Award / Auszeichnung | 09/2012
Deutscher Städtebaupreis 2012
Photo: Hanns Joosten
Neugestaltung der historischen Mitte
DE-39418 Staßfurt, Kottenstrasse
Deutscher Städtebaupreis 2012
Projektdaten
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Gebäudetyp:
Städtebauliche Projekte
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Projektgröße:
keine Angabe
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Status:
Realisiert
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Termine:
Baubeginn: 01/2006
Fertigstellung: 01/2010
Projektbeschreibung
Im Rahmen des IBA Themas „Aufheben der Mitte“ -
ein Projekt der IBA Stadtumbau 2010
Die Salz- und Bodestadt Staßfurt gilt seit Eröffnung der ersten Schächte 1852 weltweit als die „Wiege des Kalibergbaus“. Das „weiße Gold“ machte die Stadt zwar reich, doch es wandelte sich zum Fluch, als Ende des 19. Jahrhunderts die Grubenaue „wild ersoff“. Seither durchzieht ein Bergsenkungsgebiet diagonal das alte Stadtgebiet. Marktensemble, Rathaus und Stadtkirche, insgesamt um die 800 Gebäude, mussten abgerissen werden. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010 setzte sich Staßfurt mit seinem Thema „Aufheben der Mitte“ das Ziel, seiner verlorenen historischen Stadtmitte ein neues, angemessenes Erscheinungsbild zu geben und gleichzeitig Strategien zum Bewahren von Erinnerung zu finden. Untersuchungen der Bergbaufolgen und der Aufbau einer neuen Wasserhaltung für das Senkungsgebiet waren dafür die Voraussetzungen. Mit einer beispielhaften Bürgerbeteiligung wurde im Rahmen der IBA die Lösung eines hochwertig gestalteten Landschaftszugs mit See als „Mitte Staßfurt“ favorisiert und in den vergangenen Jahren umgesetzt.
Das vom Stadtrat beschlossene Konzept des Berliner Büros Häfner Jimenez Landschaftsarchitektur sah eine Low-Tech-Lösung vor, die natürliche Schwankungen des Grundwasserstandes durch unterschiedlich abgeböschte Uferbefestigungen aus Schotter ermöglicht und mit Sitzstufen am Ufer und Kirschbaumwiesen Naherholungsräume für die Bewohner schafft. Die Form des Sees folgt der Topografie des Ortes. Der Schotter am Ufer erinnert an kristallines Salz, das einst zum Wohlstand der Stadt, aber auch zum Verlust der historischen Mitte führte. Die Steinschüttung toleriert zu erwartende wechselnde Wasserstände. Mal fein- und mal grobkörniger Schotter hilft zu unterscheiden zwischen Aufenthaltsbereichen am flachen Ufer und den Bereichen an steileren Uferabschnitten.
Der Senkungsbereich wird als räumliche Einheit gestaltet, in der See, Großer Markt und die Fläche der ehemaligen Kirche eingefügt werden. Der Große Markt liegt als glatte Asphaltfläche in einem Bett aus Kleinsteinpflaster. Das sich nördlich anschließende Kirchengrundstück, auf dem sich in etwa 50 Zentimeter unter heutigem Geländeniveau die Reste der St.- Johannis-Kirche und des sogenannten schiefen Turmes befinden, bleibt unangetastet für spätere Generationen. Das Grundstück wurde als plane horizontale Rasenfläche ausgebildet. Sie dient gewissermaßen als Eichstrich, um mögliche künftige Veränderung ablesen zu können. Im Rasen markiert eine Sonderfläche den Umriss des ehemaligen Kirchturms, der mehr als 500 Jahre das Wahrzeichen der Stadt war.
Straßen, die als Plattformen über dem Wasser enden, lassen den Verlust der Mitte sinnlich erfahrbar werden. Die Kottenstraße als wichtige Ost-West-Verbindung bleibt für Fußgänger und Radfahrer mittels einer Brücke zugänglich.
Mit der Umgestaltung erhielten die Staßfurter ihr Zentrum zurück. Die Kombination aus dem Umgang, die Folgen des Bergbaus als freiräumliches Zentrum gestalterisch sichtbar zu machen, und dem Dialog zwischen Planern und Bürgerschaft macht dieses Projekt bemerkenswert.
„Innenraum“ des ehemaligen Kirchturms Photo: Hanns Joosten
Die Wasserfläche wurde zur neuen Mitte der Stadt Photo: Hanns Joosten
Entwurfsplan
Morphologie des Stadtkerns (Aus: Internationale Bauaustellung Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010 - Staßfurt, Ausgabe 2010, Hrsg.: Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt)
Wasserpodest am Ende der ehemaligen Marktgasse
Senkungslinien Photo: Doreen Ritzau
Linien von Narzissen markieren die Senkungslinien
Platz am Trafoturm Photo: Hanns Joosten
Kirchengrundstück Photo: Hanns Joosten
Kirche Neuer Markt Photo: Hanns Joosten
Höhenunterschied mit Treppen überbrückt Photo: Hanns Joosten
Brücke im Verlauf der ehemaligen Kottenstraße
Vorher - Nachher
Vorher - Nachher
Vorher - Nachher
Historische Stadtansicht
Neuer Markt und Johanniskirche
Schiefer Turm kurz vor dem Abriss
Luftbild 1928
Luftbild Anfang 2004
Luftbild 2008, Die Arbeiten sind zum großen Teil abgeschlossen.