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Studienauftrag, Selektives Verfahren | 02/2024

Sanierung Bernisches Historisches Museum (CH)

Gewinner

Bellorini Architekten

Architektur

Kast Kaeppeli Architekten

Architektur

Kossmanndejong

Szenographie

ASP Architekten AG

Architektur

extrā Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

WAM Planer und Ingenieure AG

Tragwerksplanung

Grolimund & Partner AG

Bauphysik

WSP Suisse AG

Brandschutzplanung

Gruner AG

TGA-Fachplanung

fux + sarbach Engineering AG

TGA-Fachplanung

Nightnurse Images AG

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Wettbewerbsprogramm formuliert drei Prämissen, welchen der Umbau und die Sanierung des Bernischen Historischen Museums genügen müssen: a) Erstellung eines gleichwertigen Auftritts des Museums gegen Süden, b) Kompensation von Flächen, die durch die Inwertsetzung des Altbaus verloren gehen und c) Ermöglichen von Rundgängen für Besuchende bzw. Verhindern von «Sackgasssituationen». Das Projekt «Viola W.» macht diese drei Prämissen zu den architektonischen und konzeptuellen Eckpfeilern des Entwurfs.

Durch die Schaffung einer grosszügigen südseitigen Eingangshalle im Sockel des Moserbaus und deren Anbindung an die historische Treppenhalle und an das Nordfoyer, werden die beiden Seiten des Museumsschlosses nicht nur funktional zusammengeführt, vielmehr entsteht eine «promenade achitecturale», die zu einem eigentlichen räumlich, architektonischen Ereignis wird. Die Sorgfalt von Konzeption und Gestaltung zeigt sich nicht zuletzt in der Lichtführung. So wird die seit dem Bau des Mosertrakts heute düstere Treppenhalle dank dem Öffnen bereits im Originalentwurf vorgesehener lateraler Fenster nun in allen Geschossen erhellt. Gleichzeitig ist die neue Eingangshalle im Süden durch die grosszügige Befensterung lichtdurchflutet. Unabhängig ob von Norden oder von Süden kommend, werden sich Besuchende stets dem Licht entgegen bewegen und sich leicht im Hause orientieren können. In vertikaler Richtung wird die historische Treppenhalle auf allen Ausstellungsgeschossen zum zentralen Orientierungs- und Identifikationspunkt.

Der Herausforderung, zusätzliche Flächen erstellen zu müssen, begegnen die Verfassenden mit einer selbstbewussten Ergänzung des Museumsschlosses. Vom lateralen Turm im Südwesten aus wird ein neuer Gebäuderiegel erstellt, der mit einer Art Brückenschlag die Vorzone des Moserbaus überspannt und östlich in einem turmartigen Abschluss endet. Dieser neue Gebäudeflügel schliesst die Anlage zum Süden hin sinnfällig ab. Damit erhält das Ensemble das bisher fehlende, kohärente Gesicht zum Museumsgarten. Gleichzeitig wird der heute etwas bezugslos wirkende Kubus subtil in die Gesamtkomposition an- und eingebunden. Dabei wird auch der erhöhte Aussenraum des Kubus in Wert gesetzt und attraktiv erschlossen. Bei der architektonischen Gestaltung des neuen Gebäudeflügels orientieren sich die Verfassenden am Schlossbau von André Lambert. Der Entwurf entwickelt sich in bewusster Analogie bezüglich Materialisierung, Volumenausbildung und Fassadenproportionierung. Damit schafft es die neue Architektur sowohl als selbstverständlicher Teil der historischen Anlage gelesen zu werden, als auch als selbstbewusstes architektonisches Statement in Erscheinung zu treten. Die nördliche und die südliche Hauptansicht der Museumsanlage erscheinen nun tatsächlich gleichwertig und gleichbedeutend, die Anbindung an den Museumsgarten ist gegeben.

Der neue Südflügel vervollständigt die Anlage aber nicht nur in ihrer äusseren Erscheinung, vielmehr vereinigt er eine ganze Reihe organisatorischer, kuratorischer und funktionaler Vorteile. An erster Stelle steht sicher die Schaffung zusammenhängender Raumfolgen, beziehungsweise die Gewährleistung horizontaler Rundgänge in den Ausstellungsgeschossen. So bleibt nur der Ostflügel, der seinerseits dank einer geschickt platzierten Vertikalerschliessung Rundgänge in vertikaler Richtung erlaubt.

Obwohl die Setzung des neuen Gebäudeflügels mit seinen verschiedenen Anschlussstellen grössere Eingriffe in die historische Bausubstanz verlangt, ist der Umgang mit dem Museumsschloss durch denkmalpflegerische Sorgfalt geprägt. Dies zeigt sich unter anderem am Energie- und Gebäudetechnikkonzept. Dank der Platzierung dezentraler Klima- und Lüftungsgeräte wird der Komplex in haustechnische Zonen unterteilt. Damit wird maximale Flexibilität in der Nutzung erreicht, gleichzeitig können die Querschnitte von Lüftungskanälen reduziert und deren Wegführung minimiert werden. Die Raumstruktur wird auf den historischen Zustand rückgeführt und wertvolle Bauteile (z. B. Fenster) und Ausstattungselemente erhalten und in Wert gesetzt. Eine ähnliche Sorgfalt lässt sich in der Ausarbeitung des Brandschutzkonzeptes feststellen. Dank geschickt gesetzter Fluchttreppen wird es möglich, den gesamten Mitteltrakt (Treppe und Vorhalle Nord) ins Ausstellungskonzept zu integrieren und der Vermittlungsfläche zuzuordnen.

Allem positivem Lob zum Trotz sind verschiedene Aspekte noch nicht gelöst, wie zum Beispiel auf architektonischer Ebene die Anschlüsse der neuen Dächer an den Bestand. Die Unterbauung des Mosersaals im Untergeschoss wird kritisch beurteilt, sowie der doppelte Betrieb eines Bistros und einer Bar, welche aus betrieblicher Sicht nicht umsetzbar erscheinen. Hier besteht ein Konflikt zur gewünschten Öffnung des neuen Museums zum Museumsquartier.

Das Projekt «Viola W.» entwickelt sich aus der Logik des Bestandes. Seine Neubauteile verschränken sich im Innern wie im Äussern subtil mit dem Vorhandenen und ergänzen beziehungsweise vervollständigen Architektur und Volumetrie des Museumsschlosses gekonnt. Der gesamte Komplex wird so zu einer Einheit, die mehr darstellt als die Summe seiner Einzelteile. Geradezu verblüffend ist der Effekt in Bezug auf den Kubus. Dessen krude Identität wird vollumfänglich respektiert, gleichzeitig wird er durch das selbstbewusste Auftreten des Museumsschlosses, durch das Vorrücken des neuen Gebäudeflügels gegen Osten und die Reduktion der Aussentreppenbreite auf selbstverständliche Weise in die Gesamtanlage eingebunden. Er wird zum Besten, was er sein kann: ein etwas eigenwilliger, aber liebenswerter Verwandter.
Foyer Nord

Foyer Nord

Foyer Süd

Foyer Süd

Situation

Situation

Schnitt

Schnitt