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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024

Neubau Welterbe-Informationszentrum Niedergermanischer Limes in Remagen

Perspektive_Remagen_Informationszentrum_niedergerm_Limes

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3. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

meck architekten gmbh

Architektur

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Informationszentrum Niedergermanischer Limes vermittelt als Informations- und Besucherzentrum überblicksartig einen Eindruck des UNESCO-Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches – Niedergermanischer Limes“. Leitgedanke dieses Entwurfs ist der Über-Blick über die Römische Geschichte Remagens: Im Inneren verkörpert durch die Inszenierung der Mauerreste der römischen Kastellbefestigung – im Äußeren durch einen Aussichtsturm mit Blick auf das „Historische Dreieck“.
Der Neubau fügt sich als städtebauliches Passstück in den Bestand ein. Mit der geneigten Dachlandschaft unter Wahrung der zulässigen First- und Traufhöhen gelingt ein harmonischer Anschluss und Übergang zur Nachbarbebauung. Gleichzeitig wird das Informationszentrum als Stadtbaustein von besonderer Bedeutung akzentuiert. Bauplastisch greift der Entwurf die Idee des ursprünglich an dieser Stelle vorhandenen Wachturmes auf. Den Höhepunkt der Ausstellung bildet eine Aussichtsebene auf rund zehn Metern über dem Gelände, von der sich wahrhaftig ein Überblick über Remagen und seine Römische Geschichte einstellt.
Am Durchgang zum Marktplatz gelegen, öffnet sich der Empfangsbereich mit Tourist-Information präsent und einladend zur Kirchstraße. Der gut auffindbare Anlauf- und Treffpunkt wird bestens mit Tageslicht versorgt. Eine einfache Wegeführung leitet die Besucher in den Ausstellungsbereich. Der Verwaltungstrakt ist mit den öffentlichen Bereichen im Inneren auf allen Ebenen eng vernetzt. Er verfügt über einen eigenen, untergeordneten Zugang. Sicht- und Blickbeziehungen in Verbindung mit kurzen Wegen stellen ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit im Betrieb sicher.
Differenzierte, halbgeschossig versetzte, barrierefrei erreichbare Ebenen nutzen den vorhandenen knappen Bauraum höchst effizient aus und bilden spannungsreich gegliederte Raumfolgen.
Mit den versetzten Ebenen und geschossübergreifenden Lufträumen entstehen Aus- und Durchblicke, die nicht nur innerhalb des Ausstellungsbereichs, sondern auch mit dem Verwaltungstrakt ein räumliches Kontinuum sicherstellen. Die Ausstellungsräume sind multifunktional und vielfältig bespielbar. Auf allen Hauptebenen der Ausstellung werden die gläsern eingehausten und damit konservierten Mauerreste der römischen Kastellbefestigungen sichtbar gemacht und in die Ausstellungskonzeption mit einbezogen. Ein inszenierter Rundgang führt die Besucher von den unter- und oberirdischen Mauerresten bis zum Aussichtspunkt mit Blick über das „Historische Dreieck“.
Die konstruktive Struktur entfaltet sich mit ihren Schotten aus Ziegel-Recycling-Beton rechtwinklig zur historischen Kastellbefestigung und stellt somit die Beziehung zum Römischen Kastell RIGOMAGVS her. In Verbindung mit Geschossdecken aus Brettstapelkonstruktionen und Bodenbelägen aus Ziegelplatten entsteht im Hinblick auf die Materialisierung eine dem Urtypus des römischen Hauses entlehnte Atmosphäre. Das weiß verschlämmte Ziegelkleid respektiert die Gestaltungssatzung der Stadt Remagen, ohne das tradierte Baumaterial der gebrannten Erde zu leugnen. Zwei bauliche Rettungswege stellen die Entfluchtung sicher. Die nach Süden gerichtete Dachfläche ist mit Photovoltaik ausgestattet.
Mit dem Neubau des Informationszentrums wird die Mitte Remagens weiterentwickelt: ein neuer Platz entsteht, ein Forum der Geschichtsvermittlung, dessen Identität durch das neue Informationszentrum bestimmt wird. Zusammen mit dem Kulturzentrum bildet der Neubau die Raumkanten für das neue Forum. In Anlehnung an das Kulturzentrum entwickelt sich vis-à-vis der Mauerreste die neue Bühne. Direkt angebunden an den großen Saal besitzt sie jetzt auch einen Backstagebereich.
Mit der Fortsetzung des Granitpflasters des Marktplatzes werden alle Sequenzen des öffentlichen Raums zu einer Gesamtheit zusammengebunden. Die Parkierungsflächen werden mit Rasenfuge belegt und mit Bäumen überstellt. So entsteht nach Westen ein grüner Anger mit Kastenlinden, welche den Ausblick nicht verstellen. Entlang geschlossener Fassaden blühen Stauden und Rankpflanzen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen skulptural ausformulierten Baukörper vor, der subtil auf die bestehende Bebauung und die städtebauliche Situation eingeht. So wird die Höhe des linken Nachbarn einerseits aufgenommen, zum Platz hin wird die Gebäudeecke jedoch abgesenkt, sodass dem klassizistischen Rathaus mit einer ruhigen und verhältnismäßig niedrigen Platzwand Referenz erwiesen wird. Dafür entwickelt sich an der Stelle des römischen Wachturms das Gebäude deutlich in die Höhe, um einen zweigeschossigen Ausstellungs- und Aussichtsraum für die Besucher anzubieten. Durch die Zweiteilung der Baumasse wirkt das Informationszentrum heterogen und kleiner, als es tatsächlich ist, was der feinkörnig strukturierten Altstadt Remagens Rechnung tragen mag. Der kompakte Baukörper ist klar und effizient, allerdings wenig behindertenfreundlich mittels eines Split-Level-Systems organisiert. Der Zugang im Nordosten liegt an der richtigen Stelle und wird mittels einer Unterschneidung des Baukörpers einfach, aber wirkungsvoll akzentuiert. Ruhige, flächig wirkende weiß geschlämmte Ziegelfassaden fügen sich in den Farb- und Materialkanon der Altstadt ein, ohne die herausgehobene Funktion des Baukörpers zu verleugnen. Die wenigen, überproportional großen Öffnungen werden mit breiten Rahmen aus Baubronze noch hervorgehoben und ermöglichen den Besuchern, an ausgewählten Punkten optische Bezüge zur städtischen Umgebung wahrzunehmen.
Die historische Kastellmauer wird freigestellt und beidseitig verglast, was aus Sicht der Denkmalpflege in klimatischer Hinsicht als sehr aufwendig eingeschätzt wird; durch die Überkragung des Baukörpers wäre die äußere Scheibe jedoch durchaus entbehrlich oder könnte als offene Verglasung ausgeführt werden. Die partielle Abtiefung im Technikgeschoss wird aufgrund der Eingriffe in das Bodendenkmal kritisch gesehen.
Die Abfolge der klar definierten, gleichfalls offen gehaltenen Ausstellungsräume verspricht eine spannende Durchwegung des Hauses, die im größten Raum unter dem Pultdach mit Blick über die Stadt endet. Die hier gebotene Aussicht wird von der Jury allerdings kritisch hinterfragt. Die Verwaltung erhält ein eigenes Treppenhaus mit separatem Zugang, das zugleich als Fluchtweg für die Ausstellungsbesucher dient. Eine rückwärtig angelegte Dachterrasse vor dem Sozialraum sorgt für ungestörte Pausen und gewährleistet eine großzügige Belichtung des Nachbarn. Die ausschließliche Organisation in Großraumbüros entspricht nicht den Vorstellungen des Auslobers.
Kontrovers diskutiert wird die Kleinteiligkeit der Ausstellungsflächen und die Frage, ob die Ausformulierung des Raumprogramms als Museumsbau der gestellten Aufgabe eines multifunktional bespielbaren Informationszentrums wirklich entspricht.
Die gewählte Materialität aus Ziegelböden und Holzdecken, gestockten Sichtbeton-flächen und großen Verglasungen sorgt für ein angenehm ruhiges Erscheinungsbild auch im Innenraum, ohne sich der historischen Umgebung anzubiedern. Aufgrund der im Vergleich zu anderen Vorschlägen niedrigen Kubatur verspricht der Entwurf wirtschaftlich realisierbar zu sein. Das Zusammenspiel von Baukörper und Außenraum ergibt ein positives Gesamtensemble.
Die Jury erkennt den Versuch den Außenraum entsprechend offen für multifunktionale Nutzungen zu halten lobend an, was die Haltung zum grundsätzlichen Umgang mit dem Altstadtraum anbelangt. Auch die Verwendung des Natursteines als verbindendes Element zum Markt fällt positiv auf. In der Ausformulierung und Qualität weist der Entwurf des Außenraumes jedoch erhebliche Schwächen auf. Der rückwärtige Zugang von der westlichen Kirchstraße aus kann in der Funktion der Stellplätze wie dargestellt nicht funktionieren da die Zufahrt zu den Gewerbegebäuden entsprechend zum Gebäude gesichert sein muss. Auch die Entsiegelung und neue Gestaltung der vor dem Rathaus bestehenden Stellplätze erscheint unzweckmäßig.
Die Anordnung der Fahrradstellplätze wird ebenfalls kritisch betrachtet, da diese sinnhaft am Eingang des Informationszentrums vermutet werden würden. Die Bühne mit Blick auf die Reste der historischen Mauer scheint richtig positioniert, wenngleich der Umgang mit der Topographie einige Fragen in der Ausformulierung offen lässt. In Summe wird der Beitrag der freiräumlichen Konzeption als grundsätzlich richtig in seiner Haltung gewertet hat jedoch in der Tiefe der Ausformulierung Schwächen.
Zusammenfassend ergibt sich das Bild eines differenziert ausgearbeiteten Beitrags zur Lösung der komplexen Aufgabe, der durch kompakte Grundrisse, spannende Raumfolgen und ein angenehm ruhiges Erscheinungsbild auf die Kleinteiligkeit der Umgebungsbebauung angemessen zu reagieren weiß. Die kleinteilige Aufteilung der Ausstellungsräume widerspricht allerdings den Anforderungen des Nutzers.
Lageplan_Remagen_Informationszentrum_niedergerm_Limes

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