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Award / Auszeichnung | 05/2024

Otto-Borst-Preis 2024 für Stadterneuerung

Casals Forum – Musikquartier Kronberg

DE-61476 Kronberg (im Taunus)

Preis | Kategorie: Stadtbaustein

Staab Architekten

Architektur

ifb frohloff staffa kühl ecker

Tragwerksplanung

Kronberg Academy Stiftung

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Kultur-, Veranstaltungsgebäude

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 10/2017
    Fertigstellung: 01/2021

Projektbeschreibung

Auf dem ehemaligen Gelände eines Park-and-Ride-Parkplatzes mit in die Jahre gekommenem Parkdeck wurde ein Ensemble aus Kammermusiksaal, Akademie, Hotel errichtet, das die Ankunftssituation an der Endstation der S-Bahn aus Frankfurt neu gestaltet. Das starke Gefälle des Grundstücks und die Herausforderung, die Neubauten mit dem Maßstab der umgebenden Gebäude in Einklang zu bringen, führten zu einem topographischen Entwurfsansatz. Der Kam-mermusiksaal und das Hotel erhielten Natursteinsockel, die sich aus dem Gelände entwickeln, während die Musikakademie in die seitliche Hangkante geschoben wurde und nur über eine steinerne Platzwand in Erscheinung tritt. Die Steinwände erzeugen einen spannungsreichen Wechsel offener und gefasster Außenräume auf dem Weg vom Bahnhofsvorplatz ins Quartier. Den Auftakt bildet das Hotel am Bahnhof, den Schlusspunkt der Kammermusiksaal an der höchsten Stelle des Grundstücks mit einem weit ausgreifenden Dach.
Eine breite, gläserne Fuge trennt das Dach des Konzertsaals von dem steinernen Sockel, in den die Sitzreihen des Saals eingelassen sind. Dies gibt dem Saalbau eine pavillonartige Leichtigkeit, die besonders von der höher gelegenen Parkseite die Erscheinung des Gebäudes prägt. Von dort gelangt man direkt in das gläserne Foyer des Kammermusiksaals, das den mittig gelegenen, frei geformten Saal umfließt und allseitig Einblicke in den Saal freigibt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Musikquartier Kronberg schafft einen neuen Auftakt am Endhaltepunkt der S-Bahn von und nach Frankfurt a. M. Ein Unort der Verkehrsinfrastruktur der autogerechten Stadt (verschiedene Parkplatzangebote) wird transformiert in etwas maximal Schönes, etwas von maximalem kulturellen Wert – ein hochkarätiges Musikquartier. Zusammen mit dem historischen S-Bahnhofgebäude bilden ein Hotel (als gestaffelter Solitär), eine Musikakademie (als gebaute Hangterrasse) und ein transparenter Kammermusiksaal-Pavillon (auf einem Geländesockel) ein urbanes Ensemble, das den Bahnhofsbereich abschließt, ein kleines Kulturforum schafft und den Brückenkopf und Übergang vom und zum Victoriapark, einer Hanglandschaft am Stadtberg, gestaltet. Saal und Akademie widmen sich als „Casals-Forum“ Stipendiaten aus aller Welt mit einer kammermusikalischen Zusatzausbildung, deren Erfolg mit bis zu 80 öffentlichen Konzerten pro Jahr über den Stadtraum von Kronberg hinaus bis in den Großraum Frankfurt und die Welt hinausstrahlt.

Viele in der Altstadt bisher verteilte Räume und Aktivitäten können mit dem neuen Forum gebündelt werden. Mit dem Kammermusiksaal erhält die Akademie einen perfektionierten Höhepunkt, der ihr ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Der Saal für über 500 Besucher ist in den steinernen Geländesockel nach dem Weinbergprinzip eingelassen. Er wird von einem äußerlich signethaften hutförmigen Dach überwölbt, das vom Sockel durch eine umlaufende geschosshohe Glasfuge abgesetzt ist, sodass Foyer, Saal und umgebende Landschaft auf dieser Ebene ineinander übergehen. Das Dach tritt im Stadtraum als ein sanfter flacher Sattel in Erscheinung mit einer sehr eleganten horizontal „auf Null“ auslaufenden Trauf-Krempe und gibt dem ganzen Ensemble, das materiell und formal sonst sehr nobel-zurückhaltend auftritt, sein charakteristisches Merkzeichen. Bedeckt mit eloxierten Aluminiumschindeln, ist der obere Rand der Dachhaut umlaufend gewellt, sodass im First dahinterliegende Technik geschickt verborgen wird. Die konvex-konkav fließende Welle und die in sich gefaltete Oberfläche sind auch die charakteristischen Gestaltungselemente der Saalarchitektur – bis in die Glasfassaden hinein. Der barocke Charakter ist der differenzierten Saalakustik für Kammermusik geschuldet, die eine der besten weltweit sein soll.

Die Transformation des Ortes ist ein gelungenes Beispiel der dreifachen Innenentwicklung: Die Neuordnung der Mobilitätsinfrastruktur geht einher mit qualifizierten öffentlichen Räumen und neuen Nutzungsangeboten für Bildung und gehobene Freizeitgestaltung, die hier einen schulisch-akademischen, touristischen und kulturellen Schwerpunkt haben. Mit dem zentralen Musikquartier Kronberg wurde nicht nur die „Lust am Musizieren in den Stadtraum hineingetragen“, obwohl die Einrichtung früher sogar verteilt im Stadtraum untergebracht war, sondern sie wurde erstmals städtebaulich-architektonisch sichtbar gemacht. Das leisten die enormen musikinfrastrukturellen Möglichkeiten, die mit dem neuen Zentrum verbunden und gebündelt sind sowie die zeichenhafte Architektur und die offene und einladende Gestaltung des Konzertsaals. Das Forum ist der krönende Abschluss einer jahrzehntelangen ehrenamtlichen Initiative, die sich immer nur an einem hohen Qualitätsmaßstab messen lassen wollte, und deren Griff nach den Sternen jetzt zu einem einzigartig ausstrahlenden geistigen und gesellschaftlichen Ort in der Stadt Kronberg geführt hat.

In dieser anspruchsvollen Bündelung und Sichtbarmachung eines örtlich spezifischen stadtkulturellen Themas ist das Projekt vorbildlich.