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Award / Auszeichnung | 06/2024

Staatspreis Baukultur Baden-Württemberg 2024

Kulturbahnhof Aalen

DE-73430 Aalen

Preisträger | Kategorie: Bauen für die Gemeinschaft

a+r Architekten

Architektur

G+H IngenieurTeam GmbH

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Kultur-, Veranstaltungsgebäude

  • Projektgröße:

    6.600m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2018
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Im neuen Kulturbahnhof Aalen begegnen sich Aalener Industriegeschichte und die Architektur des 21. Jahrhunderts. Dabei ist es gelungen, die historischen Gebäudefragmente mit viel Gespür in die Architektur der Gegenwart zu integrieren. In der Vergangenheit wurde das heute als Aalener „Stadtoval“ bezeichnete Gelände unter anderem als Gleisareal der Bahn genutzt. Im Rahmen der innerstädtischen Stadterweiterung nimmt der „Kulturbahnhof“ eine zentrale Stelle ein: Das Gebäude beherbergt nun ein Kino, ein Theater, die Musikschule, hochwertige Veranstaltungssäle für Kulturevents sowie Räumlichkeiten für Gastronomie und soll in der gesamten Region Strahlkraft entfalten.

Nach einem Brand im Jahr 2014 befanden sich auf dem Gelände noch die Fragmente einiger historischer Gebäudegruppen mit einer markanten Sandsteinfassade und kurzen Quergiebeln. Dieses Erbe behutsam zu erhalten und zu einem zukunftsweisenden Kulturzentrum des 21. Jahrhunderts weiterzubauen, war der Leitgedanke des Entwurfs.

Die in weiten Teilen zerstörte Fassade wurde stilisiert in eingefärbtem Sichtbeton ersetzt – und wo es möglich war, wurde der historische Charakter wieder belebt. Nach historischem Vorbild wurden auch die Dächer der kurzen Quergiebel wiederaufgebaut. Einem anderen Konzept folgt der Längsgiebel. Dieser wurde durch einen langen, mit gefaltetem Lochblech verkleideten Quader ersetzt, welcher den räumlichen Bezug zu den städtebaulichen Kanten der südlich angrenzenden Nachbarschaft herstellt. Im Gegensatz zur historischen Sandstein-Fassade, die ornamental handwerklich und massiv wirkt, ist der aufgesetzte Quader schlicht und zurückhaltend.

Die historische Fassade bildet die Hülle eines großzügigen Raumangebotes. In diesen vollständig entkernten Raum wurden neue Boxen eingestellt, die den Raum für unterschiedliche Nutzungen zonieren. Diese Boxen tragen und steifen auch das neue Tragwerk aus. Die großen Säle beziehungsweise die öffentlichen Nutzungen befinden sich im Altbau. Im aufgesattelten Neubau, dem Quader, liegen die Räume der Musikschule und der Theaterwerkstätten. Diese "dienenden" Räume der Kulturproduktion und der Ausbildung überwölben sinnbildlich die Schaubühnen für das kulturinteressierte Publikum. Wichtig war es uns, mit historischen Komponenten wie Materialien, Befensterung und sichtbarer Dachkonstruktion ein authentisches und eigenständiges Ambiente für die unterschiedlichen Kulturstätten
zu gestalten.

Das nun gemeinsame Gebäude für die vielfältigen, bisher auf mehrere Standorte verteilten Kulturstätten soll nach Einschätzung der Stadt Aalen zur Ressourcenoptimierung beitragen, Synergien bündeln und langfristig für Kosteneinsparungen sorgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit dem „Stadtoval“ hat sich Aalen einen neuen zentralen Bereich geschaffen, mit dem Kulturbahnhof hat dieser Stadtteil wiederum ein funktionales und gestalterisches Herz erhalten. Das ehemalige Bahnhofsgebäude bestand nach einem Brand nur noch in baulichen Resten, die Fassade freilich vermittelte eindrucksvoll die Qualität der historischen Industriearchitektur. Entsprechend sorgfältig wurde die erhaltene Natursteinsubstanz behandelt, gestalterisch durch zeitgenössische Steinmetzarbeiten ergänzt, neue Gebäudeteile wurden selbstbewusst in das Ensemble eingebracht und durch neue Materialien kenntlich gemacht. Zum Erfolg dieses Vorhabens tragen neben der gestalterischen Qualität vor allem die vielfältigen öffentlichen Nutzungen bei. Im Kulturbahnhof begegnen sich das Theater der Stadt Aalen und die Musikschule, ein Kulturverein und das Kino – alle Räumlichkeiten sind hochwertig für professionelle Nutzungen ausgestattet. Sie werden von einem großzügigen Foyer aus erschlossen. Die Gastronomie belebt nicht nur den Kulturbahnhof, sondern strahlt auch in den Stadtteil aus. Das Zusammenspiel von Bestandserhalt, Um- und Weiterbau hat die Jury überzeugt. Sie würdigt die mutige Herangehensweise, sich dem Erhalt der Brandruine zu stellen, ebenso das Konzept des Weiterbauens, um die anspruchsvollen Nutzungen zusammenzubringen. Die Stadt Aalen hat damit einen wichtigen baukulturellen Beitrag für eine wiederkehrende Aufgabe geleistet – die Umnutzung von Bahnhofsgebäuden und die Zwiesprache von Alt und Neu.