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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2024

Neuordnung Bürgerzentrum und Rathausumfeld in Illertissen

Außenperspektive, Blick auf Kulturforum

Außenperspektive, Blick auf Kulturforum

ein 3. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

schwabmayer architekten

Architektur

Böwer Eith Murken Architekten BDA

Architektur

Pit Müller Landschaftsarchitekt

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

„Teil und Ganzes“ sind für die Konzeption der Freianlagen prägend. Durch eine übergeordnete Gesamtgestaltung wird das Bürgerforum zu einem neuen öffentlichen Ort. Die differenziert gestalteten Teilbereiche, mit unterschiedlichsten Atmosphären und Aktivitätsmöglichkeiten machen den das Bürgerforum für Jung und Alt zu einem attraktiven Ort. Alle Freiflächen sind gut miteinander vernetzt und über die unterschiedlichen Teilbereiche hinweg ist das große Ganze erkennbar.Die Zugangs- und Erschließungsbereiche nehmen die Neugestaltung der Innenstadt und den Gestaltungsduktus auf. Dies schafft nicht nur ein einheitliches Stadtbild, sondern fördert auch schwellenlose Erreichbarkeit.

Die bislang dominierenden Parkplätze wurden umfänglich reduziert und an die Randbereiche verlegt. So entsteht ein durchgängiger zentraler Platz mit einer grünen Mitte, der die Funktionen der randlich gelegenen Gebäude in den Freiraum weiterführt. Mittelpunkt ist das tiefer liegende Grünparterre, wo im Zuge einer vernetzten Oberflächengeometrie der angrenzenden Belagsflächen das Regenwasser aus allen Bereichen des Bürgerforums vollumfänglich versickern kann. Es bildet in immer häufiger vorkommenden Hitzesommern ein attraktives Mikroklima, das zudem vor extremen Hochwasserereignissen schützt. Ein Holzsteg mit Stahlkonstruktion überspannt das Parterre, schafft attraktive Aufenthaltsbereiche und vernetzt die Teilbereiche des Bürgerforums barrierefrei und spielerisch miteinander. Ein Fontänenfeld trägt ebenso zum Mikroklima bei und ist ein Anziehungspunkt für Jung und Alt, vor allem an heißen Tagen.

Im Umgriff des Parterres laden zahlreiche Angebote zu den entsprechenden Aktivitäten ein. Der abwechslungsreiche Spiel- und Klettergarten nutzt u.a. die Westfassade der ehemaligen Feuerwehr als Kletterwand und ist durch den üppigen Baumbestand angenehm im Schatten. Der südliche „Biodiversitätsgarten“ bietet beschattete Plätze für Ruhesuchende und liefert mit seinen extensiven Schattenwiesen einen Beitrag zur Biodiversität.

Das vorgeschlagene Konzept für das Kulturforum arbeitet sehr stark mit dem Vorgefundenen. Neben dem Einsparen von grauer Energie (CO2) und Umbaukosten, wird der ursprüngliche Charakter des Gebäudes bewahrt. Lediglich manche, subtil ausgeführten, räumlich und gestalterische Umformungen stärken die nutzungstechnische Transformation der ehemaligen Feuerwehr zum offenen Kulturforum. Für den vorgesehenen Nutzungsmix aus Veranstaltungen und Stadtarchiv schlagen wir eine klare Trennung zwischen EG (Festbereich) und OG (Verwaltung und Stadtarchiv) vor. Beide Einheiten teilen sich ein gemeinsames Entrée, sind davon abgesehen aber vollkommen unabhängig. (sep. WCs etc.).

Das großzügige Foyer bildet den Verteiler zwischen zwei bespielbaren Veranstaltungsräumen. Beide lassen sich durch verglaste Tore mit dem vorgelagerten Außenbereich (Platz der Kulturen) zusammenschalten. Die Küche und die WC-Anlage können durch ihre Lage im Erdgeschoss auch für Außenveranstaltungen genutzt werden. Im Obergeschoss wird die Erschließungszone verbreitert, sodass ein Verkehrsbereich mit ausreichender Raumhöhe entsteht und gleichzeitig informelle Nischen in niedrigeren Bereichen als Pausenbereiche, Garderobe, Besprechungen etc. ausgebildet werden können.

Für die barrierefreie Erschließung des Obergeschosses wird ein neuer Aufzug benötigt. Wir schlagen vor, den Lastenaufzug rückzubauen und dafür einen neuen Persoen- und Lastenaufzug von UG bis OG vorzusehen. Im Notfall verfügen die Veranstaltungsräume über eine direkte Fluchtmöglichkeit ins Freie. Im Obergeschoss gibt es neben der zentralen Treppe in jedem Schenkel eine Fluchtmöglichkeit (West Fluchtbalkon, Süd Anschluss an Turm).

Im Einklang mit der ursprünglichen Nutzung des Gebäudes als Feuerwehrstation werden industrielle Materialien wie eine gelochte Aluminiumfassade und geschliffener Beton als Boden atmosphärisch und identitätsstiftend eingesetzt. Die Robustheit der Materialien weist nicht nur auf die industrielle Vergangenheit des Gebäudes hin, sondern bildet auch eine langlebige Grundlage für ein hochfrequentiertes Festgebäude mit unterschiedlichen Nutzern. In Teilbereichen werden Elemente aus Holz ergänzt die Wärme und Textur hinzufügen.

Zum Einsatz kommen bevorzugt rezyklierte und regional vorhandenen Materialien. Durch die Wiederverwendung von vorhandenen Materialien aus dem Feuerwehrhaus minimieren wir den ökologischen Fußabdruck des Umbaus. Die neuen Fügungspunkte werden so vorgesehen, dass sie bei einem möglichen Rückbau des Gebäudes sortenrein trennbar sind und wiederverwendet werden können. Um den Energieverbrauch des Gebäudes zu senken werden leistungsstarke Dämmmaterialien und intelligente wie energiesparende Beleuchtungssysteme eingesetzt. Die PV-Anlage ist als Dachhaut gestalterisch in das Gesamtkonzept integriert. Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Betriebskosten des Festsaals reduzieren, sondern auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Freiflächenkonzept bettet das Ensemble nicht nur schlüssig in das Stadtumfeld ein, es verbindet zugleich die einzelnen Bausteine gefügig untereinander. So verschränken sich Rathausplatz und Schrannenplatz als offener Raum im Westen mit den dichter begrünten und weniger versiegelten Flächen im Osten. An der Schnittstelle fungiert passend und gut eingebunden das Adler-Gebäude mit Biergarten. Der Schrannenplatz entwickelt sich weiter als grüner Keil bis vor das neue Bürgerhaus mit einem guten Angebot verschiedener Teilräume für Aufenthalt, Spiel und Wassermanagement. Die Interessen vieler Altersgruppen, insbesondere von Kindern, werden hier berücksichtigt. Das Wasserspiel „Festbrunnen“ steigert die Aufenthaltsqualität auf dem Platz der Kulturen. Der nötige Parkplatz bleibt, wo er ist, in seiner Lage und Ausrichtung richtig östlich des Adlergebäudes platziert. Die dezentrale Verteilung der Abstellplätze für Fahrräder ist gut gewählt. Der Baumerhalt sowie die vielen vorgeschlagenen Neupflanzungen tragen zum positiven Klima und zur Wasser- und Feinstaubbindung bei.

Die Konfiguration des Freiraums leuchtet also ein. Beim näheren Blick tun sich jedoch einige Schwächen auf. So ist der „grüne Keil“ derart ausgestattet und modelliert, dass es einer vielseitigen Bespielbarkeit widerspricht. Insbesondere die Mulde mit Brückendeck ist ein störendes und im Kontext unpassendes Element an zentraler Stelle. Eine Retentions- und Versickerungsfläche wird zwar prinzipiell begrüßt, müsste jedoch multifunktionaler bespielbar ausgebildet werden. Die Freilufttribüne auf dem Platz der Kulturen wirkt ebenfalls trennend und bildet eine unpassende Rückseite aus. In der Stellplatzfläche werden die PKW-Stellplätze nicht effizient nachgewiesen. Der Carport - wenn auch PV-bedeckt - wird als störendes Element in der Straßenansicht beurteilt. Der Versiegelungsgrad liegt im Mittelfeld und könnte insbesondere im Bereich der größeren Bestandsbäume an der Achse nördlich der kleinen Markthalle noch weiter reduziert werden. Dagegen erscheint die befestigte Fläche vor dem Kulturforum wiederum zu eng und müsste aufgeweitet werden. Ein etwas lockererer Umgang mit mehr Reaktion auf den Bestand im starren Konzept der sich überlagernden Keile würde damit wohltuend einhergehen.

Bei der Transformation des ehemaligen Feuerwehrgebäudes zeigt der Entwurf einen geschickten Umgang mit der vorhandenen Struktur und nimmt nur im Inneren geringe strukturelle Veränderungen vor. Die Erschließung von der Südseite ist gut auffindbar und führt in ein überschaubares und großzügiges Foyer mit Garderobe und Küchenausgabe. Die Aufteilung in zwei Säle, der Rückbau der Spindeltreppe und die Verlagerung der Erschließung in die Nord-Ost-Ecke zeigen kluge Interventionen. Zu hinterfragen sind die Position der Sanitäranlagen und die Anzahl der WC. Darüber hinaus wird ein Backstagebereich für die Bühne vermisst. Im Obergeschoss ergeben sich gut nutzbare Büroflächen mit einer passenden funktionalen Anbindung an die Treppe. Der Vorschlag, die Flurerschließung in den mittleren Bereich zu legen wird sowohl unter funktionalen als auch räumlichen Aspekten positiv bewertet. Die Situierung des Stadtarchivs in den südlichen Bereich erscheint sinnvoll. Ebenso wird der Alternativvorschlag für ein Nutzungskonzept der Musikschule begrüßt. Die Jury würdigt die Außenerscheinung des Gebäudes mit hohem Wiedererkennungswert. In diesem Zusammenhang erscheint die Verwendung von industriellen Materialien und robusten Oberflächen konsequent. Darüber hinaus sollen vorhandene, regionale und rezyklierte Materialien verwendet werden. Insgesamt lassen die Kennzahlen sowie die Herangehensweise sowohl mit grauer Energie und Nachhaltigkeit in Bau und Unterhalt eine gute Wirtschaftlichkeit erwarten.
Lageplan

Lageplan

Perspektive Veranstaltungsbereich

Perspektive Veranstaltungsbereich

Grundriss Erdgeschoss Umnutzung ehemalige Feuerwehr

Grundriss Erdgeschoss Umnutzung ehemalige Feuerwehr

Grundriss 1.Obergeschoss Umnutzung ehemalige Feuerwehr

Grundriss 1.Obergeschoss Umnutzung ehemalige Feuerwehr

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt