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Kooperatives Werkstattverfahren als Mehrfachbeauftragung | 02/2024

Entwicklung ehemalige Gewerbestandorte ara und Neumann & Büren in Langenfeld

Visualisierung Neumann & Büren

Visualisierung Neumann & Büren

Teilnahme

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Stadtplanung / Städtebau

GROW Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Leitbild
Die ehemaligen Werksgelände von Neumann & Büren und ara stellen für Langenfeld bedeutende Potentiale für eine innerstädtische Nachverdichtung und für eine Aufwertung des östlichen Stadteingangs dar. Auch für den Stadtteil selbst können und müssen die beiden Entwicklungen neben neuem Wohnraum einen klaren Mehrwert an kulturellen und sozialen Angeboten generieren.
Aufgrund Ihrer unterschiedlichen Lage, Gebäudestruktur und Freiraumqualität werden für beide Standorte sehr unterschiedliche Konzepte entwickelt, die die vorgefundenen Bestandsqualitäten integrieren und gleichzeitig neue Programmangebote, Haltungen und Adressen zur Hardt entwickeln.
Am Standort Neumann & Büren entsteht durch die Weiterentwicklung der Bestandsstruktur die Kulturfabrik Immigrath, ein Quartierszentrum für Anwohner, Jugendliche, Künstler und Gewerbetreibende. Auf dem Ara-Werksgelände entstehen die Ara-Höfe, ein grünes und autofreies Wohnquartier. Die erhaltenen Bestandsgebäude werden perspektivisch umgenutzt und in die neue städtebauliche Struktur eingebunden.

Neumann & Büren
In den umgenutzten Bestandshallen von Neumann & Büren entsteht die Kulturfabrik Immigrath, ein kulturelles und kreatives Stadtteilzentrum im Langenfelder Maßstab mit vielfältigem Nutzungsangebot. Nach dem Prinzip „reduce to the max“ wird der Standort baulich nicht überfrachtet, sondern aus dem bestehenden Hallenkonglomerat der unterschiedlichen historischen Erweiterungsschritte des Unternehmens ein Wechselspiel aus Höfen, Freiräumen, erhaltenen historischen Bauten oder deren Fassaden, Hallendachrelikten und dezidierten Neubauten entworfen.
Die historische Backstein-Fassade zur Hardt wird erhalten und in den Fußabdruck des ehemaligen Websaals werden zwei Gewerberiegel für Ateliers, coworking und Dienstleistungen integriert, die vom gemeinsamen Innenhof erschlossen werden. Im Nordosten wird ein neues Gebäude für Kleingewerbe und Werkstätten ergänzt. Die Neubauten ordnen sich in ihrer 2 bis 3 Geschossigkeit in das bestehende Gefüge ein ohne es zu dominieren und sind in ihrer Struktur sehr simpel aufgebaut um modular, kostengünstig und rezyklierbar gebaut werden zu können. Im Süden wird das ikonische, rot gestrichene Ensemble aus Kesselhaus, Maschinenhaus und alter Schlosserei in ein multifunktionales Stadtteil- und Kulturzentrum inklusive Nachbarschaftscafé und Veranstaltungsräumen umgebaut. Das historische Wohnhaus an der Kronprinzenstraße wird ein Jugendhaus, der Schornstein bleibt das ikonographische Zeichen. Die durch das Sheddach geprägte Fassade Richtung Osten wird mit Teilen der Dachstruktur zu einer offenen Klammer transformiert.
Kreativität, Aneignung und Möglichkeiten - das sind die Vorzeichen, unter denen auf dem Gelände ungeahnte Freiräume entstehen. Es ist eine Transformation aus dem Bestand heraus, so dass der Charakter des ehemaligen Werksgeländes erlebbar bleibt. Hier werden Bodenbeläge erhalten – dort zurückgebaut oder für neues Grün perforiert. Auf dem Fußabdruck der südlichen Hallen entsteht eine Jugendplaza mit Trendsport-Angeboten. Unter der freigelegten Tragstruktur ist Platz für kulturelle Veranstaltungen, Konzerte, Feste und vieles mehr. Sie wird zum Markenzeichen des Ortes. Der südlich angrenzende Grünraum steht hierzu im spannenden Kontrast. Behutsame Wegeergänzungen durch den Baumbestand schaffen einen kleinen Skulpturenpark für junge Künstler. In ökologischer Hinsicht ist die Freilegung des Bachlaufes mit neuen Retentionsflächen wichtig. Maßnahmen, die sich in Richtung Spürklenberg weiter fortsetzen sollten.
Der ruhende Verkehr wird im Zuge einer Ergänzung des Aldiparkplatzes sowie Stellplatzangeboten im Umfeld des Jugendhauses untergebracht, bei Veranstaltungen werden die benachbarten großflächigen Anlagen von Aldi und dem Toom Markt im Sinne einer zeitgeschichteten Mehrfachnutzung einbezogen.

ara
Auf dem ehemaligen ara-Werksgelände ist der Bestand nicht für eine Umnutzung in Wohnraum geeignet. Wir sehen hier die Baumstrukturen, die vor allem im Süden einen prägnanten, grünen Saum darstellen, als wichtigen Ausgangspunkt und entwickeln dieses Thema weiter. Entlang der Bergischen Landstraße wird das grüne Band nach Norden bis an die Kreuzung durchgezogen und trifft dort wieder auf bestehende Baumstrukturen. Dadurch erfährt dieser schwierige öffentliche Straßenraum eine Aufwertung und die Wohnlagen erhalten eine grüne Vorzone. Durch die Stärkung der öffentlichen Räume an den Rändern (Bergische Landstraße, Hardt, Hans-Sachs-Weg und Gladbacher Straße) mit Fußwegen und Grünzonen können die ara Flächen effizient für Wohnraumentwicklung genutzt und vermarktet werden.
Hier entstehen die ara-Höfe, ein Wohnquartier geprägt durch die grünen Innenhöfe und einem vielfältigem Wohnangebot in einer einfachen städtebaulichen Grundstruktur, die bewusst zusammenhängend und raumbildend und nicht vereinzelnd angelegt ist. Diese einfache Basis ermöglicht neben gute A/V Werten wiederum kostensparendes serielles Bauen aus einem Typenbaukasten, was wiederum bezahlbaren Wohnraum und soziale Durchmischung im Quartier fördert. So entstehen bis zu 350 Wohneinheiten bei einer dem Umfeld angepassten moderaten Geschossigkeit zwischen zwei Geschossen plus Staffelgeschoss bis zu vier Vollgeschossen. Die unterschiedlichen Typologien werden analog zur jeweiligen Lage (Lärm, Ausrichtung, städtebauliche Präsenz) angeordnet und kombiniert, dadurch entsteht ein lebendiges und buntes Quartier. Im Westen bilden die Baukörper dieser Logik folgend als Lärmschutzbebauung mit Grundrissorientierung eine klare Raumkante zur Bergischen Landstraße, in den Höfen entsteht ein freier Typologiemix aus Reihenhäusern, gestapelte Maisonetten und Geschosswohnungsbau für gefördertes Wohnen. Auf den Dächern entsteht eine bunte Landschaft aus Terrassen, Gärten, Gewächshäusern und Gründächern und Solarpaneelen. Das Bürogebäude Zur Schlenkhecke 4 wird in die Hofstruktur eingebunden und als Bürogebäude erhalten, kann aber perspektivisch als Seniorenwohnen auch kombiniert mit einer Kita im EG umgenutzt werden. Entlang der Bergischen Landstraße sind kompakte Tiefgaragen geplant – eine Hochgarage als urbanen Mobilityhub halten wir an dieser Stelle für schwer zu betreiben. Der ehemalige Straßenraum Zur Schlenkhecke wird zu einer Quartiersmitte entwickelt und im Norden wirkt der aufgestockte Industriebau aus den 60ern als Gesicht zur Hardt und markiert zusammen mit dem ara Turm den Eingang in das Quartier.
Die Gebäude fassen jeweils ¬gemeinschaftlich nutzbare Wohnhöfe, integrieren dabei Bestandsbauten und werden durch autofreie Wohnwege erschlossen. Die dicht bepflanzten Innenhöfe folgen einem durchgehenden Gestaltungsprinzip: entlang der hofseitigen Fassaden befinden sich die privat genutzten Gärten. Sie geben dem Hof einen grünen Rahmen und sind durch Hecken gefasst. Alle Gärten erhalten einen eigenen Hofzugang, der auf einen inneren Rundweg führt. Kleine Plätze mit Spielangeboten für Kleinkinder werden zu Treffpunkten für die Nachbarschaft. In ihrer Mitte haben die Höfe eine naturnahe Prägung. Hier gibt es Spiel- und Abenteuerwäldchen. Sie bieten im Sommer willkommenen Schatten. Das schafft Wohnqualität für die Anwohner und fördert den potenziellen Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen im urbanen Kontext.
Die drei Wohnhöfe stehen auch für ein nachhaltiges Regenwassermanagement. Unter der Oberfläche sind es Speicher, deren Bodengerüst aus einem drainfähigen Grobschlag und feineren Füllsubstraten besteht. So wird nicht nur das Oberflächenwasser, sondern auch der Überlauf der Retentionsdächer zurückgehalten. Das Schwammprinzip kommt dem Pflanzenwachstum zugute und federt über die Verdunstung die klimatischen Spitzen ab.
Im Straßenumfeld entlang des grünen Saums übernehmen naturnahe Retentionsgräben die Rückhaltung der Niederschläge. Sie sind als grüne Bänder den Gebäuden vorgelagert und werden über kleine Stege gequert. Kommunizierende Leitungen verbinden die Gräben und schließen an gedrosselten Überlaufpunkten an das Kanalsystem an. Nach gleichen Prinzipien wandelt sich die Straße „Zur Schlenkhecke“. Aus der ehemaligen Werksandienung wird eine offene Wohnstraße mit einer grünen Platzgestaltung vor der Hauptverwaltung. Für Fußgänger und Radfahrer entsteht von hier aus - fern der großen Straßen - eine neue Stadtverbindung in Richtung Hardt.

Transformation Hardt
Wie gelingt eine Transformation der Hardt? Angesichts der Verkehrsdichte scheint eine Einengung der Querschnitte aktuell kein probates Mittel. Alternativ wird die Rücknahme der seitlichen Stellplätze vorgeschlagen. So entsteht Platz für einen beidseitigen, etwa 3 m breiten Grünstreifen und die Pflanzung von standortgerechten Straßenbäumen. Das grüne Band wird als durchgängige Baumrigole ausgebildet, so dass die angrenzenden Geh- und Radwege auch bei Starkregen hierein entwässern.
Die Hardt als Allee bringt eine deutliche Aufwertung des Straßenbildes mit sich und ist eine Investition in die Zukunft.

Städtebauliches Potential
Mit der Transformation der beiden Gewerbestandorte und der Hardt ist das städtebauliche Potential nicht erschöpft. Weitere mögliche Maßnahmen sind der Brückenschlag über die Bahn und die Umlegung des ALDI-Marktes östlich des Neumann & Büren Geländes sowie die Umwidmung der Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt nördlich des ara Geländes.
Mit einer Brücke zum Immigrather Platz würde die für Fußgänger unattraktive Bahnunterführung um eine neue Verbindung im Süden ergänzt, die das Zentrum Immigrather Platz und die Kulturfabrik auf dem Neumann & Büren Gelände miteinander verbindet und das Angebot einer größeren Nutzgruppe zugänglich macht.
Durch eine Verlegung des ALDI-Marktes könnte das bestehende Wohnquartier städtebaulich gut arrondiert werden und es entstünde ein durchgehender Grüngürtel im Süden sowie eine neue Verbindung für Fußgänger und Radfahrer bis zum ara-Gelände. Mit der Renaturierung des Gladbachs und dem Anschluss großzügiger Retentionswiesen kann eine naturnahe Parklandschaft entstehen. Zudem würden über den Grüngürtel die südlich liegenden Naherholungsgebiete - der Wald zum Spürklenberg und der Kaiserbusch - erschlossen.
Interessant ist diesbezüglich auch der Sprung von den ara Höfen über die Hardt auf den Kirchplatz und den dort spürbaren Entwicklungsoptionen.
Die direkte und grüne Verbindung von Immigrather Platz, Neumann & Büren Gelände und ara könnte langfristig das entscheidende Bindeglied zwischen Innenstadt und dem Stadtraum Hardt formen und damit Wohngebiete, Grünräume und Zentrum miteinander verknüpfen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept überzeugt durch seine umfassende und konzeptionelle Herleitung und Ausarbeitung. Für beide Standorte werden unterschiedliche Konzepte entwickelt, die durch den südlich entwickelten Grünkorridor mit darin eingebetteten Fuß- und Radwegen eine gute Quartiersvernetzung der beiden Areale miteinander und mit dem angrenzenden Stadt- Landschaftsraum erhalten. Die Hardt, zukünftig als Allee mit breiten Grünstreifen weiterentwickelt, wirkt als zusätzliches qualitätvolles Bindeglied dieser Standorte, wobei die stadträumliche Wirksamkeit der geplanten Bebauung sowohl am Standort Neumann Büren als auch am ara Gelände als Eingangssituation zur Stadt und Auftakt für die jeweiligen Standorte kritisch diskutiert werden. Aus dem bestehenden Hallenkonglomerat soll mit gezielten Eingriffen aus Rückbau, Erhalt und baulichen Ergänzungen die Kulturfabrik Immigrath entstehen. Als kulturelles und kreatives Stadteilzentrum sollen zukünftig unterschiedliche Nutzungen angeboten werden. Hier zeigt das Konzept eine hohe architektonische Qualität im Umgang mit der historischen Bebauung und dessen Transformation. Durch gezielten Rückbau, maßvolle bauliche Ergänzungen und das Freilegen der Konstruktionen wird die Bausubstanz und dessen Tragstruktur zum Markenzeichen des Standortes. Unter Einbeziehung der unterschiedlichen Gebäude, wie Kesselhaus, Maschinenhaus und dem historischen Wohnhaus entsteht ein multifunktionales Stadteil- und Kulturzentrum mit unterschiedlichen Raum -und Freiraumangeboten. Die Skaterplaza wird jedoch sowohl in ihrer Größe als auch standortprägenden Nutzung kritisch diskutiert. Der konzeptionelle gewünschte Kontrast von Werksgelände und südlich angrenzendem Freiraum des Baumhains wird kritisch hinterfragt. Die Wegeführung und Anbindung des südlichen durch den Laubbaumbestand geprägten Grünraumes an die Straße Hardt wird kontrovers diskutiert. Die Unterbringung des ruhenden Verkehrs allein über die bestehenden Stellplatzanlagen von Aldi und toom werden ebenfalls kritisch bewertet. Die Flächenkennwerte liegen deutlich im unteren Bereich. Eine Realisierung des Konzeptes wäre nur durch außerordentliches finanzielles Engagement der öffentlichen Hand darstellbar.

Das ara Areal ist als Wohnquartier der ara Höfe entwickelt. Drei Wohnhöfe bilden zusammen mit der Bestandswohnbebauung im Osten das neue Wohnquartier, in dessen Mitte das Gebäude der ehemaligen ara Verwaltung rückt und so die neue Quartiersmitte definiert. Die konsequente Ausformung der Wohnhöfe verleiht dem Areal eine konzeptionelle Klarheit, jedoch wirken die beiden südlichen Wohnhöfe autark und lassen eine gute Anbindung an das neue Quartier vermissen. In diesem Zusammenhang soll die Schleckhecke, zur Wohnstraße überformt, als Verbindungsraum fungieren, jedoch wird eine eindeutige Wegeführung in Nordsüdrichtung vermisst. Unter Berücksichtigung vorhandener Grünräume mit erhaltenswertem Baumbestand ist das neue Quartier fast allseitig von einem Grünsaum umschlossen, sodass die öffentlichen Straßenräume eine Aufwertung erfahren und die Wohnlagen attraktive Vorzonen erhalten. Die Wohnhöfe mit einem differenzierten Wohnungsangebot und die gute Mischung unterschiedlicher Wohntypologien sind gut gelöst, gleichwohl wird die Dichte der Bebauung in Bezug zur umgebenden Wohnbebauung kontrovers diskutiert. Sowohl die städtebauliche Setzung zur Straße Hardt, als auch der Eingang ins Quartier sind wenig prägnant und können städtebaulich nicht überzeugen. Das nördliche Entree als wichtige Wegeverführung in das Quartier wirkt beengt. Eine städtebauliche Korrespondenz zum nördlichen Standort der Kirchengemeinde wird vermisst. Die Bevorzugung von Tiefgaragen zur Unterbringung des ruhenden Verkehrs gegenüber einer Quartiersgarage wird positiv bewertet. Die Flächenkennwerte liegen im mittleren Bereich und lassen eine wirtschaftliche Grundstücksausnutzung erwarten. Insgesamt besticht die Planung durch eine sehr umfassende Durcharbeitung, jedoch kann das Konzept in Bezug auf die Maßstäblichkeit und Körnigkeit der Bebauungsstruktur und die Ausprägung einer identitätsstiftenden Quartiersmitte nur eingeschränkt überzeugen.


Visualisierung ara

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Lageplan

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Leitbild

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