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Studienauftrag auf Einladung | 03/2024

Neukonzeption Seilbahn Schönried-Horneggli-Hornberg (CH)

Teilnahme

Reichenbach Architekten AG

Architektur

Gartenwerke GmbH

Landschaftsarchitektur

Thomas Kernen AG

Tragwerksplanung

BG Ingenieure und Berater AG

Verkehrsplanung

clevergie AG

Energieplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

1. Ortsbau / Adressierung / Kurzzeitparking
Das Projekt «uehifahre» resultiert aus der Ortsanalyse und einem Vergleich mit der Vorstudie 21. Den Verfassenden schwebt eine Architektur vor, die einerseits in Siedlungsnähe aus der ortstypischen Struktur herauswächst und sich in landschaftlichen Bereichen natürlich in die Umgebung integriert und andererseits eine erkennbare und eigenständige Architektur zelebriert.

Die sensible Lage der Talstation zwischen den zwei Siedlungskörpern Schönried und Waldmatten, die durch eine heute noch unbebaute Landschaft getrennt ist, wird erkannt. Das Team verteilt die Nutzungen der Talstation auf verschiedene, sich der Landschaft scheinbar unterordnende Gebäude mit Gründächern, die aber trotzdem erkennbar und eigenständig sein wollen. Diese Ambivalenz zwischen gewollter Eigenständigkeit und Integration in die Landschaft lässt eine klare Haltung vermissen und wurde im Beurteilungsgremium divers diskutiert. Dem Konzeptansatz eines im Ausdruck eigenständigen, öffentlichen Gebäudetypus konnte positives abgewonnen werden, jedoch ist die Umsetzung bei «uehifahre» nicht geglückt.

Die eigentliche Talstation thront auf dem Geländerücken, nördlich abgesetzt, steht ein freistehender Pavillon mit Bistro, von «Grün» umflossen. Der grosse Fussabdruck der Tiefgarage formt eine unnatürliche wirkende Geländekante mit steiler Böschung zum Dorf hin. Auf dem unteren Niveau, lateral zur Eingangsachse gliedert sich ein ortstypisches Wohngebäude richtigerweise in das Siedlungsgefüge von Schönried ein. Die grundsätzliche Gebäudesetzung ist nachvollziehbar, jedoch scheint die Lage des Bistros ortsbaulich beliebig. Ob sich die vom Team gewünschte Ski-Arena mit den zwei Gebäuden auf der Anhöhe zu bilden vermag, ist wenig wahrscheinlich.

Vom Dorf herkommend erreicht man zu Fuss den unteren, gut präsenten Eingang zur Talstation. Diese Eingangsfassade widerspiegelt die öffentliche Nutzung der Seilbahnstation gebührend. Mittels einer (Roll)Treppenanlage gelangen die Fussgänger auf das eigentliche Geschoss der Talstation – 11.5 Meter über dem Eingang. Um eine sinnvolle Geschossigkeit herstellen zu können, wird das Gelände vor dem unteren Eingang abgesenkt, was die Eingangsfassade überhöht und Fragen zu den Anschlusshöhen rechts und links der Erschliessungsachse aufwirft.

Für die Vorfahrt von Taxis, Cars und Autos stehen auf dem oberen Niveau der Talstation neben dem Bistro die nötigen Rangierflächen sowie die Kurzzeit- und Carparkplätze zur Verfügung. In die Landschaft integrierte Wege führen zum Hauptgebäude.

Autofahrende erreichen die im Hang versteckte, viergeschossige Tiefgarage über zwei Zufahrten. Bereits auf Höhe des unteren neuen Wohngebäudes führt eine gedeckte Aussenrampe direkt ins 4. UG. Etwas weiter oben kann vor der Rechtskure der Waldmattenstrasse zusätzlich ins 1. UG eingefahren werden. Diese zwei Zufahrten gewährleisten eine optimale, saisonale Bewirtschaftung der Tiefgarage.
Die Verteilung der Besucher auf die verschiedenen Zugänge ist optimal und entflechtet die Besucher-ströme bereits beim Ankommen.

2. Erschliessung / Anlieferung
Vom unteren Eingang gelangen die Besucher über eine teilweise überkopf verglaste Eingangshalle in eine Vertikalerschliessungen mit Rolltreppen und Liften. Das Skidepot liegt seitlich in der Eingangshalle, ein 24h Betrieb wäre hier nicht ohne weiteres möglich. Die Vertikalverbindung ist grosszügig zum Dorf verglast und leistet somit ihren Beitrag zum öffentlichen Charakter des Gebäudes. Die Besucher der Tiefgarage gelangen in die gleiche Vertikalverbindung. Ein zweiter Ausgang aus der Tiefgarage führt zum Bistro. Die Verkehrsflächen zwischen den Rolltreppen und den Liften scheinen für den Besucheransturm zu beengt. Kommt hinzu, dass die Rampenanlage der Tiefgarage just vor dieser Vertikalerschliessung zu liegen kommt, was für den Personenfluss ein erhebliches Risiko darstellt. Die Halle der Seilbahn ist funktional organisiert. Der angestrebte eigenwillige Auftritt der Anlage ist in der Halle nicht wiederzufinden. Die Anordnung der Nutzflächen scheint beliebig, die Verkehrsflächen verkommen zu Restflächen. Eine einfache Orientierung wird erschwert.

Die Anlieferung ist optimal organisiert. Dank der Anordnung des 4.5m hohen Parkinggeschoss im 1. UG können die Anlieferfahrzeuge den oberen Eingang nutzen und im Einbahnsystem die Seilbahn direkt an-fahren. Die Ausfahrt via Schlittmoosstrasse ist clever und entflechtet den Verkehr. Schade ergibt sich hier-mit eine weitere Verdichtung des Verkehrs vor dem Personeneingang der Vertikalerschliessung – Sicherheitsrisiko!

3. Architektur / Materialisierung / Auftritt der Seilbahn / Identität
Der Wunsch nach einem eigenständigen, öffentlichen Gebäude für die Talstation ist nachvollziehbar. Die Modulierung des Volumens und der Dachgestaltung erscheint jedoch beliebig und formal überdreht. Der Gegensatz des begrünten Daches (Verschmelzen mit der Landschaft) auf der einen und der Photovoltaikanlage (nachhaltig Energie erzeugen) auf der anderen Seite unterstützt die gewünschte Klarheit nicht. Die Konstruktion eines zeitgemässen Holzbaus ist richtig, jedoch ist das Zusammentreffen der Dachkonstruktion des Holzbaus mit der technisch notwendigen Seilbahnüberdeckung unklar.

Dieser Konflikt zwischen einem identitätsstiftenden Holzbau und eines mittels Gründach mit der Landschaft verschmelzenden Volumen sowie der technisch notwendigen Seilbahnüberdeckung durchzieht das gesamte Projekt. Der Auftritt der Seilbahn, die Architektur, kann im bestehenden Umfeld von Schönried nicht überzeugen und liefert nicht das gewünschte touristische Alleinstellungsmerkmal.

Richtig erscheint, das Wohngebäude am Dorfrand in seiner Wichtigkeit zurückzunehmen. Die Mächtigkeit des Gebäudes ist präzisier mit dem Umfeld abzustimmen. Die Grundrisse der Wohnungen können nicht beurteilt werden, da diese nur als Flächen gezeichnet sind.

4. Funktionalität / Personenfluss / Betriebsabläufe im Gebäude / Einstellhalle
Die Betriebsabläufe im Gebäude funktionieren gut, die Personen werden richtig geführt und erreichen auf direkten Wegen ihr Ziel. Die Bewegungsflächen scheinen jedoch vielerorts beengt und das Sicherheitsrisiko beim Aufeinandertreffen von MIV, Anlieferung und Fussgängern beim Ausgang aus der Tiefgarage unnötig. Die Einstellhalle mit nur vier Untergeschossen ist funktional gut gelöst und in sich wirtschaftlich, die zwei Einfahrten bringen einen Gewinn für die Bewirtschaftung, vor allem im Sommerbetrieb. Die hohe Anzahl an mechanischen Treppen und Liften sowie das begrünte Dach lässt einen hohen Unterhalt erwarten.

5. Landschaft / Aussenraum / Umgebung / Ökologie
Der Umgang mit der Landschaft, insbesondere mit der naturnahen Landschaftsgestaltung und der Ökologie wird gewürdigt. Die Vernetzung mit den benachbarten Feuchtgebiet (Riedvegetation) und die extensiv begrünten Dächer bieten unterschiedlichen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Das Meteorwasser wird gesammelt, mit Holzstegen werden künstliche Teiche erlebbar gemacht. Insgesamt eine nachhaltige Lösung im Sinne der Biodiversität. Gleichwohl stellt sich dem Beurteilungsgremium die Frage ob weniger nicht mehr wäre (Holzstege? Pergolenartige Wegebegleitung?).

Mittelstation (Architektur / Materialisierung / Integration in Landschaftsbild)
Die Architektur der Mittelstation lehnt sich an derjenigen der Talstation an. Hierbei kommen bezüglich Gründach, Zusammenbau technische Überdeckung und Holzdach die gleichen Fragen wie bei der Talstation auf. Die Garage ist richtigerweise zu einem grossen Teil in den Hang eingegraben, die Hügellandschaft fliesst vermeintlich darüber. Trotzdem erscheint das geplante Volumen an diesem sensiblen Ort zu dominant. Es kommt die Frage nach der Bewilligungsfähigkeit auf. Eine kleine Absenkung der Garage würde das Landschaftsbild deutlich weniger belasten. Die Anlage ist auf zwei Geschossen angeordnet. Das hindernisfreie Umsteigen der Besucher wie auch die Abläufe im Werksbetrieb funktionieren gut.

Bergstation (Architektur / Materialisierung / Integration in Landschaftsbild)
Die Thematik von Identität und Architektur wiederholt sich. Die Anordnung der Räume und die Funktionsabläufe sind schlüssig und einfach. Der Personenfluss funktioniert gut, die Hindernisfreiheit ist gegeben. Die sichtbare Zweigeschossigkeit nordseitig ist der zwingend einzuhaltenden Perronhöhe geschuldet, er-hält aber dank des Aufenthaltsraums eine adäquate Nutzung.

Gesamtwürdigung
Das Projekt «uehifahre» ist insgesamt ein spannender Beitrag, der einen hilfreichen Beitrag für die Diskussionen im Beurteilungsgremium geleistet hat. Das Team hat sich der schwierigen Aufgabe angenommen und nach ausgefeilten Lösungen gesucht. Jedoch konnten die Verfassenden ihre vielen Themen nicht auf eine ortsverträgliche Setzung und Architektur fokussieren.

Die Ausformulierung der Volumetrie erscheint insgesamt beliebig und formal. Jedoch sind die Betriebsabläufe der Seilbahn, der Personenfluss, die unterirdische Parkierung und die Anlieferung gut gelöst. Insbesondere bei der Mittel- und Bergstation kam das Thema der Bewilligungsfähigkeit auf. Ebenso wurde über die Vorstellung der Gäste diskutiert, die in dieser Berg- und Wiesenlandschaft von Gstaad/Schönried ihre Ferien verbringen. Insgesamt mag das Projekt «uehifahre» nicht zu überzeugen.

Kostenbeurteilung
Das Projekt weist als einziges nur 4 Geschosse Parkierung auf. Der um ca. 3m weniger tiefe Aushub und die entsprechenden Einsparungen bei der Baugrubensicherung dürften sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit auswirken. Im Gegenzug ist bei der Gebäudehülle mit hohem Anteil an unterirdischen Bauten, vielen grossflächigen Verglasungen und grösstenteils begrünten Dächern mit überdurchschnittlichen Kosten zu rechnen.

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Gesamtkosten bei diesem Projekt aufgrund der kompakten Gebäude leicht tiefer als bei den anderen liegen werden.