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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Welterbe-Informationszentrum Niedergermanischer Limes in Remagen

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 22.000 EUR

Robert Krawietz Architekt BDA

Architektur

SNOW Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau, Aussenanlagen

Das historische Dreieck von Remagen besteht aus einer Struktur mittelalterlicher bis moderner Gebäude von unterschiedlicher Gestaltung und Höhe an kleinen Straßen und Gassen. Das römische Kastell mit seinen wohl einst eindrucksvollen Mauern ist aus dem Stadtbild fast völlig verschwunden. An seiner Stelle befindet sich jetzt eine nur an den Rändern bebaute ungeordnete Fläche - ein grosser Hinterhof - mit Parkplatzflächen, Schuppen und Garagen.
Ein Rest der Kastellmauer bildet auf der Südostseite die Grenze zum Baufeld des geplanten Informationszentrums.

Das Informationszentrum fügt sich in Massstab und Höhenentwicklung in die umgebende Bebauung ein. Es entspricht mit drei Obergeschossen den Anforderungen des Bebauungsplans, integriert die Kastellmauer und führt in Verbindung mit dem südöstlich angeschliessenden Geschäftshaus den Blockrand weiter fort. Ein leichter Rücksprung der Fassade im Bereich des Mitarbeitendeneingangs bewirkt einen vermittelnden Anschluss an das Nachbarebäude. Auf der Südseite entsteht der geforderte Abstand zur Nachbarbebauung durch einen Rücksprung der beiden Obergeschosse, mit einer Terrasse über dem Erdgeschoss. Die Kastellmauer wird in den klimatisierten Baukörper des Informationszentrums einbezogen, so kann ihre Verkleidung (aus einer späteren Epoche) entfernt werden. Das ursprüngliche Mauerwerk würde dann zum Vorschein kommen.
Die als turmartige Konstruktion ausgebildete Aussentreppe auf der Nordwestseite bezieht sich auf einen der Kastelltürme.

Unser Vorschlag für die Aussenanlagen sieht eine Weiterführung der Gassenstruktur vor.
Ein Boskett aus kleinen Mandelbäumen gliedert die Fläche und schafft eine Abfolge von offenen Räumen, die zur Kastellmauer führen. Diese wird - auch mit ihren Türmen - im Grundriss durch eine Fläche aus Kleinpflaster dargestellt , der erhaltene Mauerrest ist nun endlich wieder in seinem Kontext ablesbar. Vor der Glasfassade, die den Blick auf den Mauerrest zulässt, wird das Gelände auf Erdgeschoss-Niveau abgesenkt. Der entstehende Höhenunterschied wird durch eine Treppenanlage überwunden. Diese und eine geschwungene Bank strukturieren den neu entstandenen Hofcharakter und laden zum Verweilen ein.
Einzelne Aussenraumsituationen werden durch wenige Einzelbäume mit flachen Wurzeln
akzentuiert. Die Terrasse auf der Südostseite des Zentrums erhält kleine Bäume in Pflanzkübeln. Die Dachfläche im Anschluss an die südöstliche Bebauung wird extensiv begrünt, am Rankgerüst vor der Aussentreppe kann wilder Wein hochwachsen.
Die geforderten Parkplätze entstehen im Nordwesten des Areals. Fahrradstellplätze sind in der Nähe des Haupteingangs angeordnet.
Die neu zu befestigenden Flächen werden mit den gleichen Platten belegt, die auch schon bei der bereits vorhandenen Fläche vor der Stadtverwaltung gewählt wurden

Raumprogramm

Die Erschliessung erfolgt von Nordosten her. Die grossen geschosshohen Glasflächen im Erdgeschoss machen neugierig, die schräge Glaswand richtet die Aufmerksamkeit auf die Kastellmauer und führt über einen Windfang auf eine grosse Fläche mit der runden Theke der Tourist Information und den ersten ausgestellten Objekten aus der Römerzeit. Ein Modell des Kastells hilft, die räumlichen Zusammenhänge zu verstehen. Eine einläufige Treppe führt nach unten, die Kastellmauer wird durch die weit offene räumliche Verbindung ins Untergeschoss in ihrer ganzen noch erhaltenen Höhe erfahrbar. Zusätzliche Ausstellungsflächen bieten auf dieser unteren Ebene weitere Informationen.

Ein Zugang auf der Südostseite erlaubt eine Erschliessung auch dann, wenn das Informationszentrums für Besucher geschlossen ist. Dies ist der geforderte separate Zugang für Mitarbeitende, doch könnte damit auch der Vermittlungsraum im 1. Obergeschoss für z.B. kleine Abendveranstaltungen genutzt werden. Der Aufzug ist im Erdgeschoss als Durchlader ausgebildet, so können Gegenstände direkt von der Strasse in die Geschosse verbracht werden, ohne die Flächen für das Publikum zu betreten.

Das Treppenhaus hat zwischen den Geschossen jeweils drei Läufe. So gibt es in jedem Geschoss einen anders liegenden Zugang und zusätzliche Erschliessungsmöglichkeiten zu den Nebenräumen auf der Südostseite auf unterschiedlichen Niveaus.

Im ersten Obergeschoss gelangt man direkt zu dem so genannten Vermittlungsraum, einem Saal mit Aussicht durch großzügig verglaste Aussenwände auf diesen besonderen Bereich der Stadtmitte.
Dieser Saal ist wie gewünscht auch nutzbar für die Verwaltung, die direkt daran angrenzt, als offener Bereich mit durch Möbel definierte Arbeitsplätzen. Eine Abgrenzung durch leichte Glastrennwände ist aber auch vorstellbar. Der Verwaltunsbereich hat auch direkten Zugang auf die Terrasse davor.

Das zweite Obergeschoss enthält das Archiv. Es zieht sich entlang der beiden Hauptfassaden entlang, zwischen den beiden Treppenhäusern, sodass die Fluchtwege gesichert sind. Um das Lagergut zu schützen, ist dieser Raum nur spärlich über einzelne Dachkuppeln belichtet. Der Sozialraum - für alle Mitarbeitenden des Informationszentrums - ist leicht vom Treppenhaus erreichbar und Richtung Südosten orientiert. Direkt gegenüber dem Aufzug liegt einer der beiden Lagerräume, der andere befindet sich im Untergeschoss.
Der grosse Haustechnikbereich nimmt die Innenfläche des Geschosses ein, hat direkten Anschluss zu den Fotovoltaik-Anlagen auf der Dachfläche und zu einem Schacht auf der Südwestseite zur Versorgung aller Geschosse.

WC-Anlagen für Besuchende liegen direkt am Treppenhaus im UG, Das Personal-WC ist ebenfalls vom Treppenhaus zugänglich zusammen mit dem Lager für Putzmittel, ein Rollstuhl-geeignetes WC für die Mitarbeitenden liegt direkt neben dem Sozialraum im 2. OG.

Architektur, Konstruktion

Um Eingriffe in den Boden auf ein Minimum zu beschränken und den Bereich der Kastellmauer freizuhalten, schlagen wir eine Konstruktion aus Stützen mit Einzelfundamenten vor, die großflächige über der Kastellmauer bis zu 3,50 m auskragende Deckenplatten stützen. Sinnvoll erscheint daher für eine solche Tragkonstruktion Stahlbeton als Baumaterial.

Dämmung zwischen den Aussenschalen. Auf der Aussenseite sind sie mit in der Umgebung gelegentlich verwendeten Schieferplatten verkleidet, in horizontaler Anordnung, nicht überlappend (symmetrische Deckung), in unterschiedlichen Längen und Breiten.
Die verglasten Bereiche bestehen aus geschoßhohen grossen Fensterflächen in Dreifachverglasung mit innenliegenden Lamellenstores (Sonnenschutz). Im Erdgeschoss sind diese Fenster als Schiebeelemente ausgebildet, um Wartungsarbeiten an der Kastellmauer zu erleichtern. In Teilbereichen sind abgehängte Decken vorgesehen.
Als Eingangshöhe / Niveau Erdgeschoss ±0.00 wurde die Höhe 65.50 NN aus dem Vorgängerbau gewählt.

Nachhaltigkeit: Die Betonkonstruktion ist auf statisch notwendige Bereiche beschränkt. Das Material Holz der Aussenwandkonstruktion entspricht den aktuellen ökologischen Anforderungen, die Schieferverkleidung ist langlebig und bei einer Entsorgung unbedenklich.

Haustechnik.

Heizung, Kühlung, Lüftung: Die Heizung erfolgt über Luft-Luft-Wärmepumpen im Technikbereich des 2.OG. Das erhitzte Wasser für die Heizung durchströmt die Stahlbeton-Deckenplatten (Betonkernaktivierung).
Bei hohen Aussentemperaturen kann auch kaltes Wasser zur Kühlung durch die Deckenplatten geleitet werden. Zusätzlich sind in den zur Befestigung der Glasfassaden vorgesehenen Stahlprofilen vor den Glasflächen Konvektoren mit Gebläse untergebracht.
Zusätzlich erfolgt der Einsatz einer mechanischen Lüftungsanlage, ebenfalls im 2. OG.
Sanitär: Das anfallende Niederschlagswasser kann zur WC-Spülung verwendet werden.
Elektro: Auf der Flachdachfläche werden Photovoltaik-Elemente angeordnet, zur Ergänzung der städtischen Stromversorgung.

Beleuchtungskonzept: in den Ausstellungsräumen würde es aus einer nicht zu hellen diffusen Allgemeinbeleuchtung bestehen, Vitrinen und Objekte und die Kastellmauer würden durch Einzelbeleuchtung gezielt in Szene gesetzt.
Die Büroflächen sollten zur Allgemeinbeleuchtung noch zusätzlich einzelne Arbeitsplatzleuchten erhalten.

Alle Ebenen können über einen Schacht an der Südwestfassade versorgt werden.
Der Hausanschlussraum liegt südlich des Haupttreppenhauses 1,25 m tiefer als das Untergeschoss.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Baukörper fügt sich selbstverständlich in die Umgebung ein und schließt den Blockrand mit angemessener Größe und Volumen. Die Höhen der Nachbarbebauung werden sinnfällig aufgenommen. Der Baukörper setzt sich selbstverständlich in den städtischen Raum. , auch wenn die baulichen Kennwert ein oberen Bereich liegen. Das vorgesehene „Baufeld“ wird durch ein vorgesetztes Fluchttreppenhaus geringfügig nach Nordosten überschritten.
Der Haupteingang erfolgt überzeugend über die Nordostseite über die Rathausgasse mit einer großzügigen einladenden Geste, was von der Jury sehr positiv bewertet wird. Eine schräge Glaswand führt den Besucher raffiniert in das Gebäude herein und ermöglicht einen überdachten Eingang. Der Mitarbeitereingang ist leicht zurückversetzt geschickt in der Fuge zur Nachbarbebauung eingefügt. Ein zweites Treppenhaus wird außen an das Gebäude gesetzt. Er soll den alten Kastellturm repräsentieren,. Die Rettungswegesituation ist
dadurch gut gelöst. Dieses Treppenhaus wirkt wie nachträglich hinzugefügt und ist in seiner Ausformulierung zu zweckgebunden gedacht.
Aus konservatorischer Sicht ist die Stellung des neuen Treppenturmes nur unter Berücksichtigung bzw. Schutz der Originalsubstanz im Boden realisierbar. In diesem Zusammenhang ist auch das niveaugleiche Herumführen der Platzfläche um das Gebäude sorgfältig zu prüfen. Ein Umgang mit der vorhandenen Topographie wäre wünschenswert.
Das konsequente Zurückspringen des Baukörpers ab den 1. OG nach Südosten ermöglicht den erforderliche Lichteinfall für den Nachbarn und schafft eine großzügige Mitarbeiterterrasse mit Außenraumqualitäten.
Aus denkmalpflegerischer Sicht stellt die im Gebäude liegende römische Mauer eine Herausforderung dar. Eine Veränderung der Fassade in diesem Bereich, bei dem die römischen Überreste im Freien mit Wetterschutz platziert ist, ist ohne Einschränkungen für das Konzept, vorstellbar. Die Tieferlegung des Untergeschosses ist aus denkmalpflegerischer Sicht ausgeschlossen an dieser Stelle.
Über den einladenden Eingang erreicht der Besucher ein großzügiges tagesbelichtetes Foyer, das über Sichtbeziehungen mit der Verwaltung im 1. OG verbunden ist. Die Lage des Backoffice als Arbeitsplatz im dunklen Bereich wird bemängelt. Die Nutzung von Verwaltung und dem Vermittlungsraum über eine gemeinsame Erschließung wird als unkritisch bewertet. Die Lage des Versammlungsraumes mit einem besondere Blick über die Stadt Struktur wird sehr begrüßt.
Die Stahlbetonkonstruktion und die Stützenstellung in Stellung und Systematik., sowie die 3,5 auskragende Decke über den Mauerresten, erschließt sich nicht direkt und wird aus Sicht eines ressourcenschonenden und CO2 reduzierten Bauens kritisch bewertet.
Die klar gegliederter Fassade aus großzügigen Glasflächen und wohlproportionierten geschlossenen Bereichen aus ortsansässigem Schiefer wird als Geste und Ausblick positiv bewertet. Sie ist ruhig und klar gegliedert und fügt sich gut in die heterogene Umgebung ein. Die Bekleidung aus Schieferplatten ist als ortsansässiges Material nachvollziehbar. Die großzügige Eckverglasung wäre im Weiteren in Bezug auf Vogelschlag zu prüfen. Im Hinblick auf eine reduzierte Technik wäre eine natürliche Lüftung z.B. über Fensteröffnungen, wünschenswert.
Die Gliederung des Außenraumes der durch angenehme Teilräume über das neue Element des Baumhains gestaltet wird, überzeugt in seiner Grunddisposition. Das Abbilden des Mauerverlaufs im Bodenbelag wird als didaktisches Element sehr begrüßt und setzt sich inhaltlich mit dem Ort und seiner Geschichte auseinander.
Fahrradstellplätze werden sinnvoll auf der Fläche vorgesehen. Die Stellplätze sind gegeben und respektiert die örtlich notwendigen Zufahrten der Nachbarn. Das Projekt stellt einen wertvollen Beitrag zur komplexen Aufgabe des Informationszentrums für den niedergermanischen Limes in Remagen dar und überzeugt die Jury insbesondere durch die gute städtebaulichen Setzung und Funktionalität sowie den qualitätsvoll gestalteten Außenraum.
Plangrundlage Freianlagen

Plangrundlage Freianlagen