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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2024

Ankunftszentrum für Flüchtlinge auf dem Areal Patrick Henry Village (PHV) in Heidelberg

1. Preis

Preisgeld: 288.000 EUR

Schulz und Schulz

Architektur

Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Landschaftsarchitektur

LINDENKREUZ EGGERT | Bildermacherei & Utopografie

Visualisierung

Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig

Brandschutzplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Nachhaltigkeitskonzept

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf greift das Thema der Zeilenbebauung im PHV auf und setzt ein sehr selbstverständliches Ensemble mit der Neuinterpretation der „Waldsiedlung“. Großzügig öffnet sich das Planungsgebiet zur kleinteiligen Nachbarbebauung im Norden über den bestehenden Grünraum und erhält damit wertvollen Baumbestand. Die strengen Zeilen werden durch Vor- und Rücksprünge gebrochen, durch die gezielte Positionierung von Hochpunkten und durch die Spielflächen als verbindende Elemente im Freibereich. Die Rahmung des Parkways erfolgt mit klaren kubischen Baukörpern, die einen großen Platz einfassen, der dem Ankommen dient. Der Parkway selbst wird zum Shared Space. Diese Setzung entspricht nicht den Zielen des dynamischen Masterplans, der die Öffnung des Parkways nach Norden und den fließenden Freiraum zwischen Zeilen sucht. Die Größe dieses Platzes und sein Charakter werden jedoch kritisch diskutiert, nicht zuletzt aufgrund der Grundrisse mit Nebenanlagen an prominenter Stelle im EG. Die Adressierung der Eingänge und der Pforte sind gut nachvollziehbar und auch für den Zugang zur Quartiersgarage denkbar, deren Einfahrt sollte allerdings über die Logistikstraße im Osten erfolgen. Im Ideenteil können die gesetzten Baukörper nicht überzeugen. Hier entsteht eine klare Raumkante und nicht die gewünschte Durchlässigkeit des dynamischen Rahmenplans. Zwischen dem südlich gelegen Park über das Ankunftszentrum bis zum kleinteiligen Bestand im Norden sollte der Freiraum als fließendes und verbindendes Element spürbar sein. Der Anschluss der Sportflächen im Norden ist in dem vorliegenden Entwurf ebenfalls durch das Umspannfeld begrenzt. Der Busparkplatz grenzt als Außenfläche im Norden an das Verfahrensgebäude. Die Erschließung und die innere Organisation des Gebäudes werden im Preisgericht hinterfragt. Die Dimension der großen Wartebereiche, ihre Ausrichtung auf die Logistikstraße, ein wünschenswertes Lager für Gepäck sind im Erdgeschoss zu überprüfen. Die überlange Schalteranlage im 2.OG steht nicht für eine geschütztes Ankommen und bedingt eine hohe Lärmbelastung. Hier wird eher eine Gliederung in einzelne Raumbereiche erwartet. Insgesamt ist es wünschenswert, die Bereiche für das Ankommen und das Abfahren flexibler zu gestalten, um Synergien nutzen zu können. Die Größe der Wartebereiche macht auch eine höhere Raumhöhe wünschenswert, um eine angenehme Raumproportion anbieten zu können. Für die Mitarbeitenden fehlt ein separater Eingang im Westen mit Aufzug. Die Zeilenbauten im Unterbringungsbereich sind mit Scherentreppen organisiert und bilden so auf sehr wirtschaftliche Weise den 1. und 2. baulichen Rettungsweg ab. Die an den Treppenhäusern angelagerten Sanitärbereiche sind äußerst knapp bemessen und werden kritisch gesehen. Es ist zu überprüfen, inwieweit die strukturelle Flexibilität dieser Gebäude neben den unterschiedlichen Zimmergrößen auch die Integration von einem zusätzlichen Sanitärangebot integrieren kann. Die Entscheidung, städtebauliche Hochpunkte mit mehr als 5. Vollgeschossen für einzelne Kohorten im Wohnbereich und für das Gebäude für Familie und Kinder anzubieten, ist im Rahmen des städtebaulichen Konzepts gut nachvollziehbar, auch wenn die Bedenken für die Nutzung weiter bestehen. Die räumliche Nähe von Pforte und Kantine ist vermutlich eine große Herausforderung, da hier lange Warteschlangen an der Pforte mit den Sitzbereichen der Kantine zusammentreffen. Zudem benötigt die Verfahrensberatung in den Obergeschossen über der Mensa einen eigenen Eingang, der unabhängig funktioniert und von außen direkt erschlossen werden kann. Die gewählten Typologien ermögliche eine variable Organisation der Grundrisse für den Unterbringungsund den Verfahrensbereich. Die modularen Strukturen in Holzrahmenkonstruktion für die Zeilen und die Stahlbeton-Skelettkonstruktion für die Verfahrensgebäude geben viel Freiheit in der Ausgestaltung. Die geplante Bauweise mit Holz und Lehm verweisen auf eine zeitgemäße und nachhaltige Lösung. Die gestalterische Unterscheidung in massive Sockel für die Funktions- und Verfahrensbereiche und Holzbauweise für den Unterbringungsbereich unterstützen die Orientierung und Raumbildung. Die Gestaltung der Fassaden ist gut nachvollziehbar, durch die Anhebung der Raumhöhen für die Verfahrens- und Funktionsbereiche könnte der Sockelbereich in seiner Gestaltung gewinnen. Das vorliegende Konzept verspricht eine hohe Nutzungsflexibilität. Es ist allerdings zu prüfen, inwieweit die minimierte Erschließung in dem Verfahrensbereich, im Funktionsbereich (Gesundheit und Alltagsbetreuung) und in der Kantine ausreichen. Gerade der Zugang zur Verfahrensberatung sollte nicht über die Kantine erfolgen, sondern eigenständig von außen erschlossen werden können. Die Organisation der Kantine über drei Ebenen ist gut gelöst und untergliedert sinnfällig den Freibereich. Der Entwurf liegt mit seinen wirtschaftlichen Kennzahlen im unteren Bereich der eingereichten Arbeiten. Durch die Positionierung des Spiel- und Freibereiches im Norden können viele Bestandsbäume erhalten werden. Einen Rundweg durchs Gelände bietet der Freiraum nicht, wohl aber gut organisierte Spielbereiche im Schatten der Bäume. Die Kinder- und Jugendbetreuung sind hier unmittelbar mit Spielwiese und Spielplatz verknüpft. Der Brandschutz ist mit dem vorliegenden Konzept gelöst, auch wenn die Erschließung von Süden als zweiter Rettungsweg aufgrund der einzelnen Tore weniger als schnelle Zufahrt für den Einsatz von RTW und Polizei zu verstehen ist. Der Entwurf bietet ein sehr funktionales und strenges Konzept für den Neubau des Ankunftszentrums im PHV und eine gute Antwort auf die komplexe Aufgabe. Die Waldsiedlung wird es vermutlich nicht werden, doch die strukturelle Offenheit des Entwurfs und die städtebauliche Setzung lassen viele positive Entwicklungsmöglichkeiten zu.