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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Temporärer Architekturpavillon in Braunschweig

Blick vom Dom

Blick vom Dom

2. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Giesler Architekten

Architektur

Martens + Puller Ingenieurgesellschaft m.b.H.

Tragwerksplanung

Friedrich Mühlmann

Student*in

Josepha Zadow

Student*in

Erläuterungstext

TAPBS TEMPORÄRER ARCHITEKTURPAVILLON BRAUNSCHWEIG

Der Domplatz liegt im Herzen von Braunschweig und bildet zusammen mit dem benachbarten Burgplatz das Zentrum der Innenstadt. Der geschichtsträchtige Platz lädt zum Verweilen ein und seine imposante Kulisse zau- bert vor allem dem jährlich stattfindenden Weihnachtsmarkt seine besondere Atmosphäre. Nun soll diese Szene- rie auch in den Sommermonaten um eine Attraktion reicher werden: Ein temporärer Architekturpavillon für ver- schiedenste Veranstaltungen und Ausstellungen.
Auf Basis gründlicher Untersuchungen der täglichen Wegebeziehungen auf dem Domplatz wurde entschieden, den Pavillon mittig auf dem Platz, parallel zur Hauptbewegungsrichtung der Passanten zu verorten. Somit rücket der Pavillon maximal von den umliegenden Gebäuden ab - jedes Gebäude steht somit weiterhin für sich, die Wege bleiben erhalten, neue Räume entstehen.
Die Idee des Pavillons ist die einer offenen und gleichzeitig raumbildenden Stadt-Intervention. Sechs ausgediente Schiffscontainer werden direkt auf den Platz gesetzt und durch ein Holzpodest verbunden. Ein markantes, leichtes Wolkendach auf der einen und die mächtigen, ausladenden Platanen auf der anderen Seite bilden den oberen Abschluss. Durch die freistehende Anordnung der Container als raumhaltige Wandscheiben fügt sich der Pavillon behutsam in das Platzgefüge ein. Es entsteht ein fließender Übergang zwischen Außen- und Innenraum.

Es werden im Wesentlichen zwei Haupträume gebildet, welche deutlich an der Breite der Zugänge und der Set- zung des Daches abzulesen sind: Der Marktplatz unter der ultraleichten Dachkonstruktion als Veranstaltungs- und Kommunikationsbereich und das Atrium als kontemplativer, kreuzgang-ähnlicher Ausstellungsbereich. Das Atrium entwickelt sich nach innen gerichtet um eine der Platanen. Nach außen eher abgeschirmt und geheimnisvoll birgt dieser Bereich den Zugang zu vier Ausstellungsräumen. Im Gegensatz hierzu strahlt der großzügigere Marktplatz mit Bar/Café/Bühne nach außen, insbesondere in Richtung des Doms. Der sich hier neu ergebende Stadt-Raum wird temporär mitbespielt und einbezogen.

Die Container werden außen chrom-artig spiegelnd beschichtet. Je nach Stand der Sonne strahlt der gesamte Pavillon in den verschiedensten Facetten. Die Silhouetten der Umgebung, des Doms, der Bäume, aber auch die Bewegungen der Passanten und Besucher werden reflektiert und geben dem Ort einen neuen, ganz eigenen Charakter - ein Spiel mit Perspektiven und Blickwinkeln. Die an den Pavillon-Ecken leicht hervorstehenden Contai- ner sollen die vorbeigehenden Passanten abbremsen und zum Entdecken einladen. Mit Hilfe einer Rampe oder über seichte Stufen, die den leichten Höhenunterschied des Platzes ausgleichen, gelangt man auf das hölzerne Plateau, welches schwellenlos an die Eingänge der Container andockt. Innen werden die Container im Barbereich matt-schwarz und im Ausstellungsbereich matt-weiß beschichtet. Die Tore an den äußeren Stirnseiten werden geöffnet und die Öffnungen verglast, so dass Einblicke von außen ermöglicht werden.

Die ultraleichte Dachkonstruktion, die wie ein Kissen über der Veranstaltungsfläche zu schweben scheint und sich in den Abendstunden zu einer leuchtenden Attraktion transformiert, ist inspiriert von der Bauweise eines Zeppelins gepaart mit der flächendeckenden Tragkonstruktion einer Kassettendecke. Das Trag-Gerüst ist allseitig überzogen mit einer transluzenten hellen Membran. Die Tragstützen werden direkt an den Containern eingespannt verankert, so dass insgesamt keinerlei Fundamente benötigt werden. Durch das das rote Vorhang-Gestänge, welches sich wie ein Gitter vor die Öffnungen ziehen lässt, kann der Pavillon nachts verschlossen werden.
Am Ende einer kulturreichen Saison können schließlich alle verwendeten Elemente demontiert und in den Contai- nern verstaut werden. Der Domplatz wird rückstandslos geräumt und die Container werden außerhalb der Stadt bis zum nächsten Einsatz gelagert. Die Nachhaltigkeit des Pavillons wird abgebildet durch die Verwendung und das Upcycling vorhandener Elemente, die Verwendung nachwachsender Rohstoffe wo möglich, ultraleichte Kon- struktionen mit geringem Materialeinsatz und vor allem durch die vielfache Wiederverwendbarkeit der Gesamt- konstruktion.

Mit dem Pavillon wird ein Ort der Begegnung und der Kommunikation geschaffen. Die Attraktivität der Innensatdt wird gestärkt. Er soll in unterschiedlichster Weise Wege zur Nachhaltigkeit zeigen und fordern. Es soll Raum für Diskussion und Beratung geben. Lokale Künstler bekommen hier die Möglichkeit einer Ausstellung oder eines Bühnenprogramms. Die Architektur demonstriert mit innovativen Verfahren neue Wege in die Zukunft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden greifen die Idee des ehemals hier verorteten Kreuzgangs auf und interpretieren ihn neu. Mit der zweifellos raumgreifenden Struktur, die einen spannungsvollen Wechsel zwischen Innen- und Außenräumen ermöglicht, wird der Domplatz in vielfältiger Form neu bespielbar. Die Möglichkeit mit zwei Binnenräumen agieren zu können, wird trefflich ausgespielt und bietet sowohl einen kontemplativen als auch einen kommunikativen Ort, der sich mit größeren Öffnungen mit dem Domplatz verschränkt. Das liegende Raumkontinuum, bestehend aus verspiegelten Containerwänden, nimmt sich bezogen auf seine Sichtbarkeit zugunsten der historischen Gebäude angenehm zurück und lässt den Blick frei auf den Dom. Das Thema des zeitlich Befristeten, das Temporäre, wird durch die Wahl der Container besonders gut belegt. Das Dach als Lichtwolke erzeugt eine ausgesprochen angenehme Atmosphäre. Es gelingt den Verfassenden jedoch nicht, das Preisgericht von der Abbau- und Wiederaufbaufähigkeit des Daches zu überzeugen. Da das Dach das zentrale architektonische Element der Anlage darstellt, erwartet das Preisgericht den Nachweis der Refabrikation und Nachhaltigkeit der gewählten Konstruktion. Auch die für den Betrieb des Pavillons zwingend erforderlichen Infrastrukturen sind mit den wiederverwendeten Containern sehr gut gelöst. Die Verspiegelung der Container ist ein elementarer Bestandteil der Konzeption, die allerdings gleichzeitig der Idee der recycelten Container widerspricht.


Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss

Iso/Ansichten

Iso/Ansichten

Konstruktion

Konstruktion

Innenansicht

Innenansicht