,0 Meter aufgebaut. Die Konstruktion ermöglicht neben sehr flexiblen Grundrissen eine direkte Weiterführung der Konstruktion in das Untergeschoss mit der Tiefgarage. Die Obergeschosse haben eine Geschosshöhe von 3,75 Meter, das Erdgeschoss 4,0 Meter. Der Baukörper mit dem Haupteingang nutzt das Gelände und liegt mit dem Erdgeschoss einen knappen Meter tiefer. Damit haben die zentralen Sonderflächen im Erdgeschoss eine lichte Raumhöhe von über 4,0 Meter. Neben dem Primärtragwerk mit Stahlbetonstützen sind die Decken als Holz-Beton Verbunddecken geplant. Der überwiegende Teil der Innenwände ist nicht tragend aus Holz bzw. Trockenbau. Mit den regelhaft geplanten Fensterteilungen sind die Grundrisse langfristig flexibel für sich verändernde Raumaufteilungen und Nutzungen. Die Sporthalle ist mit nicht brennbaren Wänden und einem hölzernen Dachtragwerk geplant.

Brandschutzkonzept - EFFEKTIV SICHER
Für flexible Nutzungen und die Möglichkeit von offenen Gemeinschaftszonen werden überwiegend Kompartments gebildet. Die Einheiten bis zu 500m² haben jeweils zwei unabhängige Fluchtwege zu den Treppenräumen. Mit den vier Haupttreppen können durch den inneren Haupterschließungsweg alle notwendigen Fluchtwege nachgewiesen werden. Offene, begrünte Brücken in den Lichthöfen führen den zweiten Fluchtweg an der Schnittstelle von zwei Einheiten. Damit wird nur der innere Umlauf als notwendiger Flur ausgebildet. Alle weiteren Erschließungen innerhalb der Kompartments können flexibel verändert oder geöffnet werden und sind ohne Brandschutzanforderungen. In dem Eingangsgebäude ist der Luftraum bis zu dem Lichtdach als Halle ausgelegt. Die Nutzungseinheiten haben neben den offenen Galerien getrennt Zugänge zu den Treppenräumen. Die Holz-Hybridbauweise sieht übergeordnete tragende Bauteile nicht brennbar aus Stahlbeton bzw. Mauerwerk vor. Mit der Gliederung der Hauptbaukörper durch die Treppenhäuser wird die notwendige Trennung der Brandabschnitte sichergestellt.

Nachhaltigkeit - EINFACH LANGFRISTIG
Der Neubau für die beruflichen Schulen ist auf eine hohe Nachhaltigkeit in der Gebäudeherstellung und im Betrieb ausgelegt. Neben der Ökobilanz der Herstellung wird auch besonderes Augenmerk auf die Lebensdauer der Materialien, die Instandhaltung und einen Ressourcen schonenden Betrieb gelegt. Die gewählte Hybridkonstruktion sieht steinerne Bauteile für exponierte Fassadenbereiche und das Primärtragwerk vor. Der vorgesehene Einbau von Holzbauteilen erfolgt mit entsprechendem Wetterschutz bzw. innerhalb der thermischen Hülle. Der Einsatz von recycelten Materialien für Mauerwerk und Beton wird mit dem Einbau der Ornamentplatten aus dem abzubrechenden Wohnungsbau auch nach außen sichtbar. Die notwendige Gebäudetechnik wird durch ein nachhaltiges Konzept zur Beheizung und Belüftung auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Der überwiegende Teil der Räume ist natürlich über die Fenster belüftet. Schmale Öffnungsflügel hinter Lamellen in der Fassade ermöglichen eine gesicherte Fensteröffnung auch über Nacht und die Nutzung der Nachtauskühlung in der warmen Jahreszeit. Lüftungsanlagen sind überwiegend als Hybridlüftung mit einer freien Abluftführung über Nachströmelemente geplant. Die Abluftwärme wird über Wärmetauscher der Heizungsanlage zugeführt. Alle Dachflächen erhalten neben der Dachbegrünung Photovoltaikelemente, so dass der Stromverbrauch in der Jahresbilanz selbst erwirtschaftet werden kann.

Freiraumkonzept - HALLO NACHBARSCHAFT
Der Freiraum des Berufsbildungszentrums verbindet den Bau mit seiner Umgebung. Er vereint Funktionen des Bildungsbaus mit Angeboten für die Öffentlichkeit und bringt so die Lernenden mit den Anwohner*innen zusammen: Der Baumhain aus lichtdurchlässigen Silberahornen am Vorplatz ist Lernort und Treffpunkt zugleich. Das Bewegungsband entlang der Fuß- und Radachse ergänzt den bestehenden Spielplatz im Süden um Sportangebote. Und das Park’n’Ride Angebot im Osten bietet 100 baumüberstandene Stellplätze für die Nutzer*innen des ÖPNV. Der Innenhof bietet im Kontrast zum gradlinigen extrovertierten Rahmen einen organischen, introvertierten Naturraum als Entdeckergarten. Die dichten Vegetationsstrukturen des Schweriner-See-Ufers umhüllen einen wenige Meter vom Gebäude entfernt und bieten ruhige Nischen zum Erholen, Lernen oder Treffen zu zweit. In einer kleinen Lichtung am Rand ist das Grüne Klassenzimmer angeordnet.

Nachhaltigkeit und Klimaanpassung - RECYCLING UND DEZENTRALE VERSICKERUNG
Die versiegelten Flächen werden so weit wie möglich reduziert, in Tenne ausgeführt oder aber mit einem Betonpflaster mit hohem Recyclinganteil ausgeführt (Naturstein ist im Budget nicht abbildbar). Die restlichen Flächen stehen als Mulden oder Tiefbeete für die Versickerung und Kühlung durch Verdunstung zur Verfügung. Durch Rigolen können punktuell zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, z.B. am Vorplatz oder für überschüssiges Wasser von den Retentionsdächern. Im Innenhof schafft die weiche Topografie Raum für Flächenversickerung und Wasserrückhalt bei Starkregen. Der grüne Baumrahmen um das Gebäude kühlt die Innenräume im Sommer durch Verschattung und Verdunstung. Im Winter lassen die laublosen Bäume Sonnenstrahlen ins Innere und reduzieren so die Heizkosten.

Erschließung und Barrierefreiheit - VERKEHRSTRENNUNG
Große Teile des Freiraums sind dem Fußverkehr vorbehalten. Durch sanfte Höhenanpassungen werden Treppen und Rampen vermieden. Der KfZ-Verkehr wird von der Magdeburger Straße ohne Fußwegquerung direkt in die TG bzw. Anlieferzone geführt. Im Osten ist der Parkplatz auch direkt vom Anwohnerparkplatz aus erschlossen. Die Fahrräder erreichen das Fahrradparkhaus auf kurzem Weg vom Radweg aus. Hier können 200 überdachte Stellplätze angeboten werden, mit Doppelstockparkern bei Bedarf erweiterbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Architektur und Städtebau
Vier klar ausformulierte Gebäudevolumen bilden einen differenzierten Stadtbaustein mit ambivalentem Erscheinungsbild, welches sich einerseits in toto an der Maßstäblichkeit der benachbarten Bestandsgebäude orientiert und andererseits in der erkennbaren Gliederung gleichzeitig auf die Typologien des neu geplanten Quartiers eingeht.

Mit den viergeschossigen Gebäuden, die die unterschiedlichen Bereiche zum Ausdruck bringen, entsteht ein identitätsstiftender SchulCampus. Konsequent verteilen sich die Fachbereiche und Sport-halle auf die einzelnen Gebäude.

Besonders positiv wird die Eigenständigkeit der Sporthalle bewertet, die sowohl für die Schule als auch für externe Veranstaltungen sehr gut genutzt werden kann.

Durch die geschickte Setzung und Verortung der Einzelvolumen wird das neue Schulgebäude selbst-verständlich an die Quartiersachse im Westen und an die Straßenbahnhaltestelle im Osten angebunden.

Mit den jeweils verbindenden Bauteilen entsteht eine umlaufende Erschließung, die im Bereich der Übergänge mit großzügigen Treppenanlagen ausgestattet ist und die die interne Kommunikation unter den einzelnen Fachbereichen fördert.

Im Bereich des Haupteingangs sind die Gemeinschaftsflächen schlüssig angeordnet. Aula und Mensa können für die Schule und gegebenenfalls auch für den Stadtteil flexibel zusammengeschaltet und genutzt werden. Der nach Norden ausgerichtete Patio für die Mensa wird allerdings kritisch bewertet, das Angebot einer Cafeteria mit dem Außenbereich im Süden hingegen wird begrüßt.

Die Umsetzung des Raum- und Funktionsprogramms überzeugt. Die großen Klassenräume verfügen alle über sehr gute Ausrichtungen nach Außen, die kleineren Gruppen und Unterrichtsräume sind konsequent nach innen gerichtet. Eine besondere Qualität haben die Innenhöfe, die für eine gute Orientierung und Belichtung der Flächen sorgen.

In dem kompakten Untergeschoss, das ausschließlich unter der Bebauung liegt, werden alle notwendigen PKW Stellplätze und sämtliche Nebenflächen untergebracht. Für die Fassadengestaltung werden die im Bebauungsplan des benachbarten Quartiers definierten Festsetzungen zur Materialität aufgenommen. Mit den unterschiedlichen Fassadenöffnungen werden die Funktionen der Fachbereiche, Sporthalle und Gemeinschaftsbereichen selbstverständlich abgebildet.

Der feingliederige Umgang der Fassadengliederung und die Differenzierung in Gesimsbänder und Ziegelflächen garantieren eine Wertigkeit, die der neuen Schule und dem Ort gerecht werden. Die Idee, Betonplatten aus dem Bestand zu verwenden und den Bezug zur Nachbarschaft herzustellen, wird begrüßt.

Insgesamt ist dieser Entwurf in der Komplexität, von der städtebaulichen Einbindung bis zur Konzeption des Raum- und Funktionsprogramm ein sehr guter und wertvoller Beitrag für den Neubau des beruflichen Bildungszentrums.

Freiraum
Die Freiräume um das neue Schulgebäude sind klar und nachvollziehbar präzise formuliert. Allerdings erscheint der Vorplatz zu gering dimensioniert. Der Entdeckergarten im Innenhof wirkt sympathisch - der Anteil der befestigten Flächen im grünen Innenhof wirkt in Relation zur Nutzerzahl zu gering.

Die Verfasser binden die Höhenabwicklung des Geländes gut in die Anordnung der Gebäude und Freianlagen ein. Insgesamt ein funktional durchdachter und guter Beitrag.
Schwerin, RBBZ

Schwerin, RBBZ

Schwerin, RBRZ Innenansicht

Schwerin, RBRZ Innenansicht

Schwerin, RBBZ

Schwerin, RBBZ

Schwerin, RBBZ Lageplan

Schwerin, RBBZ Lageplan

Schwerin, RBBZ

Schwerin, RBBZ

Schwerin, BBZ Grundriss EG

Schwerin, BBZ Grundriss EG

Schwerin, RBBZ Grundriss

Schwerin, RBBZ Grundriss